Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. März 2021 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die Höhe der Beiträge zur landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab dem 1.1.2019.
Der Kläger ist als landwirtschaftlicher Unternehmer bei der Beklagten gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Die Beklagte setzte für das Jahr 2019 auf Grundlage eines korrigierten Flächenwerts von 69 383,33 Euro und der Beitragsklasse 14 die monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung fest (Bescheid vom 3.1.2019; Widerspruchsbescheid vom 14.2.2019). Das SG hat die gegen die Berechnungsmethode erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 2.11.2019), das LSG die Berufung zurückgewiesen. Es werde eine ausreichend große Spanne von landwirtschaftlichen Unternehmen in den verschiedenen Beitragsklassen der Satzung der Beklagten abgebildet. Die Beitragsdifferenzen würden die Ertragskraft von Unternehmen mit unterschiedlichem Flächeneinsatz angemessen widerspiegeln. Die Beziehungswerte aus der Verordnung zur Ermittlung des Arbeitseinkommens aus der Land- und Forstwirtschaft (AELV) würden auf der Grundlage von Buchführungsergebnissen von über 11 000 Testbetrieben berechnet und brächten zum Ausdruck, dass das Einkommen mit der Flächengröße nicht linear steige. Konkrete Einwände, die Anlass zu Zweifeln an diesen Werten böten, habe der Kläger nicht erhoben. Art 3 Abs 1 GG sei unter Berücksichtigung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers und der Bedürfnisse der Massenverwaltung nach einer Typisierung nicht verletzt (Urteil vom 15.3.2021). Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Der Kläger hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Hierzu ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auszuführen, weshalb eine Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist darzulegen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (vgl BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN).
Wird die Beschwerde mit einem Grundrechtsverstoß begründet, hat sie unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufzuzeigen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der infrage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Die Beschwerdebegründung darf sich im Fall einer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage nicht darauf beschränken, die Verfassungswidrigkeit zu behaupten und die als verletzt angesehenen Normen des GG zu benennen (BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 14; BSG Beschluss vom 2.6.2009 - B 12 KR 65/08 B - juris RdNr 9 mwN; BSG Beschluss vom 30.4.2015 - B 10 EG 17/14 B - juris RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 24.5.2017 - B 1 KR 79/16 B - juris RdNr 7 mwN).
Diesen Darlegungsanforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger stellt folgende Fragen:
"1. Ist der durch Hinzunahme eines Beziehungswertes berechnete 'korrigierte Flächenwert' ein 'anderer angemessener Maßstab' i.S.d. § 40 I KVLG-1989?
2. Verstößt die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge in der Krankenversicherung der Landwirte nach § 39 Abs. 1 i.V.m. § 40 Abs. 1 KVLG 1989 i.V.m. § 131 Abs. 1 der Satzung der Beklagten vom 09.01.2013 i.d.F. des Nachtrages vom 14.11.2018 anhand eines korrigierten Flächenwertes, der durch Hinzunahme eines Beziehungswertes errechnet wird, gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Abs. 1 GG, weil kleinere Betriebe gegenüber größeren Betrieben unangemessen benachteiligt werden?
3. Verstößt die Bemessung der Beiträge zur landwirtschaftlichen Krankenversicherung nach 20 Beitragsklassen, bei der die höchste Beitragsklasse bereits ab einem korrigierten Flächenwert von 97.200,01 € erreicht wird, gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Abs. 1 GG, weil kleinere Betriebe gegenüber größeren Betrieben unangemessen benachteiligt werden?“
Es kann dahinstehen, ob damit hinreichend bestimmte abstrakte Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts mit höherrangigem Recht (vgl BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert worden sind. Denn der Kläger hat jedenfalls deren Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dargelegt.
Eine Rechtsfrage ist dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der vom Beschwerdeführer als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN; s auch BSG Beschluss vom 28.11.2018 - B 12 R 34/18 B - juris RdNr 6). Mit solcher Rechtsprechung hat sich eine Beschwerde auseinanderzusetzen. Der Hinweis, dass es zu den konkreten Rechtsfragen noch keine Rechtsprechung gebe, reicht insoweit nicht.
Der Kläger bezieht sich lediglich kursorisch auf die Rechtsprechung des BSG, wonach ein abstrakter Maßstab zur Ertragskraft nach § 40 Abs 1 Satz 2 des zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) 1989 für die Beitragsbemessung zulässig sei und es nicht auf das tatsächlich konkret erzielte Einkommen ankomme (vgl BSG Urteil vom 29.2.2012 - B 12 KR 7/10 R - BSGE 110, 151 = SozR 4-5420 § 40 Nr 1, RdNr 18; BSG Urteil vom 31.7.1980 - 11 RK 7/79 - BSGE 50, 179, 182 = SozR 5420 § 65 Nr 4 S 8 = juris RdNr 25). Hierzu bemerkt der Kläger jedoch nur, dass er nicht den "Maßstab an sich", sondern das Instrumentarium zu dessen Bestimmung für "verfassungs- bzw. rechtswidrig" halte. Dieses kritisiert er als willkürlich und gleichheitswidrig, ohne sich jedoch mit der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu Art 3 Abs 1 GG unter besonderer Beachtung des Spielraums des Satzungsgebers und zulässiger Typisierungen auseinanderzusetzen (vgl zB BSG Urteil vom 29.2.2012 - B 12 KR 7/10 R - BSGE 110, 151 = SozR 4-5420 § 40 Nr 1, RdNr 17; BSG Urteil vom 31.8.1993 - 4 RK 6/92 - juris RdNr 25; BSG Urteil vom 24.1.1991 - 2 RU 62/89 - BSGE 68, 111, 114 = SozR 3-2200 § 809 Nr 1 S 4 = juris RdNr 19; BVerfG Beschluss vom 12.9.2007 - 1 BvR 58/06 - juris RdNr 12; BSG Urteil vom 16.10.2019 - B 13 R 14/18 R - BSGE 129, 192 = SozR 4-2600 § 70 Nr 3, RdNr 52).
a) Es reicht insoweit nicht zu behaupten, dass eine deutlich unterschiedliche Bodenqualität innerhalb einer Gemeinde wegen der Heranziehung von Durchschnittswerten zu einer massiven Ungleichbehandlung führe. Vielmehr hätte es einer Auseinandersetzung mit dem anwendbaren Normgefüge anhand der og Maßstäbe bedurft. Der Kläger benennt bereits nicht die den anderen angemessenen Maßstab iS des § 40 Abs 1 Satz 2 KVLG 1989 normierende Regelung des § 131 der Satzung der Beklagten. Auch beschäftigt er sich nicht damit, ob der "seitens der Finanzverwaltung vorliegende detaillierteste durchschnittliche Hektarwert der Gemeinde/des Gemeindeteils, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat" (§ 131 Abs 2 Nr 1 der Satzung der Beklagten) im Regelfall den realen Verhältnissen weitgehend gerecht wird und ob die Satzung (zB durch § 131 Abs 4 und 7) eine ausreichende Korrekturmöglichkeit insbesondere zur Vermeidung von Härtefällen gibt. Unter solchen Bedingungen hat das BSG in seinem Urteil vom 31.7.1980 (11 RK 7/79 - BSGE 50, 179, 182 f = SozR 5420 § 65 Nr 4 S 9 = juris RdNr 27 ff) eine Orientierung an durchschnittlichen Hektarwerten in der Gemeinde für zulässig gehalten. Der Kläger zitiert zwar den 2. Leitsatz dieses Urteils (BSG aaO - juris) und räumt ein, dass eine individuelle Korrektur stattfinden könne - "allerdings nur bei niedrigeren Hektarwerten". Allein damit hat der Kläger jedoch keine weitere Klärungsbedürftigkeit dargelegt. Soweit er damit kritisieren wollte, dass die Korrekturmöglichkeit von einem Antrag des Unternehmers abhängig ist, der nur im Fall einer zu hohen Festsetzung naheliegt, entspricht ein solches Verfahren dem Gedanken der Verwaltungsvereinfachung (vgl BSG aaO RdNr 28). Um einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darzulegen, hätte sich der Kläger mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Typisierungen und Pauschalierungen bei der Ordnung von Massenerscheinungen auseinandersetzen müssen. Deren Zulässigkeit setzt ua voraus, dass Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (stRspr; vgl BVerfG Beschluss vom 8.10.1991 - 1 BvL 50/86 - BVerfGE 84, 348, 360, juris RdNr 40; BVerfG Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234, 255 f, juris RdNr 68). Bei einer bevorzugenden Typisierung ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers besonders groß (vgl BSG Urteil vom 16.10.2019 - B 13 R 14/18 R - BSGE 129, 192 = SozR 4-2600 § 70 Nr 3, RdNr 52 mwN). Zu berücksichtigen wäre insoweit auch, dass bereits die im Gesetz vorgegebene Differenzierung nach Beitragsklassen nur eine "Annäherung an eine proportionale Gleichheit der Beitragslast" darstellt (vgl BSG Urteil vom 31.8.1993 - 4 RK 6/92 - juris RdNr 25). Eine substantiierte Auseinandersetzung damit fehlt jedoch.
Im Übrigen bleibt hierzu auch die Klärungsfähigkeit offen, da nicht hinreichend substantiiert aufgezeigt wird, inwieweit der Kläger selbst aufgrund der anwendbaren Normen zur Einordnung der Bodenqualität seines Unternehmens in seinem Grundrecht betroffen sein soll. Gleiches gilt für seine abstrakten Ausführungen bezüglich der Unterschiede von Landwirten, die auf Ackerbau oder Tierhaltung spezialisiert sind.
b) Soweit es der Kläger für fragwürdig hält, dass ein Betrieb mit 185 ha nur ein Drittel mehr Ertrag haben solle als ein Betrieb mit 60 ha, rügt er letztlich fehlende Feststellungen zu den Grundlagen der Beziehungswerte nach der AELV und damit die unzureichende Amtsermittlung des LSG. Eine zulässige Amtsaufklärungsrüge muss sich aber auf einen Beweisantrag beziehen, dem das Berufungsgericht nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG). Einen solchen legt der Kläger in der Beschwerdebegründung nicht dar.
c) Mit der dritten Frage rügt der Kläger, dass die höchste Beitragsklasse bereits ab einem korrigierten Flächenwert von 97 200,01 Euro erreicht werde und damit kleinere Betriebe benachteiligt würden. Ein Vergleich mit der Beitragsbemessungsgrenze sei nicht passend, weil Landwirte unabhängig von ihrer Größe und Ertragskraft pflichtversichert seien.
Auch mit diesen Äußerungen geht der Kläger nicht - wie erforderlich - auf die zugrunde liegenden Normen und Maßstäbe ein. Weder zeigt er auf, ob die Satzung insoweit die Vorgaben des Gesetzgebers zur Ausgestaltung der Beitragsklassen nach § 40 Abs 1 KVLG 1989 einhält, noch setzt er sich mit der Reichweite des gesetzgeberischen Spielraums bei der Gestaltung von Beiträgen und Belastungsgrenzen und auch nicht mit den Finanzierungsgrundlagen der Krankenversicherung der Landwirte auseinander.
Soweit der Kläger allein auf die Versicherungspflicht(grenze) abstellt, versäumt er es, sich mit dem (gesonderten) Zweck der Beitragsbemessungsgrenze zu beschäftigen, die dem geltenden System der gesetzlichen Krankenversicherung immanent ist. Diese bewirkt wie der Höchstbeitrag eine Begrenzung des Solidarprinzips, das seinerseits eine Durchbrechung des Äquivalenzprinzips darstellt (vgl hierzu BSG Urteil vom 31.8.1993 - 4 RK 6/92 - juris RdNr 25). Auch insoweit ist entscheidend, ob eine äußerste Grenze überschritten ist und nicht, ob die gerechteste oder zweckmäßigste Regelung getroffen worden ist. Hierzu fehlen hinreichende Darlegungen.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Heinz Beck Bergner
Fundstellen
Dokument-Index HI15092171 |