Beteiligte
Kläger und Revisionsbeklagter |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 2), die für den Kläger dessen Miethausbesitz und ein Gestüt verwaltet, versicherungspflichtig in der Kranken- und Angestelltenversicherung ist.
Der Kläger ist Eigentümer eines größeren Miethausbesitzes (mit 62 Wohnungen) und eines kleineren Pferdegestüts, mit deren laufender Verwaltung er seit Juli 1973 die Beigeladene zu 2) aufgrund eines mündlich geschlossenen Vertrages betraut hat. Zu diesem Zweck gibt die Beigeladene die für den Abschluß und die Beendigung der Mietverhältnisse erforderlichen Erklärungen ab, überwacht den Eingang der Mieten, erteilt die erforderlichen - in Einzelfällen auch umfangreicheren - Reparaturaufträge an Handwerker und prüft und begleicht deren Rechnungen. Für das Gestüt führt sie den Schriftwechsel, das Lohnkonto des (einzigen) Pferdepflegers und bezahlt auch hier die anfallenden Rechnungen. Diese Arbeiten erledigt sie in einem kleinen Büroraum, den sie sich in ihrem Hause eingerichtet und im wesentlichen selbst ausgestattet hat. Bei der Korrespondenz verwendet sie Briefbögen mit dem Namen und der Anschrift des Klägers. Dritten gegenüber unterzeichnete sie zunächst "im Auftrag", seit 1979 "in Vollmacht" des Klägers. An ihrem Haus ist ein Schild "Häuserverwaltung Dr. G…" angebracht. Feste Arbeits- oder Bürozeiten für ihre im Durchschnitt 8 Wochenstunden erfordernde Tätigkeit hält sie nicht ein. Zeiten längerer Abwesenheit zeigt sie dem Kläger an. Beide halten regelmäßig einmal in der Woche eine kürzere Besprechung ab, zu der die Beigeladene den Kläger meist in seinem Haus aufsucht. Der Kläger zahlt ihr ein monatliches Fixum von 1.000,-- DM. Darüber hinaus erstattet er ihr die entstandenen Portokosten; die Telefon- und Fahrtkosten trägt sie selbst. Sie besitzt seit September 1977 eine Gewerbeerlaubnis (Vermögens- und Häuserverwaltung, keine Vermittlung, kein Verkauf; nur Buchführung); von dieser will sie aber laut Gewerbeanmeldung für die nächsten 3 bis 5 Jahre mit Rücksicht auf ihre 5 minderjährigen Kinder nur für einen Auftraggeber (den Kläger) Gebrauch machen.
Mit Bescheid vom 2. September 1977 und Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 1978 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 2) zur Krankenversicherung und zur Angestelltenversicherung fest; die Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung verneinte sie im Hinblick auf die Geringfügigkeit der Beschäftigung. Zugleich forderte sie für die Zeit vom 1. April 1976 bis zum 31. Mai 1977 Beiträge zur Kranken- und Angestelltenversicherung in Höhe von 8.996,68 DM nach.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 4. September 1978 abgewiesen. Durch Urteil vom 14. September 1979 hat das Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil und die angefochtenen Bescheide aufgehoben: Die Beigeladene zu 2) sei bei der ihr vom Kläger übertragenen Verwaltungstätigkeit persönlich unabhängig. Sie unterhalte eine eigene Betriebsstätte und sei in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit einschließlich der Urlaubsplanung frei; sie treffe auch alle wesentlichen laufenden Sachentscheidungen, über die sie dem Kläger nur berichte. Der Umstand, daß sie nach außen hin im Namen des Klägers handele, sei für die Frage ihrer Weisungsgebundenheit ohne Bedeutung. Sie trage auch ein erhebliches eigenes Unternehmerrisiko, da sie die Beiträge zu ihrer (freiwilligen) Krankenversicherung selbst aufbringe und die Kosten für die Büroeinrichtung, für Fahrten und für Telefonate trage. Bei dieser Sachlage könne sie auch nicht als versicherungspflichtige Hausgewerbetreibende i.S. des § 162 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung i.d.F. vom 17. März 1945 angesehen werden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die - vom LSG zugelassene - Revision der Beklagten. Sie trägt vor, das LSG habe bei dem von ihm festgestellten Sachverhalt die persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 2) vom Kläger bejahen und sie deshalb als abhängig Beschäftigte beurteilen müssen. Zumindest sei sie vom Kläger wirtschaftlich abhängig und daher als versicherungspflichtige Hausgewerbetreibende anzusehen.
Dieser Rechtsauffassung hat sich auch die Beigeladene zu 1) angeschlossen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 14. September 1979 aufzuheben und die . Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Kiel vom 4. September 1978 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene zu 2) ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
II
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, der Rechtsstreit ist an das LSG zurückzuverweisen. Die Beigeladene zu 2) unterliegt der Versicherungspflicht, es bedarf aber noch ergänzender tatsächlicher Feststellungen darüber, welcher Teil des vom Kläger gezahlten Fixums als Arbeitsentgelt und welcher nur als Unkostenersatz anzusehen ist.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat in ständiger Rechtsprechung das versicherungspflichtige abhängige Beschäftigungsverhältnis von der grundsätzlich versicherungsfreien selbständigen Tätigkeit danach abgegrenzt, ob die Dienste in persönlicher Abhängigkeit - von einem in einen fremden Betrieb eingegliederten Arbeitnehmer - geleistet werden oder ob persönliche Unabhängigkeit vorliegt (vgl. aus neuerer Zeit besonders die Urteile des Senats vom 30. November 1978 - 12 RK 33/76 -, BSGE 47, 201, 204 und 12 RK 6/77, SozR 2200 § 162 Nr. 2 S. 6; zustimmend Krauskopf, Die Beiträge 1979, 289; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand: 9. Aufl. 51. Nachtrag, S. 306 h I ff.).
Von diesen Grundsätzen ist auch das LSG ausgegangen, es hat sie aber nur teilweise zutreffend angewendet. Entgegen der vom LSG vertretenen Ansicht verrichtet die Beigeladene zu 2) ihre Dienste für den Kläger in persönlicher Abhängigkeit, als Glied eines fremden Betriebes. Dem steht nicht entgegen, daß ihre Tätigkeit der Verwaltung von privaten Vermögenswerten des Klägers dient, denn unter Betrieb im sozialversicherungsrechtlichen Sinn ist jede - nicht nur eine gewerbliche - Arbeitsorganisation zu verstehen.
Die Beigeladene zu 2) unterliegt allerdings bei Erfüllung der ihr vom Kläger übertragenen Aufgaben, soweit es sich um die laufenden, sich mehr oder minder routinemäßig wiederholenden Verwaltungsgeschäfte handelt, hinsichtlich Zeit, Dauer und Art und Weise der Erledigung keinen ins einzelne gehenden Weisungen des Klägers. Das schließt indessen ihre persönliche Abhängigkeit nicht aus. Daß der Kläger im allgemeinen keinen Einfluß auf die inhaltliche Erledigung ihrer Aufgaben nimmt (und zu nehmen braucht), ergibt sich aus der Art der Tätigkeit und der beruflichen Qualifikation der Beigeladenen. Daß diese, abgesehen von den jeweils mit dem Kläger vereinbarten wöchentlichen Besprechungen, an keine festen Arbeitszeiten gebunden ist, hängt mit dem zeitlich geringen Umfang ihrer Beschäftigung und ihren sonstigen Lebensumständen, insbesondere ihrer Inanspruchnahme als Hausfrau und Mutter, zusammen und spricht hier nicht entscheidend gegen ihre persönliche Abhängigkeit. Im übrigen ist die Eingliederung in einen fremden Betrieb zwar typischerweise mit einer Abhängigkeit des Beschäftigten von Weisungen des Arbeitgebers, vor allem zum äußeren Arbeitsablauf - Ort, Zeit und Dauer der Beschäftigung -, verbunden. Eine solche Weisungsabhängigkeit kann jedoch im Einzelfall, insbesondere bei qualifizierter Tätigkeit - etwa der von leitenden Angestellten - auch fehlen oder stark zurücktreten, ohne daß deswegen die Einordnung in einen fremden Betrieb entfallen muß. Solange jemand in einen für ihn fremden, d.h. den Interessen eines anderen dienenden und von seinem Willen beherrschten Betrieb eingegliedert ist und damit der objektiven Ordnung dieses Betriebes unterliegt, ist er abhängig beschäftigt.
Die Beigeladene zu 2) ist in dieser Weise in den Betrieb des Klägers eingeordnet. Wesentliches Indiz hierfür ist schon die Anbringung eines auf den Kläger hinweisenden Schildes am Hause der Beigeladenen (Häuserverwaltung Dr. G…"), ferner die Verwendung von Briefbögen mit dem Namen und der Anschrift des Klägers bei ihrer geschäftlichen Korrespondenz; schon darin kommt deutlich zum Ausdruck, daß die Beigeladene im Rahmen einer vom Kläger getragenen Arbeitsorganisation tätig wird. Damit unterscheidet sich ihre Beschäftigung wesentlich von selbständigen Tätigkeiten, vor allem von Angehörigen beratender Berufe, die im Geschäftsverkehr im eigenen Namen auftreten.
Auch die Zahlung des Entgelts in Form eines bestimmten festen Betrages ist ein wichtiges Anzeichen dafür, daß die Beigeladene für den Kläger in persönlicher Abhängigkeit tätig wird, weil das Fixum ohne Rücksicht auf den tatsächlich anfallenden Umfang der Arbeitsleistung der Beigeladenen zu 2) und ohne Beziehung zum wirtschaftlichen Erfolg ihrer Arbeit gezahlt wird. Deren Fremdbestimmtheit wird auch nicht dadurch berührt, daß der Kläger ihr nur einen Teil der sächlichen Verwaltungskosten erstattet.
Entgegen der vom LSG vertretenen Ansicht trägt die Beigeladene zu 2) auch kein ins Gewicht fallendes eigenes Unternehmerrisiko. Maßgebliches Kriterium ist insoweit, ob eigenes Kapital und/oder die eigene Arbeitskraft mit dem Risiko auch eines Verlustes - "aufs Spiel gesetzt" wird, der Erfolg des Einsatzes von sächlichen oder persönlichen Mitteln also ungewiß ist (BSGE 35, 20, 25; BSG, Urteil vom 16. Dezember 1976 - 12/3 RK 4/75 - USK 76196). Die Beigeladene setzt weder eigenes Kapital ein, noch fließt ihr durch ihre Tätigkeit ein Unternehmergewinn - etwa als Anteil an den gezahlten Mieten - zu. Die Höhe ihrer Vergütung hängt, wie ausgeführt, nicht vom Umfang ihres Arbeitseinsatzes ab; sie steht auch nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Erfolg ihrer Arbeit. Nicht zum Unternehmerrisiko gehört, worauf schon das LSG zutreffend hingewiesen hat, eine Haftung für Verschulden bei der fehlerhaften Ausführung einer übertragenen Tätigkeit; eine solche Haftung kann ihre Grundlage und Grenze auch in dem einer abhängigen Beschäftigung zugrunde liegenden Arbeitsvertrag haben. Entgegen der vom LSG vertretenen Ansicht ist es ferner kein Merkmal eines Unternehmerrisikos - der vom LSG in diesem Zusammenhang verwendete Begriff "Geschäftsrisiko" stimmt damit inhaltlich überein (vgl. BSG SozR 2200 § 162 Nr. 1) -, daß die Beigeladene zu 2) bisher die Beiträge zu ihrer (freiwilligen) Krankenversicherung selbst getragen hat; der wirtschaftliche Erfolg ihrer Arbeitsleistung ist davon nicht beeinflußt worden.
An der persönlichen Abhängigkeit ihrer Beschäftigung ändert es schließlich nichts, daß sie inzwischen ein eigenes Gewerbe als Vermögens- und Hausverwalterin angemeldet hat. Abgesehen davon, daß dies erst geschehen ist, nachdem die Beklagte den angefochtenen Bescheid erlassen hatte, macht eine solche Anmeldung allein eine - ihrer tatsächlichen Gestaltung nach abhängige - Beschäftigung nicht zu einer selbständigen Tätigkeit. Um dies zu bewirken, hätte es entsprechender tatsächlicher Änderungen in den Rechtsbeziehungen der Beigeladenen zum Kläger bedurft. Dafür gibt es indessen keinen Anhalt. So wie das Rechtsverhältnis während der streitigen Zeit zwischen dem Kläger und der Beigeladenen gestaltet war, ließ es ihr keinen Raum für die Betätigung einer eigenen Initiative als Unternehmerin und unterschied sich damit deutlich von Rechtsverhältnissen, in denen jemand z.B. als Handelsvertreter oder als ein sonst für einen anderen Unternehmer tätiger Selbständiger) aufgrund persönlicher Entscheidung - etwa durch verstärkten eigenen Arbeitseinsatz, vermehrte Verwendung von Hilfskräften oder sachlichen Mitteln, höheren Werbeaufwand u.ä. - das wirtschaftliche, Ergebnis seiner Tätigkeit steigern kann, dabei allerdings auch entsprechende Risiken auf sich nehmen muß. Demgegenüber hatte die Beigeladene während der fraglichen Zeit allein die Interessen des Klägers bei der Verwaltung seines Vermögens gegen ein festes Arbeitsentgelt wahrzunehmen, und zwar innerhalb einer vom Kläger geschaffenen und von seinem Willen abhängigen Arbeitsorganisation, Daß der Kläger ihr dabei im einzelnen keine Weisungen erteilte, sondern sich damit begnügte, daß sie ihm einmal in der Woche einen Bericht über die laufenden Geschäftsvorfälle erstattete, daß der Kläger auch auf eine Regelung ihrer Arbeitszeit verzichtete, beeinträchtigte angesichts der beruflichen Vorbildung der Beigeladenen, ihrer langjährigen Erfahrung und des besonderen Vertrauensverhältnisses zum Kläger eine ordnungsgemäße Erledigung ihrer Aufgaben nicht und entsprach offenbar auch den persönlichen Bedürfnissen der Beigeladenen, die außerdem für einen Haushalt mit 5 minderjährigen Kindern zu sorgen hatte.
Bei Würdigung aller Umstände war die Beigeladene zu 2) somit beim Kläger in der Art einer "Hausarbeiterin" (zu diesem Begriff vgl. BSGE 18, 70, 72) abhängig und deshalb versicherungspflichtig beschäftigt.
Gleichwohl kann der Senat nicht abschließend entscheiden, weil bisher nicht festgestellt worden ist, in welchem Umfange in der vom Kläger gezahlten Gesamtvergütung ein (pauschaler) Ersatz der der Beigeladenen zu 2) erwachsenen Unkosten enthalten ist; soweit Unkosten ersetzt werden, handelt es sich nicht um Arbeitsentgelt, so daß auch der Beitragsberechnung nur das entsprechend verminderte Arbeitseinkommen zugrunde gelegt werden darf (Urteil des erkennenden Senats vom 13. Mai 1980 - 12 RK 32/79 -, zur Veröffentlichung bestimmt).
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil des LSG vorbehalten.12 RK 76/79
Bundessozialgericht
Verkündet am 18. November 1980
Fundstellen