Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Urteil vom 21.07.2022; Aktenzeichen L 18 SB 140/18)

SG Nürnberg (Urteil vom 08.08.2018; Aktenzeichen S 13 SB 106/17)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Juli 2022 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.

 

Gründe

I

Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) und der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens G (Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr). Das LSG hat einen über den vom Beklagten im Vorverfahren bereits festgestellten GdB von 30 hinausgehenden Anspruch der Klägerin auch hinsichtlich des Merkzeichens verneint. Zur Begründung hat es sich auf drei während des Klage- und Berufungsverfahrens eingeholte Gutachten gestützt, auf deren Grundlage kein höherer Gesamt-GdB festgestellt werden könne. In Bezug auf die begehrte Feststellung des Merkzeichens G sei die Berufung als unzulässig zu verwerfen, weil es insoweit an einer rechtsmittelfähigen Entscheidung durch das SG fehle (Urteil vom 21.7.2022).

Nach Zustellung des Urteils am 25.10.2022 hat die Klägerin persönlich mit Schreiben vom 14.11.2022, beim BSG eingegangen am 15.11.2022, Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung einer Nichtzulassungsbeschwerde beantragt.

II

1. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von PKH für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ist abzulehnen.

Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die von der Klägerin angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen. Hinreichende Erfolgsaussicht hätte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

Nach Durchsicht der Akten und unter Berücksichtigung der von der Klägerin mit Ihrer Antragsschrift vorgetragenen Begründung fehlen nach der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ein vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg darlegen oder bezeichnen könnte.

Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall der Klägerin hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Solche Rechtsfragen stellen sich hier nicht. Die von der Klägerin vorgetragene Kritik an der angefochtenen Entscheidung betrifft ausschließlich die Anwendung nicht klärungsbedürftiger rechtlicher Regelungen auf ihren Einzelfall. Auch ist nicht ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).

Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass ein die Revisionszulassung rechtfertigender Verfahrensfehler des LSG vorliegen könnte. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG (Anhörung eines bestimmten Arztes) und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Solche Verfahrensmängel lassen sich den Verfahrensakten und dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen. Die darin geäußerte Kritik am angefochtenen Urteil betrifft im Wesentlichen eine aus Sicht der Klägerin unzureichende Sachaufklärung und die Sachverhaltswürdigung durch das LSG, worunter auch der Hinweis auf die vermeintlich nicht wahrheitsgemäße Beantwortung der Beweisfragen durch den im Berufungsverfahren beauftragten Sachverständigen zu fassen ist. Auf solche Rügen der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes und Einwendungen gegen die Beweiswürdigung kann die angestrebte Beschwerde - wie bereits ausgeführt - jedoch nicht gestützt werden. Ein rügefähiger Verfahrensmangel ist auch hinsichtlich der Auferlegung von Missbrauchskosten nach § 192 SGG nicht ersichtlich. Eine Kostenauferlegung nach dieser Regelung ist Bestandteil der gerichtlichen Kostenentscheidung des LSG, die ihrerseits mit der Beschwerde nicht anfechtbar ist (stRspr; zB BSG Beschluss vom 11.4.2018 - B 3 KR 58/17 B - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 10.7.2016 - B 11 AL 30/16 B - juris RdNr 10; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl 2020, § 192 RdNr 20 mwN).

Dass die Klägerin das Berufungsurteil inhaltlich für unrichtig hält, kann im Übrigen als solches nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 28.10.2020 - B 10 EG 1/20 BH - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4).

2. Da der Klägerin keine PKH zusteht, kann sie auch die - sinngemäß beantragte - Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht beanspruchen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

Kaltenstein

Othmer

Ch. Mecke

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15745064

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