Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für ein Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 18. Januar 2024 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
Streitig ist die Vormerkung weiterer rentenrechtlicher Zeiten.
Die Beklagte stellte die Zeit vom 4.4.1979 bis zum 4.7.1980 als Zeit der Schulausbildung, die Zeit vom 13.8.1980 bis zum 30.9.1982 als Beitragszeit mit Pflichtbeiträgen zu einem Sonderversorgungssystem und die Zeit vom 1.10.1982 bis zum 30.11.1986 als Beitragszeit mit Pflichtbeiträgen - jeweils als Zeiten im Beitrittsgebiet fest. Die Zeit von Dezember 1986 bis zum 31.12.1989 (Delegierung zum Fernstudium des VEB B) könne nicht als Beitragszeit festgestellt werden, weil der Kläger keine Nachweise dafür vorgelegt habe, dass während der Freistellung für Studienzwecke eine Gehaltsfortzahlung erfolgt sei(Bescheid vom 27.10.2020; Bescheid vom 26.5.2021; Widerspruchsbescheid vom 11.8.2021) . Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28.12.2021 abgewiesen. Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen(Urteil vom 18.1.2024) . Soweit der Kläger im Berufungsverfahren insbesondere vorgetragen habe, als Kellner gearbeitet zu haben und von Dezember 1986 bis Oktober 1990 durchgehend monatliche Beiträge zur FZR gezahlt zu haben, fehlten weiterhin geeignete Nachweise. Die eingereichte Erklärung einer ehemaligen Vorgesetzten des Klägers sei nicht geeignet, die tatsächliche Beitragszahlung zu beweisen. Die Voraussetzungen einer Verbindung mit dem Verfahren L 3 R 38/22 oder einer Aussetzung des Verfahrens seien nicht gegeben.
Mit am 26.2.2024 beim BSG eingegangenen Schreiben vom 22.2.2024 hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG beantragt und eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse übermittelt.
II
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen. Einem Beteiligten kann für das Verfahren vor dem BSG nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Nach Prüfung des Streitstoffs anhand der beigezogenen Gerichtsakten ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nicht zu erkennen, dass ein nach § 73 Abs 4 SGG zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.
Die Revision kann nach ordnungsgemäß begründeter Beschwerde nur zugelassen werden, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat( § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) ,
- die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht( § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann( § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) .
Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG sind nicht zu erkennen. Eine Rechtsfrage, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer weiteren Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist, stellt sich nicht. Es existiert bereits eine umfangreiche höchstrichterliche Rechtsprechung zur Vormerkung rentenrechtlicher Zeiten gemäß § 149 Abs 5 SGB VI(vgl zB zuletzt BSG Urteil vom 5.4.2023 - B 5 R 4/22 R - SozR 4-2600 § 149 Nr 8 - vorgesehen = juris RdNr 17 ff; BSG Urteil vom 21.10.2021 - B 5 R 23/21 R - SozR 4-2600 § 149 Nr 7 RdNr 14 mwN) . Auch ist nicht ersichtlich, dass das LSG einen abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem solchen des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat( § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ).
Schließlich ist auch kein rügefähiger Verfahrensmangel erkennbar, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könnte. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Dass ein solcher entscheidungserheblicher Verfahrensmangel aufgezeigt werden und vorliegen könnte, ist nicht ersichtlich.
Das gilt zunächst, soweit der Kläger vor dem LSG erfolglos die Verbindung dieses Verfahrens mit seinem weiteren Verfahren hinsichtlich der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung( L 3 R 38/22 , nachfolgend B 5 R 11/24 BH ) beantragt hat. Die Entscheidung über eine Verfahrensverbindung nach § 113 Abs 1 SGG ist einer Überprüfung durch das BSG grundsätzlich entzogen (vgl § 172 Abs 2 SGG ) . Das Unterlassen einer Verbindung begründet zudem regelmäßig keinen Verfahrensmangel, auf dem die Sachentscheidung beruhen kann(vgl BSG Beschluss vom 13.1.2022 - B 9 BL 1/21 B - juris RdNr 6 ; BSG Beschluss vom 17.6.2009 - B 6 KA 36/08 B - juris RdNr 13 ) . Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn als Folge der unterlassenden Verbindung dem angefochtenen Urteil selbst ein Mangel anhaftet. Dies mag der Fall sein, wenn sie willkürlich nicht erfolgt, ohne sachlich vernünftigen Grund nicht beschlossen worden oder wenn ein Beteiligter hierdurch in der Wahrung seiner Rechte beeinträchtigt worden ist(vgl BSG Beschluss vom 13.1.2022 - B 9 BL 1/21 B - juris RdNr 6 mwN; BVerwG Beschluss vom 31.1.2011 - 8 B 32/10 - juris RdNr 19 ; Leopold in BeckOGK, SGG, Stand 1.8.2024, § 113 RdNr 37, jeweils mwN) . Solche Mängel sind hier nicht ersichtlich.
Auch soweit das LSG den Rechtsstreit entgegen des Antrags des Klägers nicht bis zur Entscheidung des SG im Verfahren S 8 R 346/23 ausgesetzt hat, begründet dies keinen Verfahrensmangel. Es ist nicht ersichtlich, dass das grundsätzlich im Rahmen von § 114 Abs 2 Satz 1 SGG eingeräumte Ermessen auf Null reduziert und das LSG zu einer Aussetzung verpflichtet gewesen ist, weil ihm anders eine Sachentscheidung nicht möglich gewesen ist(vgl zu den Voraussetzungen BSG Beschluss vom 13.12.2022 - B 12 R 6/22 B - juris RdNr 15 ; BSG Beschluss vom 8.6.2021 - B 13 R 249/20 B - juris RdNr 6 f mwN) . Das Verfahren vor dem SG, in dem der Kläger eine Dienstbeschädigungsausgleichsrente wegen einer nach seiner Auffassung 1982 während der Offiziersausbildung in der NVA eingetretenen Erkrankung begehrt, steht in keinem Zusammenhang mit der hier begehrten Feststellung weiterer rentenrechtlicher Zeiten ab Dezember 1986.
Es ist auch nicht erkennbar, dass das LSG den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör( Art 103 Abs 1 GG , § 62 SGG ) verletzt haben könnte. Soweit der Kläger rügt, "richterliche Erörterungen der Sach- und Rechtslagen“ seien entgegen den Darstellungen im Sitzungsprotokoll nicht erfolgt, verkennt er, dass das Prozessgericht grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte zuvor mit den Beteiligten zu erörtern(stRspr.; zB BSG Beschluss vom 13.3.2024 - B 5 R 135/23 B - RdNr 10 mwN) . Der Anspruch auf rechtliches Gehör garantiert auch kein Rechtsgespräch in der mündlichen Verhandlung(vgl BVerfG vom 31.3.2016 - 2 BvR 1576/13 - juris RdNr 69 ; BSG Beschluss vom 13.8.2024 - B 7 AS 33/24 BH - juris RdNr 5 mwN).
Auch soweit der Kläger anführt, er sei "in seinen Beweisführungen durch die Vorsitzende durch Wortentzug in den mündlichen Verhandlungsterminen "abgewürgt"" worden, ist eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Rechts auf ein faires Verfahren( Art 2 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 3 GG ) nicht festzustellen. Sie käme nur dann in Betracht, wenn dem Kläger vom LSG keine Möglichkeit gegeben worden wäre, seinen Anspruch auf Feststellung weiterer rentenrechtlicher Zeiten (auch) in der mündlichen Verhandlung geltend zu machen. Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht. Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat die Vorsitzende des LSG-Senats eine Erklärung des Klägers in Bezug auf die von ihm im Verfahren eingereichte "Bestätigung/eidesstattliche Versicherung" der Frau K aufgenommen. Nach den Sachanträgen der Beteiligten hat sie den weiteren Antrag des Klägers zur Verbindung und Aussetzung ebenfalls zu Protokoll genommen. Der Kläger hat sämtliche Anträge genehmigt. Die vergleichsweise kurze Dauer der mündlichen Verhandlung von 15 Minuten ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass zuvor 45 Minuten in der Streitsache L 3 R 40/22(nachfolgend B 5 R 11/24 BH ) betreffend den Rentenanspruch des Klägers verhandelt worden ist. Auch nach Durchsicht der Gerichtsakten wird zudem nicht deutlich, welches konkrete Vorbringen des prozesserfahrenen Klägers, das nicht bereits schriftsätzlich Gegenstand des Verfahrens geworden ist, verhindert worden sein sollte.
In Bezug auf den vom Kläger vorgebrachten Einwand, das LSG sei seinen Pflichten zur vollumfänglichen Ermittlung nicht nachgekommen und habe mithin seine Amtsermittlungspflicht gemäß § 103 SGG verletzt, ist schon nicht ersichtlich, dass er einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt hat. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Zwar sind, wenn ein Kläger in der Berufungsinstanz - wie hier - durch keinen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten vertreten war, an Form, Inhalt, Formulierung und Präzisierung eines Beweisantrags verminderte Anforderungen zu stellen. Auch ein unvertretener Beteiligter muss jedoch einen konkreten Beweisantrag sinngemäß gestellt haben, dh angeben, welche konkreten Punkte er am Ende des Verfahrens noch für aufklärungsbedürftig gehalten hat und auf welche Beweismittel das Gericht hätte zurückgreifen sollen, um diese aufzuklären(stRspr vgl zB BSG Beschluss vom 1.8.2017 - B 13 R 214/16 B - juris RdNr 14 mwN) . Daran fehlt es hier. Dem Protokoll über die öffentliche Sitzung des LSG am 18.1.2024, in der der Kläger persönlich anwesend war, ist ein hinreichend konkreter Beweisantrag nicht zu entnehmen.
Sofern der Kläger auch die Verfahrensführung des SG rügt, ist dies nicht geeignet, eine erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde zu begründen. Ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug(vgl zB BSG Beschluss vom 8.9.2023 - B 5 R 19/23 BH - juris RdNr 9 mwN) . Nur ausnahmsweise kann auch ein Verfahrensmangel die Zulassung rechtfertigen, wenn dieser fortwirkt und insofern ebenfalls als Mangel des LSG anzusehen ist(vgl zB BSG Beschluss vom 27.11.2023 - B 9 V 11/23 B - juris RdNr 14 ) . Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich. Im Übrigen bedurfte es keiner Zustimmung des Klägers zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid. Ausreichend ist allein die - hier erfolgte - Anhörung der Beteiligten vor Erlass des Gerichtsbescheids(vgl § 105 Abs 1 Satz 2 SGG ) .
Dass der Kläger das Berufungsurteil inhaltlich für unrichtig hält, kann nicht zur Zulassung der Revision führen(vgl zB BSG Beschluss vom 11.7.2024 - B 5 R 32/24 B - juris RdNr 10 ) .
Da dem Kläger mithin PKH nicht zusteht, entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH( § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO ) .
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Hannes abwesenheitsbedingt an der Signatur gehindert Düring |
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Fundstellen
Dokument-Index HI16675220 |