Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. November 2021 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. (im Folgenden: Beigeladener) in seiner Tätigkeit als Dozent in einem beruflichen Gymnasium in der Zeit vom 13.9.2010 bis zum 28.2.2011.
Der Beigeladene war auf der Grundlage eines befristeten "Freier Mitarbeiter Vertrag" mit dem Kläger an einem Gymnasium in W in einem Umfang von 16 Stunden wöchentlich als Lehrkraft tätig. Der Kläger ist als freier Träger in der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit ein eingetragener Verein und Träger des Gymnasiums. Der Beigeladene rechnete die Lehrtätigkeit nach Stunden, seine Teilnahme an einer Lehrerkonferenz mit einer Pauschale ab. Er war an den Lehrplan gebunden. Auf den Statusfeststellungsantrag des Klägers und des Beigeladenen stellte die beklagte DRV Bund die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- (GKV), Renten- (GRV) und sozialen Pflegeversicherung (sPV) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung fest (Statusfeststellungsbescheide vom 27.6.2011, Widerspruchsbescheid vom 12.12.2011).
Das SG Frankfurt am Main hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene im streitigen Zeitraum in der Dozententätigkeit nicht der Versicherungspflicht in der GKV, GRV, sPV und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe (Urteil vom 20.3.2019). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 25.11.2011). Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des SG ausgeführt, das SG habe die Kriterien für die Statusbeurteilung zutreffend dargelegt, in der Abwägung sprächen jedoch deutlich mehr Argumente für als gegen eine abhängige Beschäftigung. Der Kläger sei als Träger einer Ersatzschule an die Vorgaben des Schulrechts Baden-Württemberg gebunden. Dieses gebe der Tätigkeit einen äußeren Rahmen, mit dessen Einhaltung zwingend eine Weisungsgebundenheit des Beigeladenen und seine Eingliederung in die Betriebsabläufe der Schule einhergehe. Es sei auch nicht ersichtlich, dass sich die Tätigkeit als selbstständiger Lehrer inhaltlich von der späteren Tätigkeit als Angestellter derselben Schule unterschieden hätte.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Der Kläger hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht hinreichend bezeichnet.
1. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl BSG Beschlüsse vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN). Eine solche relevante Abweichung hat der Kläger nicht dargetan.
Der Kläger behauptet zunächst eine Divergenz des LSG zu den Urteilen des BSG vom 27.3.1980 (12 RK 26/79 - SozR 2200 § 165 Nr 45) und 12.2.2004 (B 12 KR 26/02 R - juris RdNr 29). Darin sei jeweils der tragende Rechtssatz enthalten,
"Wie abhängig Beschäftigte sind auch Selbständige in ihrer Handlungsfreiheit beschränkt (bzw. sie können dies sein), die Letztgenannten indes nur durch generell-abstrakte Regeln oder Normen."
Weiterhin leitet er aus den Urteilen des Senats vom 4.6.2019 zu sogenannten Honorarärzten (zB B 12 R 11/18 R - BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42 RdNr 26) und vom 7.6.2019 zu sogenannten Honorarpflegekräften (zB B 12 R 6/18 R - BSGE 128, 205 = SozR 4-2400 § 7 Nr 44 RdNr 25) folgenden Rechtssatz ab:
"Regulatorische Vorgaben sind bei der Gewichtung der Indizien zur Statusbeurteilung zu berücksichtigen, eine zwingende im Voraus feststehende Wirkung für die Bestimmung des sozialversicherungsrechtlichen Status kommt ihnen nicht dagegen nicht zu."
Schließlich entnimmt der Kläger dem Urteil des Senats vom 27.4.2021 (B 12 R 16/19 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 58 RdNr 15) den Rechtssatz,
"Die Bestimmung des sozialversicherungsrechtlichen Status hat stets anhand einer den Sachverhalt des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigenden Indizienabwägung zu erfolgen, bei der gesetzliche oder öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen - sofern und soweit einschlägig - ein Teil dieser Abwägung sind."
Demgegenüber lasse sich aus der mit der Beschwerde angefochtenen Entscheidung des LSG der Rechtssatz ableiten,
"Eine an einer Ersatzschule - oder im vorliegenden Fall nicht relevant: an einer allgemeinbildenden staatlichen Schule - tätige Lehrkraft ist auf Grund der maßgeblichen schulrechtlichen Regelungen hinsichtlich des schulrechtlich geprägten äußeren Rahmens ihrer Tätigkeit per se weisungsgebunden und zugleich umfassend in die betriebliche Organisation der Schuler (bzw. des Schulträgers) eingegliedert."
Dieser abstrakte Rechtssatz des LSG weiche von den abstrakten Rechtssätzen des BSG ab, weil er mit ihnen jeweils unvereinbar sei. Das LSG habe den schulrechtlichen Regelungen eine automatische Weisungsgebundenheit und Eingliederung in die schulischen Abläufe beigemessen. Damit habe es entgegen der genannten Rechtsprechung des BSG abstrakt generellen Regelungen eine Weisungsgebundenheit und Eingliederung folgen lassen, obwohl das BSG die Handlungsfreiheit des Tätigen durch solche Regelungen beschränkt sehe, ohne dass dies den Status als Selbstständiger berühre oder ihn von vorneherein ausschließe. Entgegen der Rechtsprechung des BSG könne dann keine statusrechtliche Abwägung mehr erfolgen, die anderen Kriterien seien nicht mehr geprüft worden und von den schulrechtlichen Vorgaben unabhängige Tätigkeitsumstände könnten nicht berücksichtigt werden. Eine umfassende Indizienabwägung finde nicht statt. Auf dieser Abweichung beruhe das angefochtene Urteil, denn das LSG habe nicht hinreichend unterschieden zwischen abstrakt-generellen Regelungen, die - wie hier - nur auf das Verhältnis der Schule bzw deren Trägers zu den Schülern und nicht dasjenige zwischen Träger und Lehrern anzuwenden seien, und konkret-individuell auf das zu beurteilende Rechtsverhältnis einwirkenden Bestimmungen unterschieden. Das LSG habe zu Unrecht angenommen, dass das Schulrecht Baden-Württemberg hier zwingende Vorgaben mache, und von einer umfassenden Indizienabwägung abgesehen.
Damit legt der Kläger nicht - wie erforderlich - sich widersprechende Rechtssätze dar. Den Ausführungen des Klägers lässt sich nicht hinreichend entnehmen, inwiefern der vom ihm formulierte, seiner Meinung nach der Entscheidung des LSG zugrunde liegende Rechtssatz zu den Vorgaben des Schulrechts Baden-Württemberg den von ihm formulierten Sätzen des BSG zur Auslegung und Anwendung des § 7 SGB IV widerspricht. Er zeigt weder auf, welcher Sachverhalt der bundesgerichtlichen Entscheidung zugrunde lag und inwieweit der tatsächliche und rechtliche Kontext mit dem vorliegenden Fall vergleichbar ist. Noch erläutert er, inwiefern das BSG entgegen der Beschränkung der Revision auf Bundesrecht (§ 162 SGG) überhaupt über die Bindungswirkung des Schulrechts Baden-Württemberg entschieden hat oder im angestrebten Revisionsverfahren entscheiden könnte. Außerdem zitiert er auch keinen im Urteil des LSG wörtlich enthaltenen Rechtssatz. Er leitet eine (vermeintlich) rechtliche Aussage vielmehr nachträglich aus dem Entscheidungsergebnis ab, ohne hinreichend deutlich zu machen, dass das LSG eigene von der Rechtsprechung des BSG abweichende Kriterien hätte aufstellen wollen (vgl zu den Darlegungsanforderungen insoweit BSG Beschluss vom 1.7.2021 - B 12 KR 101/20 B - juris RdNr 6). Sein Vorbringen, das Berufungsurteil beruhe auf einer Missachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, enthält im Kern eine Subsumtionsrüge. Die Behauptung einer unrichtigen Rechtsanwendung kann die Zulassung der Revision aber nicht begründen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 52 Abs 1 und 3 Satz 1, § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 sowie § 63 Abs 2 Satz 1 GKG. Sie entspricht der Festsetzung des LSG.
Heinz Bergner Padé
Fundstellen
Dokument-Index HI15365055 |