Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusatzversorgung für Teilzeitbeschäftigte
Leitsatz (redaktionell)
Vgl. Urteil des Senats vom 28. Juli 1992 – 3 AZR 173/92 –, zur Veröffentlichung bestimmt
Normenkette
BetrAVG § 1 Gleichbehandlung; BGB § 242; GG Art. 3, 20 Abs. 3; BeschFG 1985 §§ 2, 6
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 08.11.1991; Aktenzeichen 11 Sa 115/90) |
ArbG Ulm (Urteil vom 08.06.1990; Aktenzeichen 3 Ca 6/90 R) |
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 8. November 1991 – 11 Sa 115/90 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der beklagten Stadt eine monatliche Rente im Versorgungsfall. Er will so gestellt werden, wie er stehen würde, wenn er seit 1. Mai 1985 bei der Zusatzversorgungskasse der Kommunalen Versorgungskasse Baden-Württemberg (ZVK) versichert gewesen wäre.
Der am 21. Oktober 1944 geborene Kläger ist teilzeitbeschäftigter Musiklehrer in der Musikschule der beklagten Stadt. Er unterrichtet durchschnittlich sechs Wochenstunden im Fach „Klavier”. Daneben erteilt der Kläger bei der Stadt U als freier Mitarbeiter Klavierunterricht und gibt privat Klavierstunden. Beide Parteien sind tarifgebunden.
Der Kläger erhielt von der Beklagten eine Vergütung als Teilzeitbeschäftigter auf der Basis der Musiklehrerrichtlinien der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände. Diese Richtlinien gehen von 41/52 der Vergütung eines vollzeitbeschäftigten Musiklehrers aus. Durch Urteil vom 8. Juni 1990 hat das Arbeitsgericht die beklagte Stadt verurteilt, dem Kläger eine anteilige Vergütung der VergGr. V b BAT, tarifliches Urlaubsgeld und die tarifliche Zuwendung zu zahlen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die bei der beklagten Stadt vollzeitbeschäftigten Musiklehrer, auf deren Arbeitsverhältnisse der BAT Anwendung findet, sind von der Beklagten bei der ZVK zur Zusatzversorgung versichert. Die Beklagte lehnte die Anmeldung des Klägers bei der ZVK ab, weil deren Satzung eine Versicherung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit von weniger als 18 Stunden ausschließe.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe aufgrund des Gleichbehandlungsgebotes einen Anspruch auf Versicherung bei der ZVK. Der Ausschluß der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer von der Zusatzversorgung verstoße gegen § 2 BeschFG. Die beklagte Stadt müsse ihn daher so stellen, wie er stehen würde, wenn er seit 1. Mai 1985 – dem Inkrafttreten des Beschäftigungsförderungsgesetzes – bei der ZVK versichert gewesen wäre.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt
festzustellen, daß die Beklagte an ihn im Versorgungsfall eine Rente zu zahlen habe, die er erhalten würde, wenn er seit 1. Mai 1985 bei der Zusatzversorgungskasse der Kommunalen Versorgungskasse Baden-Württemberg versichert worden wäre.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor. Der Kläger sei nicht wegen seiner Teilzeitarbeit, sondern nur wegen des Maßes der Teilzeitarbeit nicht versichert worden. Teilzeitbeschäftigte, deren vertraglich vereinbarte Arbeitszeit mindestens die Hälfte der Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Arbeitnehmers betrage, seien bei der ZVK angemeldet worden. Es sei sachgerecht gewesen, Arbeitnehmer mit weniger als der Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit bzw. weniger als 18 Wochenstunden von der Zusatzversorgung auszuschließen. Der Versorgungstarifvertrag selbst, der die unterhälftig Beschäftigten ausschließe, sei der sachliche Grund. Ein Arbeitgeber, der einen Tarifvertrag durchführe, handle nicht unsachlich oder gar willkürlich. Die geschichtliche Entwicklung der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst zeige, daß die tariflich geregelte Begrenzung auf sachlichen Gründen beruhe. Die Tarifvertragsparteien hätten ursprünglich ein beamtenähnliches Versorgungssystem schaffen wollen. Ein solches System habe sich für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer nicht geeignet. Bei solchen Arbeitnehmern fehle es regelmäßig an einer entsprechenden Dienst- und Treuepflicht. Außerdem seien die unterhälftig bzw. weniger als 18 Wochenstunden beschäftigten Arbeitnehmer nicht schutzwürdig. Ihre Versorgung werde in der Regel anderweit sichergestellt. Die Beschäftigung des Klägers bei der beklagten Stadt sei nicht die Grundlage für seine wirtschaftliche Existenz. Seine gesicherte Existenzgrundlage gewinne der Kläger aus einer selbständigen Tätigkeit als Klavierlehrer. Im übrigen ermögliche § 6 Abs. 1 BeschFG eine Abweichung von § 2 Abs. 1 BeschFG durch Tarifvertrag. Schließlich könne der Kläger nicht etwas verlangen, was rechtlich unmöglich sei. Die Versicherung des unterhälftig beschäftigten Klägers bei der ZVK sei satzungsmäßig ausgeschlossen. Ein Schadenersatzanspruch komme nicht in Betracht, weil sie nicht schuldhaft gehandelt habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger kann von der beklagten Stadt verlangen, im Versorgungsfall so gestellt zu werden, als wäre er seit 1. Mai 1985 bei der ZVK versichert worden.
A. Die Klage ist zulässig. Zu Unrecht rügt die Beklagte die mangelnde Bestimmtheit des Klageantrags. Der Klageantrag ist zwar auslegungsbedürftig, er ist aber auch auslegungsfähig.
Der Kläger hat einen einheitlichen Antrag gestellt. Die ursprüngliche Bezeichnung der Anträge als Haupt- und Hilfsantrag ist mißverständlich. Der Kläger möchte erreichen, daß er im Versorgungsfall die Versicherungsleistungen erhält, die er erhalten würde, wenn er seit dem 1. Mai 1985 bei der ZVK versichert worden wäre. Wie dieses Ziel erreicht wird, ob durch Zahlung einer entsprechenden Rente durch die beklagte Stadt oder durch Nachversicherung bei der ZVK, ist für den Kläger nicht entscheidend. Das hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung klargestellt. Ein solcher einheitlicher Antrag ist zulässig. Der Kläger braucht nicht das Prozeßrisiko dafür zu übernehmen, ob eine Versorgung über eine Nachversicherung bei der ZVK möglich ist (vgl. Urteil des Senats vom 29. November 1979, BAGE 32, 200, 202 = AP Nr. 10 zu § 242 BGB Ruhegehalt-VBL, zu I der Gründe).
B. Die Klage ist auch begründet. Die beklagte Stadt muß dem Kläger eine Versorgung verschaffen, wie sie der Kläger beziehen würde, wenn er seit 1. Mai 1985 bei der ZVK versichert worden wäre.
I. Der Anspruch hat seine Grundlage in dem arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung. Der Kläger kann verlangen, mit denjenigen Arbeitnehmern der beklagten Stadt gleichgestellt zu werden, die Vollzeitarbeit oder in einem größeren Umfang als der Kläger Teilzeitarbeit geleistet haben und deswegen Versorgungsansprüche erwerben konnten. Die beklagte Stadt darf den Kläger nicht wegen seines geringeren Maßes an Teilzeitarbeit schlechter stellen. Für die vom Kläger geltend gemachte Zeit ab 1. Mai 1985 folgt der Anspruch auch aus § 2 Abs. 1 BeschFG.
1. Der Kläger kann seinen Anspruch allerdings nicht unmittelbar auf vertragliche oder tarifvertragliche Regelungen stützen.
a) Individuelle Versorgungszusagen scheiden aus. Die Arbeitsverträge des Klägers mit der beklagten Stadt sahen eine zusätzliche Altersversorgung nicht vor.
b) Auch aus den für die beklagte Stadt geltenden tariflichen Bestimmungen des BAT und des ergänzenden Tarifvertrags über die Versorgung der Arbeitnehmer kommunaler Verwaltungen und Betriebe (VersTV-G) in den bis zum 31. März 1991 geltenden Fassungen kann der Kläger keinen Anspruch auf Zusatzversorgung herleiten. Zwar sind beide Parteien tarifgebunden (§ 4 Abs. 1 TVG), jedoch waren gemäß § 3 q BAT bis zum 31. März 1991 Mitarbeiter mit weniger als 18 Wochenstunden Arbeitszeit von der Geltung des Tarifvertrags ausgeschlossen. § 4 VersTV-G und die Satzung der ZVK sahen bis zu diesem Zeitpunkt die Versicherung von Arbeitnehmern mit einer geringeren wöchentlichen Arbeitszeit nicht vor (zur tariflichen Entwicklung vgl. Berger/Kiefer, Das Versorgungsrecht für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, Stand 1. Juli 1991, § 5 VersTV Rz 6 a und 6 b). Erst der 25. Änderungstarifvertrag zum Versorgungstarifvertrag der Gemeinden vom 24. April 1991 senkte entsprechend dem 20. Änderungstarifvertrag vom 24. April 1991 zum Versorgungstarifvertrag des Bundes und der Länder die Versicherungspflicht mit Wirkung vom 1. April 1991 bis zur Grenze der geringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV (vgl. auch hierzu Berger/Kiefer, aaO, § 5 VersTV Rz 1).
c) Der Kläger hat unstreitig in der streitbefangenen Zeit ab 1. Mai 1985 mit durchschnittlich sechs wöchentlichen Unterrichtsstunden weniger als 18 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit, jedoch mehr als eine geringfügige Tätigkeit im Sinne des § 8 SGB IV erbracht.
2. Der Anspruch des Klägers folgt jedoch aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und, da der Kläger seinen Anspruch für die Zeit ab 1. Mai 1985 geltend macht, auch aus dem Verbot der Ungleichbehandlung von teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern gem. § 2 Abs. 1 BeschFG.
a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung. Eine Gruppenbildung muß sachlichen Kriterien entsprechen. Eine Differenzierung ist dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 12. November 1991 – 3 AZR 489/90 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 7. Aufl., § 112 I 5 und II, S. 862 ff., m.w.N.).
Dieser dem Privatrecht zuzuordnende allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz ist inhaltlich bestimmt durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gehört nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem vorstaatlichen überpositiven Recht an (BVerfGE 1, 208, 233; 6, 84, 91). Er gewährt dem einzelnen ein subjektives öffentliches Recht gegen den Staat auf Rechtsgleichheit. An ihn sind Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung gebunden (Art. 1 Abs. 3 GG). Aber auch die Träger kollektiver Ordnungen, d.h. auch die Tarifvertragsparteien, haben ihn zu beachten, da sie Gesetze im materiellen Sinn schaffen (statt aller: BVerfGE 21, 362, 372 = AP Nr. 9 zu § 1542 RVO; BAGE 42, 217, 220 = AP Nr. 124 zu Art. 3 GG, zu II der Gründe). Der allgemeine Gleichheitssatz ist Teil der objektiven Wertordnung, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts gilt.
Gegenüber diesen allgemeinen Rechtsgrundsätzen regelt § 2 Abs. 1 BeschFG nur einen Ausschnitt. Diese Vorschrift konkretisiert das Gebot der Gleichbehandlung für den Bereich der Teilzeitarbeit. Der Gesetzgeber wollte dazu beitragen, zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen, aber auch einen besseren Schutz der Teilzeitarbeit zu erreichen (vgl. Wlotzke, NZA 1984, 217 ff.). Eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern soll nicht wegen der Teilzeitarbeit zulässig sein. Sachliche Gründe, die eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeitkräften gestatten, müssen anderer Art sein, etwa auf Arbeitsleistung, Qualifikation, Berufserfahrung oder unterschiedlichen Anforderungen am Arbeitsplatz beruhen (Wlotzke, NZA 1984, 218).
b) Der allgemeine und der besondere Gleichbehandlungsgrundsatz des § 2 Abs. 1 BeschFG sind im Streitfall anzuwenden.
(1) Das Verbot einer Ungleichbehandlung ohne sachliche Rechtfertigung galt auch in bezug auf Teilzeitbeschäftigte nicht erst seit dem Inkrafttreten des Beschäftigungsförderungsgesetzes am 1. Mai 1985. § 2 Abs. 1 BeschFG konkretisiert lediglich ohnehin geltendes Recht (vgl. Hanau, NZA 1984, 345 ff.).
(2) Die Geltung des § 2 Abs. 1 BeschFG wird nicht durch den Tarifvorrang gem. § 6 Abs. 1 BeschFG aufgehoben. Die Bestimmung gestattet es den Tarifvertragsparteien, von den Vorschriften über die Teilzeitarbeit auch zuungunsten der Arbeitnehmer abzuweichen.
Es ist schon zweifelhaft, ob der BAT und der ihn ergänzende Versorgungstarifvertrag in den bis zum 31. März 1991 geltenden Fassungen eine abweichende Regelung i. S. des § 6 Abs. 1 BeschFG enthielten (vgl. Teil-Urteil des Fünften Senats des BAG vom 25. Januar 1989, BAGE 61, 45, 47 ff. = AP Nr. 2 zu § 2 BeschFG 1985, zu III der Gründe). Gem. § 3 q BAT und § 4 VersTV-G waren bis zum 31. März 1991 die unterhalbzeitig bzw., ab 1. Januar 1988, die unter 18 Wochenstunden beschäftigten Arbeitnehmer vom Geltungsbereich der Tarifverträge ausgenommen. Die Herausnahme dieser Arbeitnehmergruppe aus dem Geltungsbereich der Tarifverträge schafft nach dieser Auffassung noch keine abweichende Regelung.
Aber auch wenn man, wie der Senat, den Ausschluß von Arbeitnehmern vom Geltungsbereich eines Tarifvertrags als ein rechtstechnisches Mittel zum Ausschluß der Arbeitnehmer von tariflich vorgesehenen Leistungen ansieht, wäre eine solche „Regelung” mit dem Ziel des Ausschlusses unterhalbzeitig bzw. unter 18 Wochenstunden beschäftigter Arbeitnehmer ohne das Vorliegen sachlich rechtfertigender Gründe unwirksam (Beschluß des Senats vom 29. August 1989 – 3 AZR 370/88 – BAGE 62, 334, 338 = AP Nr. 6 zu § 2 BeschFG 1985). Hanau (NZA 1984, 345, 346) weist zutreffend darauf hin, daß auch das Beschäftigungsförderungsgesetz den Tarifvertragsparteien nicht das Recht eröffnet, unsachlich benachteiligende Regelungen zu beschließen. Das Verbot einer unsachlich benachteiligenden Behandlung von Teilzeitarbeitnehmern beruht auf Art. 3 Abs. 1 GG (in diesem Sinne auch Schüren/Kirsten, Anm. zu AP Nr. 6 zu § 2 BeschFG 1985; Kraft/Raab, Anm. zu EzA § 2 BeschFG 1985 Nr. 3). Daran müssen sich auch die Tarifvertragsparteien halten. In der Sache folgt auch der Sechste Senat dieser Auffassung (Urteil vom 7. November 1991 – 6 AZR 392/88 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zu I 3 d der Gründe).
(3) Entgegen der Auffassung der beklagten Stadt steht der Anwendung des § 2 Abs. 1 BeschFG nicht entgegen, daß der Kläger wegen des Umfangs der Teilzeitarbeit (weniger als 18 Wochenstunden) nicht versichert wurde. Zwar betrifft das Benachteiligungsverbot nach dieser Vorschrift in erster Linie das Verhältnis zwischen teilzeit- und vollzeitbechäftigten Arbeitnehmern. § 2 Abs. 1 BeschFG gilt aber darüber hinaus auch für die Behandlung der Arbeitnehmer, die in unterschiedlich zeitlichem Umfang beschäftigt werden. Auch für die unterschiedliche Behandlung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer bedarf es sachlicher Gründe, wenn die eine Gruppe der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer wie vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer behandelt, die andere Gruppe der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer jedoch von Leistungen ausgeschlossen werden soll (Beschluß des Senats vom 29. August 1989, BAGE 62, 334, 337 = AP Nr. 6 zu § 2 BeschFG 1985, zu B der Gründe).
(4) Der Anwendung des – allgemeinen und besonderen – Gleichbehandlungsgrundsatzes steht auch nicht der Grundsatz der Vertragsfreiheit entgegen.
Die Auffassung, daß Teilzeitarbeitnehmer sowohl im Verhältnis untereinander als auch im Verhältnis zu Vollzeitarbeitnehmern nur aus sachlichen Gründen unterschiedlich behandelt werden dürfen, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Zwar wird die Ansicht vertreten, bis zum Inkrafttreten des Beschäftigungsförderungsgesetzes habe bei der Festlegung der Vergütung der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang vor dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gehabt (BAG Urteil vom 10. April 1973 – 4 AZR 180/72 – AP Nr. 38 zu § 242 BGB Gleichbehandlung und Urteil vom 30. Mai 1984 – 4 AZR 146/82 – AP Nr. 2 zu § 21 MTL II, zu IV der Gründe; BAG Urteil vom 23. Oktober 1991 – 4 AZR 500/90 – ZTR 1992, 72; GK-TzA Lipke, Art. 1 § 2 BeschFG 1985 Rz 121). Der Anspruch des Klägers auf Gleichbehandlung scheitert nicht an diesem Vorrang. Zum einen hat der Kläger seinen Anspruch auf die Zeit seit Inkrafttreten des Beschäftigungsförderungsgesetzes beschränkt. Zum anderen gilt der Vorrang nur für individuell getroffene Vereinbarungen. Stellt der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer besser, so können die anderen Arbeitnehmer daraus keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten. Dagegen greift das Gebot der Gleichbehandlung immer dann ein, wenn der Arbeitgeber die Leistungen nach einem erkennbaren Prinzip in Gestalt abstrakter Regelungen gewährt (BAGE 45, 66, 73 = AP Nr. 66 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu I 3 b der Gründe; BAG Urteil vom 27. Juli 1988 – 5 AZR 244/87 – AP Nr. 83 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu II 2 b der Gründe; BAG Urteil vom 24. Oktober 1989 – 8 AZR 5/89 – BAGE 63, 181, 185 = AP Nr. 29 zu § 11 BUrlG, zu II 2 der Gründe; der Sache nach ebenso Urteil des Senats vom 12. November 1991 – 3 AZR 489/90 – zu 3 a und b der Gründe, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen; Urteil des Senats vom 12. Juni 1990 – 3 AZR 166/89 – AP Nr. 25 zu § 1 BetrAVG, zu I 2 a und b der Gründe).
3. Die Voraussetzungen eines Anspruches auf Gleichbehandlung sind im Streitfall erfüllt.
a) Die beklagte Stadt hat den Kläger ungleich behandelt und ihn im Vergleich zu vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern und Teilzeitarbeitnehmern mit längeren Arbeitszeiten schlechter gestellt. Die beklagte Stadt hat im Hinblick auf die Zusatzversorgung ihrer Arbeitnehmer Gruppen gebildet; sie hat in Anwendung des BAT und des ergänzenden Versorgungstarifvertrags bis zum 31. Dezember 1987 nur halbzeitig und länger beschäftigte Arbeitnehmer und anschließend nur Arbeitnehmer mit 18 Wochenstunden und mehr zur Zusatzversorgung angemeldet. Die Arbeitnehmer mit Arbeitszeiten unterhalb dieser Grenzen hat sie von der Zusatzversorgung ausgeschlossen.
b) Die Ungleichbehandlung erfolgte wegen der Teilzeitarbeit. Auch dies ergibt sich aus der Anwendung der tariflichen Regelungen des BAT und des ergänzenden Versorgungstarifvertrags durch die beklagte Stadt als Arbeitgeberin. Sowohl § 3 q BAT als auch § 4 VersTV-G unterschieden in den bis zum 31. März 1991 geltenden Fassungen allein nach dem zeitlichen Umfang der Arbeitsverpflichtung der Teilzeitbeschäftigten.
c) Der Ausschluß der betroffenen Arbeitnehmer von der Zusatzversorgung war willkürlich. Für eine Gruppenbildung allein nach dem Umfang der Teilzeitarbeit gab es keinen sachlichen Grund.
(1) Die beklagte Stadt macht geltend, schon der Tarifvertrag als solcher stelle einen sachlichen Grund für den Ausschluß dar. Diese Auffassung verkennt, daß, wie bereits dargestellt, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch tarifliche Regelungen dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG genügen müssen. Auch die Tarifvertragsparteien dürfen Gruppen nur nach sachlichen Kriterien bilden, gleich ob die Gruppenbildung durch tarifliche Rechtsnormen oder durch Ausschluß vom Geltungsbereich des Tarifvertrags stattfindet. Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien endet an den Grenzen zwingenden übergeordneten Rechts (vgl. auch hierzu Hanau, NZA 1984, 345, 346).
Demgemäß erweist sich auch der Hinweis der beklagten Stadt auf die in Art. 9 Abs. 3 GG garantierte Tarifhoheit der Verbände als unmaßgeblich. Auch wenn die Tarifvertragsparteien nicht gezwungen werden können, für alle Arbeitnehmer einer Branche, eines öffentlichen Dienstbereichs oder eines Unternehmens – beim Firmentarifvertrag – einen Tarifvertrag abzuschließen, müssen sie dann, wenn sie Ansprüche auf tarifliche Leistungen vereinbaren, zwingendes Recht beachten. Sie dürfen nicht einen Teil der Arbeitnehmerschaft aus sachlich nicht berechtigten Gründen von diesen Leistungen ausschließen (so Beschluß des Senats vom 29. August 1989 – 3 AZR 370/88 – AP, aaO, zu B der Gründe; vgl. ferner BAG Urteil vom 15. November 1990 – 8 AZR 283/89 – BAGE 66, 220, 223 = AP Nr. 11 zu § 2 BeschFG 1985, zu I der Gründe).
(2) Die beklagte Stadt beruft sich zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer auf den Grundgedanken und die Geschichte der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst. Ausgang der Entwicklung sei das Bestreben gewesen, den Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes eine beamtenähnliche Versorgung zu verschaffen. Mit Wirkung vom 1. Januar 1967 sei ein volldynamisches Gesamtversorgungssystem eingeführt worden. Dieses sei nur zu rechtfertigen gewesen, wenn dem Versorgungsanspruch eine beamtenähnliche Dienst- und Treuepflicht sowie eine beamtenähnliche Lebensarbeitszeit gegenübergestanden hätten. Für weniger als halbzeitig beschäftigte Arbeitnehmer oder gar Arbeitnehmer mit einer noch geringeren Arbeitszeit sei ein solches System ungeeignet und auch nicht entwickelt worden (zum ganzen Kiefer, ZTR 1989, 91, 94).
Es mag zutreffen, daß eine dynamisierte Vollversorgung der Arbeitnehmer entsprechend der Versorgung der Beamten nicht mehr dem ursprünglichen Vorstellungsbild entspricht, wenn teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer – anteilig – eine gleiche Versorgung verlangen können. Das ändert aber nichts daran, daß die Gewährung anteiliger Versorgungsleistungen auch in einem System möglich ist, das als Gesamtversorgungssystem entwickelt wurde und eine kaufkraftstabile Vollversorgung vorsah. In der Privatwirtschaft sind teilzeitbedingte anteilige Versorgungsleistungen, die nach einem Gesamtversorungsbedarf ermittelt werden, durchaus üblich. Auch im öffentlichen Dienst zwingt das Vorbild einer beamtenähnlichen Vollversorgung nicht dazu, Teilleistungen wegen des geringeren Umfangs an Arbeitszeit völlig zu versagen.
Überdies ist ein Vergleich der Arbeitnehmer mit den Beamten ungeeignet, um daraus Rechtsfolgen für die Behandlung von Teilleistungen abzuleiten. Der Arbeitnehmer, auch der des öffentlichen Dienstes, wird nicht in einem Dienst- und Treueverhältnis unterhalten, sondern er erwirbt mit seiner Vorleistung im bestehenden Arbeitsverhältnis Entgeltansprüche gegen seinen öffentlichen Arbeitgeber, zu denen auch die Ansprüche auf die Zusatzversorgung nach Eintritt in den Ruhestand zählen. Deswegen läßt sich eine unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer untereinander nicht mit der Begründung rechtfertigen, eine beamtenähnliche Vollversorgung sei nur bei einem entsprechenden quantitativen Umfang der Arbeitszeit möglich. Zudem eröffnet § 79 a BBG seit dem 2. April 1969 auch Beamten die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung. Und schließlich haben die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes selbst mit Wirkung vom 1. April 1991 dem Gedanken Rechnung getragen, daß die Zusatzversorgung der Arbeitnehmer auch des öffentlichen Dienstes Arbeitsentgelt darstellt. Sie haben mit Wirkung vom 1. April 1991 die Teilzeitbeschäftigung bis zur Grenze der Geringfügigkeit in die Zusatzversorgung einbezogen.
(3) Die beklagte Stadt hält die unterschiedliche Behandlung ferner deshalb für gerechtfertigt, weil die unterhalbzeitig bzw. unter 18 Wochenstunden beschäftigten Arbeitnehmer in der Regel keinen Versorgungsbedarf hätten. Diese Arbeitnehmer seien typischerweise anderweit versorgt und nicht auf eine anteilige Zusatzversorgung angewiesen.
Auch diese Begründung überzeugt nicht. Die Zusatzversorgung der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes macht die Versorgungsleistungen nicht von einem Versorgungsbedarf abhängig. Die Versorgung knüpft ausschließlich an den Umfang der Arbeitszeit an. Wurde bis zum 31. Dezember 1987 die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit und bis zum 31. März 1991 eine Arbeitszeit von mindestens 18 Stunden wöchentlich erreicht, so erhielt der Arbeitnehmer eine Zusatzversorgung, auch wenn er schon anderweit versorgt war. Erreichte er diese Arbeitszeit nicht, so soll er selbst dann keine Zusatzversorgung erhalten, wenn seine Grundversorgung nicht sichergestellt ist. Sogar bei einer generalisierenden und typisierenden Betrachtung des Versorgungsbedarfs läßt sich nicht erkennen, warum kein Versorgungsbedarf vorliegt. Ob ein Versorgungsbedarf besteht oder nicht, bestimmt sich nicht danach, ob eine Grundsicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung gewährleistet ist oder gar nur die der zur Bestreitung des Lebensunterhalts erforderlichen Mindestbeträge zur Verfügung stehen. Jede Zusatzversorgung soll eine über die sozialversicherungsrechtliche Grundsicherung hinausgehende Versorgung sicherstellen. Der für diese Zusatzversorgung maßgebliche Bedarf richtet sich, jedenfalls wenn eine Gesamtversorgung angestrebt wird, nach dem Lebensstandard des Begünstigten vor dem Eintritt in den Ruhestand. Geht man mit der beklagten Stadt davon aus, daß – in der Vergangenheit – teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer nur ein „Zubrot” (Richardi, NZA 1992, 625) zum Familienunterhalt bezogen und typischerweise auch ihre Grundversorgung als Hinterbliebene eines Haupternährers sichergestellt war, so beeinflußte gleichwohl der geringere Zuverdienst der in der Regel teilzeitbeschäftigten Frau den Lebensstandard der Familie. Es wäre daher selbst in einem solchen Fall nicht einsichtig, einen Versorgungsbedarf zu leugnen: So wie der Zuverdienst den Lebensstandard im aktiven Arbeitsleben beeinflußt, dient auch die geringere Versorgung zusätzlich der Erhaltung dieses Lebensstandards im Ruhestand.
Im übrigen hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts in bezug auf die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle zu Recht darauf hingewiesen, daß die soziale Schutzbedürftigkeit eher zunimmt, je geringer der Umfang der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers ist (Urteil vom 9. Oktober 1991 – 5 AZR 598/90 –, zur Veröffentlichung vorgesehen und Urteil vom 26. Februar 1992 – 5 AZR 225/91 –, n.v.). Für die Versorgung im Alter und bei Berufsund Erwerbsunfähigkeit gilt nichts anderes.
Dabei kann offenbleiben, ob § 2 BeschFG dann eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeitarbeitnehmern rechtfertigt, wenn die Teilzeitarbeit neben einem Hauptberuf ausgeübt wird (so Urteile des Fünften Senats vom 11. März 1992 – 5 AZR 237/91 –, zur Veröffentlichung vorgesehen und vom 22. August 1990 – 5 AZR 543/89 – BAGE 66, 17 = AP Nr. 8 zu § 2 BeschFG 1985 – in bezug auf Lohnforderungen). Im Streitfall war der Kläger nicht nur nebenberuflich für die beklagte Stadt tätig. Der Kläger war nicht hauptberuflich selbständiger Klavierlehrer. Er bezog aus seiner Tätigkeit als Klavierlehrer bei der beklagten Stadt, bei der Stadt U und als selbständiger Klavierlehrer etwa jeweils ein Drittel seiner gesamten Einkünfte.
(4) Ebensowenig überzeugt der Hinweis der beklagten Stadt auf die Regelung in § 101 Abs. 1 Satz 1, § 102 Abs. 2 Nr. 1 AFG. Danach gilt nicht als arbeitslos und hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer nicht mindestens 18 Stunden wöchentlich gearbeitet hat. Dementsprechend sind solche Arbeitnehmer gemäß § 169 a Abs. 2 AFG nicht gegen Arbeitslosigkeit versichert. Ungeachtet der Frage, über die der Senat nicht zu entscheiden hat, ob diese Vorschriften mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren sind, lassen sich aus dieser gesetzlichen Regelung keine Schlüsse auf die Zulässigkeit einer Grenze von 18 Wochenstunden beim Arbeitsentgelt, also auch bei der betrieblichen Altersversorgung, ziehen (zur Ungleichbehandlung geringzeitig beschäftigter Arbeitnehmer vgl. ferner § 7 SGB V, § 1228 RVO und § 40 a EStG). Selbst wenn ein Bedürfnis für Sozialleistungen bei einer bestimmten Mindeststundenzahl nicht mehr anzuerkennen sein sollte, ließe sich damit eine Ungleichbehandlung beim Arbeitsentgelt nicht rechtfertigen (BAGE 62, 345, 349 ff. = AP Nr. 8 zu § 1 BetrAVG Hinterbliebenenversorgung, zu II 1 der Gründe).
II. Hiernach ist festzuhalten, daß die beklagte Stadt den Kläger zu Unrecht von der Zusatzversorgung ausgeschlossen hat. Die Gruppenbildung allein nach dem Umfang der Arbeitszeit war sachlich nicht gerechtfertigt und daher wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung unwirksam. Der Kläger kann verlangen, den begünstigten Arbeitnehmern gleichgestellt zu werden. Er hat einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Er muß eine dem zeitlichen Umfang seiner Arbeitsleistung entsprechende Versorgung erhalten.
1. Die beklagte Stadt macht geltend, der Grundsatz der Gleichbehandlung verhelfe den Arbeitnehmern nur zu einem Anspruch auf Versicherung nach Maßgabe der bei der ZVK geltenden Satzungsbestimmungen. Ein solcher Anspruch sei nicht durchsetzbar, er sei auf eine unmögliche Leistung gerichtet. Auch gebe es auf dem Markt der privaten Lebensversicherer kein gleichwertiges Angebot. Die öffentlichen Arbeitgeber selbst könnten solche Versicherungseinrichtungen nicht schaffen.
Diese Auffassung verkürzt den Inhalt der Versorgungszusage des öffentlichen Arbeitgebers auf die bloße Durchführungsform. Der öffentliche Arbeitgeber sagt eine Zusatzversorgung und nicht nur die Durchführung dieser Versorgung in Form einer Versicherung zu.
Richtig ist, daß der öffentliche Arbeitgeber nach den tariflichen Regeln seine Arbeitnehmer bei der für ihn zuständigen Zusatzversorgungskasse anmelden und Umlagen zahlen muß. Weitere Mitwirkungspflichten bei der Durchführung und Abwicklung der Versorgung treffen ihn nicht. Es ist Sache der Zusatzversorgungskasse, die Versorgungsanwartschaft zu verwalten und vom Versorgungsfall an die Leistung zu erbringen. Eine auf die Begründung dieser Pflichten beschränkte Auslegung der Versorgungszusage des öffentlichen Arbeitgebers würde jedoch dem Inhalt der Zusage nicht gerecht. Ein Arbeitnehmer, der in den öffentlichen Dienst eingestellt wird, kann davon ausgehen, daß sein Arbeitgeber ihm die im öffentlichen Dienst gewährte Zusatzversorgung verschafft. Schon im Urteil vom 15. Mai 1975 (– 3 AZR 257/74 – AP Nr. 7 zu § 242 BGB Ruhegehalt-VBL, zu 3 b der Gründe) hat der Senat ausgeführt, das Versprechen einer dem öffentlichen Dienst angepaßten Versorgung beziehe sich im Zweifel nicht auf eine bestimmte Versorgungsform, sondern auf die Berechnung des Ruhegehalts. Der Arbeitnehmer sei in erster Linie daran interessiert, daß er eine Zusatzrente erhalte. Die Frage, wer diese Rente zahle, trete in den Hintergrund.
Nichts anderes gilt, wenn in einem Arbeitsverhältnis mit einem öffentlichen Arbeitgeber die Vorschriften über die Zusatzversorgung auch ohne eine ausdrücklich erklärte Zusage des Arbeitgebers anzuwenden sind. Auch in einem solchen Falle ist es dem Arbeitnehmer prinzipiell gleichgültig, in welcher Form seine Zusatzversorgung durchgeführt und abgewickelt wird. Für ihn ist allein von Bedeutung, daß er bei diesem öffentlichen Arbeitgeber eine Zusatzversorgung erhält. Er darf daher, auch ohne jede weitere Erklärung des Arbeitgebers, davon ausgehen, daß ihm der Arbeitgeber die Zusatzversorgung – auf welchem Weg auch immer – zu verschaffen hat.
Wird dem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer unter Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung die tarifliche Versorgung versagt, so ist der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Verschaffung der üblichen Zusatzversorgung rechtswidrig nicht nachgekommen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung verpflichtet ihn dann, dem Arbeitnehmer eine gleichwertige Versorgung zukommen zu lassen. Kann der Arbeitnehmer nach den Satzungsbestimmungen der Kasse nicht nachversichert werden, so muß der Arbeitgeber selbst eintreten (so ebenfalls schon Urteil des Senats vom 15. Mai 1975 – 3 AZR 257/74 – AP, aaO, sowie Beschluß vom 29. August 1989 – 3 AZR 370/88 – BAGE 62, 334 = AP, aaO).
2. Entgegen der Auffassung der beklagten Stadt scheitert der Anspruch auf Gleichstellung nicht an einem fehlenden Verschulden des Arbeitgebers. Es handelt sich nicht um einen Schadenersatzanspruch. Der Arbeitnehmer, der die Zusatzversorgung verlangt, obwohl sein Arbeitsvertrag diese nicht vorsieht, begehrt keinen Schadenersatz wegen Vertragsverletzung, sondern einen Schutz vor sachfremder Schlechterstellung durch den Vertrag sowie durch die für den vergleichbaren längerzeitig beschäftigten Arbeitnehmer geltenden begünstigenden tarifvertraglichen Regelungen. Das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG greift, auch in seiner Ausgestaltung im Privatrecht, nicht nur bei schuldhafter, sondern bei jeder objektiven Verletzung ein. Wer aufgrund des Gebots der Gleichbehandlung verlangen kann, so behandelt zu werden, als sei er Angehöriger einer begünstigten Gruppe, der hat einen Anspruch auf Erfüllung derjenigen Ansprüche, die der begünstigten Gruppe zustehen. Auf andere Weise läßt sich die Gleichbehandlung nicht verwirklichen. Dem Arbeitgeber mag ein Ermessensspielraum zustehen, wie er den Anspruch auf Gleichbehandlung verwirklichen will. Er mag eine Versicherung einrichten oder als unmittelbarer Versorgungsschuldner eintreten. Dem Anspruch auf Gleichbehandlung selbst kann er sich nicht entziehen. Daraus folgt, daß der gleichheitswidrig benachteiligte Arbeitnehmer einen Erfüllungsanspruch im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB geltend macht, aber keinen Schadenersatzanspruch.
III. Der Kläger macht zu Recht den Gleichstellungsanspruch rückwirkend geltend. Die beklagte Stadt beruft sich darauf, daß sie angesichts der seinerzeit bestehenden tariflichen Regelungen nicht rückwirkend zur Gleichbehandlung verurteilt werden dürfe. Sie habe sich auf die Wirksamkeit der Tarifverträge und den Ausschluß der Teilzeitarbeitnehmer von der Zusatzversorgung verlassen können. Die Tarifunterworfenen hätten in bezug auf die kraft der grundgesetzlich geschützten Tarifautonomie abgeschlossenen Tarifverträge denselben Vertrauensschutz, der für richterlich entwickelte Rechtssätze gelte. Eine rückwirkende Pflicht zur Gleichbehandlung verstoße gegen den Verfassungsgrundsatz des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
1. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Verfassungsgrundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) setzt allerdings der richterlichen Rechtsanwendung Grenzen (statt aller BVerfG Beschluß vom 14. Januar 1987 – 1 BvR 1052/79 – BVerfGE 74, 129, 151 f. = AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen, zu B II 1 der Gründe; Urteil des Senats vom 20. November 1990 – 3 AZR 573/89 – BAGE 66, 228, 236 = AP Nr. 14 zu § 1 BetrAVG Ablösung, zu B II 1 der Gründe, m.w.N.). Dieser Verfassungsgrundsatz enthält jedoch keine eindeutigen Grenzen; er bedarf der Konkretisierung nach den sachlichen Gegebenheiten. Gesichtspunkte der Zumutbarkeit, des Vertrauensschutzes und des Gemeinwohls sind zu berücksichtigen (zur rückwirkenden Anwendung des Lohngleichheitsgebots bei mittelbarer Diskriminierung in der betrieblichen Altersversorgung vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 20. November 1990 – 3 AZR 613/89 – BAGE 66, 264, 276 ff. = AP Nr. 8 zu § 1 BetrAVG Gleichberechtigung, zu IV und V der Gründe; zum Vertrauensschutz bei einer ständigen Rechtsprechung vgl. Urteil des Senats vom 20. November 1990 – 3 AZR 573/89 – BAGE 66, 228 = AP, aaO).
2. Die im Rückwirkungszeitraum geltende Rechtslage und die bisherige Rechtsprechung ließen kein schutzwürdiges Vertrauen darauf entstehen, daß willkürliche, teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund benachteiligende Versorgungsregelungen wirksam sein könnten.
a) Die für die Beurteilung maßgeblichen Normen galten seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Art. 3 Abs. 1 GG gilt seit dem 23. Mai 1949. Der diesem Grundrecht entsprechende, im Privatrecht geltende Grundsatz der Gleichbehandlung gehört unangefochten ebenfalls seit vielen Jahrzehnten zu den grundlegenden Rechtsgrundsätzen des Arbeitsrechts (vgl. statt aller Bötticher, Der Anspruch auf Gleichbehandlung im Arbeitsrecht, RdA 1953, 161; G. Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht, 1958; Hilger, Zum Anspruch auf Gleichbehandlung im Arbeitsrecht, RdA 1975, 32). Auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat diesen Rechtsgrundsatz schon von Anbeginn anerkannt (vgl. BAG Großer Senat Beschluß vom 16. März 1956 – GS 1/55 – BAGE 3, 1, 11 = AP Nr. 1 zu § 57 BetrVG, zu I 4 der Gründe; BAG Urteil vom 13. September 1956 – 2 AZR 152/54 – AP Nr. 3 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; Urteil vom 3. April 1957 – 4 AZR 644/54 – AP Nr. 4 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; Zum Ruhegeld vgl. Urteil vom 2. März 1956 – 1 AZR 138/55 – AP Nr. 10 zu § 242 BGB Ruhegehalt, mit Anm. v. G. Hueck).
b) Der Kläger macht den Gleichstellungsanspruch lediglich ab 1. Mai 1985 geltend. Ab dem 1. Mai 1985 gab es einen solchen Vertrauensschutz nicht. An diesem Tag ist § 2 Abs. 1 BeschFG in Kraft getreten. Es bedarf daher hier keiner Erörterung darüber, ob bis zu diesem Zeitpunkt darauf vertraut werden konnte, es sei zulässig, Teilzeitbeschäftigte tarifvertraglich unterschiedlich zu behandeln (vgl. dazu Urteil des Senats vom 28. Juli 1992 – 3 AZR 173/92 –, zu III der Gründe, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Bereits mit Urteil vom 6. April 1982 hatte der Senat entschieden, daß der unterschiedliche Umfang der Arbeitsleistung allein kein ausreichender sachlicher Grund dafür ist, Teilzeitarbeitnehmer von vornherein von betrieblichen Versorgungsleistungen auszunehmen, die Vollzeitarbeitnehmern zugestanden werden (BAGE 38, 232, 241 = AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu III 1 b der Gründe). An diese Entscheidung lehnte sich die gesetzliche Regelung in § 2 des am 1. Mai 1985 in Kraft getretenen Beschäftigungsförderungsgesetzes an (vgl. Wlotzke, NZA 1984, 217, 218). Mit § 2 BeschFG 1985 wurde der aus dem Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG hergeleitete allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz für den Bereich der Teilzeitarbeit konkretisiert.
IV. Da der Kläger in der Zeit, für die er die Gleichstellung verlangt, über der Geringfügigkeitsgrenze i.S. des § 8 SGB IV beschäftigt war, hat der Senat nicht zu entscheiden, ob auch Beschäftigte, deren Arbeitszeit unterhalb dieser Grenze lag, eine Zusatzversorgung verlangen können.
V. Das Landesarbeitsgericht hat somit richtig entschieden. Die beklagte Stadt hat den Kläger im Versorgungsfall so zu stellen, als wäre er seit dem 1. Mai 1985 bei der ZVK versichert worden. Sollte dies durch eine entsprechende Nachversicherung bei der ZVK nicht möglich sein, so muß die Beklagte selbst die Rente (bzw. Aufstockungsrente) zahlen.
Unterschriften
Dr. Heither, Griebeling, Dr. Wittek, Zieglwalner, Großmann
Fundstellen