1 Einleitung

Die Vorschrift des § 10 BAT soll ebenso wie die beamtenrechtliche Bestimmung des § 43 BRRG und des § 70 BBG eine saubere und unbestechliche Verwaltung gewährleisten. Es muss bereits der Anschein missbräuchlicher Machtausübung verhindert werden, um das Vertrauen des Bürgers in die Unparteilichkeit und Unbestechlichkeit der Verwaltung zu sichern. Dies gilt besonders bei Ermessensentscheidungen, bei denen sich der Angestellte selbst dann nicht durch sachfremde Erwägungen leiten lassen darf, wenn die getroffene Entscheidung noch innerhalb des Ermessensspielraums liegt.

Für nicht tarifgebundene BAT-Anwender ist § 10 BAT ebenfalls anwendbar. Zwar ist der Schutzzweck der Sauberkeit der öffentlichen Verwaltung im Verhältnis zum Bürger nicht identisch auf private Betriebe zu übertragen, doch schützt § 10 BAT den Arbeitgeber vor manipulierten Entscheidungen, die auf Grund sachfremder Erwägungen getroffen wurden und daher dem Unternehmen schaden könnten. Insofern stellt ein Verstoß gegen § 10 BAT immer auch eine Verletzung des Arbeitsvertrages dar.

2 Annahme

Die Begriffe Belohnung und Geschenke sind im Hinblick auf den Zweck des § 10 BAT weit auszulegen.[1] Ein Geschenk ist jede endgültige materielle Vermögensmehrung durch eine freiwillige und unentgeltliche Zuwendung (Schenkung nach § 516 BGB) ohne entsprechende Gegenleistung. Eine Belohnung liegt in jedem sonstigen Vorteil, der dem Belohnten vermögenswerte oder immaterielle Vergünstigungen eröffnet. Dies gilt insbesondere für ersparte Aufwendungen, z.B. bei einem besonders günstigen Mietzins für eine Wohnung, bei vorübergehendem unentgeltlichem Gebrauch von Gegenständen, Mitnahme auf eine Urlaubsreise, Einladung zum Essen oder in der Gewährung eines Darlehens. Immaterielle Vorteile können beispielsweise in Form der Duldung sexueller Handlungen oder der Förderung des Geltungsbedürfnisses bzw. der Eitelkeit eines Angestellten durch die Verschaffung des Zutritts zu besonderen Anlässen vorliegen. Auch die Begünstigung durch letztwillige Verfügung fällt unter § 10 Absatz 1 BAT.

Der Wert der Zuwendung ist unbeachtlich, da bereits der Anschein der Manipulation verhindert werden soll, so dass auch verkehrsübliche Geschenke (Taschenkalender) erfasst werden, wobei jedoch im Regelfall eine stillschweigende Zustimmung des Arbeitgebers bei geringwertigen Zuwendungen anzunehmen ist. Ein mittelbarer konkreter Vorteil des Angestellten reicht aus, sofern die Zuwendung beispielsweise einem nahen Familienangehörigen oder einer dem Angestellten nahestehenden Organisation (Partei, Sportverein) zufließt.

Das Verbot der Annahme beinhaltet auch das Verbot des Forderns und des sich Versprechenlassens einer Zuwendung. Der Begriff Annahme der Zuwendung ist nicht im Sinn einer rechtsgeschäftlichen Annahmerklärung zu verstehen, sondern liegt bereits in jedem Nutzen des Vorteils. Sogar die vorübergehende Annahme der Zuwendung reicht aus, wenn sich der Angestellte erst noch überlegen will, ob er die Zuwendung endgültig behalten will oder nicht. Eine Annahme ist auch gegeben, wenn mit Wissen des Angestellten ein Dritter (Familienangehöriger, Organisation) den Vorteil erhält.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht grundsätzlich kein nachwirkendes Verbot der Annahme von Zuwendungen. § 10 BAT ist jedoch anwendbar, wenn sich der Angestellte noch während der Arbeitszeit eine Zuwendung versprechen ließ, die erst nach Beendigung der Arbeitszeit realisiert wird.

3 Bezug zur dienstlichen Tätigkeit

Die Zuwendung wird im Bezug auf die dienstliche Tätigkeit erbracht, wenn eine bewusste Kausalität zwischen der dienstlichen Tätigkeit und der Hingabe/Annahme der Zuwendung besteht. Hierbei ist es unerheblich, ob die von dem Gebenden erhoffte dienstliche Tätigkeit pflichtwidrig ist oder nicht, bzw. ob die erhoffte Tätigkeit auch ohne die Zuwendung erfolgt wäre. Immer wenn der Gebende daraus motiviert ist, eine dienstliche Tätigkeit zu beeinflussen, und nach den Umständen des Einzelfalles kein anderer Grund für die Zuwendung ersichtlich ist, liegt ein Bezug vor.

Ausschließlich dem privaten Bereich zuzurechnende Geschenke fallen demhingegen nicht unter § 10 BAT, jedoch ist die Abgrenzung im Einzelfall schwierig, und die äußere Form allein (z.B. Geburtstagsgeschenk auf einer privaten Feier) schließt den dienstlichen Bezug nicht aus.

 
Praxis-Beispiel

Ein Angestellter ist für die Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens zuständig. Hierbei erbringt er auch Vortragstätigkeiten. Benutzt er für die Vorbereitung der Vorträge die betriebliche Infrastruktur (Kopierer etc.) und arbeitet er das Manuskript während der Arbeitszeit aus, so ist eine im Zusammenhang mit dem Vortrag geleistete Zuwendung ein Verstoß gegen § 10 BAT.

Bezahlt der Angestellte hingegen für die Inanspruchnahme der Betriebsinfrastruktur und erarbeitet er die Manuskripte außerhalb der Arbeitszeit, so ist die Tätigkeit selbst bei Verwendung der durch die berufliche Tätigkeit gewonnenen Erkenntnisse als Nebentätigkeit zu werten, deren Ent- bzw. Belohnung zulässig i...

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