Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Oktober 2020 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger leidet an einem Hirntumor (Glioblastoma multiforme, WHO Grad IV). Im Jahre 2014 wurde eine Resektion des linken Frontalpols mit anschließender Chemotherapie durchgeführt. Sein in der Folgezeit gestellter Antrag auf Kostenübernahme für eine ambulante "Immuntherapie" mit Hyperthermie, Boswellia carterii, onkolytischen Viren, dendritischen Zellen und einem parenteralen Infusionsschema aus Curcumin, "DCA", Artesunaten, Vitamin C und Amygdalin bei dem Arzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren T hatte bei der Beklagten keinen Erfolg. Der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren die Erstattung der angefallenen Kosten der selbst beschafften Leistungen iH von 84 041,46 Euro begehrt sowie zukünftige Versorgung mit der Behandlung als Sachleistung. Hiermit ist er in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Versorgung mit der beantragten Immuntherapie. Dabei handele es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V mangels positiver Empfehlung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss grundsätzlich nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erbracht werden dürfe. Die Voraussetzungen eines Seltenheitsfalles oder eines Systemversagens lägen nicht vor. Auch die Voraussetzungen des § 2 Abs 1a SGB V seien nicht erfüllt. Zwar sei das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung beim Kläger zu bejahen, jedoch scheitere ein Anspruch daran, dass eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende (palliative) Leistung zur Verfügung gestanden habe und noch immer zur Verfügung stehe. Eine auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinausreichenden Erfolg durch die Immuntherapie bestehe nicht. Mangels Sachleistungsanspruchs sei auch ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V ausgeschlossen. Für die Vergangenheit scheitere ein Erstattungsanspruch im Übrigen daran, dass der Kläger den Beschaffungsweg nicht eingehalten habe und die Leistung auch nicht unaufschiebbar gewesen sei. Ein Anspruch bestehe schließlich auch nicht nach § 13 Abs 3a SGB V(Urteil vom 13.10.2020) .
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Bezeichnung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einem Urteil des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und Ausführungen dazu machen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht (vgl zB BSG vom 19.9.2007 - B 1 KR 52/07 B - juris RdNr 6; BSG vom 9.5.2018 - B 1 KR 55/17 B - juris RdNr 8; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Darlegungsanforderungen vgl BVerfG ≪Dreierausschuss≫ vom 8.9.1982 - 2 BvR 676/81 - juris RdNr 8). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat; dies hat der Beschwerdeführer schlüssig darzulegen (vgl zB BSG vom 19.11.2019 - B 1 KR 72/18 B - juris RdNr 8). Daran fehlt es hier.
a) Der Kläger bezeichnet als Rechtssatz des LSG:
"(…) die Beantragung einer Leistung (im Übrigen durch einen juristischen Laien) bindet den beantragenden Patienten/Versicherten über das gesamte Verfahren und entwickelt somit eine Art 'Sperrwirkung' auch auf die Einzelfallprüfung gem. § 2 Abs. 1 a SGB V (bzw. einer grundrechtsorientierten Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften) im Hinblick auf die einzelnen Komponenten der Therapie, welche der antragstellende (schwer erkrankte) Versicherte/Patient beantragt hat, um gerade die Voraussetzungen des Beschaffungsweges einzuhalten."
Der Kläger trägt nicht vor, das LSG habe den behaupteten Rechtssatz ausdrücklich selbst aufgestellt, sondern dieser ergebe sich aus einer bestimmten Begründung des LSG. Dies legt er jedoch nicht nachvollziehbar dar.
Wenn das LSG einen abweichenden entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz nicht ausdrücklich formuliert, sondern nur implizit zugrunde gelegt hat, genügt es, dass die Beschwerdebegründung darlegt, dass das LSG von einer Entscheidung ua des BSG abgewichen ist, indem es einen der höchstrichterlichen Rechtsprechung widersprechenden abstrakten Rechtssatz nur sinngemäß und in scheinbar fallbezogene Ausführungen gekleidet entwickelt hat (vgl BSG vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 13 mwN). In einem solchen Fall muss der Beschwerdeführer jedoch darlegen, dass sich aus den Ausführungen des Berufungsurteils unzweifelhaft der sinngemäß zugrunde gelegte abstrakte Rechtssatz schlüssig ableiten lässt, den das LSG als solchen auch tatsächlich vertreten wollte (vgl BSG vom 20.3.2019 - B 1 KR 7/18 B - SozR 4-1500 § 65a Nr 5 RdNr 14). Diesen Anforderungen genügt der Kläger nicht.
Er behauptet, der von ihm formulierte Rechtssatz des LSG ergebe sich aus der "Begründung" des LSG, dass für den Nachweis einer spürbaren positiven Einwirkung auf den Krankheitsverlauf dann regelmäßig kein Raum mehr bleibe, wenn es sich um rein experimentelle Behandlungsmethoden handele. Es erschließt sich nicht, dass sich hieraus der ohnehin kaum verständliche Rechtssatz ableiten lässt.
Es fehlen außerdem Ausführungen des Klägers zur Entscheidungserheblichkeit, also dazu, dass das Urteil des LSG auf der (vermeintlichen) Divergenz beruht. Der Kläger legt nicht dar, wieso die Beantwortung der aufgeworfenen Frage in einem Revisionsverfahren trotz der Feststellungen des LSG zu einem ihm günstigeren Ergebnis führen könnte. Das LSG hat festgestellt, dass die Behandlung des Arztes T auf einem Gesamtkonzept beruht und - gestützt auf die Ausführungen des Sachverständigen H - sich für dieses Gesamtkonzept keine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf feststellen lässt. Diese Feststellungen hat der Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffen; sie sind daher für den Senat bindend (§ 163 SGG).
b) Mit seinen weiteren Ausführungen - insbesondere dazu, dass das LSG eine auf Indizien gestützte Aussicht auf einen (über die palliative Standardtherapie hinausreichenden) Erfolg durch die Immuntherapie zu Unrecht verneint habe - rügt der Kläger im Kern nur eine - angeblich - fehlerhafte Rechtsanwendung durch das LSG. Eine Divergenz liegt aber nicht vor, wenn das Berufungsgericht höchstrichterliche Rechtsprechung im angefochtenen Urteil nicht in Frage gestellt, sondern nur missverstanden oder übersehen und deshalb das Recht fehlerhaft angewandt hat (stRspr; vgl zB BSG vom 29.6.2020 - B 9 V 54/19 B - juris RdNr 5 mwN).
2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14902330 |