Entscheidungsstichwort (Thema)
Ortszuschlag bei Teilzeitbeschäftigung beider Ehegatten. Kürzung des Unterschiedsbetrags zwischen den einzelnen Stufen des Ortszuschlags bei Teilzeittätigkeit. Beschäftigung mit mindestens der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Maß der Beschäftigung des Ehegatten bei mehreren Teilzeitarbeitsverhältnissen. Addition der Arbeitzeiten. Sinn und Zweck der Kürzungsregelung. Tarifauslegung
Leitsatz (amtlich)
Die Regelungen des § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 2 BAT und des § 29 Abschnitt B Abs. 6 Satz 3 BAT machen den Ausschluß der zeitanteiligen Kürzung der Unterschiedsbeträge zwischen den Stufen des Ortszuschlags davon abhängig, daß der Ehegatte bzw. der andere Anspruchsberechtigte mit mindestens der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit in einem Anstellungsverhältnis im öffentlichen Dienst steht. Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn sich diese Hälfte erst bei Zusammenrechnung mehrerer Teilzeitanstellungsverhältnisse ergibt.
Orientierungssatz
- Der Unterschiedsbetrag zwischen den einzelnen Stufen des Ortszuschlags ist auch dann nicht nach § 34 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 BAT zu kürzen, wenn der teilzeitbeschäftigte Anspruchsberechtigte mit mindestens der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit im öffentlichen Dienst tätig ist (§ 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 Satz 3 BAT), sein Ehegatte diese Voraussetzung aber nur erfüllt, wenn die Arbeitszeiten mehrerer Teilzeitarbeitsverhältnisse zusammengezählt werden. Das erforderliche Beschäftigungsmaß muß nicht in einem Arbeitsverhältnis erreicht werden.
- Sinn und Zweck der in § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 Satz 3 BAT getroffenen Regelung ist es, die Schlechterstellung dieser teilzeitbeschäftigten Ehegatten gegenüber Ehepartnern zu vermeiden, bei denen ein Ehegatte vollbeschäftigt und der andere nicht berufstätig ist.
- Trotz der in § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 BAT getroffenen Kürzungsregelung stand nicht die Begrenzung des Ehegattenanteils auf insgesamt 100 % im Vordergrund. Die Regelung will sicherstellen, daß trotz der Kürzung mindestens ein Ehegattenanteil von 100 % für beide Ehepartner zusammen übrig bleibt.
Normenkette
BAT § 29 Abschn. B Abs. 5 Sätze 1-2, Abs. 6 Sätze 1, 3, § 34 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 1, § 11 S. 1, § 15 Abs. 1 S. 1; BBesG § 40 Abs. 4 S. 2, Abs. 5 S. 3
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Ehegattenanteil und der kinderbezogene Anteil des Ortszuschlags der Klägerin im Verhältnis ihrer herabgesetzten Arbeitszeit zur Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten zu kürzen sind.
Die am 23. März 1958 geborene Klägerin ist beim Beklagten als Angestellte tätig. Die Klägerin arbeitet 19,25 Stunden in der Woche. Die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden. Auch der Ehemann der Klägerin steht im öffentlichen Dienst. Er ist bei der Bezirksfinanzdirektion Ansbach mit 6/24 und an der Maschinenbauschule Ansbach des Beklagten mit 7/24 der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt. Auf beide Teilzeitarbeitsverhältnisse findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Die Klägerin und ihr Ehemann haben zwei Kinder. Für diese erhält die Klägerin das Kindergeld.
Bis zum Januar 2000 zahlte der Beklagte der Klägerin den Unterschiedsbetrag zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlags, den sogenannten Ehegattenanteil, zur Hälfte und den Unterschied zwischen den Stufen 2 und 3 des Ortszuschlags, den sogenannten kinderbezogenen Anteil, voll. Ab Februar 2000 verminderte der Beklagte diese beiden Anteile des Ortszuschlags wegen der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin nach § 34 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 BAT um die Hälfte und kürzte das Gehalt der Klägerin für Februar 2000 um 165,86 DM netto. Für die Monate September 1999 bis Januar 2000 holte der Beklagte entsprechende Kürzungen nach und brachte vom Gehalt der Klägerin für Februar 2000 weitere 975,72 DM netto in Abzug.
Die Klägerin hat dem Beklagten das Kürzungsrecht bestritten. Sie hat gemeint, § 34 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 BAT sei gemäß § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 Satz 3 BAT auf diese Anteile des Ortszuschlags nicht anzuwenden, weil ihr Ehemann und sie jeweils mit mindestens der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt seien. Die Arbeitszeiten ihres Ehemannes in seinen zwei Teilzeitarbeitsverhältnissen seien zusammenzurechnen. Wegen der unrechtmäßigen Kürzungen habe der Beklagte bis einschließlich Februar 2000 1.141,58 DM netto ( 583,68 Euro) an sie nachzuzahlen. Außerdem sei festzustellen, daß sie auf den halben Ehegattenanteil und den vollen kinderbezogenen Anteil Anspruch habe.
- Die Klägerin hat beantragt:
- Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.141,58 DM netto ( 583,68 Euro) nebst 4 % Zinsen aus 975,72 DM (498,88 Euro) seit dem 16. Februar 2000 sowie aus weiteren 165,86 DM (84,80 Euro) seit dem 16. März 2000 zu zahlen.
- Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin einen halben familienbezogenen und einen ganzen kinderbezogenen Ortszuschlag zu zahlen, solange die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach BAT unter Zusammenrechnung der einzelnen bestehenden Arbeitsverhältnisse jeweils zu mindestens der Hälfte von der Klägerin sowie ihrem Ehemann erbracht wird.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat gemeint, Ehegattenanteil und kinderbezogener Anteil der Klägerin seien nach § 34 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 BAT im Verhältnis der herabgesetzten wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin zur Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten zu kürzen und deshalb jeweils zu halbieren. Die Voraussetzungen des § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 Satz 3 BAT lägen nicht vor. Der Ehemann der Klägerin sei in keinem seiner zwei Teilzeitarbeitsverhältnisse mit mindestens der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt. Die Arbeitszeiten seiner Teilzeitbeschäftigungen seien nicht zusammenzuzählen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg. Zu Recht haben die Vorinstanzen angenommen, daß der Ehegattenanteil und der kinderbezogene Anteil des Ortszuschlags nicht wegen der herabgesetzten Arbeitszeit der Klägerin zu kürzen sind.
Die Klage ist zulässig.
Dem Feststellungsantrag steht nicht entgegen, daß die Klägerin den Anspruch hätte beziffern können. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, daß auch Zahlungsansprüche gegen einen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes mit einer Feststellungsklage verfolgt werden können, weil davon ausgegangen werden kann, daß einem entsprechenden Feststellungsurteil Folge geleistet wird, so daß sich eine Zwangsvollstreckung erübrigt. Der Feststellungsantrag führt zu einem wirtschaftlich sinnvollen Ergebnis, weil sich die Höhe des Ortszuschlags der Klägerin in Zukunft ändern kann (vgl. BAG 15. Juni 1994 – 4 AZR 821/93 – AP BAT § 27 Nr. 4 und Senat 8. September 1994 – 6 AZR 272/94 – AP BAT § 27 Nr. 6).
Die Klage ist in unstreitiger Höhe von 1.141,58 DM netto (583,68 Euro netto) nebst Zinsanspruch und in Bezug auf die begehrte Feststellung begründet. Die Klägerin hat gemäß § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 BAT Anspruch auf Zahlung des halben Unterschiedsbetrags zwischen den Stufen 1 (ledig) und 2 (verheiratet) des für sie maßgebenden Ortszuschlags (Ehegattenanteil). Außerdem hat ihr der Beklagte den vollen kinderbezogenen Anteil des Ortszuschlags zu zahlen (§ 29 Abschnitt B Abs. 6 Satz 1 BAT). Die Kürzungsregelung des § 34 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 BAT findet keine Anwendung, weil sowohl die Klägerin als auch ihr Ehemann mit jeweils mindestens der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt sind (§ 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 Satz 3 BAT).
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Dr. Brühler, Hinsch, H. Markwat
Fundstellen
Haufe-Index 845615 |
BB 2003, 264 |
DB 2002, 2496 |
NWB 2002, 3756 |
ARST 2003, 97 |
FA 2002, 394 |
ZTR 2002, 590 |
AP, 0 |
RiA 2003, 109 |
ZMV 2003, 41 |
AUR 2002, 476 |
Tarif aktuell 2003, 12 |