Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliche Sonderzahlung
Normenkette
Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens (TV 13. ME) vom 11. Dezember 1996 § 2 Nr. 6, Protokollnotiz zu § 2 Nr. 6
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. Oktober 1999 – 10 Sa 1683/98 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung eines tariflichen 13. Monatseinkommens nach dem Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens (NRW) für das Jahr 1997 (im folgenden TV 13. ME).
Der 1950 geborene Kläger war seit dem 1. Januar 1978 als Kundendienstmonteur bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt. Kraft beiderseitiger Tarifbindung finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge der Metallindustrie Nordrhein-Westfalen Anwendung. Aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs ist der Kläger im Laufe des Rechtsstreits aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden.
Der Kläger ist einem Schwerbehinderten gleichgestellt und seit dem 6. April 1994 arbeitsunfähig krank. Seit dem 1. Juli 1995 bezieht er Berufsunfähigkeitsrente und seit Oktober 1995 Arbeitslosengeld nach § 105 a AFG (jetzt § 125 SGB III). Anfang 1998 machte der Kläger die Zahlung des tariflichen 13. Monatseinkommens nach dem TV 13. ME für das Jahr 1997 in unstreitiger Höhe von 2.401,06 DM brutto geltend.
Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe trotz seiner Erkrankung das 13. Monatseinkommen nach den Bestimmungen des TV 13. ME für das Jahr 1997 zu. Denn nach der Protokollnotiz zu § 2 Nr. 6 TV 13. ME ruhe das Arbeitsverhältnis bei Erkrankung eines Arbeitnehmers nicht. Auch die Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente sowie der Bezug von Arbeitslosengeld führe nicht zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger hat beantragt
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.401,06 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie vertritt die Auffassung, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Zahlung eines 13. Monatseinkommens nach den tariflichen Bestimmungen nicht zu. Es bestehe nur noch ein formales Arbeitsverhältnis, bei dem wegen der langandauernden Arbeitsunfähigkeit, des nicht mehr Weisungsrechts der Beklagten und des Bezugs von Arbeitslosengeld durch den Kläger der Austausch von Leistung und Gegenleistung für die Zukunft nicht mehr erwartet werden könne. Damit liege nach einschlägiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (– 10 AZR 600/95 – vom 10. April 1996) bereits kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Tarifvertrages mehr vor.
Jedenfalls ruhe dieses nach § 2 Nr. 6 TV 13. ME, seitdem der Kläger Arbeitslosengeld beziehe, zumindest aber ab dem Zeitpunkt des Bezuges von Berufsunfähigkeitsrente. Es müsse davon ausgegangen werden, daß die Parteien stillschweigend das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vereinbart hätten. Auch stehe dem Kläger auf der Grundlage der Protokollnotiz zu § 2 Nr. 6 TV 13. ME die Zahlung nicht zu. Soweit darin „erkrankte Anspruchsberechtigte” genannt seien, könnten damit nur diejenigen gemeint sein, die sich noch im Zeitraum der Entgeltfortzahlung oder der Krankengeldzahlung befänden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Dem Kläger steht das begehrte 13. Monatseinkommen für das Jahr 1997 zu.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Dem Kläger stehe das begehrte 13. Monatseinkommen für das Jahr 1997 in der der Klageforderung entsprechenden Höhe zu, da er am Auszahlungstag in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten gestanden habe, zu diesem Zeitpunkt eine Betriebszugehörigkeit von ununterbrochen sechs Monaten bestanden habe und das Arbeitsverhältnis auch zum Auszahlungstag nicht gekündigt gewesen sei. Der Anspruch sei nicht durch § 2 Nr. 6 Abs. 1 TV 13. ME, insbesondere nicht durch die dauerhafte Erkrankung des Klägers und die fehlende tatsächliche Arbeitsleistung im Bezugsjahr ausgeschlossen. Eine tatsächliche Arbeitsleistung gehöre nicht zu den tariflichen Anspruchsvoraussetzungen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien habe auch nicht wegen der dauerhaften Erkrankung des Klägers oder wegen des Bezuges einer Berufsunfähigkeitsrente geruht. Eine Ruhensvereinbarung – ausdrücklich oder konkludent – bestehe zwischen den Parteien nicht. Aus der Protokollnotiz zu § 2 Nr. 6 TV 13. ME ergebe sich, daß allein die Erkrankung des Klägers im Jahre 1997 nicht zu einem Ausschluß des Anspruches auf Gewährung des tariflichen 13. Monatseinkommens führe. Für die Rechtsauffassung der Beklagten, wonach die Protokollnotiz lediglich diejenigen erkrankten Arbeitnehmer erfasse, die bis zum Erreichen des 6-Wochen-Zeitraumes oder maximal bis zum Zeitpunkt der Aussteuerung durch die Krankenkasse erkrankt seien, fänden sich weder im Wortlaut noch in der Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages Anhaltspunkte. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der in Fällen des Bezuges von Arbeitslosengeld nach § 105 a AFG im an sich fortbestehenden Arbeitsverhältnis die Bindung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber so gelockert sei, daß zumindest stillschweigend die Vereinbarung des Ruhens des Arbeitsverhältnisses angenommen werden könne, sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da diese einerseits zu zwei anderen Tarifverträgen ergangen sei und andererseits der vorliegende Tarifvertrag ausdrücklich mit der Protokollnotiz zu § 2 Nr. 6 einen Ausschluß der erkrankten Arbeitnehmer von der Ruhensregelung vorsehe.
II. Der Senat folgt dem Landesarbeitsgericht im Ergebnis und teilweise in der Begründung. Dem Kläger steht das begehrte 13. Monatseinkommen zu, da ein Arbeitsverhältnis im Sinne des anzuwendenden Tarifvertrages besteht und aufgrund einer Protokollnotiz zu diesem Tarifvertrag der Tatbestand der Krankheit – selbst bei Vorliegen einer Ruhensvereinbarung – den Anspruch nicht berührt, solange die Ruhensvereinbarung auf der Krankheit beruht.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der Metallindustrie Nordrhein-Westfalen Anwendung, insbesondere auch der Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens vom 11. Dezember 1996 in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW (TV 13. ME).
2. Der Kläger kann seinen Anspruch aus dem TV 13. ME herleiten.
§ 2 des TV 13. ME lautet auszugsweise wie folgt:
„1. Arbeitnehmer und Auszubildende, die jeweils am Auszahlungstag in einem Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis stehen und zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen 6 Monate angehört haben, haben je Kalenderjahr einen Anspruch auf betriebliche Sonderzahlungen.
Ausgenommen sind Arbeitnehmer und Auszubildende, die zu diesem Zeitpunkt ihr Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis gekündigt haben.
…
6. Anspruchsberechtigte Arbeitnehmer bzw. Auszubildende, deren Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis im Kalenderjahr kraft Gesetzes oder Vereinbarung ruht*) erhalten keine Leistungen. Ruht das Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis im Kalenderjahr teilweise, so erhalten sie eine anteilige Leistung.
Anspruchsberechtigte Arbeitnehmer, die wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit, wegen Erreichens der Altersgrenze oder aufgrund Kündigung zwecks Inanspruchnahme eines vorgezogenen Altersruhegeldes aus dem Beruf ausscheiden, erhalten die volle Leistung.
Protokollnotiz zu § 2 Nr. 6
Es besteht Einigkeit darüber, daß Anspruchsberechtigte, die unter das Mutterschutzgesetz fallen, und erkrankte Anspruchsberechtigte nicht von § 2 Nr. 6 Abs. 1 erfaßt werden.”
a) Der Kläger ist anspruchsberechtigter Arbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 des Tarifvertrages.
aa) Das Arbeitsverhältnis der Parteien fiel am Fälligkeitstag unter den Geltungsbereich des zu diesem Zeitpunkt nachwirkenden Manteltarifvertrages für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 29. Februar 1988 und damit unter den Geltungsbereich des TV 13. ME (§ 1 TV 13. ME). Der Kläger stand am Auszahlungstag in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten und verfügte über eine Betriebszugehörigkeit von mehr als ununterbrochen sechs Monaten. Dieses Arbeitsverhältnis war zu diesem Zeitpunkt ungekündigt.
bb) Soweit die tarifliche Regelung in § 2 Abs. 1 an ein bestehendes Arbeitsverhältnis anknüpft, ist maßgeblich allein der rechtliche Bestand (vgl. auch Klischan Kommentar zum Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens Anm. 4 zu § 2). Die Regelung differenziert nicht nach der „Intensität” des Arbeitsverhältnisses. Für Arbeitsverhältnisse, die nur noch formal bestehen und ansonsten inhaltlich keine Bedeutung entfalten, besteht nämlich eine gesonderte Regelung in § 2 Nr. 6, soweit sie kraft Gesetzes oder Vereinbarung ruhen. Diese explizite Regelung für ruhende Arbeitsverhältnisse läßt darauf schließen, daß unter § 2 Abs. 1 jedes Arbeitsverhältnis unabhängig davon fällt, in welchem Umfang es noch Rechte und Pflichten begründet. Damit unterscheidet sich der vorliegende Tarifvertrag von anderen Tarifverträgen, die für ruhende Arbeitsverhältnisse keine gesonderte Regelung enthalten. Die Beklagte beruft sich daher zu Unrecht auf die Senatsurteile 10 AZR 805/93 (28. September 1994 – AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 168 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 117, insbesondere unter Punkt 4) und 10 AZR 600/95 (10. April 1996 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bergbau Nr. 3 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 142), die zu anderen Tarifverträgen ergangen sind. In diesen Urteilen (vgl. auch BAG 12. November 1997 – 10 AZR 74/97 – nv.; 11. Februar 1998 – 10 AZR 264/97 – BB 1998, 2367; 15. März 2000 – 10 AZR 115/99 – nv.) hat der Senat ausgeführt, daß bei langer Arbeitsunfähigkeit, Aussteuerung durch die Krankenkasse, Bezug von Arbeitslosengeld, damit einhergehendem Verzicht des Arbeitgebers auf das Direktionsrecht und späterer Beantragung einer Rente das Arbeitsverhältnis nur noch formal bestehe und die Bindungen der Parteien in einer Weise gelockert seien, daß kein Arbeitsverhältnis im Sinne des jeweiligen Tarifvertrages mehr gegeben sei. Bei diesen Arbeitsverhältnissen sei mit einer Reaktivierung nicht mehr zu rechnen.
Jedoch hat der Senat demgegenüber bei entsprechender tatsächlicher Ausgangssituation in anderen Entscheidungen ein Arbeitsverhältnis im Sinne des jeweiligen Tarifvertrages angenommen (vgl. BAG 22. Februar 1995 – 10 AZR 782/93 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 123 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 118; 9. August 1995 – 10 AZR 539/94 – BAG E 80, 308; 25. Februar 1998 – 10 AZR 298/97 – nv.; 27. Januar 1999 – 10 AZR 3/98 – nv.). Entscheidend ist, ob die tarifliche Regelung allein an den Bestand des Arbeitsverhältnisses anknüpft oder darüber hinaus dem Umstand der „Lockerung” der Rechtsbeziehungen wie durch eine Ruhensregelung Rechnung trägt.
b) Die langen Fehlzeiten des Klägers stehen dem tarifvertraglichen Anspruch des § 2 Abs. 1 TV 13. ME nicht entgegen. Die hierin vorgesehene Sonderzahlung ist Arbeitsentgelt, das jedenfalls auch Betriebstreue honoriert. Dies wird ua. daran deutlich, daß die Höhe des Anspruchs nach unterschiedlichen Zeiten der Betriebszugehörigkeit gestaffelt ist (§ 2 Nr. 2 TV 13. ME). Diese Betriebszugehörigkeit hat der Kläger erbracht. Eine Kürzung wegen Fehlzeiten scheidet aus, wenn es an einer entsprechenden tariflichen Regelung fehlt (BAG 5. August 1992 – 10 AZR 88/90 – BAGE 71, 78). Da die Tarifnorm eine tatsächliche Arbeitsleistung des Klägers nicht voraussetzt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Sonderzahlung auch ohne tatsächliche Arbeitsleistung zu gewähren (BAG 10. April 1996 – 10 AZR 600/95 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bergbau Nr. 3 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 142; 25. Februar 1998 – 10 AZR 298/97 – nv.; 8. Juli 1998 – 10 AZR 404/97 – nv.; 27. Januar 1999 – 10 AZR 3/98 – nv. – jeweils mwN).
c) Ob die Parteien eine konkludente Vereinbarung über das Ruhen des Arbeitsverhältnisses getroffen haben, kann dahinstehen. Der Anspruch ist auch bei einer Ruhensvereinbarung, die im Hinblick auf die Krankheit des Klägers getroffen wurde, begründet.
aa) Der Senat hat die Protokollnotiz zu § 2 Nr. 6 TV 13. ME in der Weise ausgelegt, daß für Arbeitnehmer eine Kürzung der tariflichen Sonderzahlung auch bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses im Kalenderjahr kraft Gesetzes oder Vereinbarung (§ 2 Nr. 6 Abs. 1) nicht in Betracht komme (BAG 22. Februar 1995 – 10 AZR 782/93 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 123 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 118). Die Protokollnotiz könne auf der Grundlage von Wortlaut, Sinn und Zweck sowie dem tariflichen Gesamtzusammenhang nur so verstanden werden, daß für die genannten Anspruchsberechtigten, also auch für erkrankte Arbeitnehmer die Vorschrift des § 2 Nr. 6 Abs. 1 des TV 13. ME mit ihrer Regelung über die vollständige oder anteilige Kürzung der Sonderzahlung bei einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses nicht anzuwenden sei. Mit dieser Auslegung wurde der Protokollnotiz nicht nur – wie teilweise aufgrund der zuvor ergangenen Rechtsprechung zu dieser Vorschrift – eine klarstellende bzw. deklaratorische Funktion entnommen, sondern ein anspruchsbegründender Charakter.
bb) Hieran ist festzuhalten. Jedenfalls in den Fällen, in denen die Vereinbarung über das Ruhen des Arbeitsverhältnisses wegen Krankheit des betroffenen Arbeitnehmers getroffen wurde, handelt es sich um einen „erkrankten Anspruchsberechtigten” im Sinne der Protokollnotiz. Mit einer solchen Auslegung wird den Bedenken der Beklagten Rechnung getragen, daß die Protokollnotiz nicht dazu führen kann, daß der tarifvertragliche Sonderzahlungsanspruch beispielsweise für einen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis wegen des Wehrdienstes ruht und der im Wehrdienst erkrankt, wieder eröffnet würde. Von der privilegierenden Wirkung der Protokollnotiz sind Arbeitsverhältnisse ausgenommen, deren Ruhen auf anderen Gründen bzw. Motiven als den genannten beruht und bei denen eine Erkrankung erst nach Eintritt des Ruhenstatbestandes auftritt. Anhaltspunkte für eine möglicherweise anders als durch die Erkrankung des Klägers motivierte Ruhensvereinbarung bestehen vorliegend jedoch nicht.
cc) Für den Begriff des „erkrankten Anspruchsberechtigten” ist nicht entscheidend, ob sich dieser noch im Zeitraum der Entgeltfortzahlung oder der Krankengeldzahlung befindet (so aber Klischan aaO Anm. 61 zu § 2). Der Tarifvertrag differenziert nicht nach Dauer und Folgen der „Erkrankung” iSd. Protokollnotiz, sondern verwendet den Begriff in umfassendem Sinn (vgl. auch BAG 25. Juli 1984 – 5 AZR 206/83 – nv.).
Ein dieser Auslegung entgegenstehender tarifvertraglicher Wille ist dem Wortlaut der tarifvertraglichen Norm nicht zu entnehmen. Die Auslegung wird insbesondere dadurch gestützt, daß die Tarifvertragsparteien in Kenntnis der Entscheidung des Senats vom 22. Februar 1995 (– 10 AZR 782/93 – aaO) in den im Jahr 1996 folgenden Tarifvertragsverhandlungen keinen Anlaß gesehen haben, die Protokollnotiz neu zu fassen. Bereits im Jahre 1976 ist über den materiellen Inhalt der Protokollnotiz verhandelt worden, wobei übereinstimmend die dort genannten Arbeitnehmer von einer Kürzung der Sonderzahlung im Falle des Ruhens des Arbeitsverhältnisses bei Mutterschutz und Erkrankung ausgenommen werden sollten (Klischan aaO Anm. 60, 61 zu § 2). Seitdem ist der Wortlaut der Protokollnotiz nicht mehr verändert worden. Demgegenüber haben die Tarifvertragsparteien in den Tarifverhandlungen im Dezember 1996 durchaus auf eine andere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts reagiert und § 12 Abs. 7 des Manteltarifvertrages Metall für das Land Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf die krankheitsbedingte Unfähigkeit, Urlaub zu nehmen, geändert. Auch wenn die Tarifvertragsparteien, wie die Beklagte vorträgt, tarifpolitisch belastende Fragen aussparen wollten, ist davon auszugehen, daß sie in den Bereichen, in denen bereits eine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Auslegung bestimmter tariflicher Bestimmungen vorliegt, diese Auslegung für zutreffend halten, solange sie keine Änderung herbeiführen.
Gegen die von der Beklagten vertretene Auslegung der Protokollnotiz spricht weiterhin, daß die Regelung zumindest seit mehreren Jahren überflüssig wäre, wenn aus ihr nur folgen würde, daß Krankheit nicht zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses führt. Es besteht eine seit vielen Jahren gefestigte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dahingehend, daß selbst lang andauernde Krankheit allein nicht zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses führt (vgl. nur 23. August 1990 – 6 AZR 124/89 – BAGE 66, 34). Dabei ist davon auszugehen, daß die Tarifvertragsparteien keine überflüssigen Regelungen normieren wollen.
dd) Gemäß § 2 Nr. 4 b TV 13. ME ist der Berechnung der Leistung das durchschnittliche Monatseinkommen der letzten sechs abgerechneten Gehaltsperioden vor Auszahlung der Leistung zugrunde zu legen. Dem Anspruch steht nicht entgegen, daß die letzten sechs abgerechneten und ausgezahlten Monatsverdienste nicht unmittelbar oder zeitlich nahe am Auszahlungstag lagen. Die Tarifvertragsparteien haben gerade nicht Anspruch und Höhe der tariflichen Sonderzahlung von einem tatsächlichen Verdienst im Bezugszeitraum abhängig gemacht. Sie haben vielmehr eine reine Berechnungsvorschrift geschaffen, die nichts über die anspruchsbegründenden Voraussetzungen besagt (BAG 11. Oktober 1995 – 10 AZR 985/94 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 133 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 133).
ee) Auch die Regelung in § 2 Nr. 6 Abs. 2 bezüglich des Bezuges von Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrente in Verbindung mit dem Ausscheiden aus dem Beruf, wonach ein Anspruch auf die volle Leistung begründet wird, hindert den Anspruch nicht. Das Ausscheiden aus dem Beruf ist mit einer völligen, auch formalen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleichzusetzen. Dieser Fall entspricht gerade nicht demjenigen, in dem ein Arbeitsverhältnis ruht. Sofern die Beklagte darin Wertungswidersprüche erblickt, ist es allein Aufgabe der Tarifvertragsparteien, solche gegebenenfalls aufzulösen.
3. Der Kläger hat seine Ansprüche innerhalb der Ausschlußfrist von drei Monaten nach Fälligkeit gemäß § 19 MTV für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie vom 29. Februar 1990 geltend gemacht. Der Zeitpunkt der Auszahlung ist gem. § 3 TV 13. ME der 1. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres, soweit eine Betriebsvereinbarung den Termin nicht anders festgelegt hat. Dies ist nicht der Fall. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger seine Forderung „Anfang” 1998 geltend gemacht, also vor dem 1. März 1998, dem Ablauf der Ausschlußfrist.
III. Die Kosten der erfolglosen Revision hat die Beklagte zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Unterschriften
Dr. Freitag, Dr. Jobs, Marquardt, Burger, Trümner
Fundstellen
Haufe-Index 749370 |
FA 2001, 316 |