Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung – Beitragszuschuß – Höhe – Krankenversicherung – Pflegeversicherung – Unfallrente – Einkommensanrechnung – Rentenzahlbetrag – Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Die Abhängigkeit der Höhe der Beitragszuschüsse zur freiwilligen Kranken- und zur Pflegeversicherung vom Rentenzahlbetrag verstößt auch dann nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes, wenn infolge der Anrechnung einer Unfallrente der Rentenzahlbetrag gekürzt wurde.
Stand: 8. Oktober 2001
Normenkette
SGB V § 240 Abs. 1; SGB VI § 93 Abs. 1, § 106 Abs. 1, 2 S. 1, § 106a Abs. 1, 2 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
Beteiligte
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt die Zahlung eines höheren Zuschusses zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung.
Er bezieht seit 1. Mai 1996 von der Beklagten Altersrente für langjährig Versicherte, die aber wegen Berücksichtigung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht in voller Höhe geleistet wird (Bescheid vom 6. Februar 1996). Wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze war der Kläger während seines Erwerbslebens freiwilliges Mitglied bei der Beklagten als Träger der Krankenversicherung (KV) geworden. Mit dem Renteneintritt wurde diese Mitgliedschaft nicht beendet, da der Kläger die Voraussetzungen für die Pflichtmitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) nicht erfüllt hatte (§ 5 Abs 1 Nr 11 SGB V – 9/10 der zweiten Hälfte des Erwerbslebens Pflichtmitglied in der KV). Den Zuschuß zu den Aufwendungen des Klägers für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung (§§ 106, 106a SGB VI) hatte die Beklagte aus dem geminderten Rentenzahlbetrag berechnet.
Mit seinem erstmals im August 1998 geltend gemachten Begehren, den Zuschuß rückwirkend aus dem ungekürzten Rentenzahlbetrag zu gewähren, blieb der Kläger ohne Erfolg (Bescheid der Beklagten vom 15. September 1998 idF des Widerspruchsbescheides vom 12. November 1998, Gerichtsbescheid des SG vom 6. Januar 1999, Urteil des LSG vom 14. Dezember 1999).
Das LSG hat zur Begründung ausgeführt: Maßgeblich für die Zuschußhöhe sei der Rentenzahlbetrag, dh der zur Auszahlung gelangende Betrag der Altersrente nach durchgeführter Kürzung. Nur jener sei beitragspflichtige Einnahme für die Bemessung der vom Kläger aufzubringenden Beiträge zur freiwilligen KV. Für den Zuschuß für die Aufwendungen zur Pflegeversicherung gelte im Ergebnis nichts anderes. Er werde in Höhe des Betrags geleistet, den der Träger der Rentenversicherung als Pflegeversicherungsbeitrag für Rentenbezieher, die in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert seien, aufzuwenden hätte, also in Höhe der Hälfte des auf die Rente entfallenden Beitrags. Auch hier sei Berechnungsgrundlage der geminderte Zahlbetrag der Rente. Die vom Kläger aus der Rente zu tragenden Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung würden entsprechend bemessen. Entgegen der Ansicht des Klägers sei es verfassungsrechtlich nicht geboten, die Beitragszuschüsse auf der Basis der ungekürzten Altersrente zu gewähren, auch wenn – im Gegensatz zu pflichtversicherten Rentnern – bei freiwilligen Mitgliedern der gesetzlichen KV die Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung beitragspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung sei. Hinsichtlich des Beitrags zur Kranken- und Pflegeversicherung, soweit er aus der Rente zu zahlen sei, habe der Gesetzgeber die Gruppe der in der KV freiwillig versicherten Rentner mit der Gruppe der in der KVdR pflichtversicherten Rentner gleich behandelt. Beide erhielten auf der Basis des jeweiligen Rentenzahlbetrages gleich hohe Leistungen, die einen in Form der halben Pflichtbeiträge, die anderen in Form der Zuschüsse.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung der Eigentumsgarantie des Art 14 GG und führt aus: Verfassungswidrig sei die Kürzung des Zuschusses zur Kranken- und Pflegeversicherung wegen gleichzeitigen Bezugs einer Unfallrente. Lasse sich die Kürzung seiner Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung noch damit rechtfertigen, daß er äquivalente Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhalte, gelte dieses Argument nicht für die hier streitigen Zuschüsse. Denn bei der Bemessung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung werde die Unfallrente voll herangezogen, entsprechende Zuschüsse gewähre der Träger der Unfallversicherung indes nicht. Das LSG verkenne, daß die Beitragsregelung zur Kranken- und Pflegeversicherung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG verstoße, wenn freiwillig versicherte Rentner, die lediglich wegen Überschreitens der Pflichtversicherungsgrenze während des aktiven Arbeitslebens freiwillig versichert waren, im Gegensatz zu den in der KVdR pflichtversicherten Rentnern Beiträge aus ihrem gesamten Einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu tragen hätten. Auf entsprechende Vorlagebeschlüsse des 12. Senats des BSG an das BVerfG werde Bezug genommen. In seinem Falle trete die Ungleichbehandlung besonders zu Tage, denn zur verfassungswidrigen Zahlung der Beiträge aus der Verletztenrente komme die Kürzung der vom Rentenversicherungsträger zu gewährenden Zuschüsse hinzu. Es werde deshalb auch insoweit ein Vorlagebeschluß an das BVerfG angeregt.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des LSG Rheinland-Pfalz vom 14. Dezember 1999 und des Gerichtsbescheides des SG Koblenz vom 6. Januar 1999 in Abänderung der bisher ergangenen Bescheide zu verurteilen, einen höheren Zuschuß zu seinen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie schließt sich dem Urteil des LSG an und führt ergänzend aus: Hinsichtlich des gekürzten Teils der Rente sei keine durch Art 14 GG geschützte Position erworben worden. Der Zuschuß sei als Zusatzleistung ausgestaltet und knüpfe an den jeweiligen Rentenzahlbetrag an. Leistungen eines anderen Trägers hätten nach dem Wortlaut der Norm, deren Zweck und Systematik außer Ansatz zu bleiben. Die Vorlagebeschlüsse des 12. Senats des BSG hätten die Aufnahme von Rentnern in die KVdR zum Gegenstand, beträfen also einen anderen Sachverhalt.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
1. Abweichend von der bisherigen verfahrensrechtlichen Beurteilung durch die Beklagte und die Vorinstanzen begehrt der Kläger die Zahlung eines höheren Zuschusses zur freiwilligen gesetzlichen KV und zur Pflegeversicherung als „Zusatzleistung” (so die Überschrift des Dritten Abschnittes des SGB VI) zu der mit Bescheid vom 6. Februar 1996 ab 1. Mai 1996 bewilligten Altersrente für langjährig Versicherte (§ 33 Abs 2 Nr 2 SGB VI) in einem Rücknahme- und Neufeststellungsverfahren nach § 44 SGB X (vgl BSG Urteil vom 9. Juni 1988 – 4 RA 9/88 – BSGE 63, 224, 226 = SozR 1300 § 48 Nr 47).
Die Beklagte hatte im Bescheid vom 6. Februar 1996 ab 1. Mai 1996 die (anfängliche) Rente in Höhe von DM 3.918,16 monatlich wegen des Zusammentreffens mit einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer MdE um 50 vH auf einen monatlichen Zahlbetrag von DM 3.181,66 gekürzt (§ 93 Abs 1 bis 3 SGB VI). Ausgehend von diesem Wert hatte sie mit den Bescheiden vom 29. Februar 1996 nach Maßgabe der §§ 106 und 106a SGB VI ab 1. Mai 1996 Zuschüsse zum Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von DM 209,99 monatlich (6,6 % von DM 3.181,66) und zum Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von DM 15,91 monatlich (0,5 % von DM 3.181,66) gewährt. Diese Bescheide wurden, ungeachtet der späteren Erhöhungen parallel zu den regelmäßigen Rentenanpassungen, hinsichtlich der getroffenen Grundentscheidung bestandskräftig. Mit den am 24. August 1998 und 29. September 1998 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben bat der Kläger, „den Zuschuß zu meinem Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag zu überprüfen”. Gleichzeitig monierte er die Beitragszahlung zur freiwilligen KV aus der Unfallrente. Nachdem die Beklagte auf diese Schreiben, die an die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Träger der Renten- und KV gerichtet waren, nicht reagiert hatte und mittlerweile eine Renten- und Zuschußanpassung mit Bescheid vom 15. September 1998 unter Übernahme der Berechnungsweise der Ausgangsbescheide erfolgt war, erhob der Kläger gegen diesen Bescheid formell Widerspruch mit dem Antrag, „die Zuschüsse jeweils auf der Basis der ungekürzten Altersrente zu berechnen und zu bezahlen”. Über diesen Widerspruch hat die Beklagte mit Bescheid vom 12. November 1998 entschieden. Die Beklagte erwähnt zwar im Eingangssatz, angefochten sei der im Verfahren nach § 48 SGB X ergangene Neufeststellungsbescheid vom 15. September 1998, in den Gründen wird aber die Rechtmäßigkeit der – im „Betreff” erwähnten – Ausgangsbescheide bestätigt. Aus diesen Vorgängen ergibt sich, daß der Kläger im Verfahren nach § 44 SGB X die rückwirkende Überprüfung der bisher ergangenen Zuschuß- und Beitragsbescheide der Beklagten beantragt hat, mit dem Ziel, entweder die Zuschüsse aus der ungekürzten Rente zu berechnen oder die Beiträge zur freiwilligen KV und zur Pflegeversicherung entsprechend zu mindern. Die Beklagte hat aber bisher mit dem Widerspruchsbescheid vom 12. November 1998 nur über die Höhe der Zusatzleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung entschieden.
Klage und Berufung waren darauf gerichtet, in Abänderung der bisherigen Zuschußbescheide (nicht allein des Bescheides vom 15. September 1998 – dessen Regelungsgehalt ist auf die Rentenanpassung und die Anpassung des Beitragszuschusses begrenzt) „einen höheren Zuschuß zu den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen zu zahlen”. Die Höhe der Beiträge zur freiwilligen KV ist mangels entsprechender Anträge nicht streitbefangen. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer diesbezüglichen Klageänderung oder Klageerweiterung (§§ 99, 168 SGG), fehlt es bereits an den Prozeßvoraussetzungen für die geänderte Klage. Denn insoweit ist im Verfahren nach § 44 SGB X bisher weder ein Verwaltungsakt der Beklagten als Träger der KV ergangen noch ein Vorverfahren durchgeführt worden.
2. Die Beklagte hat zu Recht die Korrektur der Bescheide vom 29. Februar 1996 sowie der späteren Anpassungsbescheide im Verfahren nach § 44 SGB X abgelehnt. Denn sie hat die Höhe der ab 1. Mai 1996 gewährten Zuschüsse zur freiwilligen KV und zur Pflegeversicherung in fehlerfreier Anwendung des einfachen Rechts festgestellt.
a) Nach § 106 Abs 2 Satz 1 SGB VI wird der monatliche Zuschuß zur freiwilligen KV in Höhe des halben Betrages geleistet, der sich aus der Anwendung des durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen auf den Zahlbetrag der Rente ergibt. Diese mit Wirkung ab 1. Januar 1997 durch das 3. SGB V-ÄndG vom 10. Mai 1995 (BGBl I 678) eingeführte Formulierung behält bezüglich der freiwillig in der KV Versicherten die bisherige Rechtslage inhaltlich bei. Denn bis 31. Dezember 1996 war der Zuschuß in Höhe des Beitrags zu zahlen, den der Rentenversicherungsträger als Beitrag für die in der KVdR versicherten Rentner zu zahlen hatte. Jener orientierte sich wiederum am durchschnittlichen allgemeinen, und nicht wie seit 1. Januar 1997 am kassenindividuellen, Beitragssatz.
Maßgeblich für die Höhe des Zuschusses zur freiwilligen KV ist stets der Rentenzahlbetrag, denn dieser ist die Basis für die Beitragsbemessung. Grundsätzlich ist auch für in der KVdR pflichtversicherte Rentner nur der Zahlbetrag der Rente beitragspflichtige Einnahme (§ 226 Abs 1 Satz 1 Nr 2, § 228, § 237 Abs 1 Nr 1 SGB V). Für die Bemessung der daraus zu entrichtenden Beiträge gilt (ab 1. Januar 1997) der allgemeine Beitragssatz der jeweiligen Krankenkasse (§ 247 Abs 1 Satz 1 SGB V). Die aus der Rente zu zahlenden Beiträge sind vom Versicherungspflichtigen und vom Träger der Rentenversicherung je zur Hälfte zu tragen (§ 249a SGB V). Für freiwillige Mitglieder wird die Beitragsbemessung durch Satzung geregelt (§ 240 Abs 1 Satz 1 SGB V), wobei diese Satzung aber mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen muß, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (§ 240 Abs 2 Satz 1 SGB V). § 240 Abs 3 SGB V regelt den Parallelbezug von Arbeitseinkommen und Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und geht dabei von der grundsätzlichen Beitragspflicht des Rentenzahlbetrags eines freiwilligen Mitglieds aus. Die Zusammenschau beider Regelungen ergibt, daß zwingend der Zahlbetrag der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung eines freiwilligen Mitglieds beitragspflichtig ist. Im Gegensatz zu den in der KVdR versicherten Pflichtmitgliedern zahlen freiwillige Mitglieder aber die Beiträge allein (§ 250 Abs 2 SGB V). Mit der Zahlung des Zuschusses nach § 106 SGB VI an die freiwillig in der KV versicherten Rentenbezieher in Höhe des halben durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatzes wird also bezüglich der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine weitgehende Gleichbehandlung mit den in der KVdR Pflichtversicherten hergestellt. Der Zuschuß, orientiert an der Beitragspflicht des Rentenzahlbetrags, tritt an die Stelle der Beitragszahlung des Rentenversicherungsträgers nach § 249a SGB V.
b) Für den Zuschuß für die Aufwendungen zur Pflegeversicherung gelten die gleichen Grundsätze. Auch er orientiert sich am Rentenzahlbetrag. Denn der Zuschuß wird nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB VI in Höhe des Beitrags geleistet, den der Träger der Rentenversicherung als Pflegeversicherungsbeitrag für Rentenbezieher zur tragen hat, die in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert sind. Dies ist die Hälfte des auf die Rente entfallenden Beitrags (§ 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI iVm § 249a SGB V). Die vom Kläger aus der Rente allein in voller Höhe zu tragenden Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung werden entsprechend bemessen (§ 57 Abs 4 Satz 1 SGB XI iVm § 240 SGB V). Auch hier wird im Ergebnis eine Gleichbehandlung mit denjenigen Rentnern hergestellt, die als Angehörige der KVdR Mitglied der Pflegeversicherung wurden.
c) Soweit in den genannten Regelungen die Höhe der Zuschüsse und der Beiträge zur freiwilligen KV und zur Pflegeversicherung vom Rentenzahlbetrag abhängt, ist nach dem nicht weiter auslegungsfähigen Wortlaut die tatsächlich zur Auszahlung gelangende Rente nach durchgeführten Kürzungen gemeint, also nach Anrechnung von Einkommen (auf vorzeitigen Renten wegen Alters, § 34 Abs 2 SGB VI; auf Renten wegen Erwerbsminderung, § 95 SGB VI; auf Renten wegen Todes, § 97 SGB VI) oder auch – wie hier – beim Zusammentreffen einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit Leistungen aus der Unfallversicherung, § 93 SGB VI. Eine die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten berücksichtigende begünstigende Regelung aus dem Beitragsrecht der KV und der Pflegeversicherung schlägt auf die Höhe der Zuschüsse aus der gesetzlichen Rentenversicherung lediglich durch. Die Begrenzung der Zuschüsse stellt sicher, daß die durch sie begünstigten Rentner nicht besser stehen als die versicherungspflichtigen Rentner und daß aus dem Zuschuß zum KV- und Pflegeversicherungsbeitrag kein Überschuß wird (vgl Peters in KasselerKomm, SGB VI, § 106 RdNr 3, Stand Oktober 1996). Die Anknüpfung an den Rentenzahlbetrag dient zudem der Verwaltungspraktikabilität, denn die Höhe der Zuschüsse kann so als Annex im Zuge der erstmaligen Rentenfeststellung sowie der laufenden Anpassungen maschinell festgestellt werden, womit auch eine sichere Grundlage für die kurz- und langfristige Haushaltsplanung der Rentenversicherungsträger geschaffen wird.
3. Die rentenrechtlichen Einzelregelungen sind nicht verfassungswidrig.
a) Die Minderung des Rentenzahlbetrages nach Maßgabe des § 93 SGB VI wegen gleichzeitigen Bezugs einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung verstößt – wie auch der Kläger in seiner Revisionsbegründung einräumt – nicht gegen das Grundgesetz. Insoweit schließt sich der Senat im vollem Umfange dem Urteil des 4. Senats des BSG vom 31. März 1998 – B 4 RA 49/96 R – (BSGE 82, 83 = SozR 3-2600 § 93 Nr 7) an. Der teilweise Entzug der Rente verletzt weder die Eigentumsgarantie, Art 14 Abs 1 GG, noch den allgemeinen Gleichheitssatz, Art 3 Abs 1 GG. Denn bei der Kürzungsvorschrift handelt es sich um eine in der Gestaltungskompetenz des Gesetzgebers liegende sachgerechte Schrankenbestimmung. Die Gruppe der Rentenbezieher aus der Unfallversicherung ist nicht ungerechtfertigt benachteiligt, weil sie jedenfalls hinsichtlich des gekürzten Teils der Rente gleichwertige Einkommens- oder Lohnersatzleistungen aus der Unfallversicherung erhält, die ohne Kürzung zu einem sozialpolitisch ungerechtfertigten Doppelbezug geführt hätten. Die Kürzung ist auch nicht unverhältnismäßig. Denn die Mindestgrenzbetragsregelung des § 93 Abs 3 Satz 2 SGB VI stellt sicher, daß der ursprüngliche Rentenzahlbetrag mit der Gesamtleistung beider Träger niemals unterschritten wird. Zusätzlich gewährleistet § 93 Abs 2 Nr 2 SGB VI, daß kleine Unfallrenten weitgehend verschont bleiben und der Anteil der Verletztenrente, der dem Ausgleich „immaterieller Schäden” dient, in Höhe einer entsprechenden Grundrente nach dem BVG nicht angerechnet wird.
b) Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG durch die Anknüpfung der Zuschüsse nach den §§ 106, 106a SGB VI an den Rentenzahlbetrag ist für sich allein genommen nicht zu erkennen. Der Minderung der Rente infolge anderweitigen Einkommens steht die erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch diese Einkommen, die bei der Bemessung der Beiträge zur freiwilligen KV herangezogen werden können, gegenüber. Zudem erfolgt aus sachgerechten Gründen eine nahezu vollständige Gleichbehandlung aller Rentnergruppen. Dem geminderten Beitragszuschuß nach Anwendung des § 93 SGB VI entspricht mit Blick auf die Rente eine entsprechend geminderte Beitragspflicht zur freiwilligen KV und zur Pflegeversicherung.
c) Aber auch mit der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG befindet sich die Regelung im Einklang. Das BVerfG hat zwar (aus Anlaß der Einführung der sog Halbbelegung als Voraussetzung für die KVdR) entschieden, daß die rentenversicherungsrechtliche Position des Versicherten, nach welcher der Rentenversicherungsträger Beiträge oder Zuschüsse für die KVdR zu zahlen hat, Gegenstand der Eigentumsgarantie sei. Geschützt ist aber keinesfalls die Aussicht auf einen beitragslosen Krankenversicherungsschutz oder wenigstens die Aussicht auf Übernahme der halben Beiträge zur KV durch den Rentenversicherungsträger, ungeachtet der Kürzung der Rente. Garantiert, so das BVerfG, ist lediglich der Anspruch auf Beitragsleistung zur KV oder einen entsprechenden Zuschuß in einer vom Gesetz zu bestimmenden Höhe. Damit soll der Versicherte mit Hilfe der Rentenversicherung in die Lage versetzt werden, nach Eintritt des Versicherungsfalles einen seinen Einkommensverhältnissen entsprechenden Krankenversicherungsschutz zu erlangen. Nur dies ist die vermögenswerte Rechtsposition, die dem Versicherten nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts privatnützig zugeordnet ist (BVerfG vom 16. Juli 1985 – 1 BvR 1023/83, 1 BvR 1052/83, 1 BvR 1227/84 – BVerfGE 69, 272, 300 = SozR 2200 § 165 Nr 81). Die konkrete Reichweite dieses Schutzes ergibt sich deshalb erst aus der Bestimmung von „Inhalt und Schranken” des Eigentums nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG durch die erlassenen gesetzlichen Regelungen (vgl BVerfG Urteil vom 28. Februar 1980 – 1 BvL 17/77 ua – BVerfGE 53, 257, 292 = SozR 7610 § 1587 Nr 1; BVerfG Beschluß vom 8. April 1987 – 1 BvR 564/84 ua – BVerfGE 75, 78, 97 = SozR 2200 § 1246 Nr 142 mwN). Der Beklagten ist deshalb zuzustimmen daß erst durch die §§ 106, 106a SGB VI die eigentumsgeschützte rentenrechtliche Position des Klägers definiert wird. Nur sie bestimmen den „Inhalt” der Zuschußansprüche dahingehend, daß deren Höhe vom – ggf infolge der Anrechnung anderweitigen Einkommens eingeschränkten – Rentenzahlbetrag abhängig sein soll. Diese gesetzliche Regelung ist aber, wie bereits ausgeführt, sachgerecht, behandelt alle versicherten Rentenbezieher gleich und steht wegen der Bemessung des Zuschusses in Abhängigkeit vom Rentenzahlbetrag und der damit korrespondierenden Beitragspflicht in vollem Einklang mit dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
d) Zugunsten des Klägers ist es aber auch nicht ausschlaggebend, daß es systematisch näherliegen könnte, die Verletztenrente und nicht die Altersrente zu kürzen, mit der Folge, daß die Beitragszuschüsse ungekürzt und zusätzliche Beiträge zur freiwilligen KV nur aus der gekürzten Unfallrente zu zahlen wären. Der „abstrakte” von der Unfallversicherung auszugleichende Verlust von Erwerbseinkünften könnte nach Ausklammerung des Teils der Verletztenrente, der dem Ausgleich immaterieller Schäden oder von Mehraufwendungen dient, nach Beginn der Altersrente nur insoweit fortwirken, als wegen des Unfallereignisses oder der Berufskrankheit die Höhe der laufenden Rente oder Versorgung gemindert ist. Der Einfachheit dieses Ansatzes steht allerdings die Schwierigkeit der Umsetzung im Detail gegenüber, wie ein Blick auf die Vorschriften des BVG (zB § 30 Abs 3 ff BVG) zur Ermittlung des konkreten Berufsschadens vor und nach Bezug einer Altersrente zeigt. Abgesehen davon kennt das materielle Unfallrecht nicht den Wechsel von der abstrakten zur konkreten Berechnung des „Berufsschadens” mit Eintritt des Rentenalters. Umgekehrt wäre aus den gleichen systematischen Überlegungen allein die Rente aus der Rentenversicherung zu kürzen, wenn wegen des Unfallereignisses vorzeitige Renten, Hinterbliebenenrenten oder von den Beitragszahlern der Rentenversicherung finanzierte Mindestrenten geleistet werden.
Die nur bestimmte Fallkonstellationen betreffende, allenfalls mögliche Systemwidrigkeit führt aber weder zur Verfassungswidrigkeit der Rentenminderung selbst noch wenigstens zur Verfassungswidrigkeit der daraus folgenden Minderung des Beitragszuschusses.
Zur Rentenminderung (beim Bezug von Arbeitslosengeld neben dem Altersruhegeld) hat das BVerfG im Beschluß vom 15. Juni 1971 – 1 BvR 88/69 ua – (BVerfGE 31, 185 ≪191≫ = SozR Nr 18 zu Art 14 GG) ausgeführt, es unterliege dem Gestaltungsermessen des Gesetzgebers, in welchem Versicherungszweig die Kürzung wegen des Doppelbezugs der Leistung erfolge, solange der Berechtigte im Ergebnis mindestens den Betrag erhalte, der ihm als Altersruhegeld zustehe. Dem hat sich der 4. Senat – ausgehend von einer Systemwidrigkeit der Anrechnung der Verletztenrente auf die Altersrente – im Urteil vom 31. März 1998 (aaO) angeschlossen und festgestellt, daß jedenfalls die Rentenkürzung nach § 93 SGB VI sich im wirtschaftlichen Ergebnis nicht als Bruch der in der Rentenversicherung erteilten Zusage darstelle, weil das in beiden Versicherungszweigen zugesicherte Leistungsniveau jeweils nicht unterschritten werde.
Für die Zusatzleistung des Beitragszuschusses greift diese Argumentation nicht, da Beitragszuschüsse aus einem der Rentenkürzung entsprechenden Betrag vom Unfallversicherungsträger nicht gewährt werden. Der Gesetzgeber kann aber durchaus – selbst wenn per saldo die Beitragszahler der gesetzlichen Rentenversicherung ent- und die der Unfallversicherung belastet würden – pauschalierende und typisierende Regelungen treffen, die alle Fälle des Zusammentreffens gleichartiger Leistungen abdecken, ohne umständlich danach zu differenzieren, bei welcher Fallkonstellation der eine oder der andere Träger be- oder entlastet wird, solange bei einer Gesamtbetrachtung die jeweilige Hauptleistung im wirtschaftlichen Ergebnis gewährt wird. Hinsichtlich der Annexleistung der Zuschüsse zur freiwilligen KV und zur Pflegeversicherung ist sein Gestaltungsspielraum noch wesentlich größer, denn deren Wert ist als eigentumsgeschützte Rechtsposition nicht absolut, sondern erst durch das Gesetz bestimmt, also aus dem Zahlbetrag der Rente nach erfolgter (verfassungsgemäßer) Kürzung.
4. In die verfassungsrechtliche Überprüfung des gesamten Regelungszusammenhangs ist allerdings nicht nur das Leistungsrecht der Unfallversicherung (wie vom LSG erörtert), sondern auch das Beitragsrecht der KV einschließlich der sozialen Pflegeversicherung mit einzubeziehen. Dem steht nicht entgegen, daß – wie eingangs unter Ziff 1 ausgeführt – die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Beitragsbescheide der Beklagten nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens ist. Denn im Rahmen der verfassungsrechtlichen Gesamtbetrachtung des „Normengeflechts” ist auch auf die Wechselwirkungen von Beitrags- und Leistungsrecht in mehreren Versicherungszweigen einzugehen (BVerfG Beschluß vom 24. Mai 2000 – 1 BvL 1/98 ua –, SozR 3-2400 § 23a Nr 1 ≪Einmalzahlungen≫).
Dabei ergibt sich, daß in erster Linie das Beitragsrecht für die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen KV mit den bereits vom BVerfG festgestellten verfassungswidrigen Verwerfungen dafür verantwortlich ist, daß sich die Nettoposition des Klägers durch die Anwendung des § 93 SGB VI und die damit einhergehende Minderung der Höhe der Beitragszuschüsse entscheidend verschlechtert hat. Abgesehen davon, daß das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung keinen Beitragszuschuß kennt, haben freiwillige Mitglieder der KV im Gegensatz zu Versicherten in der KVdR (neben anderen Nachteilen) Beiträge aus der Verletztenrente zu zahlen – allerdings (so jedenfalls beim Kläger) unter Ausklammerung des Teils der Verletztenrente, der für den Ausgleich immaterieller Schäden und die unfallbedingten Mehraufwendungen geleistet wird (vgl § 240 Abs 1 und 2 SGB V iVm § 149 der Satzung der Beklagten – Stand 1. Oktober 1995). Wie diese unterschiedliche Behandlung der Pflichtmitglieder und einer bestimmten Gruppe der freiwillig Versicherten, die sich im Recht der sozialen Pflegeversicherung fortsetzt, gegebenenfalls zu korrigieren ist, ist Aufgabe des Gesetzgebers und bleibt abzuwarten.
Dies folgt aus dem Beschluß des BVerfG vom 17. März 2000 (- 1 BvL 16/96 ua –, SozR 3-2500 § 5 Nr 42), mit dem es mittlerweile über die vom Kläger in Bezug genommenen Vorlagen des 12. Senats des BSG entschieden hat. Danach ist die Regelung des § 5 Abs 1 Nr 11 Halbsatz 1 SGB V in der durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266) verschärften Fassung (9/10 Belegung nur noch mit Zeiten einer Pflichtversicherung) mit Art 3 Abs 1 GG unvereinbar. Insbesondere ist danach die unterschiedliche Beitragsbelastung der von der KVdR ausgeschlossenen freiwilligen Mitglieder der KV mit dem Gleichheitssatz unvereinbar. Denn betroffen ist ein Personenkreis, der nur relativ kurze Zeit wegen Überschreitens der JAV-Grenze freiwilliges Mitglied der KV während des Erwerbslebens war, hohe Beiträge zur Aufrechterhaltung des Systems geleistet hat und sich im typisierten Schutzbedürfnis vom pflichtversicherten Mitglied der KV nicht unterscheidet. Das BVerfG hat die Norm allerdings nicht für nichtig erklärt, sondern bestimmt, daß sie trotz der Unvereinbarkeit mit Art 3 Abs 1 GG ausnahmsweise bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis 31. März 2002, weiter angewandt werden kann. Nur wenn es innerhalb der gesetzten Frist nicht zu einer Neuregelung kommt, gilt § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V idF des GRG. Dies führt beim aktenkundigen Versicherungsverlauf des Klägers dazu, daß er kraft Gesetzes (vgl BGBl I 2000, 1300) ab 1. April 2002 Pflichtmitglied der KVdR sein wird mit der Folge, daß die Verletztenrente von der Beitragspflicht ausgenommen ist, die Versorgungsbezüge nur mit dem halben Beitragssatz belastet werden und sich die Minderung der SGB VI-Rente nicht auswirkt, denn es werden dann Pflichtbeiträge zur KVdR und zur Pflegeversicherung aus dem geminderten Zahlbetrag erhoben und von der Beklagten zur Hälfte getragen. Das BVerfG hat aber in erster Linie eine verfassungskonforme Neuregelung durch den Gesetzgeber angeregt, entweder durch Änderung der Zugangsvoraussetzungen zur KVdR oder durch Änderung des Beitragsrechts. Dabei können die Grundlagen der Beitragsbemessung für alle Pflichtversicherten den Grundlagen für die freiwillig Versicherten angeglichen oder die Beitragsbemessung bei den freiwillig Versicherten jener bei den Pflichtversicherten angenähert werden. Es kann aber auch zwischen neu gebildeten Beitragsgruppen differenziert werden. Insbesondere soll der Gesetzgeber überprüfen, ob für die unterschiedliche Beitragsbelastung der Versorgungsbezüge hinreichend gewichtige Gründe bestehen. Es bleibt also abzuwarten, wie sich der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsspielräume entscheidet (vgl Peters in KasselerKomm, SGB V, § 5 RdNr 138, Stand Dezember 2000).
Bis dahin billigt es das BVerfG ausnahmsweise aus wohlerwogenen Gründen, die damit zusammenhängen, daß in einem umlagefinanzierten System die Bemessungsgrundlagen für die Beiträge nicht rückwirkend und abrupt, sondern nur nach entsprechender Abwägung in der Zukunft verändert werden können, ohne das System als solches zu gefährden, daß als verfassungswidrig erkannte Ungleichbehandlungen bei der Beitragsbelastung in einer Übergangszeit bestehen bleiben. Dies hat der Bürger hinzunehmen. Die mit der Beitragsbelastung zusammenhängenden Verfassungsfragen sind durch die Entscheidung des BVerfG abschließend und mit Gesetzeskraft (vgl § 31 Abs 2 BVerfGG) geklärt; eine vom Kläger angestrebte nochmalige Vorlage kommt daher nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE 88, 138 |
BSGE, 138 |
DStR 2002, 688 |
SozR 3-2600 § 93, Nr. 10 |
AuS 2001, 59 |
SozSi 2003, 173 |