Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 6. September 1994 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander Kosten auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger macht die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung des § 1 Abs 3 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) idF des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG) vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 2353) geltend.
Der Kläger hat die libanesische Staatsangehörigkeit. Er hält sich seit Juli 1986 in Deutschland auf, zunächst als Asylbewerber und sodann auf der Grundlage einer Aufenthaltsbefugnis. Er erhielt laufend Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Die Beklagte teilte dem Kläger im Dezember 1993 mit, daß er aufgrund der gesetzlichen Neuregelung ab Januar 1994 keinen Anspruch auf Kindergeld mehr habe; die Bewilligung des Kindergeldes müsse daher mit Ablauf des Monats Dezember 1993 aufgehoben werden.
Widerspruch, Klage und Berufung haben keinen Erfolg gehabt (Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 1994; Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ≪SG≫ Lüneburg vom 15. April 1994, Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Niedersachsen vom 6. September 1994).
Zur Begründung führt das LSG im wesentlichen aus, hinsichtlich des Kindergeldanspruchs des Klägers sei mit Wirkung ab Januar 1994 durch § 1 Abs 3 BKGG idF des 1. SKWPG eine wesentliche Änderung eingetreten, die zur Entziehung dieser Leistung berechtige. Die Neuregelung sei nicht verfassungswidrig. Sie verstoße weder gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) noch gegen die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, Familien zu fördern (Art 6 Abs 1 GG), noch gegen den Vertrauensschutz als Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips (Art 20 Abs 3 GG). Dies gelte insbesondere für den Personenkreis, der, wie der Kläger, ganz oder teilweise auf Leistungen der Sozialhilfe für seinen Lebensunterhalt angewiesen sei. Denn bei Wegfall des Kindergeldes müsse die Sozialhilfe entsprechend erhöht werden. Aus der Sicht solcher Anspruchsberechtigten finde also nur ein Wechsel des Leistungsträgers statt. Im Verhältnis zwischen den Verfahrensbeteiligten sei auch nicht erheblich, daß der Bund durch die Neuregelung in erheblichem Ausmaße ursprünglich eigene Belastungen auf die Sozialhilfeträger (Gemeinde und Kreise) übertragen habe. Es sei nicht ersichtlich, daß der Bund insoweit bereits die verfassungsrechtlich zulässigen Grenzen zu Lasten der kommunalen Sozialhilfeträger überschritten habe.
Mit seiner Revision trägt der Kläger vor, die Neuregelung des § 1 Abs 3 BKGG durch das 1. SKWPG sei verfassungswidrig. Sie behandele gleiche Fälle ungleich. Wenn, wie hier, die Aufenthaltsbefugnis auf einem Bleiberechtserlaß aus der Zeit vor Inkrafttreten des Ausländergesetzes vom 9. Juli 1990 (- AuslG 1990 – als Art 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Ausländerrechts vom 9. Juli 1990, BGBl I 1354) beruhe, könnten die hiervon betroffenen Ausländer von einem verfestigten Aufenthaltsrecht ausgehen, das sich in der Praxis stärker auswirke als eine Aufenthaltserlaubnis, zumal, wenn diese lediglich befristet erteilt sei. Von der Qualität der Bleibeberechtigung her sei die Aufenthaltsbefugnis in solchen Fällen der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis vergleichbar. Wenn die Behörde ohnehin verlängern müsse, könne man ernsthaft nicht mehr von einer „Befristung” sprechen. Zudem macht der Kläger – inhaltlich – auch eine Verletzung des Art 6 Abs 1 GG geltend. Die Neuregelung sei „das unverschämteste Stück Abtreibungsförderung und Bevölkerungspolitik, das jemals in der Bundesrepublik veranstaltet wurde”. Denn die regelmäßig kinderreichen und üblicherweise allenfalls niedrig verdienenden, da ungelernten, Flüchtlinge seien für den Familienunterhalt auf das Kindergeld angewiesen. Spätestens während der Schwangerschaft der Frau mit dem dritten Kind könne der Gang zurück zum Sozialamt (wodurch das Ziel, eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach § 35 AuslG zu erlangen, nicht mehr erreichbar wäre) nur durch eine Abtreibung vermieden werden.
Der Kläger beantragt – unter näherer Begründung –,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 6. September 1994, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 15. April 1994 sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist zulässig.
Weder in der Revisionsschrift noch in der Revisionsbegründung ist ein förmlicher Antrag enthalten; gleichwohl ist dem Erfordernis des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG, wonach bereits die – fristgebundene – Revisionsbegründung „einen bestimmten Antrag” enthalten muß, hier noch in gerade ausreichender Weise Rechnung getragen. Der Kläger hat in hinreichender Deutlichkeit in der Revisionsbegründungsschrift dargetan, daß er die Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und der angefochtenen Bescheide erstrebt. Er widerspricht nämlich in seiner Revisionsbegründung dem Ergebnis und der Begründung des Berufungsurteils. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) genügt es, wenn die schriftliche Revisionsbegründung erkennen läßt, welches prozessuale Ziel der Revisionskläger erreichen will (s ua BSG vom 2. September 1977, SozR 1500 § 164 Nr 10 mwN).
Die Revision ist jedoch unbegründet.
Aufgrund der Neuregelung des § 1 Abs 3 BKGG durch das 1. SKWPG steht dem Kläger für den Zeitraum ab 1. Januar 1994 kein Kindergeld mehr zu. Es besteht auch kein Anlaß, das Verfahren auszusetzen, um diese Vorschrift gemäß Art 100 GG dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorzulegen.
Zu Recht sind bereits die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß dem Kläger aufgrund der Neufassung des § 1 Abs 3 BKGG idF des 1. SKWPG mit Wirkung ab Januar 1994 kein Anspruch auf Kindergeld mehr zusteht, da er sich – lediglich -auf der Grundlage einer Aufenthaltsbefugnis (§ 30 AuslG 1990) in Deutschland aufhält, wohingegen nach der zitierten Neufassung der Kindergeldanspruch eines Ausländers voraussetzt, daß dieser im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung (§ 27 AuslG 1990) oder Aufenthaltserlaubnis (§ 15 AuslG 1990) ist.
Eine Übergangsvorschrift zugunsten des Klägers, der bis zum 31. Dezember 1993 noch Anspruch auf Kindergeld hatte, besteht nicht. Anders als für bestimmte Neuregelungen im Recht des Erziehungsgeldes (hierzu BSG vom 22. Februar 1995 – 14 REg 1/94 – sowie vom 6. September 1995 – 14 REg 1/95 –) kann daraus nicht gefolgert werden, die Gesetzesänderung erfasse nur Kinder, die nach dem Inkrafttreten einer den Kreis der Anspruchsberechtigten einschränkenden Neuregelung geboren wurden. Zum einen kann aus dem Schweigen des Gesetzgebers hier nicht geschlossen werden, er habe die Frage einer Übergangsregelung übersehen. Denn für andere, durch das 1. SKWPG getroffene, Neuregelungen des BKGG hat er – in Form des § 44g BKGG – in der Tat eine Übergangsregelung geschaffen. Daher gilt hier ansonsten die allgemeine Regel, daß neues Recht unmittelbar mit seinem Inkrafttreten wirksam wird (s hierzu Kopp, Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts, SGb 1993, 593, 595 ff). Es ist zum anderen auch kaum vorstellbar, daß der Gesetzgeber die Neuregelung des § 1 Abs 3 BKGG idF des 1. SKWPG nur mit einer Übergangszeit von 27 Jahren oder länger (s § 2 Abs 3, § 2 Abs 2 Satz 1 Nr 3 BKGG) in Kraft treten lassen wollte; im Recht des Erziehungsgeldes ist die Leistungsdauer hingegen auf zwei Jahre begrenzt (§ 4 Bundeserziehungsgeldgesetz).
Diese Neuregelung erweist sich im Falle des Klägers als verfassungsgemäß. Ein Anlaß, das Verfahren nach Art 100 Abs 1 GG auszusetzen, um die Entscheidung des BVerfG einzuholen, besteht damit nicht. Denn nur dann, wenn der Senat § 1 Abs 3 BKGG insoweit für verfassungswidrig hielte, als diese Vorschrift im vorliegenden Fall anzuwenden ist, hätte der Senat entsprechend zu verfahren. Voraussetzung für eine derartige Richtervorlage ist, daß es auf die Gültigkeit des vom entscheidenden Gericht für verfassungswidrig gehaltenen Gesetzes bei der Entscheidung ankommt (Art 100 Abs 1 Satz 1 GG). Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn die streitige Vorschrift in ihrer Anwendung auf den jeweiligen Kläger nicht verfassungswidrig ist, sondern lediglich nicht ausgeschlossen werden kann, daß der Gesetzgeber bei Änderung der Vorschrift, soweit sie für andere Betroffene verfassungswidrig ist, auch den Kläger begünstigt. Nur dann, wenn auch der Kläger selbst aus verfassungsrechtlichen Gründen Anspruch auf Kindergeld für den fraglichen Zeitraum hätte, käme eine Aussetzung des vorliegenden Rechtsstreits zur Vorlage an das BVerfG in Betracht (s hierzu im einzelnen das Urteil des Senats vom 9. Mai 1995 – 10 RKg 7/94 –). An dieser Voraussetzung fehlt es. Weder ist die fragliche Neufassung des § 1 Abs 3 Satz 1 BKGG als solche in ihrer Anwendung auf den Kläger verfassungswidrig (1) noch ist zu beanstanden, daß der Gesetzgeber keine Besitzstandsregelung (2) zugunsten des Klägers getroffen hat.
(zu 1) Die Regelung des § 1 Abs 3 BKGG idF des 1. SKWPG verstößt jedenfalls insoweit nicht gegen das Grundgesetz, als der Kläger hiervon betroffen ist.
Entgegen der Meinung der Revision war der Gesetzgeber nicht nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG verpflichtet, dem Kläger ebenso Kindergeld zu gewähren wie jenen Ausländern, die über eine Aufenthaltsberechtigung oder -erlaubnis verfügen. Mit der Neuregelung bezweckte der Gesetzgeber, den Kindergeldanspruch auf solche Ausländer zu begrenzen, von denen zu erwarten ist, daß sie auf Dauer in Deutschland bleiben werden; dies sei allein bei denjenigen der Fall, die im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder -erlaubnis sind (BT-Drucks 12/5502 S 44 zu Art 5, zu Nr 1).
Das vom Gesetzgeber gewählte Unterscheidungsmerkmal und seine Zielrichtung sind mit dem Gleichheitssatz zu vereinbaren. Die Neuregelung ist auch geeignet, jenes Ziel zu erreichen. Unerheblich ist insoweit, ob der Kläger, wie vorgetragen, als Inhaber einer Aufenthaltsbefugnis aufgrund eines Bleiberechtserlasses ebenfalls über ein verfestigtes Aufenthaltsrecht verfügt. Denn die Aufenthaltsbefugnis (§ 30 AuslG 1990) ist nach der Systematik des AuslG gegenüber der Aufenthaltsberechtigung und der Aufenthaltserlaubnis ein Aufenthaltstitel minderen Ranges; sie wurde erklärtermaßen vor allem für De-facto-Flüchtlinge geschaffen, also für Ausländer, deren Aufenthalt im Bundesgebiet aus humanitären Gründen (Bürgerkrieg im Heimatland oä) geduldet wird (s §§ 54, 55 AuslG 1990). Der Gesetzgeber konnte bei diesem Personenkreis davon ausgehen, daß seine Bindungen an Deutschland und die Erwartung, er werde dauernd hier verweilen, weniger ausgeprägt sind als beim Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis, also eines Aufenthaltstitels, der – wenn auch in der Regel zunächst befristet: § 12 Abs 2, § 24 AuslG 1990 – ohne Bindung an einen begrenzten Aufenthaltszweck erteilt wird (§ 15 AuslG 1990), oder gar beim Inhaber einer – zeitlich und räumlich unbeschränkten – Aufenthaltsberechtigung (§ 27 AuslG 1990). Daß der Gesetzgeber mit seiner Einschätzung, typischerweise sei bei den Ausländern mit Aufenthaltsberechtigung oder -erlaubnis von einem dauerhaften Aufenthalt in Deutschland auszugehen, den ihm auf dem Gebiet der Sozialordnung gesetzten weiteren Rahmen (s hierzu BVerfG vom 17. November 1992, BVerfGE 87, 363, 383; stRspr, vgl BVerfG vom 1. März 1979, BVerfGE 50, 290, 332 f mwN) überschritten hätte, ist nicht ersichtlich.
Die Neufassung des § 1 Abs 3 BKGG hält der verfassungsrechtlichen Überprüfung auch für solche Einzelfälle stand, in denen eine Aufenthaltsbefugnis aufgrund eines Bleiberechtserlasses erteilt wurde, der Ausländer also – wie der Kläger meint – in seinem Aufenthaltsstatus praktisch ebenso, wenn nicht sogar besser gestellt sei als der Inhaber einer befristeten Aufenthaltserlaubnis. Es verstößt nicht gegen das Grundgesetz, daß der Gesetzgeber keine Prüfung im Einzelfall angeordnet hat. Die Neuregelung knüpft – ähnlich wie die bereits zuvor in Kraft getretene Änderung der entsprechenden Vorschriften im Bundeserziehungsgeldgesetz (s hierzu BSG vom 24. März 1992, BSGE 70, 197 = SozR 3-7833 § 1 Nr 7; BSG vom 22. Februar 1995 – 14 REg 7/94) – auch im Interesse einer einfacheren Verwaltungsabwicklung an die Tatbestandswirkung von bestimmten ausländerbehördlichen Entscheidungen an. Im Kindergeldrecht kommt dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität ebenso besondere Bedeutung zu (BVerfG vom 29. Mai 1990, BVerfGE 82, 60, 101 ff). Dem würde es zuwiderlaufen, wenn jeweils im Einzelfall die Verfestigung des Aufenthaltsrechts und die Absicht, auf Dauer in Deutschland zu bleiben, überprüft werden müßten.
Ebensowenig verstößt die neue Regelung gegen Art 6 Abs 1 GG. Aus dieser Vorschrift läßt sich – auch in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) – kein konkreter verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte staatliche Leistungen herleiten (s BVerfG vom 29. Mai 1990, BVerfGE 82, 60, 79 ff), solange die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein der Bürger gewährleistet sind. Diese Aufgabe aber kommt der Sozialhilfe, nicht jedoch dem Kindergeld zu.
Im vorliegenden Fall kann ungeprüft bleiben, ob – entgegen § 1 Abs 3 BKGG nF -auch Ausländern ohne Aufenthaltserlaubnis oder -berechtigung von Verfassungs wegen Kindergeld zwar nicht in seiner Funktion als allgemeine Sozialleistung zustehen müßte, wohl aber in seiner steuerlichen Entlastungsfunktion (hierzu BVerfG vom 29. Mai 1990, BVerfGE 82, 60, 78 f). Denn nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG bezieht der Kläger Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG, kann also das notwendige Existenzminimum für sich und seine Familie nicht aus eigenem Einkommen sicherstellen. Dann aber ist er auch nicht einkommensteuerpflichtig (hierzu BVerfG vom 25. September 1992, BVerfGE 87, 153), so daß bei ihm kein Raum für eine (weitere) steuerliche Entlastung bleibt.
Ebenso unerheblich ist im vorliegenden Fall die Frage, ob der Gesetzgeber insoweit verfassungsrechtliche Grenzen überschritten hat, als er mit der Einschränkung des Kindergeldanspruchs für Ausländer die entsprechenden Kosten auf die kommunalen Sozialhilfeträger verlagert hat. Selbst wenn dem so wäre, so würde hieraus nicht die Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs 3 BKGG idF des 1. SKWPG folgen. Vielmehr wären damit allenfalls Fragen der Finanzverfassung angesprochen, die keinen Einfluß auf die hier zu beurteilende Verfassungsmäßigkeit der Ausgestaltung des Sozialleistungsverhältnisses haben. Im übrigen räumt die Begründung des Entwurfs zum 1. SKWPG ein, daß die – auch in anderen Bereichen – vorgesehenen Neuregelungen Mehrbelastungen für die Gemeinden als Sozialhilfeträger in Höhe von bis zu 4 Mrd DM/Jahr mit sich bringen. Diese hält sie jedoch angesichts der Entlastungen im Rahmen des vorausgegangenen Föderalen Konsolidierungsprogramms sowie der Pflegeversicherung für zumutbar (BT-Drucks 12/5502 S 21 zu I 3).
(zu 2) Die Einschränkung des anspruchsberechtigten Personenkreises durch die Neuregelung des § 1 Abs 3 BKGG begegnet auch insoweit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, als hierdurch – wie im Falle des Klägers – laufende Ansprüche auf Kindergeld entzogen wurden.
Als Prüfungsmaßstab kommt insoweit nur der im Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) verankerte Vertrauensschutz in Betracht. Das Recht auf Eigentum (Art 14 Abs 1 GG) erstreckt sich nicht auf den Anspruch auf Kindergeld, da diese Sozialleistung in keinerlei Hinsicht aufgrund von Eigenleistungen (Beiträgen) gewährt wird (s hierzu BVerfG vom 16. Juli 1985, BVerfGE 69, 272, 301 f; stRspr).
Bei der Prüfung dieser Frage kann dahinstehen, ob einem ausländischen Kindergeldbezieher ohne Aufenthaltserlaubnis oder -berechtigung diese Sozialleistung ersatzlos zum 1. Januar 1994 entzogen werden durfte. Denn der Grundsatz des Vertrauensschutzes hindert den Gesetzgeber jedenfalls nicht, eine Sozialleistung zu entziehen, wenn dieser Verlust gleichzeitig durch eine andere Sozialleistung in gleicher Höhe ersetzt wird. So aber liegt der Fall beim Kläger.
Nach dem Wegfall seines Kindergeldanspruchs auf der einen Seite ist der ihm bzw seinen Kindern bereits zuvor zustehende Anspruch auf Sozialhilfe auf der anderen Seite nämlich im gleichen Umfang angewachsen. Die Leistungen des zuständigen Sozialhilfeträgers mußten um denselben Betrag erhöht werden. Denn Kindergeld – und Kinderzuschlag (§ 11a BKGG) – werden nicht neben der Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt, sondern auf diese Leistung angerechnet. Es handelt sich hierbei um anrechenbares Einkommen iS des § 76 Abs 1 BSHG (s das Urteil des Senats vom 3. April 1990 SozR 3-5870 § 11a Nr 1 S 4 mwN; ebenso der Kammer-Beschluß des BVerfG vom 24. Oktober 1991 – 1 BvR 1159/91). Weder die tatsächlichen Feststellungen des LSG noch der Vortrag der Beteiligten bieten zudem Anhaltspunkte dafür, daß der Kindergeldanspruch für den Kläger vorteilhafter war als der grundsätzlich subsidiäre (s § 2 BSHG) Sozialhilfeanspruch in entsprechender Höhe.
Nichts anderes folgt für den Senat aus der Entscheidung des BVerfG vom 14. November 1969 (BVerfGE 27, 220), die den früheren § 29 Wohngeldgesetz (idF vom 1. April 1965, BGBl I 177) für verfassungswidrig erklärte; diese Vorschrift schloß Empfänger von Leistungen nach dem BSHG für den Mietaufwand vom Bezug des Wohngeldes aus. Das BVerfG sah damals Sozialhilfe und Wohngeld als nicht gleichwertige Leistungen an: Die Sozialhilfe sei in weit stärkerem Maße von der Verwertung eigenen Vermögens abhängig und müsse – auch bei rechtmäßiger Gewährung – unter bestimmten Voraussetzungen vom Leistungsempfänger bzw Unterhaltsverpflichteten oder Erben zurückgezahlt werden (BVerfGE 27, 220, 226). Die Entscheidung erging jedoch nicht zu der im vorliegenden Fall erheblichen Frage, ob eine für einen bestimmten Personenkreis weggefallene Sozialleistung für den bisherigen Empfänger durch einen Sozialhilfeanspruch in gleicher Höhe ersetzt werden kann, sondern entschied lediglich darüber, ob Personen schon deshalb vom Anspruch auf eine andere Sozialleistung ausgeschlossen werden dürfen, weil sie Sozialhilfe – gleich welcher Höhe – beziehen (BVerfGE 27, 220, 225).
Soweit der Kläger meint, die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung des § 1 Abs 3 BKGG ergebe sich wegen § 35 AuslG 1990 gerade aus dem Wechsel vom Kindergeld- zum Sozialhilfeanspruch, so vermag der Senat dem ebenfalls nicht zu folgen. Nach der letztgenannten Vorschrift kann einem Ausländer, der seit acht Jahren eine Aufenthaltsbefugnis besitzt, eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn – neben anderen Voraussetzungen – sein Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert ist. Gerade das Vorliegen der letztgenannten Voraussetzung für die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis werde, so der Kläger, durch die Neuregelung des § 1 Abs 3 BKGG verhindert. Denn bei kinderreichen Familien und lediglich ungelernter Tätigkeit – beide Faktoren träfen typischerweise auf aufenthaltsbefugte Ausländer zu – bestehe ohne Anspruch auf Kindergeld auch dann Sozialhilfebedürftigkeit, wenn eine Erwerbstätigkeit ausgeübt werde. Es mag dahinstehen, wie stichhaltig diese Argumentation bereits aus Sicht des Klägers ist; dieser betont in anderem Zusammenhang, daß bereits seine Aufenthaltsbefugnis in der Praxis ein verfestigtes Aufenthaltsrecht gewährleiste. Dann aber könnte er sich allein durch Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis hinsichtlich seines Bleiberechts kaum verbessern.
Jedenfalls kann mit dieser Argumentation ein Kindergeldanspruch des Klägers nicht verfassungsrechtlich verankert werden. Denn die Wendung „wenn … sein Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit … gesichert ist” in § 35 Abs 1 Satz 1 AuslG 1990 kann, sollten verfassungsrechtliche Bedenken der vom Kläger angesprochenen Art bestehen, verfassungskonform ausgelegt werden: Sie ist ohne weiteres einer Interpretation dahingehend zugänglich, daß es insoweit nur auf die Sicherung des Lebensunterhalts nach Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ankommt. Dann aber besteht auch nach § 1 Abs 3 BKGG nF ein Anspruch auf Kindergeld, der dazu beitragen kann, iS des § 35 Abs 1 Satz 1 AuslG den Lebensunterhalt des Ausländers als aus eigener Erwerbstätigkeit gesichert anzusehen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen