Die entscheidende Frage bei der Beurteilung eines Bewertungsirrtums ist, welche Bedeutung der Angabe der Vergütungsgruppe/Entgeltgruppe im Arbeitsvertrag zukommt. Hier sind 2 Möglichkeiten denkbar:
- Die Angabe der Vergütungsgruppe/Entgeltgruppe stellt eine eigenständige vertragliche Vereinbarung über die Wertigkeit der auszuübenden Tätigkeit dar. Der Beschäftigte hat Anspruch auf Übertragung einer entsprechenden Tätigkeit. Eine Korrektur eines Bewertungsirrtums müsste dann in der Weise erfolgen, dass dem Beschäftigten eine entsprechend höherwertige Tätigkeit übertragen wird.
- Die Angabe im Arbeitsvertrag stellt lediglich eine deklaratorische Information seitens des Arbeitgebers dar, welcher Entgeltgruppe die vom Beschäftigten auszuführende Tätigkeit kraft Tarifautomatik zuzuordnen ist. Eine Korrektur des Bewertungsirrtums erfolgt hier in der Weise, dass die Entgeltgruppe entsprechend abgeändert wird.
Nach zutreffender ständiger Rechtsprechung des BAG ist von der zweiten Alternative auszugehen. Kein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes stellt abstrakt und auf Vorrat ein. Vielmehr erfolgen Einstellungen immer im Hinblick auf eine konkret auszuübende Tätigkeit. Es soll eine bestimmte Stelle besetzt werden. Inhalt des Arbeitsvertrages ist die Tätigkeit auf der in Aussicht genommenen Stelle. Darüber hinaus besteht aufgrund der Systematik der Entgeltordnung im öffentlichen Dienst die Möglichkeit des Arbeitgebers, den Beschäftigten kraft Direktionsrechts mit anderen Tätigkeiten der gleichen tariflichen Wertigkeit zu betrauen, also in der gesamten Bandbreite der Tätigkeiten innerhalb der gleichen Entgeltgruppe einzusetzen. Die maßgebliche Entgeltgruppe ergibt sich aufgrund der Tarifautomatik aus der Wertigkeit der ins Auge gefassten auszuübenden Tätigkeit. Diese Tätigkeit wird nach den maßgeblichen tariflichen Eingruppierungsbestimmungen bewertet und das Ergebnis dieser Bewertung – die Einreihung des Beschäftigten in das Entgeltgruppensystem der Entgeltordnung des TV EntgO Bund – wird gem. § 12 Abs. 3 TVöD (Bund) dem Beschäftigten deklaratorisch mitgeteilt. Daher kann die für einen Arbeitsvertrag im öffentlichen Dienst typische Vereinbarung grundsätzlich nicht dahin ausgelegt werden, dass dem Beschäftigten ein eigenständiger, von den tariflichen Bestimmungen unabhängiger arbeitsvertraglicher Anspruch auf ein bestimmtes Entgelt zustehen soll. Vielmehr wird damit nur wiedergegeben, welche Entgeltgruppe der Arbeitgeber bei Anwendung der maßgeblichen Eingruppierungsbestimmungen als zutreffend ansieht, ohne dass daraus eine eigenständige Entgeltvereinbarung mit dem Inhalt entnommen werden kann, das angegebene Entgelt solle unabhängig von den tariflichen Bestimmungen, ggf. als übertarifliches Entgelt, bezahlt werden. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände kann ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes eine solche Bedeutung der Angabe der Entgeltgruppe schon deshalb nicht entnehmen, weil der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes grundsätzlich kein übertarifliches Entgelt, sondern grundsätzlich nur das gewähren will, was dem Arbeitnehmer tarifrechtlich zusteht.
Stellt nun der Arbeitgeber einen Bewertungsirrtum fest, ist der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes grundsätzlich berechtigt, eine fehlerhafte, der Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht entsprechende tarifliche Eingruppierung zu korrigieren. Der Arbeitgeber darf allerdings Korrektur nur durch einseitige Herabgruppierungserklärung und nicht durch eine Änderungskündigung durchführen. Denn eine Änderungskündigung wäre wegen der damit verbundenen Bestandsgefährdung unverhältnismäßig. Das Ziel der Herabgruppierung kann jeder Arbeitgeber durch ein weniger einschneidendes und weniger beeinträchtigendes Mittel, nämlich durch eine einseitige Herabgruppierungserklärung erreichen.
Einen Schritt weiter geht das LAG Köln. Nach seiner Auffassung ist eine korrigierende Rückgruppierung nicht auf das Vorliegen eines Irrtums beschränkt. Das Fehlen eines Irrtums bedeute nicht unbedingt, dass eine bewusste übertarifliche Eingruppierung vorliege. Die Übereingruppierung könne auch auf mangelnder Sorgfalt bei der Eingruppierung beruhen. Auch in diesen Fällen sei der Arbeitgeber nicht an die zu hohe Eingruppierung gebunden.
Eine weitere Folge der irrtümlichen Eingruppierung war eine Entgeltüberzahlung in der Vergangenheit. Soweit der Beschäftigte zu hoch eingruppiert war, erfolgte die Zahlung des Entgelts rechtsgrundlos. Der Arbeitgeber kann die Zahlung des höheren Entgelts nicht nur einstellen, er hat darüber hinaus im Rahmen der Ausschlussfrist nach § 37 TVöD grundsätzlich gem. § 812 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung des zu viel gezahlten Entgelts. Der Beschäftigte kann diesem Rückzahlungsanspruch möglicherweise die Einrede des Wegfalls der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB entgegenhalten.
Eine Herabgruppierung scheidet allerdings in den Fällen aus, in denen der Arbeitgeber dem Beschäftigten bewusst und willentlich eine übertarifliche Vergütung arbeitsvertraglich zugesagt hat. ...