Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung
Orientierungssatz
Erfordernis der gründlichen Fachkenntnisse bei Bearbeiten der Haushaltsüberwachungsliste für Eingruppierung nach Vergütungsgruppe VII BAT. Zusammenfassung bei gründlichen Fachkenntnissen.
Normenkette
BAT Anlage 1a; BAT § 22 Fassung: 1975-03-17
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 05.05.1986; Aktenzeichen 14 Sa 201/83) |
ArbG Verden (Aller) (Entscheidung vom 20.10.1983; Aktenzeichen 2 Ca 281/83 E) |
Tatbestand
Die am 28. September 1929 geborene Klägerin steht seit dem 1. Juni 1965 als Verwaltungsangestellte in den Diensten der Beklagten im Gerätedepot H der Standortverwaltung S. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 1. Juli 1965 ist die Geltung des BAT vom 23. Februar 1961 und der diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge vereinbart. Die Klägerin war zunächst als Schreibkraft tätig und erhielt Vergütung nach VergGr. VIII BAT, mit Wirkung ab 1. Juli 1966 eine übertarifliche Vergütung nach VergGr. VII BAT und war nach Änderung der tariflichen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Schreibdienst vom 10. Juli 1969 in Fallgruppe 2 dieser Vergütungsgruppe eingruppiert. Nach vertretungsweiser Ausübung dieser Tätigkeit wurden der Klägerin mit Wirkung ab 1. Januar 1974 die Aufgaben eines Hilfsbearbeiters für Haushaltsangelegenheiten in der Truppenverwaltung des Gerätedepots H übertragen, wozu nach der Tätigkeitsbeschreibung vom 11. Dezember 1973 gehören:
- Führen der HÜL und Anschreibungsliste 30 %
- Mithilfe beim Erstellen der Bewirtschaftungspläne
und Vorbereitung von An- und Nachforderungen
von Haushaltsmitteln 15 %
- Abrechnen der Verteidigungs- und Ausrüstungshilfe
mit Meldung an das BWB 10 %
- Vorbereitung der turnusmäßigen Haushaltsübersichten
15 %
- Aufstellen von Kostenrechnungen für zivile
Firmen bei Gestellung von Arbeitskräften und
-maschinen zu Verladearbeiten im Depot 5 %
- lfd. Unterrichtung des Leiters der TrVerw über
die Haushaltsmittellage 20 %
Sonstiges 5 %
Die Klägerin wurde danach mit Wirkung vom 1. Januar 1974 ohne Änderung der Vergütungsgruppe in Fallgruppe 1 der VergGr. VII BAT eingruppiert. Nach einer weiteren Arbeitsplatzüberprüfung aus Anlaß des 37. Änderungstarifvertrages zum BAT teilte die Standortverwaltung der Klägerin unter dem 22. März 1977 mit, daß sie mit Wirkung ab 1. Dezember 1975 in die VergGr. VII Fallgruppe 1 b BAT eingruppiert sei. Nach einer neuerlichen Überprüfung der Eingruppierung der Klägerin vom 3. Juni 1982 ergibt sich folgende Tätigkeitsdarstellung:
Zeitanteil
1) Führen der HÜL-E und HÜL-A 45 %
- Eintragung und Abwicklung festgelegter Beträge
- Eintragung und Abwicklung von Abschlägen
- Absetzen von Rückeinnahmen bei Ausrüstungs- und
Auslandshilfen sowie bei Gutschriften von
Privatfirmen
- Verbuchen von Teilrechnungen
- Fortschreiben der festgelegten und angeordneten
Beträge
- Abstimmen mit den Titelkarten der StOKa nach
Weisung des Ltr TrV
- besonderer Nachweis der deckungsfähig in Anspruch
genommenen Haushaltsmittel
einschließlich Erstellen von Kassenanweisungen
für festgestellte Rechnungen
- sowie Fertigen der monatlichen "Meldung über den
Stand der Bewirtschaftung" und Bearbeitung zusätzlicher
Meldungen im Laufe des Haushaltsjahres
(z.B. über Kosten Ersatzteile an das Streitkräfteamt)
einschließlich der damit verbundenen Schätzung der
Ausgabenentwicklung und Vorbereitung der Begründung
für An-/Nachforderungen zur Entlastung des
Titelverwalters/Beauftragten für den Haushalt.
- Laufende Unterrichtung des Beauftragten für den
Haushalt über die Haushaltsmittellage
2) Abrechnen der NATO-Verteidigungshilfe, Aus- 18 %
rüstungshilfe und Rüstungssonderhilfe
- Laufende Teil-Kostenermittlung aus eingehenden
Rechnungen und des Bezirks "Sonderprogramm"
- Zusammenstellen getrennt nach Ländern, Unterteilen,
Buchungsabschnitten, Lieferungsnummern,
Verteidigungshilfe bzw. Materialhilfe, getrennt
nach Kfz-Typ/Ersatzteil/Instandsetzung
- Fertigen der notwendigen Kassenanweisungen
- Vorbereitung bis zur sachlichen und rechnerischen
Feststellung durch Ltr TrV bzw. Vertreter
3) Aufstellen von Kostenrechnungen für zivile 5 %
Firmen bei Gestellung von Arbeitskräften und
-maschinen zu Verladearbeiten im Depot nach
Kostenaufstellung der beteiligten Abteilungen
- lfd. Mitteilungen an die Abteilungen über Ansätze,
die den Berechnungen nach den geltenden
Bestimmungen, z.B. nach Verträgen, Gebührensätzen,
Tarifen zugrundezulegen sind
- Sammeln der Mitteilungen der Abteilungen
- Erstellen der Kostenrechnung und Annahmeanordnung
bis zur Unterschriftsreife durch Leiter
TrVerw/Vertreter
4) Bearbeiten von unbaren Rechnungen und anderen 32 %
zahlungsbegründenden Unterlagen, einschließlich
Fertigen der Kassenanweisungen bis zur
Unterschriftsreife
- Überprüfen der Richtigkeit der Ansätze und der
Zahlenangaben, die den Berechnungen zugrunde
gelegt sind (Verträge, Tarife usw.)
- Überprüfen der Angaben auf richtige Anwendung
der Bestimmungen, die für die Berechnung des
Anordnungsbetrages bedeutsam sind
- Überprüfen der Richtigkeit des Rechenwerkes
- Sicherstellen, daß bei Schlußzahlungen Abschläge
erfaßt und abgerechnet werden
- Sicherstellen, daß Ansprüche auf Rabatt oder
Skonti erfüllt werden.
Mit Schreiben vom 26. Oktober 1982 teilte die Standortverwaltung der Klägerin daraufhin mit, die im Rahmen einer Wirtschaftsprüfung durchgeführte Überprüfung habe ergeben, daß die Klägerin lediglich schwierigere Tätigkeiten i.S. der VergGr. VIII Fallgruppe 1 a BAT ausübe und ihre bisherige Eingruppierung somit tarifwidrig gewesen sei, sie jedoch aufgrund der erfüllten Bewährungszeit mit Wirkung vom 1. Januar 1974 in VergGr. VII Fallgruppe 2 BAT eingruppiert werde.
Nach erfolgloser Geltendmachung begehrt die Klägerin mit der Klage die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihr ab 1. Januar 1983 Vergütung nach VergGr. VI b BAT zu zahlen, da sie sich 9 Jahre in einer Tätigkeit der VergGr. VII Fallgruppe 1 b BAT bewährt habe. Mit ihrer zuletzt vorgenommenen Arbeitsplatzbewertung verkenne die Beklagte, daß die gesamte von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse und langjährige Erfahrung erfordere, was sich im einzelnen aus den von der Klägerin in der Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1985 gefertigten Arbeitsaufzeichnungen, die als repräsentativ anzusehen seien, ergebe. Die Führung der HÜL erfordere schon deshalb gründliche Fachkenntnisse, weil die Klägerin überwiegend prüfen müsse, bei welchem Haushaltstitel die Eintragung zu erfolgen habe. So habe die Klägerin während ihrer Arbeitsaufzeichnungen in 793 Fällen die Buchungsstelle selbst bestimmen müssen, während diese nur bei 293 Auszahlungsanordnungen vom Rechnungsführer bereits vorgegeben gewesen sei. Sie bearbeite Rechnungen und Aufträge selbständig und unterschriftsreif für den ihr unmittelbar vorgesetzten Leiter der Truppenverwaltung und übertrage nicht etwa nur dessen Anordnungen in Listen. Für die Rechnungsbearbeitung gelte von den Anforderungen her nichts anderes, da die Klägerin trotz des Vermerks der rechnerischen Richtigkeit des öfteren Fehler feststelle und sich nicht auf eine nur stichprobenweise Überprüfung beschränken könne. Bei den von ihr unterschriftsreif gefertigten Auszahlungsanordnungen könne die Klägerin bis zu vier Rechnungen zusammenfassen und habe diese nach Abzeichnung durch den Leiter der Truppenverwaltung selbständig zu verbuchen. Bei Teillieferungen seien dazu häufig Umbuchungen erforderlich, bis der endgültige Rechnungsbetrag feststehe. Im Bereich Abrechnen der NATO-, Verteidigungs- und Ausrüstungshilfe erfordere die Kontrolle der Kostenaufstellungen (Materialkosten, Lohnkosten, Einsatz von Geräten) und die Vorbereitung zur Feststellung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit durch den Leiter der Truppenverwaltung, insbesondere die Zusammenstellung für jedes einzelne von ca. 20 verschiedenen Ländern innerhalb und außerhalb der NATO und deren Verbuchung ebenfalls erhebliche Fachkenntnisse, was sich auch daraus ergebe, daß die Klägerin einen nach der Besoldungsgruppe A 6 bewerteten Dienstposten bekleide. Die Beklagte handele treuwidrig, wenn sie zwei Monate vor Ablauf der 9-jährigen Bewährungszeit entgegen ihrer jahrelangen Handhabung nunmehr die Tätigkeit anders bewerte und damit den Bewährungsaufstieg der Klägerin in die begehrte Vergütungsgruppe vereitele.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß ihr seit dem 1. Januar 1983
Vergütung nach VergGr. VI b BAT zu zahlen und
die sich ergebende Nachzahlung mit 4 % zu verzinsen
seien.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dazu vorgetragen, die Klägerin werde tarifgerecht vergütet. Ihre Tätigkeit erfordere Gründlichkeit, Zuverlässigkeit und sei auch schwierig im Sinne der VergGr. VIII Fallgruppe 1 a BAT. Gründlicher Fachkenntnisse bedürfe die Klägerin aber nicht, da ihre Tätigkeit durch Arbeitsanweisungen bis ins einzelne vorgegeben sei. Das Führen der HÜL sei in den Durchführungsbestimmungen zur vorläufigen Verwaltungsvorschrift Nr. 7 und 8 zu § 37 BHO ausführlich und bis ins einzelne beschrieben. Auf den Beschaffungs- und Instandsetzungsaufträgen sei die Verbuchungsstelle in der Regel bereits eingetragen und in Zweifelsfällen könne die Klägerin bei den Fachabteilungen jederzeit rückfragen. Die Rechnungsbearbeitung erschöpfe sich in der Prüfung, ob die drei erforderlichen Richtigkeitsvermerke vorhanden seien, mithin in bloßer Sichtkontrolle, nicht hingegen darin, ob die getroffenen Feststellungen auch den Tatsachen entsprechen. Nach Skontoabzug habe die Klägerin die Rechnungen nur auf das Formblatt Kassenanweisung zu übertragen. Auch bei den monatlichen Haushaltsübersichten und für den Jahresabschluß habe die Klägerin lediglich die entsprechenden Daten aus der HÜL-Kartei zu übertragen, was keine gründlichen Fachkenntnisse im Tarifsinne erfordere. Insoweit habe die vorangegangene unzutreffende tarifliche Bewertung auch keinen Vertrauenstatbestand geschaffen und ein öffentlicher Arbeitgeber sei nicht daran gehindert, aus Anlaß der möglichen Teilnahme eines Angestellten am Bewährungsaufstieg dessen Eingruppierung zu überprüfen und dabei eine irrtümlich erfolgte Eingruppierung zu korrigieren. Allen Billigkeitserwägungen sei damit in ausreichendem Maße Rechnung getragen, daß die Klägerin kraft Bewährungsaufstiegs in VergGr. VII BAT eingruppiert bleibe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage für die Zeit ab 1. September 1983 stattgegeben. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hatte Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage für die Zeit ab 1. September 1983 weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision. Ihren Zinsanspruch ermäßigte die Klägerin auf Zinsen aus dem dem Bruttobetrag entsprechenden Nettobetrag.
Entscheidungsgründe
Der Revision war stattzugeben. Entgegen der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts steht der Klägerin für die Zeit ab 1. September 1983 Vergütung nach VergGr. VI b BAT zu.
Zutreffend geht das Landesarbeitsgerichts zunächst davon aus, daß es für den Anspruch der Klägerin auf Teilnahme am Bewährungsaufstieg nach VergGr. VI b BAT entscheidend darauf ankommt, ob die Klägerin mit ihrer Tätigkeit nach § 22 BAT die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VII Fallgruppe 1 b BAT erfüllt. Danach müssen die Hälfte der gesamten Arbeitszeit der Klägerin ausfüllende Arbeitsvorgänge gründliche Fachkenntnisse erfordern. Richtig legt dabei das Landesarbeitsgericht auch den von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges zugrunde, unter dem eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (vgl. BAG Urteile vom 30. Januar 1985 - 4 AZR 184/83 -, vom 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 -, vom 19. März 1986 - 4 AZR 642/84 -, vom 16. April 1986 - 4 AZR 595/84 - AP Nr. 101, 115, 116, 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Rechtlich zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht auch weiter an, daß tatsächlich trennbare, tarifrechtlich aber unterschiedlich zu bewertende Tätigkeiten aus Rechtsgründen nicht einheitlich in einem Arbeitsvorgang, sondern unterschiedlich zu bewerten sind (vgl. BAG vom 3. Juni 1981 - 4 AZR 1118/78 -, vom 10. Juni 1981 - 4 AZR 1154/78 -, vom 12. August 1981 - 4 AZR 15/79 - AP Nr. 45, 46, 47 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Zu den einzelnen Tätigkeiten stellt das Landesarbeitsgericht dann fest, daß die Klägerin nur im Bereich der NATO-Verteidigungs- und Ausrüstungshilfe die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VII Fallgruppe 1 b BAT erfülle, da diese Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse erfordere. Hierbei handele es sich um einen Arbeitsvorgang, der zeitlich 13,6 % der Gesamtarbeitszeit der Klägerin in Anspruch nehme. Dagegen sei für den Bereich der Rechnungsbearbeitung mit einem zeitlichen Anteil von 31,66 % der Gesamtarbeitszeit nicht ersichtlich, daß die Klägerin gründliche Fachkenntnisse auch nur i.S. eines generellen Erfordernisses erheblichen Erfahrungswissens brauche. Für den Hauptkomplex der HÜL mit zeitlich mindestens 40,92 % der Gesamtarbeitszeit der Klägerin seien jedenfalls nicht insgesamt gründliche Fachkenntnisse notwendig. Nähere Kenntnisse der Bundeshaushaltsordnung und von Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung und anderweitiger Bestimmungen seien zur Führung der HÜL nicht erforderlich. Auch für das teilweise erforderliche erhebliche Erfahrungswissen habe die Klägerin nicht ausreichend behauptet, daß die Festlegung der Verbuchungsstelle zu dem ihr übertragenen Arbeitsbereich gehöre; dieser Teil der Tätigkeit erfasse außerdem nur einen Teil der Aufgaben der Klägerin, der nicht zeitlich bestimmbar sei. Eine für die Klägerin günstigere Bewertung ergebe sich auch nicht aus § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT. Da das Vorbringen der Klägerin es nicht ermögliche, konkrete Arbeitsvorgänge zu bestimmen, in denen die Klägerin Fachkenntnisse zu ihrer Erledigung benötige, könne auch keine zusammenfassende Betrachtung dieser Arbeitsvorgänge vorgenommen werden und nicht bewertet werden, ob die erforderlichen Fachkenntnisse auch insgesamt als gründlich anzusehen seien.
Damit hat das Landesarbeitsgericht aber zu Unrecht die zusammenfassende Betrachtung nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT für das Vorliegen von gründlichen Fachkenntnissen unterlassen. Angesichts der getroffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem unstreitigen Sachverhalt, wie er sich auch aus den vom Landesarbeitsgericht beigezogenen Personalakten ergibt, konnte der Senat auch diese zusammenfassende Betrachtungsweise selbst vornehmen und feststellen, daß der Klägerin ab 1. September 1983 Vergütung nach VergGr. VI b BAT zusteht, weil sie bis zum 31. August 1983 die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VII Fallgruppe 1 b BAT mit ihrer jedenfalls überwiegenden Tätigkeit erfüllte.
Das Tarifmerkmal der gründlichen Fachkenntnisse i.S. der VergGr. VII BAT hat sowohl ein qualitatives als auch ein quantitatives Element. Gründliche Fachkenntnisse sind Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art. Dabei kann sich die Erfüllung des Tarifmerkmales der gründlichen Fachkenntnisse auch aus einer zusammenfassenden Betrachtung der Arbeitsvorgänge eines Angestellten nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT ergeben (vgl. BAG vom 24. August 1983 - 4 AZR 32/81 - AP Nr. 78 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil vom 22. Oktober 1986 - 4 AZR 568/85 - m.w.N., zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Danach haben aber für den Nachweis der Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VII Fallgruppe 1 b BAT diejenigen Tätigkeiten auszuscheiden, für die Fachkenntnisse überhaupt nicht benötigt werden. Das gilt aber nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem unstreitigen Sachverhalt nur für den Bereich der Rechnungsbearbeitung mit dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Zeitanteil von 31,66 % der Gesamtarbeitszeit der Klägerin. Soweit die Klägerin dabei ohne Zeichnungsbefugnis das Vorhandensein der Richtigkeitsvermerke kontrolliert, die Zahlenangaben nachrechnet und unter Abzug der Skonti Kassenanweisungen fertigt, handelt es sich um ständig wiederkehrende Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorfälle, auch ohne Anleitung bzw. buchhalterische Übergangsarbeiten i.S. der Beispielstätigkeiten der VergGr. VIII Fallgruppe 1 a BAT.
Demgegenüber hat das Landesarbeitsgericht für den Bereich der NATO-Verteidigungs- und Ausrüstungshilfe mit angenommenen 13,6 % der Gesamttätigkeit der Klägerin selbst die Erforderlichkeit gründlicher Fachkenntnisse festgestellt. Die Teilkostenermittlung, ihre Zusammenstellung und Umbuchung auf die einzelnen Länder erfordert Fachkenntnisse und erhebliches Erfahrungswissen und damit nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gründliche Fachkenntnisse i.S. der VergGr. VII BAT.
Aber auch für den Bereich der Bearbeitung der HÜL mit zeitlich mindestens 40,92 % der Arbeitszeit der Klägerin stellt das Landesarbeitsgericht fest, daß die Klägerin insoweit Fachkenntnisse anzuwenden hat. Das gilt nicht nur für Vorschriften der Bundeshaushaltsordnung und der Verwaltungsvorschriften hierzu, sondern auch für Einzelerlasse, für Dienstvorschriften und für dazugehöriges Erfahrungswissen. Das Landesarbeitsgericht konnte lediglich nicht feststellen, ob es sich dabei insgesamt um gründliche Fachkenntnisse handelt. Es geht lediglich davon aus, daß die Klägerin allenfalls teilweise insoweit gründliche Fachkenntnisse einzusetzen habe und sieht sich nicht in der Lage, diesen Zeitanteil zu bestimmen.
Darauf konnte sich aber das Landesarbeitsgericht bei einer Gesamtbetrachtung nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT nicht beschränken. Die zusammenfassende Betrachtungsweise erfordert nämlich gerade nicht, daß bei jedem Arbeitsvorgang und in allen Fällen gründliche Fachkenntnisse vorliegen müssen und diese dann zusammengezählt werden müssen für die Entscheidung der Frage, ob mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge vorliegen, die die Tätigkeitsmerkmale der maßgeblichen Vergütungsgruppe erfüllen. Vielmehr sind danach alle Fachkenntnisse zusammenzuzählen und auch beim Umfang der Tätigkeit im Hinblick auf die Erfüllung der Merkmale der Vergütungsgruppe zusammenzurechnen. Danach kann sich nämlich durchaus ergeben, daß in den einzelnen Arbeitsvorgängen anzuwendende Fachkenntnisse sich erst und nur bei der Gesamtbetrachtung als gründliche Fachkenntnisse erweisen. Nur Tätigkeiten ohne Fachkenntnisse, wie bei der Rechnungsbearbeitung, scheiden für die zusammenfassende Betrachtungsweise und für die Berechnung des Anteils an der Gesamtarbeitszeit aus. Alle anderen Tätigkeiten aber, für die Fachkenntnisse einzusetzen sind, müssen sowohl bei der zusammenfassenden Betrachtungsweise daraufhin, ob sie gründliche Fachkenntnisse sind und bei der Prüfung der Erfüllung des erforderlichen Zeitanteiles der Hälfte der Gesamtarbeitszeit berücksichtigt werden. Selbst wenn also auch im Bereich der NATO-Verteidigungs- und Ausrüstungshilfe keine gründlichen Fachkenntnisse vorgelegen hätten, müßte trotzdem noch einmal zusammenfassend geprüft werden, ob die Fachkenntnisse bei der Bearbeitung der HÜL und für den Bereich der NATO-Verteidigungs- und Ausrüstungshilfe zusammengenommen als gründliche Fachkenntnisse anzusehen sind. Dann sind aber auch die Tätigkeiten sowohl für den Bereich der Bearbeitung der HÜL als auch für den Bereich der NATO-Verteidigungs- und Ausrüstungshilfe insgesamt der Klägerin für die Prüfung zugute zu halten, ob sie damit die Hälfte der Gesamtarbeitszeit ausfüllt. Eine solche Überprüfung daraufhin, ob Tätigkeiten bei der zusammenfassenden Betrachtungsweise gründliche Fachkenntnisse erfordern oder die Fachkenntnisse keine gründlichen Fachkenntnisse sind, obliegt allerdings grundsätzlich der Tatsacheninstanz im Rahmen ihres Beurteilungsspielraumes. Nachdem aber im vorliegenden Fall das Landesarbeitsgericht für den Bereich der NATO-Verteidigungs- und Ausrüstungshilfe das Vorliegen und die Erforderlichkeit gründlicher Fachkenntnisse bereits bejaht hat, dagegen keine Rügen erhoben sind und dies auch mit dem unstreitigen Sachverhalt nach den Personalakten der Klägerin übereinstimmt, konnten hier die weiteren von der Klägerin geforderten Fachkenntnisse bei der Bearbeitung der HÜL diese Beurteilung bei der notwendigen Gesamtbetrachtungsweise nur noch verstärken. Weitere zusätzliche Fachkenntnisse können damit im vorliegenden Falle nicht mehr zu einer Beurteilung führen, die die Gründlichkeit der Fachkenntnisse im Rahmen eines möglichen Beurteilungsspielraumes der Tatsacheninstanz ablehnt. Vielmehr muß das Hinzutreten weiterer Fachkenntnisse bei der Zusammenfassung nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT immer dazu führen, daß dann auch die gesamten Fachkenntnisse, die die Klägerin einzusetzen hat, als gründliche Fachkenntnisse zu bewerten sind.
Sind aber damit die von der Klägerin einzusetzenden Fachkenntnisse sowohl bei der HÜL-Bearbeitung als auch bei der Bearbeitung der NATO-Verteidigungs- und Ausrüstungshilfe gründliche Fachkenntnisse, hat die Klägerin auch damit jedenfalls solche Fachkenntnisse bei mehr als der Hälfte ihrer Arbeitszeit einzusetzen. Auf die Einzelbestimmung der Arbeitsvorgänge kommt es insoweit dann nicht mehr an. Es sind insbesondere danach keine Tätigkeiten denkbar, die völlig ohne Fachkenntnisse zu erledigen sein könnten und nicht Zusammenhangstätigkeiten zu diesen beiden Bereichen darstellen. Auch im Bereich der Bearbeitung der HÜL muß die Klägerin stets irgendwelche Fachkenntnisse einsetzen, ohne daß es noch darauf ankommt, ob dies jeweils und im Einzelfall auch gründliche Fachkenntnisse sind. Da bereits danach mehr als die Hälfte der Arbeitszeit der Klägerin von Tätigkeiten mit Fachkenntnissen ausgefüllt ist, kommt es letztlich auch nicht mehr darauf entscheidend an, daß die Erstattung von Monats- und Jahresmeldungen Bestandteil des Arbeitsvorganges der Führung der HÜL ist. Selbst wenn man sie mit dem Landesarbeitsgericht als Zusammenhangstätigkeit mit ansieht, handelt es sich um Zeitanteile, die insgesamt mitzuberücksichtigen sind.
Hat aber danach die Klägerin bereits aufgrund der notwendigen Gesamtbetrachtung Anspruch auf Vergütung nach VergGr. VI b BAT, weil sie bis zum 31. August 1983 mit ihrer Tätigkeit die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VII Fallgruppe 1 b BAT erfüllte, kam es nicht mehr auf die Entscheidung der Frage an, ob der Klägerin darüber hinaus auch ein Anspruch auf Beschäftigung mit Tätigkeiten mit gründlichen Fachkenntnissen zustand, nachdem ihr Vergütung nicht nur nach VergGr. VII BAT, sondern auch ausdrücklich nach deren Fallgruppe 1 b BAT zugesagt worden war. Vielmehr war bereits wegen Erfüllung der tariflichen Tätigkeitsmerkmale der Klägerin der begehrte Anspruch mit der Maßgabe zuzusprechen, daß sie Zinsen nur aus dem dem Bruttobetrag entsprechenden Nettobetrag erhalten kann. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Freitag
Lehmann Wehner
Fundstellen