Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifauslegung. Nachtarbeits- und Feiertagszuschläge

 

Leitsatz (redaktionell)

vgl. auch Urteil vom 28. Mai 1996 – 3 AZR 294/95 –, n.v.

 

Normenkette

TVG § 1 Auslegung; GG Art. 3 Nr. 1; BGB § 242; BetrVG § 77; Feiertagslohnzahlungsgesetz § 1 Abs. 1 S. 1; Entgeltfortzahlungsgesetz § 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Urteil vom 26.04.1995; Aktenzeichen 8 Sa 47/94)

ArbG Hamburg (Urteil vom 15.04.1994; Aktenzeichen 3 Ca 452/93)

 

Tenor

1. Die Revisionen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 26. Februar 1995 – 8 Sa 47/94 – werden zurückgewiesen.

2. Von den Kosten der Berufung und der Revision haben der Kläger 1/20 und die Beklagte 19/20 zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Anzahl der Stunden, die der regelmäßigen monatlichen Arbeitsvergütung zugrunde zu legen sind, sowie über die Höhe der dem Kläger zustehenden Nachtarbeits- und Feiertagszuschläge.

Der Kläger ist seit April 1989 bei der Beklagten als Schichtleiter beschäftigt. Er ist in der sog. Wochenendwechselschicht tätig und wird im wöchentlichen Wechsel in der Samstags- und Sonntags-Tagschicht (6.00 Uhr bis 18.00 Uhr) bzw. der Samstags- und Sonntagsnachtschicht (18.00 Uhr bis 6.00 Uhr) eingesetzt. Zusätzlich hatte er Freitags-Frühschichten zu übernehmen und an bestimmten Feiertagen zu arbeiten. In der Anlage zum Anstellungsvertrag vom 7. März 1989 vereinbarten die Parteien u.a.:

„1. Der Arbeitnehmer wird in Wochenendwechselschicht unter Einschluß von Freitagen (Frühschicht) tätig. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich zusätzlich, an bestimmten gesetzlichen Feiertagen (Karfreitag, Ostermontag, 1. Mai, Himmelfahrt, Pfingstmontag, 17. Juni, Buß- und Bettag) entsprechend dem Wochenendschichtmodell zu arbeiten. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit richtet sich nach der jeweils gültigen Betriebsvereinbarung über die Wochenendschicht unter Einschluß der gesetzlichen Feiertage.

3. Zulagen und Zuschläge bestimmen sich nach den tariflichen und betrieblichen Vereinbarungen.

…”

Die Betriebsvereinbarung über Wochenendschichtarbeit vom 23. Mai 1984 in der Fassung der vierten Änderung vom 1. April 1993 bestimmt:

„… Die Schichtarbeit findet an Wochenenden in Schichten 12 Stunden im wöchentlichen Wechsel der Schichten statt. Zusätzlich übernehmen die Mitarbeiter der Wochenendschicht die aus der Arbeitszeitverkürzung für die 3-Schicht freigemachten Freitags-Frühschichten.

Das Nähere regelt ein jährlich zu erstellender Schichtplan (01.04.1993 – 31.03.1994 s. Anlage).

Am Freitag nach Himmelfahrt besteht Arbeitsverpflichtung. Vom 24.12. – 01.01. eines jeden Jahres ist mit Ausnahme von Notdiensten arbeitsfrei.

Die monatliche Stundenbasis für Wochenendschichtmitarbeiter/innen beträgt in der Zeit vom

01.04.1993 – 30.09.1995

112,95 Std.

und ab dem

01.10.1995

114,45 Std.

Die monatliche Stundenbasis für Schichtleiter im Wochenendschichtbetrieb beträgt ab dem

01.04.1993

126,00 Std.

…”

Der Manteltarifvertrag für die Metallindustrie in den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein sowie in den Landkreisen Harburg und Stade vom 18. Mai 1990 (MTV) regelt die Zuschläge für Nacht- und Feiertagsarbeit wie folgt:

㤠6

Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

2. Begriff der Nachtarbeit

Nachtarbeit ist die zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr geleistete Arbeit.

2.1 Tarifgebiet Hamburg und Umgebung

Regelmäßige Nachtarbeit liegt vor, wenn sie mindestens fünf Arbeitstage umfaßt.

Unregelmäßige Nachtarbeit liegt vor, wenn sie weniger als fünf Arbeitstage umfaßt.

2.2 Tarifgebiet Schleswig-Holstein

Regelmäßige Nachtarbeit liegt vor, wenn sie mindestens fünf aufeinanderfolgende Arbeitstage umfaßt oder regelmäßig wöchentlich wiederkehrend geleistet wird.

Unregelmäßige Nachtarbeit liegt vor, wenn sie weniger als fünf Arbeitstage umfaßt und nicht wöchentlich wiederkehrend geleistet wird.

§ 7

Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

1. Zuschläge für Arbeitnehmer im Tarifgebiet Hamburg und Umgebung

1.1 Höhe des Zuschlages

Die Arbeitnehmer erhalten je Stunde für angeordnete

b)

Nachtarbeit, soweit nicht unregelmäßige bzw. regelmäßige Nacht- oder Nachtschichtarbeit vorliegt,

50,0 % Zuschlag

c)

regelmäßige Nachtarbeit oder regelmäßige Wechselschichtarbeit in der Nacht

12,5 % Zuschlag

d)

unregelmäßige Nachtarbeit oder unregelmäßige Wechselschichtarbeit in der Nacht

20,0 % Zuschlag

e)

Sonntagsarbeit

50,0 % Zuschlag

g)

Arbeit an gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Wochentag fallen, an dem im Bertrieb regelmäßig gearbeitet wird,

150,0 % Zuschlag

h)

Arbeit an gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Wochentag fallen, an dem im Betrieb regelmäßig nicht gearbeitet wird,

100,0 % Zuschlag

1.2 Treffen mehrere Zuschläge zusammen, so ist nur der höhere Zuschlag zu zahlen.

…”

Die Beklagte zahlte dem Kläger im Jahre 1993 für die Arbeit am Ostermontag, an Christi Himmelfahrt und am Pfingstmontag einen Feiertagszuschlag von 100 %. Für die Nachtarbeit in der Zeit von Februar bis einschließlich September 1993 erhielt er einen Zuschlag von 12,5 %.

Der Kläger hat für die Arbeit an Feiertagen, die auf einen Wochentag von Montag bis einschließlich Donnerstag fallen, nach § 7 Nr. 1.1 Buchst. g MTV einen Feiertagszuschlag von 150 % verlangt. Die Vergütungsdifferenz für Ostermontag, Christi Himmelfahrt und Pfingstmontag 1993 beläuft sich unstreitig auf insgesamt 817,48 DM brutto. Für die geleistete Nachtarbeit hat der Kläger nach § 7 Nr. 1.1 Buchst. d MTV einen Nachtzuschlag von 20 % gefordert. Der Differenzbetrag zum gezahlten Nachtzuschlag beträgt unstreitig insgesamt 449,85 DM.

Außerdem hat der Kläger gefordert, daß die Beklagte für die Zeit vom 1. April 1993 bis einschließlich 30. September 1993 monatlich nicht 126, sondern 126,88 Stunden abrechne. Er hat die Auffassung vertreten, die Betriebsvereinbarung über Wochenendschichtarbeit in der Fassung der vierten Änderung vom 1. April 1993 habe den Wochenendschichtarbeitnehmern den Entgeltfortzahlungsanspruch für den 1. und 2. Weihnachtsfeiertag 1993 nicht entziehen können. Diese Feiertage müßten bei der Berechnung der durchschnittlichen monatlichen Stundenzahl berücksichtigt werden. Dadurch erhöhe sich die abzurechnende Stundenzahl um monatlich 0,88 Stunden. Für die Zeit vom 1. April 1993 bis einschließlich 30. September 1993 seien noch 275,88 DM nachzuzahlen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von insgesamt 1.543,21 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
  2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, a) ihm künftig Zuschläge von 150 % an Feiertagen zu zahlen, die auf einen Wochentag von Montag bis Donnerstag fallen, b) ihm künftig einen Nachtzuschlag von 20 % statt 12,5 % zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insoweit abgewiesen, als der Kläger ausgehend von monatlich 126,88 Stunden Nachzahlung von 275,88 DM für April bis einschließlich September 1993 verlangt hat. Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihren Revisionen verfolgen die Parteien ihre bisherigen Anträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen beider Parteien sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht der Klage auf höhere Nachtarbeits- und Feiertagszuschläge stattgegeben und die Klage auf Nachzahlung weiterer Vergütung für die Monate April bis September 1993 abgewiesen.

I. Dem Kläger stand ab 1. April 1993 nur die auf der monatlichen Stundenbasis von 126,00 Stunden berechnete Vergütung zu. Ein höherer Anspruch ergab sich weder aus der Betriebsvereinbarung über Wochenendschichtarbeit vom 23. Mai 1984 in der Fassung der vierten Änderung vom 1. April 1993 noch aus arbeitsvertraglichen Vereinbarungen oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

1. Die Betriebsvereinbarung über Wochenendschichtarbeit vom 23. Mai 1984 in der Fassung der vierten Änderung vom 1. April 1993 bestimmt, daß die Zeit vom 24. Dezember bis einschließlich 1. Januar eines jeden Jahres mit Ausnahme von Notdiensten arbeitsfrei ist. Insoweit fallen keine Arbeitsstunden an, die zu einer Erhöhung der durchschnittlichen Stundenzahl führen könnten.

2. Durch Betriebsvereinbarung können zwar einzelvertragliche Regelungen nicht zu Ungunsten der Arbeitnehmer abgeändert werden (BAGE 53, 42, 47 ff. = AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972, zu C der Gründe; BAGE 63, 211, 219 ff. = AP Nr. 46 zu § 77 BetrVG 1972, zu C II der Gründe). Über die Betriebsvereinbarung vom 1. April 1993 hinausgehende arbeitsvertragliche Ansprüche stehen dem Kläger aber nicht zu.

Ob die Arbeitszeitregelung in der Betriebsvereinbarung vom 1. April 1993 mit dem Anstellungsvertrag vom 7. März 1989 zu vereinbaren war, kann dahinstehen. In der Anlage zu diesem Anstellungsvertrag vereinbarten die Parteien, daß sich die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit nach der jeweils gültigen Betriebsvereinbarung über die Wochenendschicht richtet. In der Betriebsvereinbarung war festzulegen, an wievielen Freitagen die Wochenendschichtarbeitnehmer Freischichten zu übernehmen hatten. Zweifelhaft mag es sein, inwieweit der Anstellungsvertrag vom 7. März 1989 und seine Anlagen auch bezüglich der Samstag- und Sonntagsschich-ten betriebsvereinbarungsoffen waren. Wie der Kläger in der Berufungserwiderung eingeräumt hat, ergänzten die Parteien den Anstellungsvertrag vom 7. März 1989 mit Vertrag vom 1. April 1993. Darin vereinbarten die Parteien, daß sich der Kläger mit Wirkung vom 1. April 1993 verpflichtet, entsprechend dem Wochenendschichtmodell am Freitag nach Himmelfahrt zu arbeiten, und daß für den Zeitraum vom 24.12. – 01.01. jeden Jahres künftig keine Arbeitsverpflichtung bestehe. Die Betriebsvereinbarung vom 1. April 1993 und der Ergänzungsvertrag vom 1. April 1993 stimmen demnach inhaltlich überein.

3. Die zeitliche Festlegung der Arbeitspflichten in der Betriebsvereinbarung und im Ergänzungsvertrag vom 1. April 1993 verstößt nicht gegen das Feiertagslohnzahlungsgesetz. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Feiertagslohnzahlungsgesetz (nunmehr § 2 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz) hat der Arbeitgeber für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Die Arbeit ist nur dann „infolge” des Feiertags ausgefallen, wenn der Feiertag die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall gewesen ist (vgl. BAGE 38, 255, 257 = AP Nr. 36 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG, zu 2 der Gründe; BAG Urteil vom 26. März 1985 – 3 AZR 239/83 – AP Nr. 47 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG, zu I 1 der Gründe). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die Betriebsvereinbarung und der Ergänzungsvertrag vom 1. April 1993 beschränken sich nicht auf das Jahr 1993. In der Zeit vom 24. Dezember bis einschließlich 1. Januar jeden Jahres fällt die Arbeit der Wochenendschichtarbeitnehmer auch dann aus, wenn in dieser Zeit auf die Arbeitstage der Wochenendschichtarbeiter kein einziger Feiertag entfällt, z.B. der 1. Weihnachtsfeiertag, der 2. Weihnachtsfeiertag und der Neujahrstag wie im Jahre 1995 auf Montag und Dienstag fallen.

4. Die zeitliche Festlegung der Arbeitszeit für Wochenendschichtarbeitnehmer verstößt entgegen der Ansicht des Klägers weder gegen § 2 Abs. 1 BeschFG noch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Nach § 2 Abs. 1 BeschFG darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandelt werden, es sei denn, daß sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Aufhebung der Arbeitsverpflichtung in der Zeit vom 24. Dezember bis einschließlich 1. Januar eines jeden Jahres überhaupt auf dem gegenüber Vollzeitkräften geringeren Arbeitszeitvolumen der Wochenendschichtarbeitnehmer beruht. Ein ausreichender Grund für die angegriffene Arbeitszeitregelung ergibt sich aus der Überbrückungsfunktion und den damit verbundenen Besonderheiten der Wochenendschichtarbeit.

II. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 1. Februar bis 30. September 1993 noch einen Nachtarbeitszuschlag von 449,85 DM brutto zu zahlen. Der Nachtarbeitszuschlag beläuft sich nicht auf 12,5 %, sondern auf 20 %. Ob diese Höhe des Zuschlags unabhängig von den tarifvertraglichen Voraussetzungen einzelvertraglich vereinbart wurde, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, kann dahinstehen. Der Anspruch auf den höheren Nachtarbeitszuschlag ergibt sich aus den tarifvertraglichen Regelungen, auf die in der Anlage zum Anstellungsvertrag verwiesen wird.

1. Im Tarifgebiet Hamburg und Umgebung, in dem der Kläger tätig ist, beträgt der Zuschlag für regelmäßige Nachtarbeit oder regelmäßige Wechselschichtarbeit in der Nacht 12,5 % (§ 7 Nr. 1.1 Buchst. c MTV). Der Zuschlag erhöht sich nach § 7 Nr. 1.1 Buchst. d MTV bei unregelmäßiger Nachtarbeit oder unregelmäßiger Wechselschichtarbeit in der Nacht auf 20 %. Die Tätigkeit des Klägers war einerseits unregelmäßige Nachtarbeit, andererseits regelmäßige Wechselschichtarbeit. Da der Kläger gleichzeitig die Voraussetzungen beider Zuschlagsregelungen erfüllt, ist nach § 7 Nr. 1.2 MTV der höhere Zuschlag zu zahlen.

a) Der Begriff der unregelmäßigen Nachtarbeit ist für das Tarifgebiet Hamburg und Umgebung in § 6 Nr. 2.1 MTV näher bestimmt. Danach liegt eine regelmäßige Nachtarbeit vor, wenn sie mindestens fünf Arbeitstage umfaßt. Um eine unregelmäßige Nachtarbeit handelt es sich, wenn sie weniger als fünf Arbeitstage umfaßt. Ob die fünf Nachtarbeitstage unmittelbar aufeinanderfolgen müssen, kann dahingestellt bleiben. Eine Unterbrechung durch freie Tage mag unschädlich sein. Zwischen den Arbeitstagen mit Nachtschicht darf jedoch kein Arbeitstag mit einer Tagschicht liegen. Während es im Tarifgebiet Schleswig-Holstein genügt, wenn die Nachtarbeit entweder fünf aufeinanderfolgende Arbeitstage umfaßt oder regelmäßig wöchentlich wiederkehrend geleistet wird, haben die Tarifvertragsparteien die zweite Alternative für das Tarifgebiet Hamburg und Umgebung nicht übernommen, sondern sich dort auf die erste Alternative beschränkt. Im vorliegenden Fall umfaßt die vom Kläger jeweils geleistete Nachtarbeit keine fünf Arbeitstage. Er arbeitete höchstens vier Tage in der Woche und wechselte wöchentlich zwischen Tag- und Nachtschicht. Soweit er freitags eingesetzt wurde, war er in der Frühschicht (6.00 bis 14.00 Uhr) tätig.

b) Unerheblich ist es, daß der Kläger seine unregelmäßige Nachtarbeit im Rahmen einer regelmäßigen Wechselschichtarbeit leistete.

aa) Im Gegensatz zum Begriff der „regelmäßigen Nachtarbeit” haben die Tarifvertragsparteien den Begriff der „regelmäßigen Wechselschichtarbeit in der Nacht” nicht in § 6 MTV definiert. Die Anforderungen für die Regelmäßigkeit einer „Nachtarbeit” können nicht auf die Regelmäßigkeit einer „Wechselschichtarbeit in der Nacht” übertragen werden. Dies widerspräche dem unmißverständlich auf die Nachtarbeit beschränkten Wortlaut des § 6 Nr. 2.1 MTV und der Systematik des § 7 Nr. 1.1 Buchst. c und d MTV. Die Zuschlagsregelung des § 7 Nr. 1.1 Buchst. c und d MTV enthält für das Tarifgebiet Hamburg und Umgebung im Gegensatz zur Nachtarbeitszuschlagsregelung in § 7 Nr. 2.4 MTV für das Tarifgebiet Schleswig-Holstein nicht eine, sondern zwei Möglichkeiten.

Wäre die Regelmäßigkeit in beiden Alternativen gleich zu verstehen, so wäre die Unterscheidung bedeutungslos. Sinnlose Regelungen können jedoch den Tarifvertragsparteien nicht unterstellt werden. Ausgehend vom allgemeinen Sprachgebrauch liegt eine regelmäßige Wechselschichtarbeit in der Nacht vor, wenn sie nach einer im voraus bestimmten Regel laufend anfällt. Diese Voraussetzung erfüllt die vom Kläger zu leistende Wochenendschichtarbeit.

bb) Die beiden Alternativen in den Zuschlagsregelungen des § 7 Nr. 1.1 Buchst. c und d MTV schließen sich nach dem Tarifwortlaut nicht aus, sondern stehen nebeneinander. Arbeiten in der Nacht können gleichzeitig unter § 7 Nr. 1.1 Buchst. c und d MTV fallen. Nach § 7 Nr. 1.2 MTV ist, wenn mehrere Zuschläge zusammentreffen, der höhere Zuschlag zu zahlen. Dies entspricht auch dem Zweck des § 7 Nr. 1.1 Buchst. c und d MTV. Die Tarifvertragsparteien gehen von einer den höheren Zuschlag rechtfertigenden größeren Belastung der Arbeitnehmer aus, wenn eine der beiden Alternativen vorliegt. Diese Tatsachenbewertung der Tarifvertragsparteien ist von den Gerichten zu respektieren. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liegt nicht vor.

c) Der Unterschiedsbetrag zwischen dem tatsächlich gewährten Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 12,5 % und dem zu zahlenden in Höhe von 20 % beläuft sich für die Zeit vom 1. Februar bis 30. September 1993 unstreitig auf 449,85 DM.

III. Für die Arbeit an Feiertagen, die auf einen Wochentag von Montag bis einschließlich Donnerstag fallen, steht dem Kläger nicht ein Zuschlag in Höhe von 100 %, wie die Beklagte angenommen hat, sondern ein Zuschlag in Höhe von 150 % zu. Der Zuschlag von weiteren 50 % für Ostermontag, Christi Himmelfahrt und Pfingstmontag 1993 beträgt unstreitig insgesamt 817,48 DM brutto.

Nach § 7 Nr. 1.1 Buchst. g und h MTV hängt die Höhe des Zuschlags davon ab, ob die Feiertagsarbeit auf einen Wochentag fällt, an dem im Betrieb regelmäßig gearbeitet wird (150 % Zuschlag) oder regelmäßig nicht gearbeitet wird (100 % Zuschlag). Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Feiertage fielen auf einen Montag oder Donnerstag (Christi Himmelfahrt). An diesen Wochentagen wurde im Betrieb der Beklagten regelmäßig gearbeitet. Unerheblich ist es, daß der Kläger und die Wochenendschichtarbeiter in der Regel montags und donnerstags nicht arbeiten mußten. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es nicht auf die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des Klägers oder der Wochenendschichtarbeiter an.

1. Soweit der MTV auf die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des einzelnen Arbeitnehmers abstellt, hat er dies ausdrücklich so formuliert (vgl. u.a. § 2 Nr. 2.1, § 3 Nr. 1.2 Abs. 1 Satz 1, Nr. 1.2.2 Abs. 1 Satz 1, Nr. 1.5, Nr. 4.1, Nr. 4.4 Satz 1, Nr. 4.5 Satz 1, § 5 Nr. 1 Satz 2, § 6 Nr. 1 Abs. 1). Die Zuschlagsregelungen knüpfen in § 7 Nr. 3.7 Satz 1 ebenfalls an die „individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit” an. Dagegen haben die Tarifvertragsparteien diese Formulierung bei der Zuschlagsregelung für die Arbeit an Wochenfeiertagen (§ 7 Nr. 1.1 Buchst. g und h MTV) nicht übernommen, sondern die regelmäßige Arbeit „im Betrieb” ohne Einschränkung für maßgeblich erklärt. Weder sind Arbeitnehmergruppen mit besonderen Arbeitszeiten, wie etwa Teilzeitkräfte, ausgeklammert worden noch sind für sie Sonderregelungen zum Feiertagszuschlag geschaffen worden.

2. Der tarifvertragliche Zweck des erhöhten Feiertagszuschlags gebietet keine einschränkende Auslegung (teleologische Reduktion) des § 7 Nr. 1.1 Buchst. g MTV. Sinn und Zweck einer tariflichen Regelung sind insbesondere dem Wortlaut und der Systematik des Tarifvertrags zu entnehmen. Nach § 7 Nr. 1.1 Buchst. g und h MTV kommt es nicht darauf an, ob der einzelne Arbeitnehmer ohne die Feiertagsarbeit einen Anspruch auf Feiertagsvergütung nach dem Feiertagslohnzahlungsgesetz (nunmehr § 2 Entgeltfortzahlungsgesetz) gehabt hätte. Es genügt, daß nach den regelmäßigen Arbeitszeiten im Betrieb entweder bei den an einem Wochenfeiertag eingesetzten Arbeitnehmern selbst oder bei ihren Arbeitskollegen ein feiertagsbedingter Arbeitsausfall möglich ist. Wie sich aus der tarifvertraglichen Ausgestaltung ergibt, berücksichtigt der erhöhte Zuschlag nach § 7 Nr. 1.1 Buchst. g MTV, daß Arbeiten verrichtet werden, deren Ausfall Vergütungsansprüche ohne Arbeitsleistung auslösen würde. Dementsprechend steht auch den Arbeitnehmern ein erhöhter Zuschlag zu, die einen feiertagsbedingten Ausfall von Arbeitskräften überbrücken. Der Anreiz zur Übernahme derartiger Tätigkeiten wurde mit der vorliegenden Zuschlagsregelung verstärkt.

IV. Die Parteien haben die Kosten ihrer Rechtsmittel entsprechend dem Umfang ihres Unterliegens nach §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO anteilmäßig zu tragen.

 

Unterschriften

Kremhelmer, Mikosch Richter Bepler ist durch Urlaub an der Unterschrift verhindert. Kremhelmer, Schwarze, Hofmann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI951963

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