Verfahrensgang
SG Trier (Entscheidung vom 12.01.2023; Aktenzeichen S 2 R 13/21) |
LSG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 27.07.2023; Aktenzeichen L 4 R 39/23) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Juli 2023 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt die Aussetzung der Kürzung ihrer Altersrente aufgrund eines Versorgungsausgleichs.
Die im Jahr 1952 geborene Klägerin wurde von ihrem früheren Ehemann am 6.2.2012 rechtskräftig geschieden. Zur Durchführung eines Versorgungsausgleichs wurden Rentenanwartschaften vom Versichertenkonto der Klägerin auf das bei der DRV Rheinland-Pfalz geführte Versichertenkonto des früheren Ehemanns übertragen. Dieser bezog nach Auskunft der DRV Rheinland-Pfalz in der Zeit vom 1.12.2016 bis zu seinem Tod am 31.1.2020 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Die Klägerin erhielt von der Beklagten zunächst eine Rente wegen Erwerbsminderung und bezieht seit dem 1.8.2017 eine Regelaltersrente.
Im Februar 2020 stellte die Klägerin einen Antrag auf Anpassung ihrer Altersrente wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person nach den Vorschriften des Versorgungsausgleichsgesetzes. Die Beklagte holte eine Auskunft der DRV Rheinland-Pfalz ein. Mit Schreiben vom 24.4.2020 teilte diese mit, der geschiedene Ehemann habe bis zu seinem Tod länger als 36 Monate eine Rente bezogen. Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag auf Anpassung der Rente ab (Bescheid vom 11.5.2020; Widerspruchsbescheid vom 17.12.2020).
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 12.1.2023). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Beschluss vom 27.7.2023).
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie macht Verfahrensfehler iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend und rügt eine Verletzung ihres Rechts auf rechtliches Gehör sowie einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form begründet ist. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die Umstände, aus denen sich der Verfahrensfehler ergeben soll, substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Die Klägerin macht geltend, den Verwaltungsakten der Beklagten könne nicht entnommen werden, dass der verstorbene geschiedene Ehemann der Klägerin tatsächlich mehr als 36 Monate eine Rente bezogen habe. Es könne deshalb nicht überprüft werden, ob die Mitteilung der DRV Rheinland-Pfalz vom 24.4.2020 zutreffend sei. Eine Akteneinsicht in deren Verwaltungsakten sei nicht gewährt worden. Dies habe sie dem LSG mitgeteilt verbunden mit dem Hinweis, dass insbesondere im Schreiben vom 24.4.2020 keinerlei überprüfbare Feststellungen enthalten seien.
Soweit die Klägerin mit diesem Vortrag zunächst ausdrücklich eine Verletzung von § 103 SGG rügt, wird ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht hinreichend bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Zwar ist auch die Beiziehung von Verwaltungsakten ein Mittel zur Sachaufklärung (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl, § 103 RdNr 12). Die bereits im Berufungsverfahren durch ihren Prozessbevollmächtigten rechtskundig vertretene Klägerin hat jedoch nicht vorgetragen, dass sie gegenüber dem LSG einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag zu noch weiter aufklärungsbedürftigen Punkten (vgl § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 403 ZPO) gestellt und bis zuletzt aufrechterhalten hat. Aus der Beschwerdebegründung geht schon nicht hervor, dass sie nach Erhalt der Anhörungsmitteilung gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG am 9.5.2023 einen Antrag auf Beiziehung von Verwaltungsakten der DRV Rheinland-Pfalz (erneut) kundgetan hat (vgl dazu BSG Beschluss vom 22.6.2023 - B 5 R 40/23 B - juris RdNr 6 mwN). Auch ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen, inwiefern noch ein weiterer Aufklärungsbedarf bestanden haben könnte. Die DRV Rheinland-Pfalz hat auf Nachfrage des SG mitgeteilt, dass der geschiedene Ehemann vom 1.12.2016 bis zum 31.1.2020 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bezogen hat (Schreiben vom 27.4.2021). Warum das LSG diese Auskunft anzweifeln und sich zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen, erschließt sich aus der Beschwerdebegründung nicht. Dass das LSG den Sachverhalt aufgrund der Auskunft der DRV Rheinland-Pfalz für geklärt gehalten hat, betrifft seine Beweiswürdigung, die einer Nachprüfung im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ausdrücklich entzogen ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG).
Soweit die Klägerin daneben die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG; § 62 SGG) rügt, kommt dem keine eigenständige Bedeutung zu. Das Recht auf Akteneinsicht (§ 120 Abs 1 Satz 1 SGG) wurde der Klägerin hier nicht verwehrt. Die Regelung in § 160 Abs 2 Nr 3 Teilsatz 2 SGG zur Beschränkung einer Sachaufklärungsrüge kann im Übrigen nicht dadurch umgangen werden, dass aufgrund desselben Sachverhalts zugleich eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 5.9.2023 - B 5 R 90/23 B - juris RdNr 6 mwN).
Indem die Klägerin - ebenfalls wegen der nicht erfolgten Beiziehung der Verwaltungsakten der DRV Rheinland-Pfalz - eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und einen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht bereits durch das SG geltend macht, rügt sie zudem vor dem BSG keinen Verfahrensmangel im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zu diesem Erfordernis BSG Beschluss vom 23.2.2017 - B 5 R 381/16 B - juris RdNr 16).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 183 Satz 1 iVm § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI16186777 |