Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusatz Versorgung Teilzeitbeschäftigter
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3; BetrAVG § 1 Gleichbehandlung; BAT § 46; BGB §§ 198, 242; BeschFG 1985 § 2; EGVtr Art. 119, 177; SGB IV § 8; TVG § 4 Abs. 4 S. 2; ZPO §§ 148, 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 12. April 1995 – 3 Sa 18/95 – aufgehoben.
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 4. November 1994 – 27 Ca 154/93 – insoweit abgeändert, als es der Klage für die Beschäftigungszeit vom 1. Oktober 1978 bis 30. September 1980 stattgegeben und über die Kosten des Rechtsstreits entschieden hat. Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
3. Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 4. November 1994 – 27 Ca 154/93 – wird zur Klarstellung wie folgt gefaßt:
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab 1. Oktober 1990 die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die ihr zustünden, wenn sie bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg auch in der Zeit vom 1. Oktober 1973 bis 30. September 1974 im Umfang von 5,5 Unterrichtsstunden, vom 1. November 1976 bis 30. September 1977 im Umfang von 13 Unterrichtsstunden, vom 1. Oktober 1977 bis 30. September 1978 im Umfang von 12 Unterrichtsstunden und vom 1. Oktober 1980 bis 30. September 1987 im Umfang von 12 Unterrichtsstunden versichert gewesen wäre. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klägerin 1/10 und die Beklagte 9/10 zu tragen. Von den Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens haben die Klägerin 1/20 und die Beklagte 19/20 zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin für die gesamte Zeit ihrer bisherigen Beschäftigung einen Anspruch auf Zusatzversorgung erworben hat.
Die am 19. März 1927 geborene Klägerin ist seit 1. Oktober 1973 als Teilzeitkraft bei der Beklagten beschäftigt. Sie arbeitete als Musiklehrerin. Ihre wöchentliche Arbeitszeit belief sich vom 1. Oktober 1973 bis 30. September 1974 auf 5,5 Unterrichtsstunden, vom 1. Oktober 1974 bis 31. Oktober 1976 auf 15 Unterrichtsstunden, vom 1. November 1976 bis 30. September 1977 auf 13 Unterrichtsstunden, vom 1. November 1977 bis 30. September 1978 auf 12 Unterrichtsstunden, vom 1. Oktober 1978 bis 30. September 1980 auf 3,66 Unterrichtsstunden und vom 1. Oktober 1980 bis 30. September 1987 auf 12 Unterrichtsstunden. Vom 1. Oktober 1974 bis 31. Oktober 1976 verrichtete die Klägerin eine überhälftige Lehrtätigkeit. Vom 1. Oktober 1978 bis 30. September 1980 lag ihre Beschäftigung unterhalb der sozialversicherungsrechtlichen Geringfügigkeitsgrenze. Seit 1. Oktober 1987 bezieht die Klägerin Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Bis 30. September 1990 erteilte sie aber bei der Beklagten noch Unterricht.
Solange die Klägerin unterhälftig beschäftigt war, wandte die Beklagte nicht die tarifvertraglichen Vorschriften an und wies darauf im Arbeitsvertrag hin. Für die überhälftige Beschäftigung vom 1. Oktober 1974 bis 31. Oktober 1976 vereinbarten die Parteien:
„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen sowie sonstigen für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden Tarifverträgen. …”
Nur für diese Zeit war die Klägerin bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg (ZVK Baden-Württemberg) versichert worden.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der tarifvertragliche Ausschluß unterhälftig beschäftigter Teilzeitkräfte von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sei unwirksam gewesen. Sie hat zunächst für die gesamte Zeit ihrer Beschäftigung eine den tarifvertraglichen Vorschriften entsprechende Altersversorgung verlangt. Nach Rücknahme der Klage für den Zeitraum vom 1. Oktober 1987 bis 30. September 1990 hat sie zuletzt beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin so zu stellen, als wäre sie bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg in Stuttgart vom 1. Oktober 1973 bis 30. September 1974 im Umfang von 5,5 Wochenstunden, vom 1. November 1976 bis 30. September 1977 im Umfang von 13 Wochenstunden, vom 1. Oktober 1977 bis 30. September 1978 im Umfang von 12 Wochenstunden, vom 1. Oktober 1978 bis 30. September 1980 im Umfang von 3,66 Wochenstunden und vom 1. Oktober 1980 bis 30. September 1987 im Umfang von 12 Wochenstunden versichert gewesen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Feststellungsklage sowohl für unzulässig als auch für unbegründet gehalten. Der tarifvertragliche Ausschluß unterhälftig Beschäftigter sei wirksam gewesen und habe nicht gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Im übrigen verbiete Art. 119 EG- Vertrag und die zu dieser Bestimmung beschlossene Protokollerklärung die rückwirkende Anwendung des Gleichheitssatzes auf Beschäftigungszeiten vor dem 17. Mai 1990. Eine rückwirkende Einbeziehung der bisher ausgeschlossenen Teilzeitkräfte in die Zusatzversorgung verstoße auch gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Keinesfalls bestehe der geltend gemachte Anspruch für die Zeit, in der die Klägerin nur geringfügig im Sinne des Sozialversicherungsrechts beschäftigt worden sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Der Senat hat die Revision mit Beschluß vom 22. August 1995 – 3 AZN 443/95 – zugelassen. Die Klägerin begehrt mit ihrer Revision die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist teilweise begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Feststellungsklage zulässig. Sie ist auch teilweise begründet. Der Klägerin steht für die Zeit, in der sie im Sinne des Sozialversicherungsrechts mehr als geringfügig beschäftigt war, der geltend gemachte Verschaffungsanspruch zu. Im übrigen ist die Feststellungsklage unbegründet.
A. Ebenso wie in früheren Rechtsstreitigkeiten hat der Senat davon abgesehen, das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerde gegen die Urteile des Senats vom 7. März 1995 (– 3 AZR 321/94, 625/94 – u.a., n.v.) oder bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Vorabentscheidungsersuchen mehrerer Landesarbeitsgerichte auszusetzen. Wenn vor dem Bundesverfassungsgericht oder vor dem Europäischen Gerichtshof Verfahren zu entscheidungserheblichen Rechtsfragen anhängig sind, kommt zwar eine entsprechende Anwendung des § 148 ZPO in Betracht (vgl. BVerfGE 3, 58, 74; BAG Urteil vom 28. Januar 1988 – 2 AZR 296/87 – AP Nr. 24 zu § 622 BGB; OLG Düsseldorf Beschluß vom 2. Dezember 1992 – 18 W 58/92 – NJW 1993, 1661; Baumbach/Hartmann, ZPO, 54. Aufl., § 148 Rz 29; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 148 Rz 97 und 210; Thomas/ Putzo, ZPO, 19. Aufl., § 148 Rz 1; offengelassen BGHZ 74, 38, 84). Die nach § 148 ZPO erforderliche Ermessensentscheidung beruht jedoch insbesondere auf einer Interessenabwägung. Für die Klägerin ist es wichtig, daß die Fachgerichte den geltend gemachten Anspruch rasch und abschließend klären, zumal der Versorgungsfall bereits eingetreten ist und sie zwischenzeitlich das 69. Lebensjahr vollendet hat. Dieses Interesse der Klägerin überwiegt gegenüber den Interessen der Beklagten, weitere Prozeßkosten zu ersparen (vgl. BAG Urteil vom 16. Januar 1996 – 3 AZR 767/94 – AP Nr. 222 zu Art. 3 GG, zu A der Gründe; Urteile vom 12. März 1996 – 3 AZR 988, 989 und 990/94 –, n.v., zu A der Gründe; Urteil vom 18. Juni 1996 – 3 AZR 153/95 u.a. –, n.v., zu A der Gründe).
B. Die erhobene Feststellungsklage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zulässig.
I. Gegenstand des Feststellungsantrags ist ein Verschaffungsanspruch. Dies ergibt sich sowohl aus der Formulierung des Klageantrags als auch aus dem gesamten Klagevorbringen (vgl. BAG Urteil vom 27. Februar 1996 – 3 AZR 886/94 – AP Nr. 28 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, zu A I der Gründe, zu einem gleichlautenden Klageantrag). Die Klägerin verlangt die Verschaffung der Versorgungsleistungen, die ihr zustünden, wenn sie auch in den von ihr aufgeführten Beschäftigungszeiten versichert gewesen wäre. Der Beklagten steht es frei, auf welchem Durchführungsweg sie ihrer Verschaffungspflicht nachkommt.
II. Mit diesem Inhalt ist der Klageantrag hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
1. Der Verschaffungsanspruch soll dem Grunde nach geklärt werden. Der Zeiträume, für die eine Zusatzversorgung verlangt wird, und der jeweilige Arbeitszeitumfang sind genau bezeichnet. Angaben zur Höhe des Versorgungsanspruchs waren nicht nötig. Die Berechnung und Bezifferung der zu erwartenden Versorgungsrente ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.
2. Auslegungsbedürftig ist der Klageantrag insoweit, als die Klägerin nicht ausdrücklich angegeben hat, ab wann ihr die Beklagte die Zusatzversorgung verschaffen soll. Ursprünglich wollte die Klägerin so gestellt werden, als wäre sie bis zum 30. September 1990 bei der ZVK Baden-Württemberg versichert gewesen. Bis zum 30. September 1990 bestand zwischen den Parteien noch ein Arbeitsverhältnis. Mit dem zunächst gestellten Klageantrag hat die Klägerin Versorgungsleistungen für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, also ab 1. Oktober 1990 begehrt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vom 4. November 1994 hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen und die Berücksichtigung der Beschäftigungszeit nach Bezug von Altersruhegeld (1. Oktober 1987 bis 30. September 1990) nicht mehr verlangt. Die Klägerin hat nur die Berechnungsgrundlage für ihre Betriebsrente, nicht aber den Rentenbeginn verändert. Dies war in der Urteilsformel klarzustellen.
III. Die Voraussetzungen einer Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt.
1. Bei dem geltend gemachten Verschaffungsanspruch handelt es sich um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO, zumal die Klägerin bereits Rentnerin ist (vgl. BAG Urteil vom 7. März 1995 – 3 AZR 282/94 – AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, zu A III 1 der Gründe; Urteil vom 16. Januar 1996 – 3 AZR 767/94 –, aaO, zu B II 1 der Gründe).
2. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Bestehens eines Verschaffungsanspruchs, obwohl der Versorgungsfall bereits eingetreten und eine Leistungsklage an sich möglich ist. Der Vorrang der Leistungsklage gilt nicht uneingeschränkt, sondern dient der prozeßwirtschaftlich sinnvollen Erledigung von Rechtsstreitigkeiten. Dementsprechend ist eine Feststellungsklage zulässig, wenn auf diesem Weg eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozeßwirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen. Auch im vorliegenden Fall erfordert die Bezifferung der Versorgungsleistungen aufwendige, schwierige Berechnungen, die wegen des differenzierten Systems der Zusatzversorgungskasse und der zahlreichen Satzungsänderungen nur von besonders geschulten Personen zuverlässig durchgeführt werden können. Beiden Parteien kann dieser Aufwand erst dann zugemutet werden, wenn feststeht, daß die Beklagte überhaupt dazu verpflichtet ist, der Klägerin eine den tariflichen Vorschriften entsprechende Versorgung zu verschaffen (vgl. BAG Urteil vom 7. März 1992 – 3 AZR 282/94 –, aaO, zu A III 2 b der Gründe; Urteil vom 16. Januar 1996 – 3 AZR 767/94 –, aaO, zu B II 2 der Gründe, und zuletzt Urteil vom 18. Juni 1996 – 3 AZR 228/95 u.a. –, n.v., zu B II 2 der Gründe).
C. Die Feststellungsklage ist teilweise begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin die Zusatzversorgung zu verschaffen, die ihr zustünde, wenn sie auch in der Zeit vom 1. Oktober 1973 bis 30. September 1974, vom 1. November 1976 bis 30. September 1978 und vom 1. Oktober 1980 bis 30. September 1987 bei der ZVK Baden-Württemberg versichert gewesen wäre. Soweit die Klägerin einen Verschaffungsanspruch auch für die Zeit ihrer Beschäftigung vom 1. Oktober 1978 bis 30. September 1980 geltend gemacht hat, ist die Feststellungsklage abzuweisen.
I. Für die Zeiten, in denen die Klägerin im Sinne des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts mehr als geringfügig beschäftigt war, steht ihr ein Verschaffungsanspruch zu.
1. Anspruchsgrundlage ist § 2 Abs. 1 BeschFG oder – zumindest für die Zeit vor Inkrafttreten des Beschäftigungsförderungsgesetzes (1. Mai 1985) – der Gleichbehandlungsgrundsatz in Verbindung mit § 46 BAT und dem Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer kommunaler Verwaltungen und Betriebe (VersTV-G).
a) Den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts läßt sich nicht entnehmen, ob die Klägerin tarifgebunden ist. Dies kann offenbleiben. Die Parteien sind übereinstimmend davon ausgegangen, daß die Beklagte auch die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer bei der ZVK Baden-Württemberg versichert hat, wenn die Voraussetzungen des VersTV-G erfüllt waren. Dementsprechend wurde die Klägerin für die Zeit ihrer überhälftigen Beschäftigung versichert. Soweit jedoch der VersTV-G Teilzeitkräfte, die im Sinne des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts mehr als geringfügig beschäftigt werden, aus der Zusatzversorgung ausnahm, war diese Beschränkung der Versorgungsverpflichtung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) unwirksam. Die Beklagte konnte diese Unterscheidung nicht bei den tarifungebundenen Arbeitnehmern beibehalten. Sowohl § 2 Abs. 1 BeschFG als auch der Gleichbehandlungsgrundsatz verlangen sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung und stellen jedenfalls keine geringeren Anforderungen an die Differenzierungsgründe als Art. 3 Abs. 1 GG. Im vorliegenden Fall kann die Frage, ob eine Ungleichbehandlung wegen der Teilzeit vorliegt, ebenso offenbleiben wie die Frage, ob § 2 Abs. 1 BeschFG nur eine Verbotsnorm oder auch eine Anspruchsgrundlage enthält. Soweit § 2 Abs. 1 BeschFG nicht anwendbar ist, ergibt sich der Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte kann nur an einer wirksamen tarifvertraglichen Unterscheidung festhalten.
b) Die Gerichte für Arbeitssachen haben Tarifverträge daraufhin zu überprüfen, ob sie gegen höherrangiges Recht, insbesondere das Grundgesetz oder zwingendes Gesetzesrecht verstoßen (vgl. BAG Urteil vom 7. März 1995, aaO, zu B II 2 a der Gründe mit eingehender Begründung und weiteren Nachweisen). Für den Ausschluß der mehr als geringfügig beschäftigten Teilzeitkräfte von Leistungen der Zusatzversorgung gab es keine einleuchtenden Gründe. Dies hat der Senat mehrfach entschieden (vgl. u.a. BAGE 71, 29, 39 f. = AP Nr. 18 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu B I 3 c der Gründe; Urteil vom 7. März 1995, aaO, zu B II 2 d der Gründe; Urteil vom 16. Januar 1996 – 3 AZR 767/94 –, aaO, zu C der Gründe; Urteil vom 27. Februar 1996 – 3 AZR 886/94 –, aaO, zu B II der Gründe). Neue Gesichtspunkte, die zu einer Änderung dieser Rechtsprechung führen könnten, hat die Beklagte nicht aufgezeigt.
c) Der Inhalt des Art. 3 Abs. 1 GG hat sich im Laufe der Zeit nicht geändert. Auch weitverbreitete, in Tarifverträge übernommene Rechtsansichten müssen dem objekten Prüfungsmaßstab des Art. 3 Abs. 1 GG standhalten. Neue Rechtserkenntnisse sind – abgesehen von dem auf Ausnahmefälle beschränkten Vertrauensschutz – uneingeschränkt bei der Rechtsanwendung zu berücksichtigen. Von einem Wandel der Rechtserkenntisse ist ein Wandel der tatsächlichen Verhältnisse zu unterscheiden. Bereits im Urteil vom 16. Januar 1996 – 3 AZR 767/94 – (aaO, zu C II 1 der Gründe) hat der Senat hervorgehoben, daß sich die tatsächlichen Verhältnisse nicht entscheidend geändert haben. Unerheblich ist es, daß die Zahl der Teilzeitbeschäftigten gestiegen ist und sich die Gründe für die Teilzeitarbeit verschoben haben. Die Rechtsfrage, wie die Teilzeitarbeit rechtlich zu ordnen ist, blieb die gleiche.
d) Der Verstoß der tariflichen Regelung gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG führt nicht zur Unwirksamkeit der gesamten tarifvertraglichen Versorgungsordnung, sondern nur zur Unwirksamkeit der Ausschlußregelung. Den unzulässigerweise ausgeklammerten Teilzeitkräften stehen die tariflichen Versorgungsrechte nach der wirksam gebliebenen Grundregel des § 46 BAT zu. Wie der Senat im Urteil vom 7. März 1995 (aaO, zu B III 2 der Gründe) ausgeführt und in den späteren Entscheidungen (vgl. Urteil vom 16. Januar 1996 – 3 AZR 767/94 –, aaO, zu C III der Gründe; Urteil vom 27. Februar 1996 – 3 AZR 886/94 –, aaO, zu B II der Gründe; Urteil vom 12. März 1996 – 3 AZR 993/94 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt, zu C I 3 der Gründe) bestätigt hat, kann dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG für die Vergangenheit nur dadurch entsprochen werden, daß auch den unterhälftig Beschäftigten die vorenthaltene Leistung verschafft wird. In Zukunft bleibt es den Tarifvertragsparteien unbenommen, die Versorgungsregelungen zu ändern und so die vermehrten Kosten für die betriebliche Altersversorgung wieder zu verringern.
2. Dem geltend gemachten Verschaffungsanspruch steht kein Rückwirkungsverbot entgegen.
a) Ein europarechtlicher Rückwirkungsschutz besteht im vorliegenden Fall nicht. Insoweit kann auf die Ausführungen in den Urteilen vom 7. März 1995 (aaO, zu B IV 3 der Gründe), vom 16. Januar 1996 (aaO, zu C IV 2 der Gründe) und vom 12. März 1996 (–3 AZR 993/94 –, aaO, zu C I 4 b der Gründe) Bezug genommen werden. Neue Gesichtspunkte, die zu einer abweichenden Beurteilung führen könnten, hat die Beklagte nicht vorgebracht.
aa) Die Protokollerklärung zu Art. 119 EG-Vertrag spielt keine Rolle. Art. 119 Abs. 1 EG-Vertrag und die hierzu beschlossene Protokollerklärung regeln den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen. Auf das Geschlecht der Arbeitnehmer kommt es aber für die Entscheidung des Senats nicht an. Die unterschiedliche Behandlung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten ist unabhängig davon unzulässig, ob Männer und Frauen in unterschiedlichem Umfang betroffen sind.
bb) Die Protokollerklärung zu Art. 119 EG-Vertrag enthält auch keinen allgemeinen Grundsatz, nach dem jede Rückwirkung in allen Fragen der Ungleichbehandlung ausgeschlossen ist. Weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift bieten hierfür Anhaltspunkte. Die Protokollerklärung bezieht sich auf Art. 119 EG-Vertrag, reagiert auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hierzu (vgl. EuGH Urteil vom 28. September 1994 – Rs C-128/93 – Fisscher – AP Nr. 56 zu Art. 119 EWG-Vertrag) und beschränkt lediglich die rückwirkende Anwendung des Lohngleichheitsgebots für Männer und Frauen, nicht aber die Anwendung nationaler Gleichheitsgebote für andere Personengruppen. Diese Auslegung ist derart offenkundig, daß auch für Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Europäischen Gerichtshof selbst kein Raum für einen vernünftigen Zweifel am Auslegungsergebnis bleiben kann (vgl. BAG Urteil vom 7. März 1995, aaO, zu B IV 3 b der Gründe; Urteil vom 16. Januar 1996, aaO, zu C IV 2 der Gründe; Urteil vom 18. Juni 1996 – 3 AZR 228/95 –, aaO, zu C IV 2 der Gründe). Trotz der Vorabentscheidungsersuchen mehrerer Landesarbeitsgerichte besteht kein Anlaß, die Sache dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung darüber vorzulegen, ob die Protokollerklärung der Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes auf zurückliegende Zeiten entgegenstehen kann (Art. 177 EG-Vertrag).
cc) Im übrigen hat der Europäische Gerichtshof in dem von der Beklagten zitierten Urteil vom 28. September 1994 (–Rs C-128/93 – Fisscher – AP Nr. 56 zu Art. 119 EWG-Vertrag) bereits klargestellt, daß das dem Vertrag über die Europäische Union beigefügte Protokoll Nr. 2 zu Art. 119 EG-Vertrag sogar in dessen Anwendungsbereich keine Auswirkungen auf den Anspruch auf Anschluß an ein Betriebsrentensystem hat, um den es der Klägerin auch im vorliegenden Fall geht.
b) Ebensowenig führt der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG ergebende Vertrauensschutz gegenüber rückwirkenden Belastungen zu einem Wegfall oder zu einer Einschränkung des Verschaffungsanspruchs (vgl. BAG Urteil vom 7. März 1995, aaO, zu B IV 1 und 2 der Gründe; Urteil vom 16. Januar 1996, aaO, zu C IV 1 der Gründe; Urteil vom 12. März 1996 – 3 AZR 993/94 –, aaO, zu C I 4 a der Gründe).
aa) Die Beklagte kann sich nicht auf die frühere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts berufen. Die Rechtsanwendung ist von der Rechtssetzung zu unterscheiden. Eine Änderung der Rechtsprechung kann nicht ohne weiteres mit einer Änderung der objektiven Rechtslage durch neue Gesetze gleichgesetzt werden. Allerdings gewinnt der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebende Vertrauensschutz um so größere Bedeutung, je stärker die Rechtsprechung sich der Rechtssetzung nähert, wie dies etwa im Bereich der Rechtsfortbildung der Fall sein kann. Dies bedeutet aber nicht, daß die Erwartung eines Arbeitsgebers oder der Tarifvertragsparteien, eine Regelung sei rechtlich nicht zu beanstanden, fehlende Sachgründe ersetzen kann. Auch bei unbestimmten Rechtsbegriffen muß der Richter seiner Entscheidung grundsätzlich die Rechtserkenntnisse zugrunde legen, die er hier und heute gewinnt (vgl. BAG Urteil vom 16. Januar 1996, aaO, zu C IV 1 der Gründe). Selbst ein schuldloser Rechtsirrtum des Arbeitgebers führt nicht zwangsläufig dazu, daß die Gerichte die objektiv rechtswidrige Benachteiligung einer Personengruppe wider besseres Wissen aufrechterhalten müssen (vgl. BAG Urteil vom 7. März 1995, aaO, zu B IV 2 d aa der Gründe).
bb) Im vorliegenden Fall kann ebenso wie in den früheren Verfahren offenbleiben, ob ein Vertrauen auf die bisherige gerichtliche Gesetzesanwendung überhaupt zu schützen ist. Zumindest sind die dem Arbeitgeber entstehenden Belastungen abzuwägen mit den Interessen der Arbeitnehmer an der Beachtung der zentralen Gerechtigkeitsnorm des Art. 3 Abs. 1 GG. Dabei verdient das Interesse der Beklagten, von zusätzlichen Belastungen und Verwaltungsmehraufwand verschont zu bleiben, keinen Vorrang gegenüber dem Interesse der benachteiligten Arbeitnehmer an der uneingeschränkten Beachtung des Gleichheitssatzes. Der Gleichheitssatz ist in besonderem Maße Ausdruck der materiellen Gerechtigkeit. Seiner besonderen Bedeutung entspricht es, daß grundsätzlich auch für zurückliegende Zeiträume gleiche Entgelte für gleiche Arbeit zu leisten sind und nicht ohne sachlichen Grund bestimmte Personengruppen vorübergehend schlechter behandelt werden dürfen, auch wenn der Verstoß gegen den Gleichheitssatz erst nachträglich erkannt wird. Im Urteil vom 16. Januar 1996 (aaO, zu C IV 1 b der Gründe) hat der Senat hervorgehoben, daß er die finanziellen Belastungen und den Verwaltungsmehraufwand der Arbeitgeber nicht gering einschätzt. Die voraussichtlichen Mehrkosten müssen jedoch zu den Gesamtkosten in Beziehung gesetzt werden, die der Arbeitgeber für die Zusatzversorgung, für die Vergütung seiner Arbeitnehmer und für die Personalverwaltung aufwenden muß. Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 5. April 1995 behauptet, für sie ergebe sich durch die rückwirkende Einbeziehung der unterhälftig beschäftigten Teilzeitkräfte eine jährliche Belastung von rund 240.000,00 DM. Diese Kostenschätzung deutet noch nicht auf eine Überforderung der Beklagten hin.
3. Der geltend gemachte Anspruch ist weder verwirkt noch verjährt.
a) Die Voraussetzungen einer Verwirkung liegen nicht vor, so daß es keine Rolle spielt, ob die Klägerin gewerkschaftlich organisiert war oder nicht.
aa) Falls beide Parteien tarifgebunden waren und der Klägerin damit ein tarifvertraglicher Anspruch auf Zusatzversorgung zusteht, kommt eine Verwirkung (§ 242 BGB) ohnehin nicht in Betracht. Nach § 4 Abs. 4 Satz 2 TVG ist die Verwirkung von tariflichen Rechten ausgeschlossen.
bb) Falls die Klägerin nicht Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft war und Anspruchsgrundlage § 2 Abs. 1 BeschFG oder der Gleichbehandlungsgrundsatz ist, käme zwar eine Verwirkung auch für den Anspruch auf Verschaffung einer Zusatzversorgung in Betracht (vgl. BAG Urteil vom 15. September 1992 – 3 AZR 438/91 – AP Nr. 39 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen, zu II 3 c der Gründe). Ein Recht ist aber nur dann verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, daß der Anspruch auch in Zukunft nicht geltend gemacht werde (vgl. u.a. BAG Urteil vom 5. Juli 1990 – 2 AZR 8/90 – AP Nr. 1 zu § 15 SchwbG 1986, zu I 3 b der Gründe; BAG Urteil vom 15. September 1992, aaO; BAG Urteil vom 12. Januar 1994 – 5 AZR 597/92 – AP Nr. 3 zu § 818 BGB, zu B II der Gründe). Sowohl für die erforderliche Dauer der Untätigkeit (sog. Zeitmoment) als auch für den Vertrauenstatbestand (sog. Umstandsmoment) und die Zumutbarkeit der Erfüllung des Anspruchs (sog. Zumutbarkeitsmoment) spielen Art und materielle oder immaterielle Bedeutung des Anspruchs, die Ursachen der Untätigkeit des Berechtigten und das Ausmaß der Schutzbedürftigkeit beider Parteien eine entscheidende Rolle. Die betriebliche Altersversorgung sichert dem Versorgungsberechtigten in einem gewissen Umfang den bisherigen Lebensstandard und hat für ihn einen entsprechend hohen wirtschaftlichen Wert. Nur in Ausnahmefällen kann der Arbeitgeber davon ausgehen, daß der Versorgungsberechtigte einen ihm zustehenden Anspruch auf Verschaffung einer betrieblichen Altersversorgung nicht mehr geltend machen werde. Ein derartiger Ausnahmefall liegt nicht vor.
(1) Die Beklagte konnte unschwer erkennen, daß die Klägerin ebenso wie sie selbst zunächst von der Wirksamkeit des tariflichen Ausschlußtatbestandes ausging. Die Beklagte mußte damit rechnen, daß die Klägerin nach Kenntnis der Rechtslage ihren Verschaffungsanspruch erheben werde. Soweit die Beklagte Vermögensdispositionen traf, beruhte dies nicht auf der unterbliebenen Geltendmachung eines Verschaffungsanspruchs, sondern auf ihrer eigenen Überzeugung, die Zusatzversorgung den unterhälftig beschäftigten Teilzeitkräften versagen zu können.
(2) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, die Klägerin sei nach Eintritt des Versorgungsfalles ca. sechs Jahre lang untätig geblieben. Das Arbeitsverhältnis wurde bis zum 30. September 1990 fortgesetzt. Die Klägerin hat, wie auch die ursprünglichen Klageanträge zeigen, angenommen, daß es für die Zusatzversorgung auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ankomme. Zumindest für eine rechtsunkundige Arbeitnehmerin lag eine derartige Vorstellung nahe. Nachdem der Senat mit Urteil vom 28. Juli 1992 (–3 AZR 173/92 – BAGE 71, 29 = AP Nr. 18 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung) entschieden hatte, daß der allgemeine und vollständige Ausschluß unterhälftig beschäftigter Arbeitnehmer von Leistungen der Zusatzversorgung unwirksam und der Arbeitgeber zur Verschaffung einer gleichwertigen Versorgung verpflichtet sei, wandte sich die Klägerin noch im Jahre 1992 an die Beklagte, die sich anschließend mit der ZVK Baden-Württemberg in Verbindung setzte. Die ZVK Baden-Württemberg antwortete mit Schreiben vom 18. Dezember 1992, das auszugsweise wie folgt lautete:
„… Das von Frau P angesprochene Urteil des Bundesarbeitsgerichts, das im übrigen noch nicht veröffentlicht ist, gilt zunächst nur in dem ihm zugrunde liegenden Einzelfall. …
Frau P war vom 1. Oktober 1974 bis 31. Oktober 1976 in der Zusatzversorgung pflichtversichert. Eine weiterreichende Pflichtversicherung ist nach den derzeit gültigen Satzungsbestimmungen nicht möglich. …”
Mit Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 16. Juni 1993 verlangte die Klägerin die Gewährung der Zusatzversorgung für die gesamte Dauer ihrer Beschäftigung. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 29. Juni 1993 ab. Zur Begründung führte sie u.a. aus:
„…
Gegen die Urteile des Bundesarbeitsgerichts hat das Land Niedersachsen und in einem Parallelfall die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände Verfassungsbeschwerde eingelegt. Im Hinblick auf die noch nicht entschiedene Verfassungsbeschwerde können wir entsprechend der Empfehlung der Kommunalen Arbeitgeberverbände aus dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts momentan keine Folgerungen ziehen.
Wir bitten um Ihr Verständnis hierzu.”
(3) Unter diesen Umständen kann von einer gegen Treu und Glauben verstoßenden illoyalen Verspätung der Rechtsausübung keine Rede sein. Die Verwirkung ist ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens (vgl. u.a. Roth im MünchKomm-BGB, 3. Aufl., § 242 Rz 396; Palandt/Heinrichs, BGB, 55. Aufl., § 242 Rz 87). Eine derartige Fallgestaltung liegt nicht vor. Nur am Rande sei vermerkt, daß die Beklagte nach dem vorgelegten Schriftwechsel geprüft hat, ob die Klägerin noch nachversichert werden kann, es also damals nicht für unzumutbar ansah, einen etwaigen Verschaffungsanspruch der Klägerin noch zu erfüllen.
b) Während der Anspruch auf Verschaffung einer Zusatzversorgung (sog. Stammrecht) in 30 Jahren verjährt, beträgt die Verjährungsfrist für die einzelnen Ruhegeldraten nach § 198 Nr. 8 oder 9 BGB zwei Jahre (vgl. BAG Urteil vom 12. Januar 1974 – 3 AZR 114/73 – AP Nr. 5 zu § 242 BGB Ruhegehalt-VBL, zu III 1 der Gründe; BAG Urteil vom 15. September 1992 – 3 AZR 438/91 –, aaO, zu II 3 b der Gründe). Der Verschaffungsanspruch ergibt sich aus dem arbeitsrechtlichen Grundverhältnis und begründet das Versorgungsstammrecht. Nur die laufend zu zahlenden Rentenbeträge sind im Sinne der Verjährungsvorschrift Arbeitsvergütung. Im vorliegenden Fall kommt jedoch diese kurze Verjährung nicht zum Tragen. Die Klägerin hat die Verschaffung der laufenden Versorgungsleistungen erst für die Zeit ab 1. Oktober 1990 verlangt. Die Rentenbeträge ab 1. Oktober 1990 sind auch nach Auffassung der Beklagten nicht verjährt.
II. Für die Beschäftigungszeit vom 1. Oktober 1978 bis 30. September 1980 steht der Klägerin der geltend gemachte Verschaffungsanspruch nicht zu. In dieser Zeit war sie im Sinne des Rentenversicherungsrechts nur geringfügig beschäftigt und unterlag insoweit nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Jedenfalls die als Gesamtversorgungssystem ausgestaltete Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst muß den im rentenversicherungsrechtlichen Sinne geringfügig Beschäftigten nicht gewährt werden.
1. Der Ausschluß dieser Teilzeitkräfte verstößt weder gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Diskriminierungsverbote. Für diese Einschränkung der Zusatzversorgung gibt es sachlich einleuchtende Gründe. Sie ergeben sich aus dem tarifvertraglichen Leistungszweck (vgl. BAG Urteil vom 27. Februar 1996 – 3 AZR 886/94 –, aaO, zu B III 3 der Gründe; Urteil vom 12. März 1996 – 3 AZR 993/94 –, aaO, zu C II 1 der Gründe).
a) Bei der Zwecksetzung haben die Tarifvertragsparteien einen weiten Gestaltungsspielraum. Sie entscheiden eigenverantwortlich darüber, welches Versorgungssystem sie wählen und welche Ziele sie damit im einzelnen verfolgen (vgl. BAG Urteil vom 27. Februar 1996, aaO, zu B III 3 b bb (1) der Gründe). Weder der Gleichheitssatz noch die Diskriminierungsverbote dienen dazu, den von den Tarifvertragsparteien im Rahmen der Tarifautonomie verbindlich gesetzten Leistungszweck zu verändern (vgl. BAG Urteil vom 20. Juni 1995 – 3 AZR 539/93 – AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Nährmittelindustrie, zu II 3 c der Gründe; Urteil vom 12. März 1996, aaO, zu C II 1 der Gründe).
b) Die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst ergänzt eine Grundsicherung, wie es die gesetzliche Rentenversicherung darstellt (vgl. BAGE 72, 345, 349 = AP Nr. 6 zu § 1 BetrAVG Teilzeit, zu 3 b der Gründe; BAG Urteil vom 27. Februar 1996, aaO, zu B III 3 b bb (3) der Gründe). An einer solchen Grundsicherung fehlt es jedoch in den Fällen geringfügiger Beschäftigungen im Sinne des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts. Eine entsprechende Einschränkung der Zusatzversorgung trägt der Ergänzungsfunktion der betrieblichen Altersversorgung im öffentlichen Dienst Rechnung. Der Arbeitgeber ist insbesondere nicht verpflichtet, die fehlende Sozialversicherungsrente durch eine betriebliche Altersversorgung zu ersetzen.
c) Da die Gesamtversorgung aufgrund ihrer Zwecksetzung zwangsläufig das gesetzliche Rentenversicherungsrecht mitberücksichtigt, dürfen die Tarifvertragsparteien auf die sozialversicherungsrechtliche Rechtslage abstellen. Sie sind nicht verpflichtet, sozialversicherungsrechtliche Wertentscheidungen durch teilweise Umgestaltung der betrieblichen Altersversorgung zu korrigieren. Die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen, die geringfügige Beschäftigungen von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht ausnehmen, enthalten keine europarechtlich unzulässige mittelbare Diskriminierung der Frauen; denn sie sind zur Erreichung sozial- und beschäftigungspolitischer Ziele erforderlich, die objektiv nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (vgl. EuGH Urteil vom 14. Dezember 1995 – Rs C-317/93 – DB 1996, 44 = NZA 1996, 129 = NJW 1996, 445).
2. Auch für Beschäftigungszeiten bis zum 31. März 1991 kommt es auf die Rentenversicherungspflicht an, obwohl die Versorgungsregelungen damals noch nicht auf die rentenversicherungsrechtliche Geringfügigkeitsgrenze (nunmehr § 8 SGB IV) abstellten, sondern weitergehend Teilzeitbeschäftigte bis zu einer Arbeitszeit von 18 Wochenstunden von der Zusatzversorgung ausnahmen. Die Unwirksamkeitsfolge ist bei Tarifnormen unter Berücksichtigung des zum Ausdruck gebrachten Regelungszwecks auf das rechtlich notwendige zu begrenzen. Dem Sinn und Zweck der von den Tarifvertragsparteien geschaffenen Zusatzversorgung entspricht es, den Ausschluß der Teilzeitkräfte insoweit aufrechtzuerhalten, als sie im rentenversicherungsrechtlichen Sinne geringfügig beschäftigt wurden (vgl. BAG Urteil vom 27. Februar 1996, aaO, zu B III 3 c der Gründe).
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 ZPO.
Unterschriften
Dr. Heither, Kremhelmer, Bepler, Weinmann, Schoden
Fundstellen