Verfahrensgang
SG Berlin (Entscheidung vom 05.08.2019; Aktenzeichen S 198 KR 260/18 WA) |
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 21.02.2020; Aktenzeichen L 9 KR 309/19) |
LSG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 02.12.2020; Aktenzeichen L 9 KR 405/20 RG) |
Tenor
Die Anträge des Klägers, ihm zur Durchführung der Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Februar 2020 (L 9 KR 309/19) und im Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 2. Dezember 2020 (L 9 KR 405/20 RG) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, werden abgelehnt.
Die Anträge des Klägers, ihm zur Durchführung der Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in den vorgenannten Entscheidungen einen Notanwalt beizuordnen, werden abgelehnt.
Die Beschwerden des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in den vorgenannten Entscheidungen werden als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger wendet sich gegen Entscheidungen des LSG zur begehrten Wiederaufnahme eines sozialgerichtlichen Klageverfahrens.
Der 1960 geborene Kläger ist seit 1998 bei der beklagten Krankenkasse krankenversichert. Er reichte bei dieser einen Heil- und Kostenplan des Universitätsklinikums H vom 8.6.2015 ein, der die Kosten für die Versorgung zweier Zähne mit festsitzenden laborgefertigten Provisorien zum Gegenstand hatte und sich auf insgesamt 694,78 Euro belief. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 22.6.2015; Widerspruchsbescheid vom 9.12.2015). Die dagegen gerichtete Klage wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 27.7.2017 ab; etwaige Klageerweiterungen seien unzulässig (S 198 KR 39/16). Den hiergegen gerichteten Antrag auf "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" lehnte das SG durch Beschluss vom 4.10.2017 ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde zum LSG blieb erfolglos (Beschluss vom 2.1.2018, L 1 KR 441/17 B). Die Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung lägen nicht vor, Berufung sei trotz Belehrung nicht eingelegt worden, Wiederaufnahmegründe lägen nicht vor. Eine hiergegen gerichtete Anhörungsrüge verwarf das LSG am 16.1.2018 (L 1 KR 7/18 B RG).
Mit Schriftsatz vom 4.1.2018 hat der Kläger beim SG die Fortsetzung des Verfahrens S 198 KR 39/16 beantragt und in der Folgezeit weitere gegen die Beklagte gerichtete Begehren formuliert. Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 5.8.2019) und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die auf Wiederaufnahme des Verfahrens S 198 KR 39/16 gerichtete Klage sei unzulässig. Ein Wiederaufnahmegrund im Sinne einer Nichtigkeits- oder Restitutionsklage sei weder schlüssig vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die weitergehende Klage sei unzulässig, weil die Erweiterung des Prozessstoffs in Gestalt der Anfechtung weiterer Bescheide nicht sachdienlich sei. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das LSG zurückgewiesen. Das ursprüngliche Klageverfahren S 198 KR 39/16 sei bereits rechtskräftig abgeschlossen gewesen. Auch seien Gründe für eine Wiederaufnahmeklage weder schlüssig vorgetragen worden, noch hätten diese sonst vorgelegen. In der Sache wende sich der Kläger vielmehr allein gegen die Richtigkeit der vorhergehenden Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen. Dies gebe ihm aber keine Möglichkeit, das Verfahren wieder aufzunehmen. Soweit der Kläger über diesen Streitgegenstand hinaus weitere Begehren oder Fragen an den Senat herantrage, sei dies unzulässig (unter Verweis auf § 99 Abs 1 SGG; Urteil vom 21.2.2020; zugestellt mit Begleitschreiben vom 27.2.2020 am 29.02.2020).
Am 9.10.2020 hat der Kläger beim LSG Antrag auf "Zurücksetzung" des Verfahrens auf den 21.2.2020 gestellt und beantragt festzustellen, dass "die Entscheidungen vom 21.2.2020 und 27.2.2020 (L 9 KR 309/19)" nichtig und rechtswidrig seien. Er habe ausdrücklich bei der mündlichen Verhandlung zugegen sein wollen, habe dies aber nur deswegen nicht gekonnt, da die Pandemie im Gange gewesen sei. Das LSG hat dem Kläger mitgeteilt, es werte diesen Antrag als Antrag auf Wiederaufnahmeklage. Mit Beschluss vom 2.12.2020 hat es die Wiederaufnahmeklage als unzulässig verworfen. Ein gesetzlicher Wiederaufnahmegrund liege nicht vor. Das Vorbringen des Klägers sei auch unrichtig, weil er am 20.2.2020 telefonisch mitgeteilt habe, dass er aufgrund einer Influenza nicht zur Verhandlung erscheinen könne und so entschieden werden solle, wie er es am 7.1.2020 beantragt habe. Insoweit habe er nicht einmal einen Antrag auf Terminverlegung gestellt, sodass man habe verhandeln und entscheiden dürfen. Letztlich wende sich der Kläger nur gegen die Richtigkeit der rechtskräftigen Senatsentscheidung vom 21.2.2020. Dafür stehe aber das Wiederaufnahmeverfahren nicht zur Verfügung.
Der Kläger hat am 6.1.2021 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in beiden Entscheidungen des LSG eingelegt und zugleich beantragt, ihm Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts oder Notanwalts zu gewähren.
II
1. Der PKH-Antrag ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in den Entscheidungen des LSG erfolgreich zu begründen. Da kein Anspruch auf Bewilligung von PKH besteht, ist auch der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Solche Zulassungsgründe sind nach summarischer Prüfung des Streitstoffs auf der Grundlage des Inhalts der Gerichts- und Verwaltungsakten sowie unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nicht erkennbar.
Im Rahmen der erhobenen Wiederaufnahmeklagen stellen sich keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung. Dass das LSG darauf abgestellt hat, dass es an schlüssigem Vorbringen von Wiederaufnahmegründen fehle, entspricht den schon durch das BSG aufgestellten Maßstäben (vgl zB BSG vom 2.7.2003 - B 10 LW 8/03 B). Daher ist auch das Vorliegen einer Divergenz nicht erkennbar, weshalb auch eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht.
Nach Aktenlage ist schließlich nicht ersichtlich, dass ein Verfahrensmangel geltend gemacht werden könnte, auf dem die angefochtenen Entscheidungen des LSG beruhen können (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Weder ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass das LSG den Streitgegenstand verkannt oder Klageerweiterungen zu Unrecht zurückgewiesen hat. Noch ist der Kläger in seinem Recht auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) verletzt. Dies gilt insbesondere für seinen Hinweis, zu Unrecht habe er an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen können, obwohl er dies gewollt, wegen der Pandemie jedoch nicht habe realisieren können. Das LSG hat insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger weder einen Verlegungsantrag gestellt noch seinerzeit die Pandemie als Verhinderungsgrund vorgetragen habe. Dies dürfte im Übrigen mit Blick auf das Datum der mündlichen Verhandlung am 21.2.2020 ohnehin kaum der Fall gewesen sein, da sich zu dieser Zeit erschwerte Verfahrensbedingungen noch nicht ergaben.
2. Auch der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts ist abzulehnen. Dabei lässt der Senat dahingestellt, ob der Kläger überhaupt die Beiordnung eines Rechtsanwalts auch unabhängig von der Bewilligung von PKH anstrebt. Denn jedenfalls hat er zu den Voraussetzungen für die Beiordnung eines Notanwalts nichts vorgetragen.
Nach § 202 SGG iVm § 78b ZPO ist in Verfahren mit Anwaltszwang einem Beteiligten auf Antrag ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn er einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtlos erscheint. Voraussetzung ist, dass der Beteiligte substantiiert darlegt und erforderlichenfalls nachweist, trotz zumutbarer Anstrengungen keinen vertretungsbereiten Rechtsanwalt gefunden zu haben (stRspr; zB BSG vom 24.2.2021 - B 13 R 13/21 B; BSG vom 14.11.2018 - B 9 SB 54/18 B - juris RdNr 6 ff; BSG vom 4.8.2016 - B 13 R 213/16 B - juris RdNr 4, jeweils mwN). Das ist hier nicht der Fall. Der Kläger hat nicht einmal andeutungsweise geltend gemacht, vergeblich mit einem Rechtsanwalt Kontakt aufgenommen zu haben.
3. Die von dem Kläger selbst eingelegten Beschwerden entsprechen nicht den zwingenden gesetzlichen Formvorschriften und sind deshalb als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG). Die Verwerfung erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14685306 |