Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhegehaltfähige Dienstzeit und Unverfallbarkeit

 

Normenkette

BetrAVG § 18 Abs. 6, § 1 Abs. 1; BeamtVG §§ 6-7, 14; LBG NW § 96 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 24.11.1994; Aktenzeichen 7 Sa 1297/94)

ArbG Essen (Urteil vom 15.06.1994; Aktenzeichen 5 Ca 1307/94)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 24. November 1994 – 7 Sa 1297/94 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob der Beklagte den Kläger bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) für die Zeit vom 8. Juli 1962 bis zum 30. Juni 1984 nachversichern muß.

Der am 8. Juli 1945 geborene Kläger war vom 1. April 1962 bis zum 30. Juni 1984 im Bereich der gesetzlichen Krankenkassen tätig. Vom 1. April 1962 bis zum 30. Juni 1970 war er bei der AOK Essen angestellt, wo er auch eine Lehre absolvierte. Danach war er vom 1. Juli 1970 bis zum 30. September 1972 bei der AOK Bottrop und vom 1. Oktober 1972 bis zum 30. Juni 1976 beim Landesverband der Ortskrankenkassen Westfalen-Lippe in Dortmund. Ab dem 1. Juli 1976 war der Kläger beim Beklagten tätig, wobei er zunächst in der Probezeit bis zum 30. September 1976 als Verwaltungsangestellter eingesetzt war. Für die weitere Beschäftigung beim Beklagten wurde am 1. Oktober 1976 ein Dienstvertrag über ein Dienstverhältnis als Dienstordnungs-Angestellter (DO-Angestellter) abgeschlossen. Dort heißt es u.a.:

„Artikel 2

Die Dienstordnung für die Angestellten des Landesverbandes der Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalen, Körperschaft des öffentlichen Rechts, gilt als Bestandteil dieses Dienstvertrages; sie liegt dem Vertrage bei.

Artikel 4

Das Besoldungsdienstalter wird auf den 1. Juli 1966 festgesetzt.

Artikel 5

Als ruhegehaltfähig werden gemäß § 7 der Dienstordnung in Verbindung mit § 122 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes NW folgende Zeiten berücksichtigt:

01.10.1964

31.12.1964

01.10.1972

31.03.1973

01.07.1976

30.09.1976

Die Entscheidung über die Ruhegehaltsfähigkeit dieser Zeiten steht unter dem Vorbehalt eines Gleichbleibens der Rechtslage, die ihr zugrunde liegt.”

Bei den in Art. 5 des Dienstvertrages genannten Zeiten handelt es sich um solche Zeiträume, in welchen der Kläger bei seinen Arbeitgebern aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenkassen nicht als DO-Angestellter, sondern in der Probezeit als Verwaltungsangestellter beschäftigt worden war.

In der dem Dienstvertrag beigefügten Dienstordnung des Beklagten heißt es u.a.:

㤠6

Anpassung an das Beamtenrecht

(1) Soweit nicht durch besondere gesetzliche Vorschriften oder in dieser Dienstordnung etwas anderes bestimmt ist, gelten für die Rechtsverhältnisse der Angestellten einschließlich ihres Anspruches auf Versorgung die jeweiligen Vorschriften für Landesbeamte entsprechend. …

§ 7

Ruhegehaltfähige Dienstzeit

Als ruhegehaltfähige Dienstzeit gilt außer den im Landesbeamtenrecht vorgesehenen Zeiten auch die seit Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegte Dienstzeit, die der Angestellte bei gesetzlichen Versicherungsträgern, bei einem Verbande oder einer Vereinigung von gesetzlichen Versicherungsträgern, die nicht die Eigenschaft eines öffentlich-rechtlichen Dienstherren haben oder hatten, und gemäß § 362 RVO bei Betriebskrankenkassen verbracht hat. Der Vorstand kann sonstige außerhalb des öffentlichen Dienstes verbrachte, für die Tätigkeit eines Angestellten förderliche Beschäftigungen als ruhegehaltfähig erklären.”

Der Kläger schied bei dem Beklagten aufgrund eigener fristgerechter Kündigung zum 30. Juni 1984 aus. Ab dem 1. Juli 1984 ist er rentenversicherungspflichtig beim Hospital O beschäftigt. Der Beklagte versicherte den Kläger am 5. November 1984 für die Zeit seiner Beschäftigung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte nach. Eine Nachversicherung bei der VBL, die der Kläger bereits mit Schreiben vom 12. September 1984 geltend gemacht hatte, lehnte der Beklagte auf eine Erinnerung des Klägers vom 5. November 1993 hin mit Schreiben vom 18. Februar 1994 endgültig ab.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er erfülle die Voraussetzungen für einen Nachversicherungsanspruch aus § 18 Abs. 6 Satz 1 BetrAVG. Er habe aufgrund seiner Beschäftigungszeiten im Bereich der gesetzlichen Krankenkassen eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erworben gehabt, bevor er beim Beklagten ausgeschieden sei. Bei seinem Ausscheiden am 30. Juni 1984 habe eine einheitliche Versorgungszusage seit dem Jahre 1962 vorgelegen. Alle Dienstgeber hätten ebenso wie der Beklagte durch ihre Dienstordnungen Versorgung entsprechend den jeweiligen Vorschriften für Landesbeamte versprochen, wobei der jeweils nachfolgende Dienstgeber die von der Versorgungszusage begleiteten Vordienstzeiten voll auf die eigene Versorgungszusage angerechnet habe. Hinsichtlich des Beklagten ergebe sich dies insbesondere aus Art. 5 des Dienstvertrages vom 1. Oktober 1976 mit den darin fixierten besonders genannten ruhegehaltfähigen Dienstzeiten sowie aus § 6 Abs. 1 und § 7 der Dienstordnung. Der Kläger, der auf den unstreitigen Umstand hinweist, daß der Beklagte in seinem Fall den Jubiläumszeitpunkt auf den 1. Oktober 1976 festgelegt hatte, hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihn für die Zeit vom 8. Juli 1962 bis zum 30. Juni 1984 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, Hans-Thoma-Straße 19, 76133 Karlsruhe, nachzuversichern und der Nachversicherung ein umlage- bzw. beitragspflichtiges Entgelt in Höhe von 630.536,– DM zugrunde zu legen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Nach seiner Auffassung ist die Versorgungsanwartschaft des Klägers mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses erloschen. Der Kläger habe keine zehn Jahre in seinem Dienst gestanden. Eine Anrechnung der Vordienstzeiten sei nicht vereinbart worden. Die Anerkennung von ruhegehaltfähigen Vordienstzeiten nach dem Arbeitsvertrag und der Dienstordnung wirke sich bei der Zusatzversorgung nicht aus. Entgegen der Darlegung des Klägers hätten auch die Vorarbeitgeber keine weitergehenden Versorgungszusagen gemacht.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Sachantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

A. Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, daß für den Kläger an sich aufgrund seiner Beschäftigung beim Beklagten ein Nachversicherungsanspruch nach § 18 Abs. 6 Satz 1 BetrAVG in Betracht kommt. Voraussetzung eines solchen Anspruchs sei jedoch, daß der Arbeitnehmer bei dem in Anspruch genommenen Arbeitgeber eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erlangt habe. Dies sei im Verhältnis des Klägers zum Beklagten nicht der Fall gewesen. Der Beklagte habe die Versorgungszusagen der Vorarbeitgeber weder übernommen, noch habe er Vordienstzeiten anerkannt, welche auf die Unverfallbarkeitsfristen anrechenbar seien. Die in Art. 5 des Dienstvertrages vorgenommene Anerkennung ruhegehaltfähiger Dienstzeiten habe eine mit der versprochenen Versorgung nach Beamtenrecht zusammenhängende eigenständige beamtenrechtliche Bedeutung. Bei der Berechnung der Unverfallbarkeitsfristen wirke sie sich nicht aus. Es sei auch nicht stillschweigend vereinbart worden, die in den verschiedenen Arbeitsverhältnissen erlangten Versorgungsanwartschaften zusammenzurechnen. Der Kläger habe in keinem der früheren Beschäftigungsverhältnisse eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erworben gehabt.

B. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Der Kläger hat keinen Nachversicherungsanspruch gegen den Beklagten.

I. § 18 Abs. 6 Satz 1 BetrAVG kommt an sich als Anspruchsgrundlage für den Kläger in Betracht. Der Kläger war während seiner Beschäftigung beim Beklagten ab dem 1. Oktober 1976 als DO-Angestellter mit der Zusage einer Versorgung entsprechend den Vorschriften für Landesbeamte tätig. Er war damit nach § 8 Abs. 1, § 6 AVG in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei und Beschäftigter i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 4 BetrAVG. Bei einem solchen Arbeitnehmer ist ein Anspruch nach § 18 Abs. 6 Satz 1 BetrAVG auf Nachversicherung bei der Zusatzversorgungseinrichtung möglich, bei der der Beklagte Beteiligter ist oder jedenfalls sein könnte.

II. Der Kläger erfüllt jedoch die weitere Voraussetzung eines Anspruchs aus § 18 Abs. 6 Satz 1 BetrAVG nicht. Er hatte zum Zeitpunkt seines Ausscheidens beim Beklagten keine unverfallbare Versorgungsanwartschaft i.S. von § 1 BetrAVG erlangt.

1. Ein Anspruch aus § 18 BetrAVG besteht nur dann, wenn der ausgeschiedene Arbeitnehmer bei seinem bisherigen Arbeitgeber eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erworben hatte. § 18 Abs. 1 BetrAVG schließt für Versorgungszusagen u.a. die Anwendung der §§ 2 bis 5 BetrAVG, nicht aber die des § 1 BetrAVG aus. Auch die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes haben deshalb nur nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 oder Abs. 3 BetrAVG eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erworben. Nur ihnen stehen die an die Stelle des § 2 BetrAVG tretenden Ansprüche aus § 18 Abs. 2 oder Abs. 6 BetrAVG zu (ständige Senatsrechtsprechung: BAG Urteil vom 8. Dezember 1981 – 3 AZR 1159/78 – BAGE 37, 198, 201 ff. = AP Nr. 3 zu § 18 BetrAVG, zu I 2 b, 3 der Gründe; Urteil vom 30. November 1982 – 3 AZR 1266/79 – BAGE 40, 384, 389 f. = AP Nr. 5 zu § 18 BetrAVG, zu A II 3 der Gründe; Urteil vom 12. Februar 1985 – 3 AZR 119/83 – BAGE 49, 11, 16 = AP Nr. 12 zu § 18 BetrAVG, zu B I 2 b der Gründe; Urteil vom 22. März 1988 – 3 AZR 152/86 – BAGE 58, 58, 65 f. = AP Nr. 17 zu § 18 BetrAVG, zu II 3 der Gründe; Urteil vom 29. August 1989 – 3 AZR 589/87 – AP Nr. 21 zu § 18 BetrAVG, zu 2 b der Gründe; Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 18 Rz 20).

2. Der Kläger hatte im Arbeitsverhältnis beim Beklagten keine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erlangt. Er war dort insgesamt nur neun Jahre tätig. Er erfüllte damit keine der Unverfallbarkeitsfristen des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG.

3. Der Kläger hat auch aufgrund seiner früheren Beschäftigungsverhältnisse oder der mit dem Beklagten getroffenen Vereinbarungen bei dem Beklagten keine den Anspruch aus § 18 Abs. 6 Satz 1 BetrAVG auslösende unverfallbare Versorgungsanwartschaft erworben.

a) Aus § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG ergibt sich keine Rechtsposition für den Kläger. Der Beklagte hat nicht die Versorgungszusage früherer Arbeitgeber des Klägers durch das Rechtsgeschäft der Schuldübernahme übernommen, so daß dort begonnene Unverfallbarkeitsfristen beim Beklagten abgelaufen sein könnten. Hierfür fehlt, wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat, jeder Anhaltspunkt. Der Beklagte hat vielmehr eine eigene, mit früher erteilten Versorgungszusagen möglicherweise wörtlich übereinstimmende Versorgungszusage erteilt und damit eine eigene neue Versorgungsverpflichtung begründet. Inwieweit der Beklagte von Versorgungszusagen begleitete Vordienstzeiten bei früheren Arbeitgebern im Rahmen seiner Versorgungszusage anerkannt hat, kann im Zusammenhang mit § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG offen bleiben. Eine solche Anrechnungsvereinbarung stellt keine Übernahme, sondern die Neubegründung einer Versorgungsverpflichtung dar (BAG Urteil vom 25. Januar 1979 – 3 AZR 464/77 – BetrAV 1979, 224; Senatsurteil vom 29. August 1989 – 3 AZR 589/87 – AP Nr. 21 zu § 18 BetrAVG, zu 2 b der Gründe; Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 1 Rz 181).

b) Die Unverfallbarkeitsfristen des § 1 Abs. 1 BetrAVG können auch nicht aufgrund der Regelungen im Dienstvertrag und der über den Dienstvertrag auf das Rechtsverhältnis des DO-Angestellten anwendbaren Dienstordnung des Beklagten als erfüllt angesehen werden.

aa) Grundsätzlich kann Unverfallbarkeit auch aufgrund einer Anrechnung von Vordienstzeiten eintreten (Senatsurteil vom 25. Januar 1979 – 3 AZR 1096/77 – AP Nr. 2 zu § 1 BetrAVG, zu II 1 a der Gründe; Urteil vom 28. März 1995 – 3 AZR 496/94 – AP Nr. 84 zu § 7 BetrAVG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen; Höfer, BetrAVG, Bd. I, 3. Aufl., Stand: 30. September 1995, Rz 1453; Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 1 Rz 56). Wird aufgrund einer solchen Vereinbarung unter Mitberücksichtigung der Vordienstzeiten eine Unverfallbarkeitsfrist erfüllt, bevor der Arbeitnehmer vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, dann behält er die sich aus der Versorgungsanwartschaft ergebenden Rechte, ggfs. also auch aus § 18 Abs. 6 Satz 1 BetrAVG.

bb) Diese Rechtsfolge tritt jedoch nur ein, wenn eine hinreichend deutliche ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung über die Anrechnung von Vordienstzeiten vorliegt. Diese Voraussetzung haben die Vorinstanzen zu Recht als nicht erfüllt angesehen.

(1) Ohne rechtliche Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, daß der Kläger in allen DO-Angestelltenverhältnissen inhaltsgleiche, aneinander anschließende Zusagen über eine Altersversorgung nach den Grundsätzen des Landesbeamtenrechts hatte. Der vom Kläger in diesem Zusammenhang verwendete Begriff der „Einheitlichkeit der Versorgungszusage” ist für § 1 Abs. 1 BetrAVG ohne Aussagekraft. Er ersetzt nicht die wegen nur neunjähriger Beschäftigung des Klägers beim Beklagten erforderliche Vereinbarung darüber, vorangegangene Dienstzeiten bei anderen Arbeitgebern zur Erfüllung der Unverfallbarkeitsfristen im Arbeitsverhältnis bei dem Beklagten mit heranzuziehen.

(2) Auch der Dienstvertrag der Parteien und die in Bezug genommene Dienstordnung des Beklagten stützen den Rechtsstandpunkt des Klägers nicht.

Der Beklagte hat in Art. 4 des Dienstvertrages das Besoldungsdienstalter unter Berücksichtigung der vorangegangenen Tätigkeiten festgesetzt. Damit hat er die nach Art. 2 des Dienstvertrages i.V.m. § 3 Abs. 3 der Dienstordnung geschuldete Festlegung zur Berechnung der dem Kläger zustehenden laufenden Besoldung getroffen. Eine Aussage zur Erfüllung der Unverfallbarkeitsfristen kann dem ebensowenig entnommen werden, wie der für einen ganz anderen Regelungsbereich bedeutsamen Festlegung des Jubiläumszeitpunktes auf den 1. Oktober 1976.

Auch die Feststellung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit des Klägers dem Grunde nach in Art. 2 des Dienstvertrages, § 7 der Dienstordnung sowie konkretisiert in Art. 5 des Dienstvertrages begründet für den Kläger keine unverfallbare Versorgungsanwartschaft. Der Kläger übersieht, daß die Anerkennung einer Dienstzeit als ruhegehaltfähig etwas anderes ist, als die Zusage, eine Vordienstzeit oder Vorbeschäftigungszeit im Rahmen der Unverfallberkeitsfrist zu berücksichtigen.

Im ersten Fall geht es darum, Berechnungsfaktoren für die Versorgung im Normalfall, bei Erreichen des Versorgungsfalles im Dienstordnungs-Angestelltenverhältnis, festzulegen. § 7 der Dienstordnung erweitert und ergänzt die Regelungen in §§ 6 bis 13 BeamtVG zur Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit, die über Art. 2 des Dienstvertrages und § 6 Abs. 1 der Dienstordnung sowie § 96 Abs. 1 LBG NW entsprechend auf das Dienstordnungsverhältnis des Klägers Anwendung finden. Diese Regelungen dienen der Ausfüllung der Anspruchsvoraussetzungen des die Höhe des Ruhegehaltes im Versorgungsfall bestimmenden § 14 BeamtVG, der nach den genannten Regelungen ebenfalls auf das Dienstordnungsverhältnis anzuwenden ist. Nach diesen Vorschriften sowie Art. 5 des Dienstvertrages steht fest, daß der Kläger bei Eintritt des Versorgungsfalles im Betrieb des Beklagten einen Anspruch auf ein Ruhegehalt gehabt hätte, das nach einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit seit dem 1. Oktober 1964 zu berechnen gewesen wäre.

Der Begriff der ruhegehaltfähigen Dienstzeit spielt demgegenüber keine Rolle bei der für einen Nachversicherungsanspruch nach § 1 Abs. 1 BetrAVG erforderlichen Feststellung, daß eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft bis zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis erdient worden ist. Eine solche Rechtsposition kennt das Beamtenversorgungsrecht nicht. Es handelt sich hier um einen betriebsrentenrechtlichen Begriff, der sich aus der tatsächlichen Beschäftigungszeit beim Arbeitgeber und/oder aus der Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten oder Vordienstzeiten ergibt. Hiervon hängt es ab, von welchem Zeitpunkt der Beschäftigung im Betrieb an ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber eine Versorgung verlangen kann, auch wenn er danach, aber vor Eintritt des Versorgungsfalles, aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheidet. Während es also bei der Anerkennung ruhegehaltfähiger Dienstzeiten, die häufig nach Beamten- oder Dienstordnungsrecht ohnehin zwingend geboten ist, um die Festlegung eines Berechnungsfaktors für die Höhe des Ruhegehaltsanspruches geht, entscheidet die Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten im Rahmen des § 1 Abs. 1 BetrAVG darüber, von welchem Zeitpunkt an sich der Arbeitgeber Versorgungsansprüchen aussetzen will. Dies wird in aller Regel erst dann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer bestimmte Mindestbeschäftigungszeiten im Betrieb zurückgelegt hat. Daß ein Arbeitgeber mit der im wesentlichen von Gesetzes wegen bereits geschuldeten Anerkennung von ruhegehaltfähigen Dienstzeiten bereits mit Beginn des Beschäftigungsverhältnisses im eigenen Betrieb eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft versprechen will, kann nicht ohne weiteres angenommen werden. Dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitgeber nicht „Vorbeschäftigungs- oder Vordienstzeiten” anerkennt, sondern den im Beamtenversorgungsrecht zur Berechnung des Ruhegehaltes dienenden Fallbegriff der „ruhegehaltfähigen Dienstzeit” verwendet (ebenso: Senatsurteil vom 23. April 1985 – 3 AZR 234/82 – AP Nr. 7 zu § 1 BetrAVG Vordienstzeiten, zu B II 3, 4 der Gründe; Urteil vom 22. März 1988 – 3 AZR 152/86 – BAGE 58, 58, 65 f. = AP Nr. 17 zu § 18 BetrAVG, zu II 3 der Gründe; Senatsurteil vom 29. August 1989 – 3 AZR 589/87 – AP Nr. 21 zu § 18 BetrAVG, zu 2 c der Gründe). Soweit der Kläger sich gegenüber diesen Senatsurteilen auf Unterschiede im Sachverhalt beruft, verkennt er die grundsätzliche Weichenstellung, die ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes vornimmt, wenn er nicht Vordienstzeiten, sondern ruhegehaltfähige Dienstzeiten festlegt oder anerkennt. Mit der Verwendung dieses Begriffs weist der Anstellungsvertrag die betreffende Regelung dem Beamtenversorgungsrecht und der dort zu ermittelnden Höhe des Ruhegehaltsanspruchs zu. Es geht ihm nicht um die Unverfallbarkeitsfrist des § 1 Abs. 1 BetrAVG. Aus diesem Grund besteht bei einer Regelung wie der vorliegenden auch kein Zweifel über die richtige Auslegung der betreffenden Bestimmungen. Auf die im Senatsurteil vom 25. Januar 1979 (– 3 AZR 1096/77 – AP Nr. 2 zu § 1 BetrAVG) aufgestellte Auslegungsregel, wonach jedenfalls die Anrechnung von Beschäftigungszeiten, die von einer Versorgungszusage begleitet waren, im Zweifel auch als Regelung der Zeiten der Betriebszugehörigkeit nach § 1 Abs. 1 BetrAVG zu bewerten sind, kommt es deshalb nicht an. Der Kläger hat keine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erlangt und kann deshalb keine Rechte aus § 18 BetrAVG herleiten.

 

Unterschriften

Dr. Heither, Kremhelmer, Bepler, Dr. Offergeld, H. Frehse

 

Fundstellen

Dokument-Index HI951863

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