BAG, Urteil vom 25.7.2024, 8 AZR 24/24
Leitsatz (amtlich)
1. Die Entscheidung eines öffentlichen Arbeitgebers, Bewerber von der Auswahl für eine im Wege eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses zu besetzende Stelle auszunehmen, bei denen eine wirksame sachgrundlose Befristung wegen einer Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber nicht rechtssicher möglich ist, ist Teil der dem Auswahlverfahren nach Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsentscheidung.
2. Die Organisationsentscheidung, eine Stelle im Wege eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses zu besetzen und nur Bewerber in die Auswahl einzubeziehen, mit denen eine entsprechende sachgrundlose Befristung nicht wegen einer Vorbeschäftigung möglicherweise unwirksam ist, hält sich regelmäßig im Rahmen des dem öffentlichen Arbeitgeber zustehenden weiten Organisationsermessens.
Sachverhalt
Das beklagte Land hatte Ende Juli 2021 u. a. eine Stelle für eine sozialpädagogische Fachkraft in der sozialen Arbeit in schulischer Verantwortung ab Oktober 2021 ausgeschrieben. Laut der Ausschreibung sollte die Stelle bis zum 31.7.2023 befristet sein, ohne den Hinweis, dass eine sachgrundlose Befristung beabsichtigt sei.
Die Klägerin, welche über einen Bachelor- und Masterabschluss im Fach Soziale Arbeit verfügt, war während ihres Studiums bereits bei dem beklagten Land beschäftigt gewesen. Im Zeitraum von Oktober 2016 bis Juli 2020 war sie aufgrund von insgesamt 7 befristeten und auf die jeweilige Vorlesungszeit von 4 bis 5 Monaten begrenzten Arbeitsverträge als Tutorin an einer Universität eingesetzt gewesen.
Nun bewarb sie sich auf die ausgeschriebene Stelle. Ihr wurde durch das Regionale Landesamt für Schule und Bildung jedoch mitgeteilt, dass sie aufgrund der Beschäftigungen als studentische Hilfskraft während ihres Studiums "bewerbungsunfähig" sei.
Die Klägerin, die der Ansicht war, dass es einem öffentlichen Arbeitgeber ohne hinreichende sachliche Begründung nicht gestattet sei, Stellen nur befristet auszuschreiben, erhob Klage. Sie brachte vor, dass andernfalls der Bewerberkreis unzulässig beschränkt werde, so dass der generelle Ausschluss aufgrund von Vorbeschäftigungen kein sachgerechtes Kriterium für die Bewerberauswahl darstelle.
Die Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Gerichts hatte das beklagte Land den Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG nicht verletzt.
Es führte hierzu aus, dass die Entscheidung eines öffentlichen Arbeitgebers, Bewerber von der Auswahl für eine im Wege eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses zu besetzende Stelle auszunehmen, bei denen eine wirksame sachgrundlose Befristung wegen einer Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber nicht rechtssicher möglich ist, Teil der dem Auswahlverfahren nach Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsentscheidung sei; denn es obliege dem organisatorischen Ermessen, wie der Dienstherr einen Dienstposten zuschneiden wolle und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen seien. Deshalb könne er auch wählen, ob er eine Stelle im Wege der Beförderung oder der Versetzung vergeben wolle oder ob er eine Stelle im Rahmen eines Beamten- oder Arbeitsverhältnisses ausschreibt. Ebenfalls zur Organisationsentscheidung gehöre die Festlegung des öffentlichen Arbeitgebers, eine Stelle – wie vorliegend – befristet auszuschreiben (s. BAG, Urteil v. 29.2.2024, 8 AZR 187/23). Und hierzu gehöre auch die Entscheidung, die ausgeschriebene Stelle nur im Wege eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses zu besetzen, und somit Bewerber vom Auswahlverfahren auszunehmen, mit denen eine sachgrundlose Befristung aufgrund einer Vorbeschäftigung nicht rechtssicher möglich sei.
Anmerkung:
Das Urteil ist zu begrüßen. Andernfalls wäre ein öffentlicher Arbeitgeber gezwungen, bereits im Vorfeld abzuwägen, ob eine Stelle überhaupt nach § 14 Abs. 2 TzBfG befristet werden bzw. ausgeschrieben werden soll und kann. Dies würde jedoch seine Organisationsentscheidung in großem Umfang einschränken.