Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderzahlung. billiges Ermessen. betriebliches Entlohnungssystem
Orientierungssatz
Vergütet ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber vor der erstmaligen Wahl eines Betriebsrats die bei ihm beschäftigen Arbeitnehmer mit einem festen Grundgehalt, Zulagen für besondere Umstände der Arbeitsleistung und einer jährlichen Sonderzahlung, deren Höhe „jeweils jährlich durch den Arbeitgeber bekanntgegeben” wird, so führt allein die Ausübung des dem Arbeitgeber danach zukommenden billigen Ermessens (§ 315 BGB) bei der Festsetzung der Höhe der Sonderzahlung nicht zu einer nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtigen Änderung des bestehenden Entlohnungssystems.
Normenkette
BGB § 315; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 8. Dezember 2016 – 2 Sa 42/16 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung eines weiteren halben Bruttogehalts in rechnerisch unumstrittener Höhe von 924,00 Euro als Sonderzahlung für das Jahr 2014.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 1. Dezember 1991 aufgrund des schriftlichen Anstellungsvertrags vom 15. November 1991 (im Folgenden Arbeitsvertrag) als CON-Operator beschäftigt. Der mit „Entgelt” überschriebene § 3 Arbeitsvertrag lautet wie folgt:
„Das monatliche Bruttogehalt – zahlbar am 1. des folgenden Monats – beträgt DM 2,812,00 zuzüglich Schichtzulage DM 280,00. … Zusätzlich zum Grundgehalt wird – nach Ablauf der Probezeit – als freiwillige Leistung – eine Weihnachtsgratifikation gezahlt, deren Höhe jeweils jährlich durch den Arbeitgeber bekanntgegeben wird und deren Höhe derzeit ein volles Monatsgehalt nicht übersteigt.
Sofern das Arbeitsverhältnis vor dem 01. April eines Jahres begonnen hat, soll auf die vorstehende Gratifikation im Juni dieses Jahres ein Vorschuß in Höhe von bis zu einem halben Monatsgehalt gezahlt werden. Sofern zwischen Beginn des Arbeitsverhältnisses und dem 30. November eines Jahres weniger als 11 Monate liegen, beträgt die Gratifikation 1/12 für jeden Monat des Arbeitsverhältnisses.
Endet das Arbeitsverhältnis bis zum 31.03. des Folgejahres, ist das Unternehmen berechtigt, die geleistete Gratifikation von der letzten Gehaltszahlung im Rahmen der Pfändbarkeit einzubehalten. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den dann noch offenen Restbetrag an die Gesellschaft zurückzuzahlen.
…”
Die Beklagte vereinbarte seit Gründung des Betriebs im Jahre 1984 mit allen Arbeitnehmern zusätzlich zum Grundgehalt die Leistung einer Sonderzahlung in der im Arbeitsvertrag des Klägers bezeichneten Art und Weise. Hieran änderte sich nach der erstmaligen Konstituierung eines Betriebsrats im Jahre 1989 nichts.
Bis einschließlich des Jahres 2013 leistete die Beklagte an den Kläger in jedem Kalenderjahr eine Sonderzahlung in Höhe eines ganzen Bruttogehalts. Eine Hälfte wurde als „Urlaubsgeld” mit der Vergütung für Mai und die andere als „Weihnachtsgeld” mit der Vergütung für November abgerechnet und gezahlt. Außerhalb der Verdienstabrechnungen erfolgten seitens der Beklagten keine Mitteilungen über die Weihnachtsgratifikation.
In der Verdienstabrechnung des Klägers für Mai 2014 war neben dem Gehalt in Höhe von 1.847,57 Euro ein als „Abschl. J-gratifikat.” bezeichneter Betrag in Höhe eines halben Bruttogehalts ausgewiesen, der nach Abzug von Steuern und Beiträgen netto an den Kläger ausgezahlt wurde.
Nachdem die Beklagte im August 2014 bei einem geschätzten Aufwand von 320.000,00 bis 350.000,00 Euro für die „zweite Hälfte” der Weihnachtsgratifikation ein negatives Betriebsergebnis vor Steuern prognostiziert hatte, entschied sie im September 2014, keine weitere Gratifikation an die Belegschaft zu zahlen. Im Oktober 2014 unterrichtete sie den Kläger schriftlich darüber, dass „aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage …[der Beklagten] die Zahlung des zweiten Teils der Jahresendgratifikation mit der Novemberabrechnung 2014 nicht erfolgen” könne. Mit Schreiben vom 30. Januar 2015 erhob der Kläger „Einspruch gegen das … angekündigte Entfallen der Auszahlung der vertraglich vereinbarten Gratifikation im November 2014.”
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Übung Anspruch auf ein halbes Bruttogehalt als Weihnachtsgeld, da er in der Vergangenheit abweichend von der vertraglichen Regelung weder einen „Vorschuss” im Juni noch eine Weihnachtsgratifikation zum Jahresende, sondern vielmehr jeweils ein halbes Bruttogehalt als „Urlaubsgeld” im Mai und als „Weihnachtsgeld” im November erhalten habe. Außerdem habe sich sein vertraglicher Gratifikationsanspruch durch die jahrelange vorbehaltlose Auszahlung der Sonderzahlung in zwei Hälften auf insgesamt ein Monatsgehalt konkretisiert. Ein ihr etwa nach § 3 Arbeitsvertrag zustehendes Leistungsbestimmungsrecht habe die Beklagte bereits durch die in der Maximalhöhe erbrachte „Abschlagszahlung” im Mai 2014 ausgeübt. Dadurch habe sie zu erkennen gegeben, dass sie im November – wie in den Vorjahren – ein zweites halbes Gehalt zahlen werde. Die Beklagte habe zudem das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 924,00 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten p.a. über dem Basiszins seit dem 1. Dezember 2014 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, § 3 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag räume ihr in Bezug auf die endgültige Anspruchshöhe ein Leistungsbestimmungsrecht ein, das sie im September 2014 aufgrund des damals prognostizierten Betriebsergebnisses vor Steuern nach billigem Ermessen ausgeübt habe. Das Geschäftsergebnis sei seit Jahren rückläufig gewesen und es habe im Jahre 2014 erstmals ein Abrutschen in die Verlustzone gedroht. Dies habe allein dadurch verhindert werden können, dass sie beschlossen habe, die zweite Hälfte der Weihnachtsgratifikation nicht auszuzahlen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass der Kläger von der Beklagten nicht die Zahlung weiterer 924,00 Euro als Sonderzahlung für das Kalenderjahr 2014 verlangen kann. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus einer betrieblichen Übung (dazu nachfolgend II.) noch kann der Kläger ihn mit Erfolg auf eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG stützen (dazu nachfolgend III.).
I. Soweit der Kläger den Anspruch auf § 3 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag gestützt hat, war bereits seine Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts unzulässig.
1. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach der Berufungseinlegung und deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BAG 26. April 2017 – 10 AZR 275/16 – Rn. 11 mwN). Eine Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben. Bei mehreren Streitgegenständen muss für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Begründetheit des einen Anspruchs denknotwendig von der des anderen abhängt (BAG 19. Juli 2016 – 3 AZR 88/15 – Rn. 20 mwN).
2. Den danach bestehenden Anforderungen wird die Berufungsbegründung des Klägers im Hinblick auf den von ihm verfolgten Zahlungsanspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag nicht gerecht.
a) Der Kläger hat sein Begehren auf das Bestehen einer betrieblichen Übung, auf die unterbliebene Beteiligung des Betriebsrats und schließlich auf die Vereinbarung in § 3 Arbeitsvertrag gestützt. Hierbei handelt es sich um drei voneinander zu unterscheidende Lebenssachverhalte und damit drei Streitgegenstände iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, deren Begründung nicht denknotwendig voneinander abhängt (vgl. zu einem ähnlichen Sachverhalt BAG 24. Januar 2017 – 1 AZR 774/14 – Rn. 12). Die Frage, ob der Anspruch aus § 3 Arbeitsvertrag hergeleitet werden kann, kann unabhängig davon beantwortet werden, ob im Betrieb der Beklagten eine betriebliche Übung entstanden ist, aufgrund derer dem Kläger ein entsprechender Anspruch zusteht. Auch die Frage, ob der Kläger den Anspruch mit Erfolg auf eine bestehende betriebliche Vergütungsordnung stützen kann, weil diese ohne die Beteiligung des Betriebsrats geändert wurde, kann isoliert von einer arbeitsvertraglichen Anspruchsgrundlage geklärt werden.
b) Die Berufungsbegründung setzt sich nicht mit der ausführlichen Begründung des Arbeitsgerichts auseinander, mit der dieses das Bestehen eines arbeitsvertraglichen Anspruchs verneint hat. Sie führt unter Ziff. III.1. lediglich aus, der Kläger habe „entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts … einen Anspruch auf die Zahlung weiterer EUR 924,00 aus einer betrieblichen Übung”, wobei dahinstehen könne, ob dieser „auf einer kollektiven betrieblichen Übung … oder … letztlich auf einer individuellen betrieblichen Übung beruht, die zu einer entsprechenden Änderung der in § 3 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelung geführt” habe. Unter Ziff. III.2. begründet der Kläger sodann, warum der Betriebsrat „unabhängig davon, ob der Anspruch auf einer betrieblichen Übung oder der in § 3 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelung beruht”, zu beteiligen gewesen wäre. Damit lässt die Berufungsbegründung nicht erkennen, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die Annahme des Arbeitsgerichts, wonach sich der Anspruch nicht unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag ergebe, fehlerhaft sein könnte.
II. Der Klageanspruch kann nicht mit Erfolg auf eine betriebliche Übung gestützt werden. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.
1. Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und ob er auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durfte. Erbringt der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen Rechtspflicht, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht gewährt werden (BAG 19. März 2014 – 5 AZR 954/12 – Rn. 43 mwN).
2. Im Streitfall hat die Beklagte die Entscheidung über die Zahlung und die Höhe der Weihnachtsgratifikation auf der Grundlage des Arbeitsvertrags getroffen. Die Tatsache, dass der Vorschuss in der Vergangenheit jeweils als „Urlaubsgeld” zusammen mit Vergütung für Mai und die Zahlung zum Jahresende als „Weihnachtsgeld” abgerechnet wurde, führt nicht zu einem anderen Ergebnis.
a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsvertrag ist die Vergütung „zahlbar am 1. des folgenden Monats”. Dementsprechend wurde durch die Abrechnung des Vorschusses zusammen mit der Vergütung für Mai lediglich sichergestellt, dass der Kläger diesen, wie in § 3 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsvertrag vereinbart, tatsächlich spätestens „im Juni” erhielt.
b) Die in der Vergangenheit jeweils in den Abrechnungen verwendete Bezeichnung der Zahlungen als „Urlaubsgeld” und als „Weihnachtsgeld” ist zwar vertraglich nicht vorgesehen. Sie erlaubte für den Kläger gleichwohl nicht den Schluss, dass die Beklagte ihm damit stillschweigend ein von der vertraglichen Zusage in § 3 Abs. 1 Satz 3 iVm. Abs. 2 Satz 1 Arbeitsvertrag abweichendes Angebot gemacht habe.
aa) Lohnabrechnungen geben nur die Höhe der aktuellen Vergütung wieder. Sie dokumentieren den konkret abgerechneten Lohn, bestimmen aber nicht den Anspruch (vgl. BAG 19. Oktober 2011 – 5 AZR 359/10 – Rn. 19 zur Bezeichnung einer Vergütung als „Tariflohn”).
bb) Gegen das Verständnis des Klägers spricht zudem, dass schon aufgrund des für den Vorschuss geregelten Fälligkeitstermins „im Juni” seine Verwendung als „Urlaubsgeld” auf der Hand lag. Die Bezeichnung der „zweiten Hälfte” als „Weihnachtsgeld” weist überdies einen deutlichen Bezug zu § 3 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag auf, wo die Leistung als „Weihnachtsgratifikation” bezeichnet ist.
cc) Aus dem Geltendmachungsschreiben des Klägers vom 30. Januar 2015, in dem er sich gegen das „Entfallen der Auszahlung der vertraglich vereinbarten Gratifikation im November 2014” wendet, folgt – zumindest mittelbar –, dass er die in der Vergangenheit erbrachten Zahlungen einschließlich des als „Abschl. J-gratifikat.” bezeichneten Vorschusses im Mai 2014 als die vertraglich geschuldeten entgegengenommen hat. Zu Recht hat dies das Landesarbeitsgericht als Beleg dafür gewertet, dass der Kläger gerade keinen unabhängig von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen bestehenden Anspruch auf ein „Weihnachtsgeld” verfolgt.
III. Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, der Kläger könne sich auch nicht erfolgreich auf einen etwaigen Verstoß gegen das nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bestehende Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats berufen, hält das Urteil ebenfalls einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. In Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung kann ein Arbeitnehmer bei einer unter Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorgenommenen Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmungsgemäß eingeführten Entlohnungsgrundsätze fordern. Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütung wird von Gesetzes wegen ergänzt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten (BAG 24. Januar 2017 – 1 AZR 772/14 – Rn. 34 mwN).
2. Nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen hat die nicht tarifgebundene Beklagte die bei ihr bestehenden Entlohnungsgrundsätze im Jahr 2014 nicht geändert, sondern lediglich das ihr danach in Bezug auf die Weihnachtsgratifikation zustehende billige Ermessen ausgeübt.
a) Zu den bei der Beklagten eingeführten Entlohnungsgrundsätzen iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gehörte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Vergütung der Arbeitnehmer mit einem festen Grundgehalt, Zulagen für besondere Umstände der Arbeitsleistung und einer nach Maßgabe der in § 3 Arbeitsvertrag geregelten Grundsätze zu erbringenden Weihnachtsgratifikation. Danach haben die Beschäftigten Anspruch auf eine kalenderjährliche Weihnachtsgratifikation, auf die die Beklagte jeweils im Juni einen Vorschuss zu leisten hat. Die Höhe der Weihnachtsgratifikation und des Vorschusses bestimmt die Beklagte nach billigem Ermessen (§ 315 BGB).
b) Diese Entlohnungsgrundsätze waren bei der Beklagten mitbestimmungsgemäß eingeführt worden, weil zum Zeitpunkt ihrer Einführung noch kein Betriebsrat bestand. Eine Zustimmung des erst danach gewählten Betriebsrats zu diesen unverändert fortbestehenden Entlohnungsgrundsätzen war nicht erforderlich. Mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG wäre nur eine Änderung des bestehenden Entlohnungssystems gewesen (vgl. Fitting BetrVG 28. Aufl. § 87 Rn. 439 f.). Mit der billigem Ermessen entsprechenden Entscheidung, für das Jahr 2014 nur eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines halben Monatsgehalts zu zahlen, hat die Beklagte von dem ihr zukommenden Ermessen bei der Festsetzung der Höhe der Sonderzahlung Gebrauch gemacht und damit die bestehenden Entlohnungsgrundsätze angewandt und nicht abgeändert.
c) Für die Annahme des Klägers, es sei eine Änderung der Entlohnungsgrundsätze erfolgt, weil die geringfügig Beschäftigten weiterhin eine volle Weihnachtsgratifikation erhielten, gibt es nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, dass die Beklagte in Bezug auf die geringfügig Beschäftigten im Kalenderjahr 2014 eine von den betrieblichen Entlohnungsgrundsätzen abweichende Regelung getroffen hat. Die im Tatbestand des angefochtenen Urteils enthaltene globale Bezugnahme auf das Vorbringen der Parteien ist insoweit unergiebig. Der Kläger hat diesbezüglich in der Berufungsbegründung vorgetragen, geringfügig Beschäftigte hätten „generell lediglich im November ein Weihnachtsgeld in Höhe eines halben Gehalts erhalten”, während die Beklagte in der Berufungserwiderung ausgeführt hat, den geringfügig Beschäftigten stehe „aus betrieblicher Übung … ein volles Monatsgehalt pro Jahr” zu.
IV. Der mit seinem Rechtsmittel erfolglose Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Unterschriften
Linck, Schlünder, Brune, Rigo, Züfle, Stefan, Fluri
Fundstellen
Haufe-Index 11373566 |
BB 2017, 2996 |
DB 2017, 7 |
DB 2018, 390 |