Entscheidungsstichwort (Thema)
Beendigung des Rechtsverhältnisses einer arbeitnehmerähnlichen Person i.S. des Tarifvertrags für arbeitnehmerähnliche Personen RADIO BREMEN
Leitsatz (amtlich)
Die Tätigkeit eines freien Mitarbeiters, der dem persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags für arbeitnehmerähnliche Personen RADIO BREMEN unterliegt, kann ohne wichtigen Grund beendet werden, wenn das Rechtsverhältnis als arbeitnehmerähnliche Person zwar durchgehend mehr als 15 Jahre bestanden hat, der Mitarbeiter aber nicht in jedem Kalenderjahr gegen die Rundfunkanstalt einen Urlaubsanspruch nach dem für RADIO BREMEN geltenden Urlaubs-Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen berechtigt geltend gemacht hatte. Ein Ergänzungsanspruch steht dem Urlaubsanspruch nicht gleich.
Normenkette
Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen RADIO BREMEN in der ab 1. August 1988 gültigen Fassung § 5 TZ 520.2; Tarifvertrag für den Bayerischen Rundfunk vom 1. März 1993 (TV-BR); Urlaubs-Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen RADIO BREMEN § 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 7. November 1997 – 4 Sa 338/96 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der am 25. Juli 1935 geborene Kläger war für die beklagte Rundfunkanstalt (RB) als freier Musikautor tätig. Auf das Rechtsverhältnis sind der Tarifvertrag RB für arbeitnehmerähnliche Personen vom 20. April 1978 in der Fassung vom 29. November 1993 (TV) und der als Durchführungs-TV vereinbarte Urlaubs-Tarifvertrag vom 1./5. August 1988 (TV-Urlaub) anzuwenden.
Die Tarifbestimmungen lauten auszugsweise:
„§ 1 Geltungsbereich |
110 |
Dieser Tarifvertrag gilt für arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne des § 12 a TVG |
110.1 |
für die zwischen ihnen und RB durch Dienst- oder Werkverträge begründeten Rechtsverhältnisse |
110.2 |
… |
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§ 2 Wirtschaftliche Abhängigkeit |
210 |
Die wirtschaftliche Abhängigkeit des Mitarbeiters ist gegeben, wenn er entweder bei RB oder bei RB und anderen Rundfunkanstalten, die zur Arbeitsgemeinschaft der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) gehören, mehr als die Hälfte seiner erwerbsmäßigen Gesamtentgelte (brutto und ohne besondere Unkostenerstattung) in den letzten 6 Monaten vor Geltendmachung eines Anspruchs aus diesem Tarifvertrag oder seinen Durchführungs-Tarifverträgen bezogen hat. Sofern ein Mitarbeiter künstlerische, schriftstellerische oder journalistische Leistungen erbringt oder an der Erbringung, insbesondere der technischen Gestaltung solcher Leistungen unmittelbar mitwirkt, genügt statt der Hälfte ein Drittel der genannten Entgelte. |
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§ 3 Soziale Schutzbedürftigkeit |
310 |
Die soziale Schutzbedürftigkeit des Mitarbeiters ist gegeben, wenn er in dem Zeitraum von 12 Monaten vor Geltendmachung eines Anspruchs mindestens an 84 Tagen (einschließlich Urlaubstagen) für RB oder auch für andere ARD-Anstalten aufgrund vertraglicher Verpflichtungen tätig war und seine Vergütungen in diesem Zeitraum nicht mehr als 140.000 DM betragen haben. Für Zahlungsansprüche nach diesem Tarifvertrag oder seinen Durchführungstarifverträgen gelten maximal 120.000 DM als oberste Bemessungsgrenze. |
310.1 |
… |
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§ 4 Anspruchsschuldner |
410 |
Unabhängig davon, daß sich die Voraussetzungen der Ziffern 210 und 310 auf die Gesamttätigkeit des Mitarbeiters bei den ARD-Anstalten beziehen, richten sich seine Ansprüche aus diesem Rahmen-Tarifvertrag und seinen Durchführungs-Tarifverträgen nur gegen RB, sofern der Mitarbeiter – verglichen mit den bei anderen Rundfunkanstalten erzielten Vergütungen – bei RB die höchste Vergütungssumme erzielt hat. |
410.1 |
Bemessungsgrundlage für Zahlungsansprüche gegen RB ist nur das bei RB erzielte Entgelt. |
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… |
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§ 5 Beginn und Dauer der Arbeitnehmerähnlichkeit |
510 |
Das arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis mit RB beginnt mit dem Eintritt der Voraussetzungen nach den Ziffern 210 und 310, ohne daß es im Einzelfall einer ausdrücklichen Erklärung oder Feststellung bedarf, hinsichtlich der Fristen jedoch erst mit der Beantragung (zurückgerechnet um 6 Monate). |
510.1 |
Beabsichtigt RB die Beendigung oder eine wesentliche Einschränkung der Tätigkeit des Mitarbeiters, so muß RB ihm dieses vorher schriftlich mitteilen, wenn der Mitarbeiter im laufenden oder vorangegangenen Kalenderjahr einen Urlaubsanspruch gegen RB nach dem Urlaubstarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen berechtigt geltend gemacht hatte; das Kalenderjahr, in dem ein Urlaubsanspruch berechtigt geltend gemacht wird, gilt als Beschäftigungsjahr. |
520.1 |
Die Mitteilungsfrist beträgt einen Monat. |
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Für weitere unmittelbar anschließende Beschäftigungsjahre beträgt die Frist: |
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2 |
Monate nach |
2 |
Beschäftigungsjahren |
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3 |
Monate nach |
3 |
Beschäftigungsjahren |
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6 |
Monate nach |
5 |
Beschäftigungsjahren |
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12 |
Monate nach |
10 |
Beschäftigungsjahren |
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Eine wesentliche Einschränkung der Tätigkeit liegt dann vor, wenn hierdurch die Gesamtvergütung RBs in einem Beschäftigungsjahr gegenüber dem vorausgehenden Beschäftigungsjahr um mehr als 50 % gemindert wird. Dies wird am Ende eines Beschäftigungsjahres festgestellt. Hierzu ist ein Antrag des Mitarbeiters erforderlich, sofern nicht die RB die Einschränkung mitgeteilt hat. |
|
Ist ein Mitarbeiter zusammenhängend mindestens 25 Beschäftigungsjahre für RB tätig geworden oder hat er das 55. Lebensjahr vollendet und ist er zusammenhängend mindestens 15 Beschäftigungsjahre für RB tätig gewesen, so kann seine Tätigkeit von RB nur aus einem wichtigen Grund beendet werden. |
520.2 |
…” |
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Im Urlaubs-Tarifvertrag ist u.a. bestimmt:
„§ 1 Urlaubsanspruch |
110 |
Die unter Ziffer 110 des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen von RB fallenden Mitarbeiter haben Anspruch auf einen bezahlten Urlaub, wenn sie die Voraussetzungen der Ziffer 210 und 310 des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen RB allein bei RB erfüllen. |
110.1 |
Soweit tarifvertraglich nichts anderes vereinbart ist, gelten die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes. |
120.1 |
…
Protokollnotiz
Zur Geltendmachung eines evtl. Ergänzungsanspruches gegenüber Radio Bremen neben einem Urlaubsanspruch aus überwiegender Tätigkeit für eine andere ARD-Rundfunkanstalt genügt die Vorlage der Urlaubsbewilligung der anderen Anstalt.”
Mindestens seit 1969 bezog der Kläger mit Ausnahme des Jahres 1990 mehr als die Hälfte seiner erwerbsmäßigen Entgelte vom Beklagten. 1990 zahlte ihm der Südwestfunk Baden-Baden 40.552,00 DM, der Beklagte 39.097,95 DM. Der Südwestfunk bewilligte dem Kläger auf seinen Antrag für 1990 bezahlten Erholungsurlaub vom 18. Februar 1991 bis 15. März 1991. Die Beklagte zahlte für den gleichen Zeitraum Ergänzungsurlaubsentgelt. Im September 1995 teilte die Beklagte dem Kläger schriftlich mit, wegen einer Änderung ihrer Programmstruktur könne sie ihn künftig nicht an mehr als 42 Arbeitstagen im Halbjahr beschäftigen. Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 9. September 1995 und 27. November 1995. Eine von ihm angeregte vergleichsweise Regelung lehnte die Beklagte im Dezember 1995 schriftlich ab.
Mit seiner am 13. Februar 1996 erhobenen Klage hat der Kläger den Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses geltend gemacht. Der nach § 5 TZ 520.2 TV erforderliche wichtige Grund für eine Beendigung liege nicht vor.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
- es wird festgestellt, daß das Vertragsverhältnis des arbeitnehmerähnlichen Mitarbeiters zwischen den Parteien durch die Beendigungsmitteilung der Beklagten vom 6. September 1995 nicht beendet worden ist.
- Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger über den 31. Dezember 1995 hinaus als Autor für die Erstellung von Musiksendungen für die Musikredaktion zu den Bedingungen des Jahres 1995 und hinsichtlich des Entgelts im Umfang des monatlichen Durchschnittsentgelts des Jahres 1995 weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision. Die Beklagte bittet um deren Zurückweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
I. Die Klagebefugnis ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht prozessual verwirkt.
1. Das Recht eines Arbeitnehmers, gegen eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder dessen Befristung zu klagen, kann prozessual verwirken (Urteil vom 2. November 1961 – 2 AZR 66/61 – BAGE 11, 353 = AP Nr. 1 zu § 242 BGB Prozeßverwirkung; Urteil vom 11. November 1982 – 2 AZR 552/81 – AP Nr. 71 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; Urteil vom 25. September 1997 – 8 AZR 481/96 – n.v.). Das wird angenommen, wenn die Klage erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums erhoben wird (Zeitmoment) und dadurch beim Arbeitgeber ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde, er werde nicht mehr gerichtlich belangt (Umstandsmoment). Hierbei muß das Erfordernis des Vertrauensschutzes des Beklagten das Interesse des Arbeitnehmers an einer sachlichen Prüfung des Klagebegehrens derart überwiegen, daß ihm nicht mehr zugemutet werden kann, sich auf den Rechtsstreit materiell einzulassen (BAG Urteil vom 20. Mai 1988 – 2 AZR 711/87 – AP Nr. 5 zu § 242 BGB Prozeßverwirkung, m.w.N.).
2. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, so daß dahinstehen kann, ob diese Grundsätze auch auf das Rechtsverhältnis des Klägers zur Beklagten anzuwenden sind.
Die in § 9 TV bestimmte Ausschlußfrist von vier Monaten, die mit der Beendigung des Rechtsverhältnisses beginnt, war zur Zeit der Klageerhebung nicht abgelaufen. Ausschlußfristen dienen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Der Gläubiger wird zur Vermeidung von Rechtsnachteilen angehalten, Ansprüche innerhalb der jeweils bestimmten Frist geltend zu machen. Vor Ablauf einer Ausschlußfrist kann der Anspruchsgegner deshalb regelmäßig nur bei Vorliegen besonderer Umstände darauf vertrauen, er werde nicht mehr in Anspruch genommen.
Solche Umstände hat die Beklagte nicht dargelegt. Aufgrund des mit dem Kläger geführten Schriftwechsels war ihr außerdem bekannt, daß dieser nicht beabsichtigte, den Verlust seiner Rechte als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des Tarifvertrags ohne weiteres hinzunehmen.
II. Die Klage ist nicht begründet. Die Beklagte konnte die Tätigkeit des Klägers beenden, ohne daß dafür ein wichtiger Grund vorliegen mußte. Nach § 5 TZ 520.2 TV greift ein besonderer Bestandsschutz, wenn der Mitarbeiter das 55. Lebensjahr vollendet hat und „zusammenhängend mindestens 15 Beschäftigungsjahre für die Beklagte tätig gewesen ist”. Der Kläger hat zwar das Mindestalter erreicht, es fehlt aber an der erforderlichen Zahl von zusammenhängenden Beschäftigungsjahren.
1. Nach TZ 520.2 wird nicht nur eine zusammenhängende Tätigkeit von 15 Jahren vorausgesetzt. Dieser Zeitraum muß durch „Beschäftigungsjahre” abgedeckt sein. Anders als im üblichen Sprachgebrauch, in dem die Begriffe „Beschäftigung” und „Tätigkeit” vielfach synonym verwendet werden, unterscheiden die Tarifvertragsparteien hier zwischen beiden Begriffen. Das übersieht der Kläger, wenn er meint, nach dem Wortlaut der Vorschrift werde nur eine zusammenhängende Tätigkeit von 15 Jahren als arbeitnehmerähnliche Person vorausgesetzt.
2. Als Beschäftigungsjahr gilt nach TZ 520.1 Abs. 1 letzter Teilsatz „das Kalenderjahr, in dem ein Urlaubsanspruch berechtigt geltend gemacht wird”. Damit haben die Tarifvertragsparteien den Inhalt des Begriffs Beschäftigungsjahr für die Auslegung des Tarifvertrags verbindlich festgelegt. „Beschäftigungsjahr” ist nicht jedes „Tätigkeitsjahr”. Die Formulierung „gilt” macht deutlich, daß Tätigkeitsjahre nur dann als Beschäftigungsjahre zählen, wenn sie mit einem Urlaubsanspruch belegt sind.
3. Dieser Urlaubsanspruch muß gegen die Beklagte berechtigt geltend gemacht worden sein.
a) Nach TZ 520.1 Abs. 1 Teilsatz 1 muß die Beklagte dem Mitarbeiter die Beendigung seiner Tätigkeit schriftlich mitteilen, wenn dieser „im laufenden oder vorangegangenen Kalenderjahr einen Urlaubsanspruch gegen RB nach dem Urlaubstarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen berechtigt geltend gemacht hatte”. Dieser Urlaubsanspruch ist im folgenden Text gemeint. Dies ergibt sich aus der Satzfolge und aus dem Umstand, daß die beiden Teilsätze nur durch ein Semikolon getrennt sind. Erkennbar haben die Tarifvertragsparteien den Text nicht mit Wortwiederholungen belasten wollen. Darauf hat bereits das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen.
b) Der Kläger weist zwar richtig darauf hin, daß es im zweiten Teilsatz nur heißt „ein Urlaubsanspruch” und nicht ausdrücklich formuliert ist, daß sich der Urlaubsanspruch gegen die Beklagte und zwar nach dem Urlaubs-Tarifvertrag richten müßte. Daraus kann aber entgegen seiner Auffassung nicht geschlossen werden, der Begriff „Beschäftigungsjahr” beziehe sich nur auf den in TZ 520.1 Abs. 1 Teilsatz 1 geregelten Sachverhalt, während er im übrigen für die Auslegung des Tarifvertrags ohne Bedeutung sei. Dem widerspricht bereits, daß die in einem Tarifvertrag enthaltene ausdrückliche Definition eines Tarifbegriffs sich regelmäßig auf den gesamten Tarifvertrag bezieht, er mithin im jeweils gleichen Sinn zu verstehen ist.
c) Die Revision übersieht außerdem, daß für die Regelung in TZ 520.1 Abs. 1 Teilsatz 1 der Begriff „Beschäftigungsjahr” nicht besonders definiert zu werden brauchte. Die Vorschrift betrifft nur die Voraussetzungen, unter denen die Beklagte dem Mitarbeiter die beabsichtigte Beendigung seiner Tätigkeit überhaupt schriftlich ankündigen muß. Die Regelung ist mithin aus sich heraus verständlich und in sich abgeschlossen. Die Notwendigkeit, im Tarifvertrag inhaltlich festzulegen, welches Kalenderjahr als Beschäftigungsjahr gilt, ergibt sich erst aus den weiteren tariflichen Regelungen. Denn die Anzahl der Beschäftigungsjahre bestimmt gleichzeitig die Dauer der von der Beklagten einzuhaltenden Mitteilungsfristen für eine beabsichtigte Beendigung der Tätigkeit des Mitarbeiters. So verlängert sich die Mindestfrist von einem Monat (TZ 520.1 Abs. 2) und zwar „für weitere unmittelbar anschließende Beschäftigungsjahre” auf bis zu zwölf Monate nach mindestens zehn Beschäftigungsjahren. Hieran knüpft der in der folgenden Tarifziffer (TZ 520.2) geregelte Bestandsschutz für ältere und für die Dauer von mindestens zusammenhängenden 15 Beschäftigungsjahren tätigen Mitarbeiter an.
d) Insbesondere dieser tarifliche Zusammenhang schließt die Auffassung des Klägers aus. Mit dem Tarifvertrag wird klargestellt, daß die Tarifvertragsparteien den freien Mitarbeiter nicht vor einer Beendigung seiner Tätigkeit als arbeitnehmerähnliche Person i.S. des Tarifvertrags schützen. Die längere Dauer des Rechtsverhältnisses haben sie mit entsprechend längeren Fristen berücksichtigt. Über diesen „Schutz durch Fristen” hinaus sichert allein die Regelung in TZ 520.2 unter den dort genannten Voraussetzungen auch den Bestand des Rechtsverhältnisses selbst. Damit läßt sich eine Auslegung nicht vereinbaren, die zwar die Einhaltung der Mindestfrist und deren Verlängerung jeweils von einem gegenüber der Beklagten erhobenen berechtigten Urlaubsverlangen des Mitarbeiters im Kalenderjahr abhängig macht, nicht aber den Erwerb des Bestandsschutzes.
e) Die Revision meint, wegen des mit dem Tarifvertrag verfolgten Zwecks, die arbeitnehmerähnlichen Personen zu schützen, müsse es genügen, wenn der freie Mitarbeiter wirtschaftlich abhängig (§ 2 TV) und sozial schutzbedürftig (§ 3 TV) sei. TZ 520.2 sei deshalb dahin auszulegen, daß es ausreiche, wenn ein Urlaubsanspruch gegen eine der anderen ARD-Anstalten geltend gemacht werde.
Dieser Einwand greift nicht. Nach TZ 110.1 gilt der Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne von § 12 a TVG. Auf diesen Geltungsbereich beziehen sich § 2 und § 3 TV. Dort haben die Tarifvertragsparteien die Bedingungen festgelegt, die ein freier Mitarbeiter hinsichtlich des bezogenen Entgelts und der Beschäftigungsdauer im Kalenderjahr erfüllen muß, um den Tarifvertrag anzuwenden. Insoweit kommt es, wie in § 4 TV formuliert ist, auf die „Gesamttätigkeit des Mitarbeiters bei den ARD-Anstalten” an. Im übrigen bestimmen sich die Rechte des Mitarbeiters jedoch nach den Tatbestandsmerkmalen der jeweiligen Vorschriften im Tarifvertrag und den Durchführungs-Tarifverträgen. Eine Beschäftigung bei einer anderen ARD-Anstalt ist deshalb nur zu berücksichtigen, wenn sich dieser Umstand aus der Vorschrift entnehmen läßt. Das ist für TZ 520.2 i.V.m. TZ 520.1 indessen nicht der Fall.
4. Das Jahr 1990 gilt nicht als Beschäftigungsjahr, weil der Kläger für dieses Jahr keinen Urlaubsanspruch gegen die Beklagte nach dem Urlaubstarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen berechtigt geltend gemacht hatte.
a) Einen Anspruch auf bezahlten Urlaub hat nach § 1 TV-Urlaub nur der Mitarbeiter, der die Voraussetzungen der TZ 210 und 310 allein bei der Beklagten erfüllt. Das wird nach TZ 410.1 unterstellt, sofern der Mitarbeiter – verglichen mit den bei anderen Rundfunkanstalten erzielten Vergütungen – bei der Beklagten die höchste Vergütung bezogen hat. Er muß mithin mehr als die Hälfte seiner erwerbsmäßigen Gesamtentgelte von der Beklagten bezogen haben.
Diese Voraussetzung erfüllte der Kläger 1990 nicht, da die vom Südwestfunk gezahlten Honorare über denen der Beklagten lagen. Dementsprechend hatte der Kläger von der Beklagten für 1990 auch keinen Urlaub verlangt.
b) Der vom Kläger geltend gemachte und von der Beklagten gezahlte Ergänzungsanspruch steht dem Urlaubsanspruch nicht gleich. Denn die Tarifvertragsparteien unterscheiden im Urlaubs-Tarifvertrag zwischen dem Urlaubsanspruch (§ 1), der Urlaubsdauer, dem Verfahren für den Antrag auf Urlaub und dessen Bewilligung (§ 2) und der Urlaubsvergütung (§ 3). Der Ergänzungsanspruch wird demgegenüber lediglich in der Protokollnotiz zu § 1 TV-Urlaub genannt und gerade nicht als „Urlaubsanspruch” bezeichnet. Es werden auch keine Voraussetzungen aufgestellt, die der Mitarbeiter erfüllen muß, um den Ergänzungsanspruch zu erwerben. Der Inhalt der Protokollnotiz beschränkt sich insoweit auf eine verfahrensrechtliche Regelung. Danach genügt für die Geltendmachung eines evtl. Ergänzungsanspruchs neben einem Urlaubsanspruch aus überwiegender Tätigkeit für eine andere ARD-Rundfunkanstalt die Vorlage der Urlaubsbewilligung der anderen Anstalt. Der gegen eine andere ARD-Anstalt bestehende Urlaubsanspruch wird damit aber nicht zum Urlaubsanspruch gegen die Beklagte. Der Ergänzungsanspruch ist vielmehr nur ein Geldanspruch. Das ist zwischen den Parteien insoweit auch nicht umstritten.
5. Der Ausfall des Jahres 1990 wirkt sich zum Nachteil des Klägers aus. Die von ihm bei der Beklagten zurückgelegten Beschäftigungsjahre hängen nicht nahtlos aneinander. Sie sind nicht – wie in TZ 520.1 Abs. 2 formuliert ist – unmittelbar anschließend. Damit können sämtliche bis dahin zurückgelegten Beschäftigungsjahre nicht berücksichtigt werden. Maßgeblich sind erst die Beschäftigungsjahre seit 1991.
6. Die Unterbrechung der Beschäftigungszeit kann auch nicht aus anderen Gründen unberücksichtigt bleiben.
a) Die Revision meint, das Jahr 1990 rechne als Beschäftigungsjahr, weil das dem Kläger vom Südwestfunk gezahlte Sendehonorar teilweise erst 1991 fällig gewesen sei. Der Südwestfunk habe das Honorar vertragswidrig bereits 1990 überwiesen.
Das ist indessen nicht entscheidend. Soweit nach dem Tarifvertrag die Einkünfte des Mitarbeiters anspruchsbegründend sind, kommt es auf die Höhe der dem Mitarbeiter tatsächlich zugeflossenen Honorare an und nicht auf vereinbarte und eingehaltene Zahlungstermine. Das ergibt sich aus § 2 und aus § 4 TV.
Der Kläger übersieht ferner, daß es für den Erwerb des Bestandsschutzes erforderlich ist, daß ein ggf. bestehender Urlaubsanspruch gegenüber der Beklagten auch tatsächlich geltend gemacht worden sein muß, damit das entsprechende Kalenderjahr als Beschäftigungsjahr gilt. Gegen diese tarifliche Regelung bestehen keine Bedenken. Die Tarifvertragsparteien haben damit dem Umstand Rechnung getragen, daß die von der Beklagten beschäftigten arbeitnehmerähnlichen Personen anders als Arbeitnehmer regelmäßig weitere Einkünfte aus ihrer freiberuflichen Tätigkeit erzielen oder jedenfalls erzielen können. Das bedarf einer klaren Zuordnung. Dem entspricht es, wenn die Tarifvertragsparteien für den Erwerb von Rechten an das vom freien Mitarbeiter tatsächlich bezogene Honorar im jeweiligen Kalenderjahr und die berechtigte Geltendmachung eines Urlaubsanspruchs abstellen. Damit haben sie eine relativ einfache, gerade deshalb aber auch praktikable, nachvollziehbare und beweisbare Regelung gewählt, um die jeweiligen Ansprüche des Mitarbeiters zu ermitteln und die tariflichen Pflichten der Beklagen festzulegen.
b) Die sich aus dieser strikten tariflichen Regelung ergebenden Folgen der Unterbrechung eines entstandenen arbeitnehmerähnlichen Dauerrechtsverhältnisses können auf Antrag des Mitarbeiters und mit Zustimmung der Beklagten vermieden werden, wenn wichtige Gründe vorliegen. Daß der Kläger diese nach TZ 590.1 bestehende Möglichkeit, die Unterbrechungszeit nicht in Ansatz zu bringen, genutzt hat, ist nicht vorgetragen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Leinemann, Düwell, Reinecke, Schodde, Ott
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 27.10.1998 durch Clobes, Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BB 1999, 910 |
FA 1999, 206 |
NZA 1999, 777 |
RdA 1999, 358 |
AP, 0 |