Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. freiwillige Versicherung. Beitrag. Beitragsentrichtung. Frist. Hemmung. Unterbrechung. Rentenverfahren. Rehabilitationsverfahren. Rentenantragsfiktion
Leitsatz (amtlich)
Die Regelung, nach der Zeiträume, in denen ein Verfahren über einen Rentenanspruch schwebte, nicht in die Fristen zur Beitragsentrichtung eingerechnet wurden (§ 1420 Abs. 2 RVO; § 142 Abs. 2 AVG), war auf Zeiträume, in denen ein Rehabilitationsverfahren schwebte, nicht anzuwenden.
Normenkette
AVG § 18d Abs. 3-4, § 140 Abs. 1, § 142 Abs. 2; SGB VI § 116 Abs. 2, § 197 Abs. 2, § 198 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Urteil vom 31.01.1992; Aktenzeichen L 1 An 148/91) |
SG Hannover (Entscheidung vom 04.07.1991; Aktenzeichen S 14 An 75/90) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 31. Januar 1992 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger berechtigt ist, freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung für das Jahr 1984 zu entrichten.
Der 1943 geborene Kläger war bis 1976 als gelernter Maurer rentenversicherungspflichtig beschäftigt und hatte bis dahin mehr als 60 Monate an Pflichtbeitragszeiten aufzuweisen. Später war er nach beruflicher Weiterbildung als selbständiger Bauingenieur erwerbstätig, entrichtete jedoch keine Beiträge zur Rentenversicherung mehr. Auf Veranlassung der Techniker-Krankenkasse (TKK), bei der er krankenversichert war, absolvierte er von Anfang November bis Anfang Dezember 1984 eine Kurmaßnahme. Während dieser wurde ein Nierenmalignom erkannt, das zu einer Entfernung der linken Niere während eines Krankenhausaufenthalts im Dezember 1984 führte. Im Juni 1985 beantragte der Kläger bei der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ein Heilverfahren. Einen im Dezember 1985 gestellten Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3. Juli 1986 ab. Zwar sei der Kläger nach ihren Feststellungen seit dem 7. November 1984 erwerbsunfähig. Er erfülle aber die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente nicht, weil er in den letzten fünf Jahren vor November 1984 keine Pflichtbeiträge und für das erste Halbjahr 1984 auch keine freiwilligen Beiträge oder Aufschubzeiten aufzuweisen habe. Die Klage wurde mit Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 3. Juli 1986 abgewiesen. Die hiergegen beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung nahm der Kläger am 13. Oktober 1989 zurück.
Am 16. Oktober 1989 stellte der Kläger einen Antrag auf Entrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeit seit Januar 1984. Mit Bescheid vom 6. November 1989 ließ die Beklagte die Entrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeit seit Januar 1985 zu. Die bis zum Ende eines jeden Jahres laufende Beitragsentrichtungsfrist des § 140 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG; § 1418 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫) sei für die Jahre ab 1985 nach § 142 Abs. 2 AVG (§ 1420 Abs. 2 RVO) bis Oktober 1989 gehemmt gewesen, weil angesichts der seit November 1984 bestehenden Erwerbsunfähigkeit der bei ihr im Juni 1985 gestellte Rehabilitationsantrag nach § 18 d Abs. 4 AVG (§ 1241d Abs. 4 RVO) in einen Rentenantrag umzudeuten sei und sich das Rentenverfahren angeschlossen habe. Demgegenüber lehnte die Beklagte in dem Bescheid die Entrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeit von Januar bis Dezember 1984 ab. Der 1984 bei der TKK gestellte Rehabilitationsantrag könne nicht nach § 18d Abs. 4 AVG (§ 1241d Abs. 4 RVO) in einen gegen den Rentenversicherungsträger gerichteten Rehabilitationsantrag umgedeutet werden. Auch im Wege der Nachsichtgewährung könnten für das Jahr 1984 keine Beiträge mehr entgegengenommen werden. Der Kläger erhob Widerspruch und beantragte, die Entrichtung von Beiträgen auch für die Zeit von Januar bis Dezember 1984 zuzulassen. Die Beklagte lehnte dieses mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 1990 weiterhin ab.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 4. Juli 1991 abgewiesen, das LSG die Berufung des Klägers mit Urteil vom 31. Januar 1992 zurückgewiesen. Der Ablauf der Frist zur Entrichtung freiwilliger Beiträge für das Jahr 1984 am 31. Dezember 1984 sei nicht durch den Zeitraum eines Rentenverfahrens hinausgeschoben worden. Ein solches Verfahren sei im Jahre 1984 nicht anhängig gewesen. Die Rentenantragsfiktion des § 18d Abs. 4 AVG (§ 1241d Abs. 4 RVO) sei in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, weil sie nicht zu einem früheren Beginn des Rentenverfahrens führe, sondern diesem gerade habe vorbeugen sollen. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder der Herstellungsanspruch könne dem Kläger das Recht zur Entrichtung von Beiträgen für 1984 nicht verschaffen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision. Er rügt eine Verletzung des § 140 Abs. 1 und des § 142 Abs. 2 AVG iVm § 18d Abs. 3, 4 AVG (§ 1418 Abs. 1 und § 1420 Abs. 2 RVO iVm § 1241d Abs. 3, 4 RVO). Er weist darauf hin, daß es ihm lediglich darum gehe, die Anwartschaft für eine künftige Rente wegen Erwerbsminderung zu schaffen, nicht hingegen darum, schon für die Zeit rückwirkend ab 1984 Rente zu beziehen. Die von der Beklagten im Rentenablehnungsbescheid getroffene Feststellung zum Eintritt des Versicherungsfalles am 7. November 1984 sei mangels Entscheidungserheblichkeit unzulässig gewesen und daher nicht verbindlich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 31. Januar 1992 und das Urteil des SG vom 4. Juli 1991 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 6. November 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 1990 zu verpflichten, die Entrichtung freiwilliger Beiträge auch für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1984 zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie nimmt auf das nach ihrer Ansicht zutreffende Urteil des LSG Bezug.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, daß der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 6. November 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 1990 rechtmäßig ist. Der Kläger ist nicht berechtigt, für das Jahr 1984 freiwillige Beiträge zu entrichten.
Dieses ist trotz Inkrafttretens des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) am 1. Januar 1992 im vorliegenden Verfahren noch nach den vorher geltenden Vorschriften zu beurteilen, weil der Kläger die Zulassung zur Beitragsentrichtung für das Jahr 1984 im Jahre 1989 und damit noch unter der Geltung des früheren Rechts beantragt hatte (vgl. BSGE 70, 275, 276/277 = SozR 3-2200 § 1419 Nr. 1; BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 6; SozR 3-5750 Art. 2 § 52b Nr. 2; BSG SozR 3-2600 § 197 Nr. 1).
Nach § 140 Abs. 1 AVG (§ 1418 Abs. 1 RVO) waren freiwillige Beiträge unwirksam, wenn sie nach Ablauf des Kalenderjahres entrichtet wurden, für das sie gelten sollten. Demnach konnten freiwillige Beiträge für das Kalenderjahr 1984 wirksam nur bis zum Ablauf dieses Jahres entrichtet werden. Das ist durch den Kläger nicht geschehen.
Daran, daß die Frist zur Entrichtung wirksamer freiwilliger Beiträge für 1984 mit Ablauf jenes Jahres endete, hat beim Kläger die Regelung des § 142 Abs. 2 AVG (§ 1420 Abs. 2 RVO) nichts geändert. Danach wurde ua ein Zeitraum, in dem „ein Verfahren über einen Rentenanspruch schwebt”, nicht in die Frist des § 140 Abs. 1 AVG (§ 1418 Abs. 1 RVO) eingerechnet. Ein derartiges, den Fristablauf hemmendes Verfahren über einen Rentenanspruch schwebte im Jahre 1984 für den Kläger nicht. Einen Rentenantrag hatte er damals noch nicht gestellt. Auch auf anderem Wege war es noch nicht zu einem Verfahren über einen Rentenanspruch bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gekommen.
Das Verfahren über die Kurmaßnahme aus der Krankenversicherung (§ 184a RVO), das die TKK im Jahre 1984 durchgeführt hat, war kein schwebendes Verfahren über einen Rentenanspruch; es wurde weder bei einem Rentenversicherungsträger geführt noch ging es in diesem Verfahren um eine Rente. Das Verfahren beim Krankenversicherungsträger stand einem Rentenverfahren im vorliegenden Zusammenhang nicht gleich. Die gegenteilige Ansicht des Klägers wird durch die Regelungen in § 18d Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 AVG (§ 1241d Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 RVO) nicht gestützt. Danach galt der Antrag auf Rehabilitation in zwei Fällen als Antrag auf Rente (Rentenantragsfiktion): Einmal wenn der Versicherte berufsunfähig oder erwerbsunfähig war und nicht zu erwarten war, daß die Erwerbsfähigkeit erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden konnte (Abs. 3). Zum zweiten, wenn der Versicherte bei Abschluß einer Maßnahme zur Rehabilitation berufsunfähig oder erwerbsunfähig war (Abs. 4 Satz 1). Ob diese Regelung, die im Rehabilitationsrecht der Rentenversicherung und dort unter den Vorschriften zum Übergangsgeld stand, auch auf Maßnahmen der Krankenversicherungsträger in Kur- oder Spezialeinrichtungen (§ 184a RVO) anzuwenden war, ist umstritten (Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch, Stand: Dezember 1994, § 116 SGB VI RdNr. 9; Meyer in; Lueg/von Maydell/Ruland. Gemeinschaftskomm zum Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Rentenversicherung, Stand: Juli 1994, § 116 SGB VI RdNr. 32; Nieset, Kasseler Komm, Stand: September 1994, § 1241d RVO RdNr. 16, § 116 SGB VI RdNr. 14; VdR – Komm zur RVO, Stand; Januar 1991, § 1241d RVO RdNr. 8; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, Stand: Juni 1991, § 1241d RVO Anm. IVa). Selbst wenn danach mit dem Antrag auf eine Kurmaßnahme beim Krankenversicherungsträger ein Antrag auf Rente bei einem Rentenversicherungsträger zu fingieren gewesen sein sollte, war bis Ende 1984 unklar, ob die genannten Voraussetzungen des Abs. 3 oder des Abs. 4 Satz 1 bis dahin erfüllt waren. Davon ist damals jedenfalls weder die TKK noch der Kläger ausgegangen, der Mitte 1985 zunächst eine Rehabilitationsmaßnahme bei der Beklagten und erst Ende 1985 einen Rentenantrag gestellt hat. Die Beklagte, die bis Ende 1984 in keiner Weise mit Leistungen an den Kläger befaßt worden war oder von sich aus einen Anlaß für ein Verfahren hatte, hat ebenfalls erst nach Ablauf des Jahres 1984, nämlich in ihrem ablehnenden Rentenbescheid vom 3. Juli 1986, den Eintritt von Erwerbsunfähigkeit schon am 7. November 1984 angenommen. Auch wenn demnach die Voraussetzungen der Rentenantragsfiktion unerkannt schon vor Abtauf des Jahres 1984 vorgelegen haben sollten, so war es bis dahin jedenfalls tatsächlich nicht zur Einleitung eines Rentenverfahrens gekommen. Allein darauf kam es jedoch bei der Anwendung des § 142 Abs. 2 AVG (§ 1420 Abs. 2 RVO) an. Die genannte Rentenantragsfiktion bewirkte nur, daß, wenn ihr Eingreifen erkennbar wurde, das Rehabilitationsverfahren in ein Rentenverfahren überzuleiten war, wozu der Träger der Krankenversicherung allein, dh ohne Zutun des Klägers, nicht verpflichtet und rechtlich nicht einmal befugt war (vgl. § 183 Abs. 7 RVO). Solange die Überleitung nicht stattgefunden hatte, schwebte ein Verfahren beim Rentenversicherungsträger über einen Rentenanspruch noch nicht. Ein für die Zeit vorher wegen der Rentenantragsfiktion etwa nur gedachtes Rentenverfahren genügte für die Anwendung des § 142 Abs. 2 AVG (§ 1420 Abs. 2 RVO) nicht.
Diese Ansicht wird durch die Entwicklung und den Sinn der Fristenhemmungsvorschrift des § 142 Abs. 2 AVG (§ 1420 Abs. 2 RVO) bestätigt. Eine entsprechende Regelung war schon in § 1444 Abs. 2 der ursprünglichen Fassung der RVO vom 19. Juli 1911 (RGBl 509) enthalten und ist in den Antagen zum Entwurf begründet worden (RT-Drucks zu Nr. 340 der 12. Legislaturperiode, II, Session 1909/1910, S 430 zu §§ 1424 bis 1427). Danach sollten die Unzuträglichkeiten beseitigt werden, die sich aus der Art. ergäben, wie bisher (dh vor Einführung der RVO) die Nachentrichtung von Beiträgen zeitlich beschränkt sei. Vor allem werde es als eine Härte empfunden, wenn ein Rentenempfänger, der nach Erfüllung der Wartezeit Ansprüche erhebe, und in der Meinung, erwerbsunfähig zu sein, keine Beiträge mehr entrichte, aber erst im Laufe des oft langwierigen Verfahrens invalide erklärt werde, inzwischen die Anwartschaft verliere und deshalb abgewiesen werden müsse. Es solle daher, und zwar sowohl für die Pflichtversicherung als auch für die freiwillige Versicherung, nicht nur die Zeit einer Beitragsstreitigkeit, sondern auch die eines Verfahrens über einen Anspruch, zu dessen Verfolgung die Quittungskarten vorgelegt werden müßten, in die Fristen nicht eingerechnet werden, innerhalb deren die Nachentrichtung von Beiträgen zulässig sei. – Eine dem § 1444 Abs. 2 RVO ursprünglicher Fassung entsprechende Vorschrift wurde auch in § 207 Abs. 2 des Versicherungsgesetzes für Angestellte vom 20. Dezember 1911 (RGBl 989) und später in § 189 Abs. 2 des AVG vom 28. Mai 1924 (RGBl 563) aufgenommen. Bei der Rentenreform 1957 fand die Regelung Eingang in § 142 Abs. 2 AVG nF (§ 1420 Abs. 2 RVO nF). Allerdings hatte ihre Bedeutung abgenommen, seit Quittungskarten nicht mehr verwendet wurden und seit nach der Rentenreform 1957 eine Anwartschaftserhaltung nicht mehr erforderlich war, Dennoch behielt sie einen Sinn, weil auch ohnedies die Zulässigkeit einer Beitragsentrichtung nach dem etwaigen Eintritt eines Versicherungsfalles oder die Zweckmäßigkeit einer Beitragsentrichtung während eines Rentenverfahrens von dessen positivem oder negativem Ausgang abhängen konnte. Die Fristenhemmungsregelung gewann später wieder eine größere Bedeutung, als von 1984 an Ansprüche auf Renten wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit erneut von einer Anwartschaft und deren Erhaltung abhängig gemacht wurden (zu der Regelung im einzelnen und zu ihrer Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz; BVerfGE 75, 78 = SozR 2200 § 1246 Nr. 142; BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 9), Seit Inkrafttreten der RVO wurde daher dem Versicherten für die Zeit, in der ein Verfahren über einen Rentenanspruch schwebte, einerseits das Risiko einer möglicherweise unzulässigen, nutzlosen oder unzweckmäßigen Beitragsentrichtung abgenommen. Andererseits wurde er vor Nachteilen geschützt, wenn er in der Erwartung eines für ihn günstigen Ausgangs des Rentenverfahrens keine Beiträge mehr entrichtete, sich dieses aber später bei einer Rentenablehnung als notwendig erwies. Geschützt war der Versicherte nach der jeweiligen gesetzlichen Regelung allerdings stets nur für den Zeitraum, in dem ein Verfahren über einen Rentenanspruch schwebte.
Hieran hat der Gesetzgeber nichts geändert, als die Rentenversicherung und andere Versicherungszweige um Regelungen zu Maßnahmen der Rehabilitation ergänzt und diese ua dadurch mit Ansprüchen auf Renten verbunden wurden, daß der Antrag auf Rehabilitation unter bestimmten Voraussetzungen als Antrag auf Rente galt (§ 18d Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 AVG, § 1241d Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 RVO). Zwar mochte auch während mancher Rehabilitationsverfahren, die nach dem Grundsatz, daß die Rehabilitation der Rente vorgeht, statt eines Rentenverfahrens eingeleitet wurden, schon eine gewisse Unsicherheit darüber eintreten können, ob eine weitere Beitragsentrichtung zulässig, erforderlich, zweckmäßig oder notwendig war. Dieses konnte vom Ausgang des Rehabilitationsverfahrens und insbesondere davon abhängen, ob es in ein Rentenverfahren überging und wie dieses Rentenverfahren endete. Die Unsicherheit in der Frage der Beitragsentrichtung war jedoch während eines Verfahrens zur Rehabilitation im allgemeinen geringer als während eines schon schwebenden Rentenverfahrens, während dessen der Versicherte davon ausgeht, daß ein Versicherungsfall bereits eingetreten ist. Für den Zeitraum des Verfahrens über eine Rehabilitationsmaßnahme wurde die Unsicherheit, solange noch kein Rentenverfahren schwebte, dem Versicherten vom Gesetz nicht abgenommen. Denn die Fristenhemmungswirkung von Rentenverfahren in § 142 Abs. 2 AVG (§ 1420 Abs. 2 RVO) ist zu keiner Zeit auf Rehabilitationsverfahren ausgedehnt worden, auch für solche Fälle nicht, in denen sie in Rentenverfahren übergegangen sind. Es erscheint auch fraglich, ob eine solche Erweiterung sachgerecht gewesen wäre. Sie war es kaum, soweit sie Rehabilitanden betroffen hätte, die zweifelsfrei weder berufs- noch erwerbsunfähig waren. Auch wenn der Eintritt dieser Versicherungsfälle zwar in Betracht kam, aber ein Rentenanspruch noch nicht in einem Rentenverfahren geprüft wurde, wären der Lauf und eine Hemmung der Beitragsentrichtung den Unsicherheiten über den Verlauf und den Erfolg der Rehabilitationsmaßnahmen ausgeliefert worden. Dem beugte die anzuwendende Regelung vor, indem sie die Fristenhemmung allein vom Schweben eines Rentenverfahrens abhängig machte und damit auch für den Versicherten eindeutig klarstellte, in welchem Zeitraum er sich auf die Fristenhemmung verlassen konnte. Eine gewisse Beeinträchtigung des Grundsatzes vom Vorrang der Rehabilitation vor der Rente wurde dabei hingenommen. Auch in dem seit 1992 geltenden Recht der Rentenversicherung hat nach § 198 Satz 1 Nr. 2 SGB VI nur ein Rentenverfahren Einfluß auf den Lauf der Frist, nunmehr allerdings iS einer Unterbrechung statt einer Hemmung der Beitragsentrichtungsfrist des § 197 Abs. 2 SGB VI. Rehabilitationsverfahren sind hingegen auch weiterhin nicht genannt, obwohl sich auch in § 116 Abs. 2 SGB VI eine Regelung findet, nach der unter bestimmten Voraussetzungen ein Antrag auf Rehabilitation als Antrag auf Rente gilt.
Hiernach war beim Kläger der Ablauf der Frist zum Jahresende 1984 nicht gehemmt. Er ist deshalb nicht mehr berechtigt. Beiträge für dieses Jahr zu entrichten. Dieses kommt auch über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder einen Herstellungsanspruch nicht in Betracht. Die Ausführungen des LSG dazu lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen. Auch die Revision macht dieses nicht geltend. Ob im Jahre 1984 ein Versicherungsfall eingetreten ist und auch dieser einer Beitragsentrichtung entgegengestanden hätte, bedurfte bei diesem Ergebnis keiner Entscheidung mehr.
Die Revision des Klägers war demnach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen
Haufe-Index 946267 |
Breith. 1996, 46 |