Entscheidungsstichwort (Thema)
Betreuung von Kindern in Randzeiten durch Kinderpflegerin
Leitsatz (amtlich)
Die Eingruppierung einer in einem Kindergarten als Zweitkraft beschäftigten Kinderpflegerin nach den Vergütungsgruppen VIb bzw. VII – jeweils Fallgr. 1 – der Anlage 1a zum BAT-VKA (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) setzt auch bei einer alleinverantwortlichen Betreuung von Gruppen in “Randzeiten” (Protokollerklärung Nr. 2) voraus, daß diese Tätigkeit für sich oder zusammen mit anderen schwierigen fachlichen Tätigkeiten mindestens zur Hälfte der Arbeitszeit anfällt (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT).
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23; Anlage 1a (VKA) VergGr. VIb, VII (Kinderpflegerin mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten)
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 12.02.1993; Aktenzeichen 3 Sa 800/92) |
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 29.04.1992; Aktenzeichen 2 Ca 2442/91) |
Tenor
- Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Februar 1993 – 3 Sa 800/92 – wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin nach der Anlage 1a zum BAT.
Die am 18. April 1954 geborene Klägerin ist Kinderpflegerin und seit dem 1. Januar 1974 als Zweitkraft in einer Gruppe des von dem Beklagten betriebenen Kindergartens tätig. Die Gruppe wird von einer teilzeitbeschäftigten (23 Wochenstunden) Gruppenleiterin geführt; die Gruppe wird nachmittags bei Abwesenheit der Leiterin mit einer anderen Gruppe zusammengelegt und von deren Gruppenleiterin zusammen mit der Klägerin betreut. Nur in den sogenannten Randzeiten von 7.30 bis 8.00 Uhr und von 13.00 bis 13.30 Uhr betreut die Klägerin in jeder 6. Woche ihre Gruppe alleinverantwortlich. Diese Alleinbetreuung nimmt unstreitig weniger als 50 % der betrieblichen monatlichen Arbeitszeit in Anspruch.
Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) Anwendung. Die Klägerin erhält zur Zeit eine Vergütung nach der VergGr. VII der Anlage 1a zum BAT (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst).
Mit Schreiben vom 22. April 1991 machte die Klägerin erfolglos geltend, sie sei ab 1. Januar 1991 in VergGr. VIb BAT höherzugruppieren.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die alleinverantwortliche Betreuung von Gruppen müsse nicht den Umfang von 50 % der Gesamtarbeitszeit erreichen. Bereits aus dem Begriff “Randzeiten” ergebe sich ein abweichendes zeitliches Maß im Sinne des § 22 Abs. 2 Unterabs. 4 BAT. Als fachlich schwierige Tätigkeit sei darüber hinaus auch die Beschäftigung mit verhaltens- und sprachauffälligen, mit ausländischen sowie neu aufgenommenen Kindern, die Durchführung von Elternabenden, die Erziehungsberatung für Eltern und die Nachmittagsbetreuung von Kindern anzusehen. Die Nachmittagsbetreuung sei deshalb schwieriger, da ganztags betreute Kinder vermehrt aus sozial schwächeren Familien kämen.
Die Klägerin hat beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.794,22 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag zu zahlen und
- festzustellen, daß die Klägerin in die VergGr. VIb BAT eingruppiert ist.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, daß die Klage unbegründet sei, da die Klägerin nicht zu 50 % ihrer Arbeitszeit fachlich schwierige Tätigkeiten ausübe. Darüber hinaus erfülle die Klägerin die fünfjährige Bewährungszeit noch nicht, da sie erst seit dem 1. Januar 1988 in einer Gruppe mit halbtags beschäftigter Leiterin eingesetzt sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat der Senat durch Beschluß vom 25. August 1993 – 4 AZN 331/93 – die Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts zugelassen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig, jedoch nicht begründet.
I. Die Klage ist zulässig. Soweit die Klägerin die Feststellung einer bestimmten Eingruppierung beantragt hat, handelt es sich um eine allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, für die auch außerhalb des öffentlichen Dienstes das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht (Senatsurteil vom 25. September 1991 – 4 AZR 87/91 – AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel = EzA § 4 TVG Großhandel Nr. 2; Senatsurteil vom 26. Mai 1993 – 4 AZR 358/92 – AP Nr. 2 zu § 12 AVR Caritasverband).
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. VIb BAT. Die Klägerin erfüllt nicht sämtliche Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe.
1. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien finden die Regelungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages kraft Vereinbarung Anwendung. Für die Eingruppierung der Klägerin kommt es daher darauf an, ob zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals der von der Klägerin in Anspruch genommenen VergGr. VIb BAT erfüllen.
Dabei ist unter Arbeitsvorgang eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (ständige Rechtsprechung, vgl. BAGE 51, 59, 65 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.). Es ist zwar rechtlich möglich, daß die gesamte Tätigkeit des Angestellten nur einen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und einer rechtlichen Bewertung zugänglich ist (vgl. Urteil des Senats vom 30. Januar 1985 – 4 AZR 184/83 – AP Nr. 101 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil des Senats vom 23. Februar 1983 – 4 AZR 222/80 – BAGE 42, 29 = AP Nr. 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden (vgl. Urteil des Senats vom 20. Oktober 1993 – 4 AZR 45/93 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen; Urteil des Senats vom 20. März 1993 – 4 AZR 471/90 – AP Nr. 156 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Danach ist die gesamte Tätigkeit der Klägerin in zwei Arbeitsvorgänge aufzuteilen. Denn die alleinverantwortliche Betreuung einer Gruppe bildet eine Arbeitseinheit, die sich von der sonstigen pflegerischen Tätigkeit der Klägerin abgrenzen läßt und selbständig zu bewerten ist (vgl. Senatsurteil vom 15. Februar 1984 – 4 AZR 497/81 – AP Nr. 84 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Die unterschiedliche Wertigkeit ergibt sich daraus, daß nach dem Tarifvertrag die alleinverantwortliche Betreuung einer Gruppe Anknüpfungspunkt für eine Höhergruppierung ist.
2. Für die Eingruppierung der Klägerin kommen die folgenden Regelungen des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1a zum BAT vom 24. April 1991 für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände in Betracht:
“Vergütungsgruppe VII
Kinderpflegerinnen mit staatlicher Anerkennung oder mit staatlicher Prüfung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten.
…
Vergütungsgruppe VIb
Kinderpflegerinnen mit staatlicher Anerkennung oder mit staatlicher Prüfung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten nach fünfjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1.
…
Protokollerklärungen:
…”
3.a) Zu Unrecht meint die Klägerin, ihre Tätigkeit in den Randzeiten rechtfertige ihre Eingruppierung in die VergGr. VIb Fallgr. 1 BAT. Dies wäre nur dann der Fall, wenn mit diesem Arbeitsvorgang mindestens die Hälfte der Arbeitszeit der Klägerin belegt wäre. Ein abweichendes zeitliches Maß ist entgegen der Auffassung der Revision weder in dem Tätigkeitsmerkmal der VergGr. VIb noch in der Protokollerklärung Nr. 2b hierzu bestimmt.
b) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Soweit der Tarifwortlaut jedoch nicht eindeutig ist, ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. z. B. Senatsurteil vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 468/92 – AP Nr. 144 zu § 1 TVG Auslegung).
c) Nach dem Wortlaut der Protokollerklärung Nr. 2b “alleinverantwortliche Betreuung von Gruppen z.B. in Randzeiten” genügt es bereits, daß eine Kinderpflegerin überhaupt betreuend tätig wird. Nicht erforderlich ist, daß sie während der gesamten Randzeiten die Gruppe selbständig leitet. Im Hinblick auf die hier streitige Frage, welchen zeitlichen Umfang diese Tätigkeit für eine Höhergruppierung erreichen muß, ist der Wortlaut nicht eindeutig. Es ist nicht ausdrücklich bestimmt, daß die Betreuungstätigkeit auch bei einem Zeitanteil von weniger als 50 % der Gesamtarbeitszeit zu einer Höhergruppierung führt.
d) Der beispielhafte Hinweis auf die Betreuung in Randzeiten kann jedoch nicht dahingehend ausgelegt werden, daß diese Tätigkeit abweichend von der Grundregel des § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT auch dann eine Höhergruppierung begründet, wenn sie weniger als 50 % der Arbeitszeit ausmacht. Ein solcher Wille der Tarifvertragsparteien läßt sich dem Tarifvertrag nicht entnehmen.
aa) Es ist davon auszugehen, daß die Tarifvertragsparteien nur solche Mitarbeiter in einer bestimmten Vergütungsgruppe eingruppieren wollten, die von den Anforderungen her gleiche oder vergleichbare Tätigkeiten ausüben. In einer Vergütungsgruppe sind jeweils diejenigen Tätigkeiten zusammengefaßt, die nach dem Willen der Tarifvertragsparteien in etwa die gleiche Wertigkeit haben. Die Vergleichbarkeit von Tätigkeiten bestimmt sich dabei nicht nur nach der Art der Arbeitsaufgaben, sondern auch nach dem zeitlichen Umfang. Sofern die Tarifvertragsparteien beispielhaft bestimmte Tätigkeiten aufzählen, ergeben sich hieraus Anhaltspunkte für die von den Tarifvertragsparteien gewollte Qualität und Quantität der Tätigkeit.
Die Tarifvertragsparteien zählen in der Protokollerklärung Nr. 2 zu dem hier streitgegenständlichen Tätigkeitsmerkmal fünf Beispiele auf, die als schwierige fachliche Tätigkeiten im Sinne der VergGr. VIb (bzw. VergGr. VII) BAT anzusehen sind. Vier der fünf Beispielsfälle enthalten keinerlei zeitliche Angaben, so daß nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT die dort genannten Tätigkeiten mindestens 50 % der Arbeitszeit ausmachen müssen. Es handelt sich um Tätigkeiten in Behinderteneinrichtungen und -gruppen, in psychiatrischen Kliniken, in Integrationsgruppen, in Gruppen von Kindern oder Jugendlichen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten und in geschlossenen (gesicherten) Gruppen. Diese Tätigkeiten sind von den qualitativen Anforderungen her mit der alleinverantwortlichen Betreuung von Gruppen vergleichbar. Die Belastung einer Kinderpflegerin bei der alleinverantwortlichen Gruppenbetreuung ist jedenfalls nicht größer, als die Arbeit in den genannten Einrichtungen oder Gruppen. Es ist kein Grund ersichtlich, daß die Tarifvertragsparteien dennoch die alleinverantwortliche Gruppenbetreuung gegenüber den anderen beispielhaft aufgezählten Tätigkeiten hinsichtlich des geforderten Anteils an der Gesamtarbeitszeit bevorzugen wollten.
bb) Darüber hinaus haben die Tarifvertragsparteien in § 22 Abs. 2 Unterabs. 4 BAT festgelegt, ein abweichendes zeitliches Maß solle nur dann gelten, wenn ein solches bestimmt ist. Daraus folgt, daß es bei der Regel (50 % der Arbeitszeit) bleibt, wenn sich aus den übrigen tarifvertraglichen Regelungen kein konkretes anderes Maß ergibt oder mit anderen Worten, überhaupt kein zeitliches Maß festgelegt ist. Dabei ist davon auszugehen, daß ein solches abweichendes Maß im Hinblick auf die Gleichbehandlung der Mitarbeiter allgemein bestimmt sein muß, also nicht von Einzelfall zu Einzelfall unterschiedlich bestimmt sein kann.
cc) In der Protokollerklärung Nr. 2b “alleinverantwortliche Betreuung von Gruppen z. B. in Randzeiten” ist kein konkretes zeitliches Maß bestimmt. Hierunter fällt auch eine Betreuungstätigkeit, die nur zu einem Teil der Randzeiten ausgeübt wird. Einen bestimmten zeitlichen Umfang muß diese Tätigkeit nicht haben.
Beschränkt man den Anwendungsbereich der Protokollerklärung auf die Betreuung während der gesamten Randzeiten, so fehlt es an einem allgemein bestimmten zeitlichen Maß. Der zeitliche Umfang der Randzeiten ist nicht allgemein bestimmbar. In welchem Umfang Randzeiten anfallen, richtet sich allein nach den Öffnungszeiten der einzelnen Einrichtung. Ein allgemein übliches Maß an Randzeiten gibt es nicht. Randzeiten können im Rahmen von 30 Minuten oder auch zwei bis drei Stunden anfallen.
dd) Schließlich ist bei der Auslegung einer nicht eindeutigen Regelung zu beachten, daß die Tarifvertragsparteien keine überflüssigen Regelungen schaffen wollen. Regelmäßig muß ein praktischer Anwendungsbereich für eine bestimmte Vorschrift verbleiben. Die hier getroffene Auslegung macht die Protokollerklärung Nr. 2b jedoch nicht überflüssig.
Die beispielhafte Nennung der alleinverantwortlichen Betreuung einer Gruppe in Randzeiten als schwierige fachliche Tätigkeit wäre nur dann überflüssig, wenn diese Tätigkeit allein stets 50 % der Arbeitszeit ausmachen müßte. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Ein Anspruch auf Vergütung nach dieser Vergütungsgruppe ist vielmehr auch dann gegeben, wenn weitere schwierige fachliche Tätigkeiten hinzutreten und hierdurch insgesamt mindestens 50 % der Gesamtarbeitszeit mit schwierigen Tätigkeiten ausgefüllt wird. Der Katalog der Protokollerklärung Nr. 2 ist nicht abschließend. Er setzt nicht voraus, daß jede der beispielhaft aufgezählten Tätigkeiten für sich genommen zu einer Höhergruppierung führen können muß.
Auch der Zusatz “z.B. in Randzeiten” ist nicht überflüssig. Damit wollten die Tarifvertragsparteien lediglich klarstellen, daß die alleinverantwortliche Betreuung von Gruppen grundsätzlich Aufgabe der Erzieherin ist und nur ausnahmsweise, z.B. in Randzeiten, auf die Kinderpflegerin übertragen werden soll. Das entspricht auch den in einigen Bundesländern bestehenden gesetzlichen Regelungen, wonach die Leitung einer Gruppe regelmäßig nur einer ausgebildeten Erzieherin übertragen werden darf (z.B. § 7 des Kindergartengesetzes Baden-Württemberg vom 17. Januar 1983, GBl BW S. 30).
4. Die Klägerin übt neben der alleinverantwortlichen Betreuung einer Gruppe in Randzeiten keine weiteren schwierigen fachlichen Tätigkeiten im Sinne der VergGr. VIb (bzw. VII) BAT aus. Der erforderliche Anteil vom mindestens 50 % der Gesamtarbeitszeit wird auch bei Berücksichtigung der weiteren Arbeitsaufgaben der Klägerin nicht erreicht.
a) Eine Kinderpflegerin verrichtet schwierige fachliche Tätigkeiten, wenn die Arbeitsaufgabe aufgrund der gesteigerten Anforderungen von der Normalität nicht nur unerheblich abweicht. Die Tätigkeit muß sich z.B. im Hinblick auf das geforderte fachliche Können oder die körperliche bzw. geistige Belastung gegenüber dem üblichen Maß herausheben.
b) Soweit die Klägerin anführt, in ihrer Gruppe seien sowohl ausländische als auch immer mehr verhaltens- und sprachauffällige Kinder, ergeben sich daraus keine schwierigen fachlichen Tätigkeiten im Sinne der VergGr. VIb (bzw. VII) BAT. Die Beschäftigung mit solchen Kindern gehört zur üblichen Tätigkeit einer Kinderpflegerin. Jede Kindergartengruppe setzt sich regelmäßig aus Kindern zusammen, die mehr oder weniger problematisch im Umgang sind. Es ist weder ersichtlich noch hat die Klägerin etwas dafür vorgetragen, daß die Gruppe, in der sie tätig ist, insofern vom Regelfall abweicht.
c) Ebenso gehört es zu den Grundtätigkeiten einer Kinderpflegerin, bei der Neuaufnahme von Kindern mitzuwirken, mit den Eltern Gespräche zu führen und an Elternabenden teilzunehmen. Diese Tätigkeiten stellen keine herausgehobenen Anforderungen an Kinderpflegerinnen.
d) Ebensowenig wird die Tätigkeit der Klägerin in dem von der VergGr. VIb (bzw. VII) BAT geforderten Umfang dadurch erschwert, daß die Klägerin den Kindern ihrer Gruppe ganztags zur Verfügung steht, während die Gruppenleitung mittags wechselt. Weder hat die Klägerin vorgetragen, noch bestehen sonst Anhaltspunkte dafür, daß die Tätigkeit und die Verantwortung einer Kinderpflegerin in einer Gruppe mit Erzieherwechsel eine andere ist, als in einer Gruppe, die vormittags und nachmittags von der gleichen Erzieherin geleitet wird. Insbesondere ist nicht erkennbar, daß sich durch den Erzieherwechsel vermehrt erzieherische Tätigkeiten auf die Zweitkraft verlagern.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Bott, Schneider, Konow, Jürgens
Fundstellen
Haufe-Index 856766 |
NZA 1995, 483 |