Verfahrensgang

SG Dresden (Entscheidung vom 10.02.2020; Aktenzeichen S 24 R 731/19)

Sächsisches LSG (Urteil vom 24.08.2022; Aktenzeichen L 4 R 161/20)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 24. August 2022 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 24. August 2022 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt B beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I

Die im Jahr 1964 geborene Klägerin begehrt erneut die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der beklagte Rentenversicherungsträger hatte ihr aufgrund eines vor dem SG geschlossenen Vergleichs für den Zeitraum vom 1.1. bis zum 31.12.2014 befristet eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Ihr Weitergewährungsantrag blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 14.1.2015, Widerspruchsbescheid vom 16.4.2015, Gerichtsbescheid des SG vom 24.5.2016, Urteil des LSG vom 27.3.2018). Auch ihr erneuter Rentenantrag vom 4.5.2018 war erfolglos (Bescheid vom 2.8.2018, Widerspruchsbescheid vom 29.5.2019). Das SG hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen, weil es sich bei Würdigung der im Vorprozess erstellten Gutachten nicht davon überzeugen konnte, dass die Klägerin bis "Mitte 2015", als sie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (sog Drei-Fünftel-Belegung) letztmals erfüllte, erwerbsunfähig geworden sei (Gerichtsbescheid vom 10.2.2020). Das LSG hat die Berufung der Klägerin, mit der sie geltend gemacht hat, bereits seit Anfang 2014 erwerbsunfähig zu sein, zurückgewiesen (Urteil vom 24.8.2022). Ein weiteres vom Senat eingeholtes neurologisch-psychiatrisches Gutachten vom 15.6.2021 habe ergeben, dass die Klägerin unverändert noch in der Lage sei, leichte körperliche Arbeiten täglich für mindestens sechs Stunden bei Beachtung gewisser qualitativer Einschränkungen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts zu verrichten. Anhaltspunkte für eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung von Leistungseinschränkungen bestünden nicht.

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt und zudem Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren beantragt. Sie rügt einen Verfahrensmangel.

II

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Klägerin hat einen Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die Umstände, aus denen sich der Verfahrensfehler ergeben soll, substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht gerecht. Sie macht eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (vgl § 103 SGG) durch das LSG geltend. Mit Schriftsatz vom 9.8.2022 habe sie einen Entlassungsbrief des Krankenhauses N vom 6.7.2021 übersandt. Zu den dort aufgeführten Befunden hätte das LSG weiter ermitteln müssen. Da dies "nicht weiter geschehen ist, bis auf die Tätigkeiten des Landessozialgerichts", beruhe das angefochtene Urteil auf diesem Mangel.

Diesem Vorbringen lässt sich bereits ein bis zuletzt aufrechterhaltener prozessordnungsgemäßer Beweisantrag der Klägerin, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist, nicht entnehmen (zu den Anforderungen an die formgerechte Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht vgl zB BSG Beschluss vom 26.10.2022 - B 5 R 135/22 B - juris RdNr 7 f; Meßling in Krasney/Udsching/Groth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, Kap IX RdNr 132 ff). Im Übrigen lassen die Ausführungen der Klägerin nicht erkennen, inwiefern "ihre aktuellen gesundheitlichen Beschwerden" und "ihr heutiger Gesundheitszustand" für den von ihr geltend gemachten Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung bereits ab 2015 entscheidungserheblich sein könnten.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

Der Bitte der Klägerin um einen richterlichen Hinweis, sofern "weiterer Sach- bzw. Rechtsvortrag für notwendig erachtet wird", war vor einer Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht nachzukommen. Der Senat ist nicht verpflichtet, eine anwaltlich vertretene Klägerin vor einer Entscheidung auf Mängel der Beschwerdebegründung hinzuweisen. Die Bestimmung des § 106 Abs 1 SGG gilt insoweit nicht. Das Gesetz unterstellt vielmehr, dass ein Rechtsanwalt in der Lage ist, eine Nichtzulassungsbeschwerde formgerecht zu begründen, sofern die Zulassungsvoraussetzungen vorliegen (stRspr; vgl ua BSG Beschluss vom 10.8.2011 - B 5 RS 40/11 B - juris RdNr 9). Gerade dies ist ein Grund für die Verpflichtung der Beteiligten, sich in Verfahren vor dem BSG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen (§ 73 Abs 4 SGG, vgl dazu auch BSG Beschluss vom 21.6.2022 - B 5 R 71/22 B - juris RdNr 7 mwN).

2. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von PKH für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten ist abzulehnen. Die zugleich mit dem PKH-Antrag wirksam eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde bietet - wie ausgeführt - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1, § 121 Abs 1 ZPO).

3. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Düring

Körner

Gasser

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15523899

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