Während ein Freiwilligkeitsvorbehalt das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindert, entsteht bei einem Widerrufsvorbehalt eine betriebliche Übung, die der Arbeitgeber zukünftig unter bestimmten Voraussetzungen beenden kann.
Für einen Widerrufsvorbehalt muss zum einen genau bezeichnet sein, welche Leistungen erfasst sind, zum anderen muss eindeutig sein, unter welchen Voraussetzungen ein Widerruf ausgeübt werden kann, d. h. es müssen genau bezeichnete Gründe angegeben werden, die wirtschaftlicher Art sein können bzw. im Verhalten oder in der Leistung des Beschäftigten begründet liegen.
Die Ausübung des Widerrufsrechts muss nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) erfolgen.
Von einer Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt ist abzuraten. Regelmäßig wird eine solche Regelung im vorformulierten Arbeitsvertrag als Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sein.
Die Umdeutung eines unwirksamen Freiwilligkeitsvorbehalts in einen Widerrufsvorbehalt im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung kann nur dann in Betracht kommen, wenn die Voraussetzungen und der Umfang der vorbehaltenen Änderungen vertraglich konkretisiert sind.
Die Formulierung, wonach ein Unternehmen einen Widerruf "jederzeit in freiem Ermessen" aussprechen kann, ist unwirksam und führt dazu, dass die gesamte Widerrufsklausel unwirksam ist.
Wurde im Rahmen einer Personalinformation die Gewährung einer Jubiläumszuwendung zugesagt und diese als freiwillige Sozialleistung bezeichnet, ohne dass ein Widerrufsvorbehalt enthalten war, so handelt es sich um eine Gesamtzusage. Eine Gesamtzusage ist die Erklärung eines Arbeitgebers an alle oder an eine abgrenzbare Gruppe von Beschäftigten mit dem Inhalt, zusätzliche Leistungen zu erbringen. Entscheidend ist, dass das Schweigen der Beschäftigten als Annahme gewertet werden kann. Verschlechtert sich die wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers und gibt dieser die Einstellung der Gewährung von Jubiläumszuwendungen bekannt, wird damit die Verpflichtung zur Zahlung der Jubiläumszuwendung nicht beseitigt. Aus den Begriffen "Ehrengabe", "Geldgeschenk" oder "freiwillige Sozialleistung" brauchen die Beschäftigten nicht entnehmen, dass das Unternehmen sich nach Belieben oder jedenfalls nach billigem Ermessen von der gegebenen Zusage lösen kann, ohne dass es zu einer einvernehmlichen Änderung des Arbeitsvertrags oder einer Änderungskündigung kommt. Die Bezeichnung "freiwillige Sozialleistung" lässt nicht den Schluss zu, die Zusage stehe unter einem Widerrufsvorbehalt. Der Arbeitgeber hätte die Leistung "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" oder "jederzeit widerruflich" in Aussicht stellen können.
Ein Widerrufsvorbehalt unterliegt der inhaltlichen Kontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und § 308 Nr. 4 BGB, damit müssen die Art und die Höhe der Leistung eindeutig im Widerrufsvorbehalt bezeichnet sein und die Voraussetzungen und der Umfang eines Widerrufs müssen im Rahmen des Zumutbaren konkretisiert werden. Es findet somit eine Kontrolle des Inhalts und der Ausübung eines Widerrufs statt.
Ein Widerruf aufgrund eines Widerrufsvorbehalts muss gegenüber den Beschäftigen erfolgen. Es reicht nicht aus, die Erklärung gegenüber dem Betriebsrat abzugeben.
Ein Widerrufsvorbehalt ist nur dann zulässig, wenn der im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende widerrufliche Teil des Gesamtverdienstes unter 25 % liegt und der Tariflohn nicht unterschritten wird. Sofern weitere Zahlungen widerruflich sind, die Ersatz für Aufwendungen sind, die der Beschäftigte an sich hätte selbst tragen müssen – die also nicht eine unmittelbare Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung darstellen – erhöht sich der widerrufliche Anteil des Arbeitsentgelts auf bis zu 30 % des Gesamtentgelts.
Das BAG hat folgende Wirksamkeitsvoraussetzungen für einen Widerrufs- bzw. Änderungsvorbehalt in Formulararbeitsverträgen aufgestellt:
- Die tarifliche oder mindestens die übliche Vergütung muss dem Arbeitnehmer verbleiben.
- Der Schutz gegenüber Änderungskündigungen darf nicht umgangen werden.
- Der Widerruf darf höchstens 25 bis 30 % der Gesamtvergütung erfassen.
- Der Widerruf darf nicht ohne Grund erfolgen. Dieser muss sich aus der vertraglichen Regelung selbst ergeben, die zumindest auch die Art der Widerrufsgründe (z. B. wirtschaftliche Gründe, Gründe im Verhalten des Beschäftigten) benennen muss.
Damit reicht nach § 308 Nr. 4 BGB die allgemeine Klausel, dass ein Arbeitgeber das Recht habe, "diese übertariflichen Lohnbestandteile jederzeit unbeschränkt zu widerrufen" nicht aus. Bestehende Verträge sollten nach Möglichkeit der Gesetzeslage und Rechtsprechung angepasst werden. Dabei sollten die übertariflichen Leistungen namentlich genannt werden.
Im Falle eines Rechtsstreits muss der Arbeitgeber einen wirksamen Widerrufsvorbehalt und das Vorliegen des Widerrufsgrundes nachweisen. Damit ist der Arbeitgeber bei einem Widerrufsvorbehalt prozessual schlechter als bei einem Freiwilligkeitsvorbe...