Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlung in der betrieblichen Altersversorgung

 

Normenkette

BetrAVG § 1 Gleichbehandlung

 

Verfahrensgang

LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 17.02.1997; Aktenzeichen 9 (11) Sa 1370/95)

ArbG Mainz (Urteil vom 19.10.1995; Aktenzeichen 1 Ca 3467/94)

 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Februar 1997 – 9 (11) Sa 1370/95 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte dem Kläger Versorgungsansprüche verschaffen muß.

Der Kläger ist am 12. März 1934 geboren. Er war vom 1. Januar 1975 bis zum 30. April 1992 für die Beklagte als Bezirksdirektor in deren Außendienst tätig. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Vereinbarung vom 8. März 1991/22. April 1991.

Die Beklagte ist eine Bausparkasse mit fast 5.000 Mitarbeitern, davon 180 im Außendienst. Sie unterhält eine Pensionskasse, deren Satzung zunächst Außendienstmitarbeiter nicht erwähnte. Nach dieser Satzung konnten alle Angestellten nach mindestens einjähriger Tätigkeit als Mitglieder der Pensionskasse aufgenommen werden und einen Anspruch auf Mitgliedsrente erwerben. Die satzungsmäßige Rente beläuft sich nach zehnjähriger Mitgliedsschaft auf 20 % des pensionsfähigen Gehalts und steigt ab Vollendung des 40. Lebensjahres für jedes weitere volle Mitgliedsjahr um 1 % bis auf höchstens 40 % des pensionsfähigen Gehalts. Dabei versteht die Satzung unter Gehalt alle Bestandteile der Vergütung, die an den Angestellten unwiderruflich und in gleichbleibender Höhe aufgrund des Tarifvertrages oder des Arbeitsvertrages gezahlt werden. Widerrufliche oder in der Höhe schwankende Gehaltsteile, insbesondere widerrufliche oder variable Leistungszulagen werden nicht berücksichtigt. In § 10 der Satzung in der Fassung vom 1. Mai 1975 heißt es zur Aufbringung der Mittel:

„Die Mitglieder zahlen einen Betrag von 3 % ihres Gehaltes (§ 9 Ziff. 7). Mitglieder, die im Außendienst des BHW als Beratungsstellenleiter tätig sind, zahlen bei einem Eintrittsalter

bis zu 26 Jahren

7

%

bis zu 28 Jahren

8

%

bis zu 31 Jahren

9

%

und darüber

10

%

ihres Gehaltes (§ 9 Ziff. 7) …”

Dieser Mitgliedsbeitrag zur Pensionskasse wurde für die Mitarbeiter im Innendienst von der Beklagten übernommen. Die Außendienstmitarbeiter, soweit sie als Arbeitnehmer beschäftigt wurden, mußten den Beitrag selbst zahlen.

Der Kläger hat keinen Antrag auf Aufnahme in die Pensionskasse gestellt. Bis zum 31. Dezember 1984 waren nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten insgesamt 37 Außendienstmitarbeiter der Pensionskasse beigetreten, während 84 Mitarbeiter des Außendienstes ihr ferngeblieben waren.

Zum 1. Januar 1985 trat eine Betriebsvereinbarung in Kraft, mit der eine „Versorgungsordnung für Mitarbeiter des hauptberuflichen akquisitorischen Außendienstes des BHW-Bausparkasse” geschaffen wurde. In ihr verpflichtete sich die Beklagte, den Mitarbeitern des hauptberuflichen akquisitorischen Außendienstes (HAAD-Mitarbeiter), die eine schriftliche Versorgungszusage erhalten und ihre Zustimmung hierzu erklärt hatten, Versorgungsleistungen nach Maßgabe der Leistungsbestimmungen in der Satzung der Pensionskasse zu gewähren. Eine Besonderheit sah § 2 der Betriebsvereinbarung insoweit vor, als bei der Ermittlung des pensionsfähigen Gehalts das anzusetzende Gehalt jeweils nur bis zur Höhe der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der Angestelltenversicherung zugrunde zu legen war. Außerdem sollte nach § 1 Abs. 4 HAAD-Mitarbeitern, die beim Eintritt in das Unternehmen der Beklagten oder am 1. Januar 1985 das 50. Lebensjahr überschritten hatten, in der Regel keine Zusage nach dieser Versorgungsordnung gegeben werden.

Da der Kläger am 1. Januar 1985 das 50. Lebensjahr bereits vollendet hatte, erhielt er keine Versorgungszusage. Die Beklagte hatte ihm bereits mit Schreiben vom 20. Dezember 1984 im Zusammenhang mit der bevorstehenden Unterzeichnung eines neuen Anstellungsvertrages mitgeteilt, daß er statt der Versorgungszusage nach Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten eine Anerkennungszahlung erhalten werde. Diese Anerkennungszahlung betrage 3 % seines Tarifgehalts ohne Zinsen vom Zeitpunkt ab Unterzeichnung des neuen Anstellungsvertrags bis zu seinem Ausscheiden. In dem Schreiben vom 20. Dezember 1984 führte die Beklagte weiter aus: „Der Anspruch auf diese Anerkennungszahlung entsteht erst mit ihrer Unterschrift unter den neuen Anstellungsvertrag.”

Die Zusage der Anerkennungszahlung ging auf eine Betriebsvereinbarung zurück, welche die Beklagte in der Vergangenheit zugunsten von Mitarbeitern abgeschlossen hatte, die nicht in die Pensionskasse aufgenommen werden konnten. Diese Regelung wurde dann auf die HAAD-Mitarbeiter erstreckt, die wegen Überschreitens der Lebensaltersgrenze keine Zusage nach der Versorgungsordnung für die Mitarbeiter des hauptberuflichen akquisitorischen Außendienstes der Beklagten erhielten. Der Kläger erhielt bei seinem Ausscheiden einen Betrag von 14.026,64 DM.

Unter dem 20. Juni 1994 forderte der Kläger durch seinen späteren Prozeßbevollmächtigten die Beklagte auf, ihn mit Wirkung zum 1. Januar 1975 in die Pensionskasse aufzunehmen und ihm eine Berechnung seiner Pensionsansprüche zu übersenden. Er berief sich dabei auf das Senatsurteil vom 20. Juli 1993 (– 3 AZR 52/93BAGE 73, 343 = AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung). Die Beklagte lehnte die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 7. Juli 1994 ab.

Mit seiner am 21. November 1994 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Klage hat der Kläger den Standpunkt eingenommen, die Differenzierung zwischen Innen- und Außendienst verstoße gegen das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot. Er habe als Außendienstmitarbeiter im wesentlichen die gleichen Bezüge wie ein Direktor im Innendienst erzielt und habe daher ebenso einen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung. Er sei faktisch daran gehindert gewesen, der Pensionskasse beizutreten, weil er ansonsten 10 % seines Tarifgehalts als Beitrag hätte zahlen müssen, während die Beklagte die geringeren Beiträge der Innendienstmitarbeiter selbst gezahlt habe. Soweit die HAAD-Mitarbeiter einen höheren Verdienst als die Direktoren im Innendienst erzielt hätten, was nicht hinsichtlich der Eingruppierung gelte, so sei dies durch die im Außendienst zu leistende Mehrarbeit gerechtfertigt. Es sei auch nicht richtig, daß die HAAD-Mitarbeiter im Durchschnitt das 2,7fache der Innendienstmitarbeiter verdient hätten. Es dürfe nicht der gesamte Innendienst, sondern nur der Führungsinnendienst und dessen Durchschnittsgehälter zum Vergleich herangezogen werden. Darüber hinaus hätten nur 150 bis 180 Außendienstmitarbeiter mehr als 4.000 Innendienstmitarbeitern gegenübergestanden. Der Kläger rügt auch, daß die angeblichen Differenzierungsgründe von der Beklagten vorprozessual nicht offengelegt worden seien.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihn mit Wirkung ab dem 1. Januar 1975 in der Pensionskasse oder in sonstiger Weise auf ihre Kosten und zu den gleichen Bedingungen nachzuversichern, wie dies für die Tarifangestellten und die Führungskräfte der Beklagten im Innendienst nach der für den hier maßgeblichen Zeitraum geltenden Satzung der Pensionskasse geschieht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, in die Pensionskasse einzutreten. Er habe davon keinen Gebrauch gemacht. Die Ungleichbehandlung zwischen Innen- und Außendienst sei im übrigen auch gerechtfertigt. Der Durchschnitt der Gehälter im Außendienst habe etwa das 2,7fache des Durchschnitts der Gehälter im Innendienst betragen. Deshalb seien die Außendienstmitarbeiter weniger schutzwürdig gewesen und hätten Versorgungslücken selber schließen können. Es sei auch gerechtfertigt gewesen, von ihnen höhere Beiträge für die Pensionskasse zu verlangen. Ihre höheren Provisionseinkünfte hätten zu einem höheren Rückstellungsbedarf geführt, der durch erhöhte Beiträge von den Betroffenen hätte abgedeckt werden müssen. Im übrigen hat die Beklagte behauptet, die Tätigkeit des Klägers als Bezirksdirektor sei nicht mit bestimmten Positionen des Innendienstes zu vergleichen. In bezug auf seine Hierarchieebene und die tarifliche Vergütung sei der Kläger allenfalls mit einem Kreditgruppenleiter des Innendienstes zu vergleichen. Der Kläger habe aufgrund der Provisionen im Durchschnitt doppelt soviel verdient wie ein solcher Mitarbeiter im Innendienst.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, jedoch mit der Einschränkung, daß die Beklagte den Kläger erst ab dem 1. Januar 1976 in der Pensionskasse oder auf sonstige Weise nachversichern muß. Laut Protokoll der Verhandlung vom 19. Oktober 1995 will der Kläger den Nettobetrag der ihm gewährten Anerkennungszahlung zurückzahlen, falls die Beklagte rechtskräftig verurteilt wird, ihn nachzuversichern.

Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision will die Beklagte weiter die Abweisung der Klage erreichen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

A. Die Klage ist zulässig.

I. Der Antrag des Klägers ist auf Feststellung eines Verschaffungsanspruches gerichtet. Der Kläger will erreichen, daß die Beklagte ihn im Ergebnis so stellen muß, als wäre er während seiner gesamten Beschäftigungszeit zu den Bedingungen der Mitarbeiter des Innendienstes Mitglied der Pensionskasse gewesen. Darauf, wie die Beklagte ihm diese Versorgungsleistungen verschafft, kommt es ihm nicht an (vgl. BAG Urteil vom 7. März 1995 – 3 AZR 282/94BAGE 79, 236 = AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung).

II. Der Kläger hat für diesen hinreichend bestimmten Antrag auch das nach § 256 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse. Die Beklagte hat den Verschaffungsanspruch bestritten. Der Kläger hat das berechtigte Interesse, seine Versorgungslage alsbald rechtlich zu klären. Er muß schon vor dem Eintritt des Versorgungsfalls wissen, welche Versorgungsansprüche ihm zustehen werden.

B. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz einen Anspruch darauf, daß die Beklagte ihn im Ergebnis so stellt, als wäre er während seiner Tätigkeit für die Beklagte Mitglied von deren Pensionskasse zu den Bedingungen für Tarifangestellte und Führungskräfte im Innendienst gewesen. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht festgestellt.

I. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet die sachfremde Unterscheidung der Arbeitnehmer eines Betriebes nach bestimmten Merkmalen. Die Gruppenbildung muß sachlichen Kriterien gerecht werden. Eine unterschiedliche Behandlung ist dann sachfremd, wenn es für sie keine nachvollziehbaren und willkürfreien Gründe gibt. Dabei richtet sich die Beurteilung nach dem Zweck der Leistung.

II. Die Beklagte hat ihre Außendienstmitarbeiter im Rahmen ihres betrieblichen Versorgungswerkes ohne sachliche Rechtfertigung schlechter behandelt als ihre übrigen Mitarbeiter.

1. Die Beklagte verschafft ihren Mitarbeitern seit dem Jahre 1958 betriebliche Versorgungsansprüche unter Einschaltung einer von ihr beherrschten Pensionskasse. Dabei hat sie während des hier interessierenden Zeitraums zwei Gruppen gebildet, Innendienstmitarbeiter und Außendienstmitarbeiter. Die Innendienstmitarbeiter können im Ergebnis Versorgungsansprüche gegen die Pensionskasse erwerben, ohne daß sie hierfür eigene Beiträge aufbringen müssen. Außendienstmitarbeiter, wie der Kläger, mußten demgegenüber Beiträge von bis zu 10 % ihres Gehaltes aufbringen, um entsprechende betriebliche Versorgungsansprüche zu erlangen. Mit diesen hohen Beiträgen lassen sich die zugesagten Leistungen weitgehend finanzieren.

2. Mit dieser die Außendienstmitarbeiter benachteiligenden Ungleichbehandlung verstößt die Beklagte gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

a) Mit Leistungen der betrieblichen Altersversorgung kann der Arbeitgeber unterschiedliche Zwecke verfolgen. Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sollen die wirtschaftliche Lage der Arbeitnehmer im Alter verbessern. Neben diesen Versorgungszweck tritt in der Regel die Aufgabe betrieblicher Versorgungssysteme, die von den Arbeitnehmern erbrachte Betriebstreue zu fördern und zu belohnen. Entsprechend diesen Zwecken eines betrieblichen Versorgungswerks kommen auch sachliche Rechtfertigungen für die unterschiedliche Behandlung verschiedener Arbeitnehmergruppen innerhalb eines Betriebes in Betracht. Eine Ungleichbehandlung bei der Gewährung betrieblicher Versorgungsleistungen kann wegen eines nachvollziehbar unterschiedlichen Interesses an fortdauernder Betriebstreue der betroffenen Arbeitnehmergruppen gerechtfertigt sein. Sie kann auch an einen typischerweise unterschiedlichen Versorgungsbedarf anknüpfen (BAG Beschluß vom 11. November 1986 – 3 ABR 74/85BAGE 53, 309 = AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Gleichberechtigung; BAG Urteil vom 20. Juli 1993 – 3 AZR 52/93BAGE 73, 343, 348 = AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu 2 c der Gründe; BAG Urteil vom 22. November 1994 – 3 AZR 349/94BAGE 78, 288, 292 = AP Nr. 24 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu B III 2 der Gründe).

Dabei muß sich der geltend gemachte Differenzierungsgrund aus der betrieblichen Versorgungsordnung selbst ergeben. Dies bedeutet zumindest, daß die Versorgungsordnung dem behaupteten Differenzierungsgrund nicht widersprechen darf. Der Ordnungsgeber muß sich an die behaupteten Ordnungsgrundsätze halten. Nur dann besteht eine Ordnung in dem geltend gemachten Sinn, der Ungleichbehandlungen sachlich rechtfertigen kann.

b) Für die Ungleichbehandlung der Innendienst- und Außendienstmitarbeiter bei der betrieblichen Altersversorgung durch die Beklagte gibt es nach diesen Maßstäben keine sachlich rechtfertigenden Gründe.

aa) Die Versorgungsordnung unterscheidet nach ihrem Wortlaut ohne weitere Erläuterung allein nach Innen- und Außendienstmitarbeitern. Die damit angesprochenen Unterschiede bei den vertraglich geschuldeten Dienstleistungen und in der Vergütungsstruktur rechtfertigen die erhebliche Schlechterstellung von Außendienstmitarbeitern in der betrieblichen Altersversorgung nicht (a.A. Lieb, ZfA 1996, 319, 327). Der Senat bleibt bei seiner Rechtsauffassung, die er im Urteil vom 9. Dezember 1997 (– 3 AZR 661/96 – AP Nr. 40 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung) näher begründet hat. Neue Gesichtspunkte hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Die für die Mitarbeiter der Beklagten geltende Versorgungsordnung läßt nicht erkennen, daß die Beklagte mit ihrem betrieblichen Versorgungswerk andere als die üblichen Zwecke solcher Leistungssysteme verfolgt. Die hiernach verfolgte Absicht, den Arbeitnehmern eine zusätzliche Versorgung im Alter zuzuwenden und ihre Betriebstreue zu belohnen und zu fördern, steht aber in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem Umstand, daß die in einem Arbeitsverhältnis stehenden Außendienstmitarbeiter bei der Gestaltung ihrer täglichen Arbeit freier sind als Mitarbeiter im Innendienst. Die Beklagte macht auch nicht geltend, daß sie bei ihren Außendienstmitarbeitern aufgrund von deren geringerer Bindung an die innerbetriebliche Organisation auch ein geringeres Interesse an fortdauernder Betriebstreue habe als bei ihren Innendienstmitarbeitern. Die unterschiedliche Vergütungsstruktur, die typischerweise zu schwankenden Bezügen oberhalb der festgelegten Grundvergütung führt, kann zwar bei der Verwaltung und Kalkulation eines Versorgungssystems Schwierigkeiten machen, das der Höhe nach an die laufenden Entgelte anknüpft. Hierauf kann eine Versorgungsordnung durch pauschalierende Regelungen reagieren. Ein weitgehender Ausschluß der Außendienstmitarbeiter aus einem ausschließlich arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Versorgungswerk kann damit aber nicht gerechtfertigt werden.

bb) Der Senat muß nicht entscheiden, ob die Beklagte den nach ihrem Vortrag hinter der vorgenommenen Differenzierung stehenden Sachgrund, Außendienstmitarbeiter seien mit ihren weit überdurchschnittlichen Einkünften weniger schutzwürdig und könnten etwaige Versorgungslücken selbst schließen, rechtzeitig geltend gemacht hat (vgl. hierzu BAG Urteil vom 20. Juli 1993 – 3 AZR 52/93BAGE 73, 343, 350 = AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu 3 d der Gründe; kritisch: Lieb, ZfA 1996, 319, 328, 333 f.). Auch dieser Grund trägt die Ungleichbehandlung von Innendienst- und Außendienstmitarbeitern im betrieblichen Versorgungswerk der Beklagten nicht.

(1) Ein Arbeitgeber kann in einer betrieblichen Versorgungsregelung entsprechend einem typischerweise unterschiedlichen Versorgungsbedarf einzelne Arbeitnehmergruppen ungleich behandeln. Eine solche Differenzierung steht in Übereinstimmung mit den üblichen Zwecken betrieblicher Versorgungswerke. Der Arbeitgeber kann deshalb auch eine Arbeitnehmergruppe von der betrieblichen Altersversorgung ausschließen, die ein erheblich höheres Einkommen als die in das Versorgungswerk einbezogene Gruppe erzielt. Die benachteiligte Gruppe ist in einem solchen Fall aufgrund der vom Arbeitgeber herrührenden und von ihm zu überschauenden Leistungen in der Lage, sich selbst eine angemessene Versorgung im Alter zu verschaffen. Dem kann der Arbeitgeber Rechnung tragen. Er kann aus sozialen Gründen nur schlechterverdienenden Arbeitnehmern einen Zusatzversorgungsanspruch einräumen, die nicht in vergleichbarer Weise zur Eigenvorsorge in der Lage sind.

(2) Das Versorgungswerk im Unternehmen der Beklagten differenziert jedoch nicht in dieser Weise. Seine Gruppenbildung kann deshalb auch nicht unter diesem Gesichtspunkt sachlich gerechtfertigt werden.

Dabei kann dahinstehen, welcher Einkommensunterschied zwischen Außendienstmitarbeitern und Innendienstmitarbeitern tatsächlich besteht und welche Vergleichsgruppen hier zu bilden wären. Es ist zwischen den Parteien nicht umstritten, daß auch Mitarbeiter des Innendienstes ebensoviel wie der Kläger und die übrigen Außendienstmitarbeiter verdient haben. Das Versorgungswerk der Beklagten enthält damit nicht die aus sozialen Gründen differenzierende Ordnung, die sachlicher Grund für die vorgenommene Ungleichbehandlung hätte sein können.

Demgegenüber beruft sich die Beklagte erfolglos darauf, bei den nach ihrer Darstellung wenigen Mitarbeitern im Innendienst mit entsprechenden Bezügen handele es sich um solche, an deren Verbleib im Unternehmen sie ein besonderes Interesse habe. Die Beklagte trägt nicht vor, welches besondere Interesse sie an diesen hochbesoldeten Innendienstmitarbeitern im Vergleich zu den Außendienstmitarbeitern hat. Die hohe Bezahlung, welche beide Mitarbeitergruppen erhalten, deutet zumindest darauf hin, daß sie auch in vergleichbarer Weise für das Unternehmen wichtig sind. Darüber hinaus gibt die Versorgungsordnung auch keine Hinweise darauf, daß es der Beklagten auch darum geht, höherverdienende Angestellte, wenn sie nur im Innendienst arbeiten, stärker an das Unternehmen zu binden als Außendienstmitarbeiter. Die Versorgungsordnung trennt allgemein zwischen Außendienst- und Innendienstmitarbeitern. Alle Innendienstmitarbeiter werden unabhängig von der Höhe ihrer Bezüge in relativ gleicher Weise durch die Versorgungszusage an das Unternehmen gebunden. Einen Hinweis darauf, daß es der Beklagten um ein hierarchisch geordnetes Versorgungswerk geht, ist weder den Versorgungsregelungen für Innendienstmitarbeiter noch denen für Außendienstmitarbeiter zu entnehmen. Tatsächlich beschäftigt die Beklagte Mitarbeiter, die Vergütungen oberhalb der höchsten Tarifgruppe beziehen. Sie hat vier weitere Gehaltsgruppen für Abteilungsleiter, Hauptabteilungsleiter, Prokuristen und Abteilungsdirektoren gebildet. Alle diese Mitarbeiter erhalten die Leistungen der Pensionskasse ohne eigenen Beitrag.

cc) Mit dem Hinweis auf die erheblich höheren laufenden Bezüge der Außendienstmitarbeiter macht die Beklagte zugleich auch geltend, daß diese Mitarbeiter im Verhältnis zu den Innendienstmitarbeitern materiell nicht ungleich behandelt würden. Sie stünden bei einem Gesamtvergleich aller Arbeitsentgelte nicht schlechter. Auch damit kann sie keinen Erfolg haben.

(1) Es ist schon zweifelhaft, ob ein solcher das laufende Arbeitsentgelt und Versorgungslohn umfassender Gesamtvergleich auch dann statthaft ist, wenn die betroffenen Arbeitnehmer keine Möglichkeit haben, zwischen betrieblicher Altersversorgung und höheren laufenden Bezügen zu wählen. Gibt man dem Arbeitgeber die Möglichkeit, den Ausschluß einer Arbeitnehmergruppe von freiwilligen sozialen Leistungen durch ein höheres unmittelbar leistungsbezogenes Entgelt auszugleichen, fehlt jeder Maßstab, an dem sich der Grundsatz der Gleichbehandlung orientieren muß. Das Entgeltsystem insgesamt wäre nicht mehr durchschaubar (BAG Urteil vom 20. Juli 1993 – 3 AZR 52/93BAGE 73, 343, 349 = AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu 3 b der Gründe; in ähnliche Richtung auch Krause, Anm. zum Senatsurteil vom 25. April 1995 – 3 AZR 446/94 – EzA § 1 BetrAVG Gleichbehandlung Nr. 8; Wiedemann, Anm. zum Senatsurteil vom 17. Oktober 1995 – 3 AZR 882/94 – AP Nr. 132 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; a.A. Lieb, ZfA 1996, 319, 325 f.).

(2) Der Senat muß zu der aufgeworfenen Frage nicht abschließend Stellung nehmen. Ein Gesamtvergleich der den Arbeitnehmergruppen in unterschiedlicher Form zufließenden Entgelte kommt jedenfalls nur dann in Betracht, wenn den betrieblichen Entgeltfestlegungen entnommen werden kann, daß in dem laufenden Entgelt der aus dem ausschließlich arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Versorgungswerk ausgenommenen Arbeitnehmergruppe Bestandteile enthalten sind, die einen gleichwertigen Ausgleich für die Benachteiligung im Bereich des Versorgungslohnes bezwecken. Dies ist bei der Beklagten nicht der Fall.

Da eine entsprechende Zweckbestimmung eines Teils der laufenden Bezüge der Außendienstmitarbeiter bei der Beklagten nicht vorgenommen wird, kommt auch der von Höfer (BetrAVG, 4. Aufl., ART Rz 525.4) erwogene Sachgrund für einen Gesamtvergleich aller entgeltwerten Leistungen nicht in Betracht. Höfer meint, von einer höheren erfolgsabhängigen Barvergütung anstelle von Altersversorgung könne möglicherweise ein stärkerer Anreiz der Verkaufsförderung ausgehen. Dieses Ziel könne zulässigerweise verfolgt werden. Da die Beklagte die äußeren Voraussetzungen für einen solchen Gesamtvergleich nicht geschaffen hat, kann dahinstehen, ob der genannte Sachgrund nicht nur dann tragfähig sein kann, wenn das laufende Entgelt der Außendienstmitarbeiter sich ausschließlich aus Provisionen zusammensetzt.

III. Die Verfassungsbeschwerde der Beklagten gibt keine Veranlassung, die Grundsätze über die Gleichbehandlung von Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis, die der Senat in ständiger Rechtsprechung entwickelt hat, aufzugeben.

Die Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) kann durch Gesetz eingeschränkt werden. Gesetz im Sinne dieser Verfassungsbestimmung ist auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich geprägt vom verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG). Er gehört zur allgemeinen Rechtsordnung und ist geeignet, die Freiheit der Berufsausübung zu beschränken.

Eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG kommt nur unter dem Gesichtspunkt in Betracht, daß der Senat wesentlich ungleiche Sachverhalte im Hinblick auf die Verpflichtung, eine Zusatzversorgung zu verschaffen, gleich behandelt hat. Tatsächlich liegen doch keine ungleichen Sachverhalte vor, die zu einer unterschiedlichen rechtlichen Verpflichtung führen müssen. Die Versorgungsordnung der Beklagten stellt nicht auf die Höhe des erzielten Arbeitsverdienstes ab. Die Vergütungsunterschiede sind nach der Leistungsordnung kein maßgebliches Kriterium für die Zulassung zum Versorgungssystem. Tatsächlich erhalten auch Mitarbeiter im Innendienst, die eine ähnlich hohe Vergütung erzielen, eine Zusatzversorgung über die Pensionskasse. Nach dem unstreitigen Sachverhalt erhalten eine größere Zahl von Mitarbeitern, die im Innendienst beschäftigt werden, eine deutlich höhere Vergütung als die Tarifvergütung.

IV. Da es für die Gruppenbildung der Beklagten in ihrem betrieblichen Versorgungswerk nach alledem keinen sachlich rechtfertigenden Grund gibt, hat der Kläger einen Anspruch auf Verschaffung einer Zusatzversorgung, wie sie ein Innendienstmitarbeiter während der Beschäftigungszeit des Klägers mit dessen Arbeitsbedingungen im übrigen erdient hätte.

1. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz führt nicht zur Nichtigkeit der gesamten vom Arbeitgeber geschaffenen Ordnung, sondern dazu, daß die einschränkenden Bestimmungen entfallen, die eine Arbeitnehmergruppe ohne sachlichen Grund benachteiligten. Dies steht jedenfalls für in der Vergangenheit abgeschlossene Sachverhalte außer Streit, bei denen der Arbeitgeber keine andere Möglichkeit hat, Gleichbehandlung herzustellen, als durch eine Anpassung nach oben (statt aller: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 8. Aufl., § 112 II 5 a, m.w.N.). So verhält es sich im Falle des Klägers, bei dem es nur um die betriebsrentenrechtliche Behandlung zurückliegender Zeiträume geht.

2. Auf der Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes kann der Kläger verlangen, so gestellt zu werden, als wäre er entsprechend der Satzung der Pensionskasse wie ein Innendienstmitarbeiter ohne Beitragspflicht vom 1. Januar 1976 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen der Beklagten Mitglied der Pensionskasse gewesen.

Die Beklagte hat mit einem Beitrag von 7 bis 10 % des Gehaltes eine derart hohe Schranke für den Zugang zum Versorgungssystem aufgebaut, daß diese vorhersehbar für zahlreiche Außendienstmitarbeiter Anlaß sein mußte, von einer Mitgliedschaft in der Pensionskasse und dem Erwerb von Versorgungsansprüchen abzusehen. Da die Beklagte diese Hürde gleichheitswidrig aufgebaut hat, muß sie den Kläger in Verwirklichung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes so stellen, als hätte sie dieses Hindernis nicht errichtet. Dies hätte, wie das Verhalten der Innendienstmitarbeiter der Beklagten zeigt, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu geführt, daß der Kläger Mitglied der Pensionskasse geworden wäre und eine ausschließlich arbeitgeberfinanzierte Altersversorgung erworben hätte.

V. Der für den Kläger entstandene Anspruch auf Verschaffung einer Altersversorgung nach Maßgabe des Klageantrages ist weder durch Erlaßvertrag noch aufgrund einer Verwirkung erloschen.

1. Der Kläger hat im Zusammenhang mit dem Schreiben der Beklagten vom 20. Dezember 1984 und der Unterzeichnung des neuen Anstellungsvertrages zum 1. Januar 1985 nicht darauf verzichtet, eine Versorgung nach Maßgabe der Pensionskassensatzung für Innendienstmitarbeiter zu verlangen. Die Beklagte hat dem Kläger damals nicht die Möglichkeit gegeben, zwischen einer nachträglichen Aufnahme in die Pensionskasse und einer Direktzusage für die Zukunft oder einer Anerkennungszahlung zu wählen. Sie hat dem Kläger lediglich mitgeteilt, es gebe eine neue einheitliche betriebliche Altersversorgungsregelung, unter die der Kläger nicht falle. Er könne aber, wenn er den neuen Anstellungsvertrag unterschreibe, eine Anerkennungszahlung in Höhe von 3 % seines Tarifgehaltes erhalten. Der Umstand, daß in der Vergangenheit gleichheitswidrig eine betriebliche Altersversorgung nur gegen Zahlung eines erheblichen Mitgliedsbeitrages möglich war, war nicht Gegenstand des Schreibens der Beklagten und konnte damit auch nicht durch die Unterschrift des Klägers unter den neuen Arbeitsvertrag beeinflußt werden.

Entsprechendes gilt für die Vereinbarung vom 8. März/22. April 1991. Der Kläger hat die Erfüllung eines grundsätzlich anderen Anspruchs aus einer Betriebsvereinbarung entgegengenommen, ohne sich in irgendeiner Weise zu seinen Versorgungsansprüchen im übrigen zu äußern. Ein Verzichtswille des Klägers war für die Beklagte schon deshalb nicht erkennbar, weil beide Parteien im Jahre 1991 die Versorgungsregelung der Beklagten nicht weiter problematisiert haben. Deshalb kann auch in der Ausgleichsregelung im Aufhebungsvertrag der Parteien kein Verzicht des Klägers auf Gleichbehandlung bei der betrieblichen Altersversorgung entnommen werden. Die hier vereinbarte allgemeine Ausgleichsklausel bezieht sich ohne Hinweis auf einen anderweitigen Regelungswillen nicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen von Ruhegeldansprüchen und Ruhegeldanwartschaften (Blomeyer/Otto, BetrAVG, 2. Aufl., Einl. Rz 661 f., m.w.N.).

2. Der Anspruch des Klägers auf Gleichbehandlung ist auch nicht verwirkt. Die Beklagte konnte sich 1994 noch nicht darauf eingerichtet haben, der Kläger werde sein Recht auf Gleichbehandlung mit den Innendienstmitarbeitern nicht mehr geltend machen. Der Kläger war lediglich für einen Zeitraum von etwa 2 Jahren untätig geblieben. Ein Vertrauenstatbestand zugunsten der Beklagten konnte sich daraus nicht ergeben.

 

Unterschriften

Bepler, Friedrich, Kreft, Stemmer, H. Frehse

 

Fundstellen

Dokument-Index HI951919

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