Verfahrensgang
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 25.04.2017; Aktenzeichen L 4 KR 506/14) |
SG Stade (Entscheidung vom 13.10.2014; Aktenzeichen S 29 KR 151/14) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. April 2017 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger ist mit seinem Begehren, ihm 24 700 Euro Kosten für die im Frühjahr 2014 durchgeführte Behandlung seines Prostatakarzinoms mittels Protonenbestrahlung im Rinecker Proton Therapy Center zu erstatten, bei der Beklagten und in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat - teilweise unter Bezugnahme auf die Gründe des SG-Urteils - die Voraussetzungen des § 13 Abs 3 SGB V verneint. Der Kläger habe keinen Sachleistungsanspruch auf die Protonentherapie gehabt. Die Protonentherapie entspreche (noch) nicht dem Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 2 Abs 1a SGB V, weil medizinische Standardleistungen zur Verfügung gestanden hätten. Deren mögliche Nebenwirkungen begründeten keinen Anspruch auf die nicht ausreichend erprobte Protonentherapie (Urteil vom 25.4.2017).
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Die Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Der Kläger richtet sein Vorbringen hieran nicht aus.
Der Kläger formuliert die Frage,
"ob in einer off-label-Konstellation eine dem Standard entsprechende Leistung auch dann zur Verfügung stehe, wenn die medizinischen Standardleistungen mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sind."
Der Kläger formuliert bereits keine klare Rechtsfrage. Nach seinem Vorbringen geht es nicht um einen Sachverhalt, bei dem er Kostenerstattung für ein im Wege des Off-Label-Use eingesetztes Arzneimittel begehrt. Welchen anderen Sinngehalt er mit der "Off-Label-Konstellation" verbindet, ist seinem Vorbringen nicht sicher zu entnehmen. Ohne die "Off-Label-Konstellation" handelt es sich im Übrigen um keine noch zu beantwortende Rechtsfrage. Denn der Kläger fragt dann letztlich nur noch danach, ob eine dem medizinischen Standard entsprechende nebenwirkungsbehaftete Leistung eine solche ist, die dem medizinischen Standard entspricht. Seine Prämisse enthält bereits die Antwort auf diese medizinische Frage.
Sofern der Kläger jedoch die Frage aufwerfen will, ob eine mit der Gefahr des Eintritts von erheblichen Nebenwirkungen behaftete KKn-Leistung, die dem medizinischen Standard entspreche, den Anspruch auf Behandlung mit einer dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechenden, nebenwirkungsarmen Behandlungsmethode nicht ausschließe, wenn es dieser an der Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses in einer Richtlinie fehle, zeigt er die Entscheidungserheblichkeit nicht auf. Er setzt sich mit den entgegenstehenden, von ihm nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG zur Protonentherapie und ihrer nicht ausreichenden Erprobung nicht auseinander.
Sofern der Kläger schließlich die Frage aufwerfen will, ob eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende KKn-Leistung schon wegen ihrer möglichen Nebenwirkungen die Anwendbarkeit des § 2 Abs 1a SGB V nicht ausschließe, legt er deren Klärungsbedürftigkeit nicht dar. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rspr keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt" ist (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7 mwN). Der Kläger legt nicht dar, wieso unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rspr noch Klärungsbedarf verbleibt, welche Maßstäbe für die ambulante und die stationäre Versorgung nach der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts und nach § 2 Abs 1a SGB V gelten (vgl nur BSGE 120, 170 = SozR 4-2500 § 34 Nr 18, RdNr 57 f; BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 15 und 27 f; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 23 f, dort zum Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V). Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann dennoch klärungsbedürftig sein, wenn der Rspr in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN; BSG Beschluss vom 27.1.2012 - B 1 KR 47/11 B - Juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 5.2.2013 - B 1 KR 72/12 B - RdNr 7), was im Rahmen der Beschwerdebegründung ebenfalls darzulegen ist (vgl zB BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 7; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 5). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Es fehlt an jeglicher Auseinandersetzung mit der Entstehungsgeschichte der Norm und der dazu und zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung ergangenen Rspr des erkennenden Senats.
2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11371886 |