Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 13. Mai 2019 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge sexuellen Missbrauchs und Vernachlässigung im Kindesalter und die Gewährung einer Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 50 ab dem 1.9.2012 nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG). Das LSG hat den geltend gemachten Anspruch verneint (Beschluss vom 13.5.2019).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie auf eine Divergenz.
II
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung vom 15.7.2019 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil die von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 1 Nr 1 SGG) sowie einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl Senatsbeschluss vom 31.1.2018 - B 9 V 63/17 B - Juris RdNr 6; Senatsbeschluss vom 30.11.2017 - B 9 V 35/17 B - Juris RdNr 4). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht ansatzweise gerecht.
Sie trägt vor, die Entscheidung des LSG beruhe insbesondere auf der Rechtsfrage, "ob im vorliegenden Fall eine Posttraumatische Belastungsstörung anzunehmen ist und ob die Aussagen der Klägerin/Beschwerdeführerin erlebnisfundiert sind". Mit diesem allein auf ihren Einzelfall bezogenen Vorbringen hat die Klägerin weder eine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, Anwendbarkeit oder zur Vereinbarkeit einer revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht bezeichnet noch deren Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit dargetan. Im Kern handelt es sich bei ihrem Vorbringen vielmehr um eine Rüge der Beweiswürdigung des LSG (vgl § 128 Abs 1 S 1 SGG). Auf einen solchen Angriff kann jedoch nach der ausdrücklichen Regelung des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde - auch im Rahmen einer Grundsatzrüge - nicht gestützt werden.
2. Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass die angefochtene Entscheidung auf der Abweichung beruht.
Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil oder Beschluss des LSG enthaltene Rechtssatz dazu in Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die höchstrichterliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr; zB BSG Beschluss vom 13.12.2017 - B 5 R 256/17 B - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 13 R 140/17 B - Juris RdNr 12 f). Auch diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Klägerin trägt vor, das LSG habe den Beweismaßstab der Glaubhaftmachung unzutreffend angewendet, da insoweit auch gewisse Zweifel durchaus bestehen bleiben könnten. Hierzu hat die Beschwerdebegründung den Senatsbeschluss vom 8.8.2001 (B 9 V 23/01 B) angeführt und angegeben, dass die Rechtsauffassung des LSG mit dem das "Urteil des BSG tragenden Rechtssatz unvereinbar" sei. Mit diesem und ihrem weiteren Vorbringen hat die Klägerin jedoch keine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bezeichnet. Sie benennt weder einen abstrakten Rechtssatz aus einer Entscheidung des BSG, noch stellt sie einem solchen höchstrichterlichen Rechtssatz einen divergierenden abstrakten Rechtssatz des LSG aus dem angefochtenen Beschluss gegenüber. Sie trägt vielmehr nur vor, dass nach ihrer Auffassung das Berufungsgericht den Beweismaßstab der Glaubhaftmachung zur Feststellung eines vorsätzlich, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 OEG nicht richtig angewendet habe. Ihr Vorbringen geht daher über eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Subsumtionsrüge nicht hinaus. Entsprechendes gilt im Übrigen auch, soweit die Klägerin eine Divergenz zum Urteil des BSG vom 9.5.2006 (B 2 U 1/05 R) rügen wollte. Zudem setzt die Bezeichnung einer Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG die Darlegung voraus, dass das Berufungsgericht die höchstrichterliche Rechtsprechung in dem angefochtenen Beschluss in Frage stellt. Dies ist aber selbst dann nicht der Fall, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall lediglich verkannt haben sollte (stRspr; zB Senatsbeschluss vom 7.10.2016 - B 9 V 28/16 B - Juris RdNr 26; BSG Beschluss vom 9.5.2017 - B 13 R 240/16 B - Juris RdNr 20 mwN).
3. Der Senat war nicht verpflichtet, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin entsprechend seiner Bitte in der Beschwerdebegründung um einen rechtlichen Hinweis, falls "weitere Ausführungen als nötig erachtet" würden, vorab auf die Unzulänglichkeit des Beschwerdevortrags aufmerksam zu machen. Das Gesetz unterstellt, dass ein Rechtsanwalt in der Lage ist, die Formerfordernisse einzuhalten; gerade dies ist ein Grund für den Vertretungszwang vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG. § 106 Abs 1 SGG gilt insoweit nicht. Ein Rechtsanwalt muss in der Lage sein, ohne Hilfe durch das Gericht eine Nichtzulassungsbeschwerde ordnungsgemäß zu begründen (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 9.1.2019 - B 9 SB 62/18 B - Juris RdNr 8 mwN). Diese Rechtslage ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch aus vielen vorangegangenen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bekannt.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
4. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründet und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13500625 |