Hat ein Arbeitgeber unter dem Hinweis der Freiwilligkeit oder der Widerruflichkeit Leistungen erbracht, so kann er die zukünftige Leistungsgewährung grundsätzlich jederzeit widerrufen.

Wird im Arbeitsvertrag eine Weihnachtsgratifikation als freiwillige Leistung bezeichnet, die ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gewährt wird, so kann der Arbeitgeber in jedem Jahr erneut eine Entscheidung darüber treffen, ob, unter welchen Voraussetzungen und an welche Arbeitnehmer eine Gratifikation gezahlt werden soll. Ein Verpflichtungswille des Arbeitgebers zur dauerhaften Erbringung einer übertariflichen Leistung fehlt in diesem Fall. Ein Anspruch kann nicht entstehen, solange nicht der Arbeitgeber eine vorbehaltlose Zusage abgibt, auch in Zukunft eine Gratifikation zu erbringen oder dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Gleichbehandlung erwächst. Die Beendigung der Gewährung einer mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt versehenen Leistung kann auch durch eine künftige Nichtgewährung der Leistung geschehen und braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden.[1]

Es reicht für einen Freiwilligkeitsvorbehalt jedoch nicht aus, wenn in einer Überschrift eines Paragrafen des Arbeitsvertrages von freiwilligen sozialen Leistungen gesprochen wird und nachfolgend Leistungen vorbehaltlos genannt werden. Eine solche Erklärung wäre missverständlich und daher nach §§ 133, 157 BGB im Zweifel nach dem Empfängerhorizont auszulegen.[2]

Wurde im Rahmen einer Personalinformation die Gewährung einer Jubiläumszuwendung zugesagt und diese als freiwillige Sozialleistung bezeichnet, ohne dass ein Widerrufsvorbehalt enthalten war, so handelt es sich um eine Gesamtzusage. Verschlechtert sich die wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers und gibt dieser die Einstellung der Gewährung von Jubiläumszuwendungen bekannt, wird damit die Verpflichtung zur Zahlung der Jubiläumszuwendung nicht beseitigt. Aus den Begriffen "Ehrengabe", "Geldgeschenk" oder "freiwillige Sozialleistung" brauchen die Arbeitnehmer nicht entnehmen, dass das Unternehmen sich nach Belieben oder jedenfalls nach billigem Ermessen von der gegebenen Zusage lösen kann, ohne dass es zu einer einvernehmlichen Änderung des Arbeitsvertrages oder einer Änderungskündigung kommt. Die Bezeichnung "freiwillige Sozialleistung" lässt nicht den Schluss zu, die Zusage stehe unter einem Widerrufsvorbehalt. Der Arbeitgeber hätte die Leistung "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" oder "jederzeit widerruflich" in Aussicht stellen können.[3]

Eine Abgrenzung innerhalb der Mitarbeiter muss so erfolgen, dass nicht sachwidrig oder willkürlich ein Teil der Arbeitnehmer von den Vergünstigungen ausgeschlossen bleibt, denn die Bindung an den Gleichbehandlungsgrundsatz wird auch durch die Vereinbarung eines Freiwilligkeitsvorbehalts nicht ausgeschlossen.[4]

Wurde ein Widerrufsvorbehalts vereinbart, kann der Arbeitgeber die Leistung ohne vorherige Ankündigung und ohne Bindung an § 315 BGB einstellen oder die Voraussetzungen für ihre Gewährung ändern. Die Zahlung z. B. einer Gratifikation, ohne dass ein Rechtsanspruch hierauf besteht, erfolgt außerhalb der arbeitsvertraglichen Rechtsbeziehungen der Parteien und damit ist für eine Prüfung, ob die Entscheidung des Arbeitsgebers billigem Ermessen im Sinne des § 315 BGB entspricht, kein Raum.[5] Der Arbeitnehmer, der weiß, dass der Arbeitgeber noch darüber entscheiden muss, ob er überhaupt eine Gratifikation zahlen will, muss auch damit rechnen, dass der Arbeitgeber die Leistungsgewährung von anderen Voraussetzungen und Bedingungen abhängig macht. Dazu gehört, dass bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern von der Leistung gänzlich ausgeschlossen werden.[6]

 
Praxis-Tipp

Der Arbeitgeber muss bei freiwilligen Leistungen die Voraussetzungen der Leistungsgewährung so abgrenzen, dass nicht sachwidrig oder willkürlich ein Teil der Arbeitnehmer von den Vergünstigungen ausgeschlossen wird. Es ist jedoch ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz möglich, Mitarbeiter, die sich in der Elternzeit befinden, von der Leistungsgewährung auszuschließen, wenn die Leistung in einer zusätzlichen Vergütung für erbrachte Arbeitsleistungen sowie in der Belohnung erbrachter bzw. künftiger Betriebstreue liegt. Weder der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz noch das europäische Lohngleichheitsgebot für Männer und Frauen verbieten es, von der Gewährung einer Weihnachtsgratifikation Arbeitnehmer auszunehmen, deren Arbeitsverhältnisse wegen der Inanspruchnahme der Elternzeit ruhen.[7]

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