Peter Schmeiduch, Jutta Schwerdle
Nicht gesetzlich rentenversicherte Beschäftigte
Nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind z. B.
- Ärzte, Apotheker oder Architekten, die aufgrund der Mitgliedschaft zu einer entsprechenden berufsständischen Versorgungseinrichtung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Antrag gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI befreit sind oder
- Beschäftigte, die nach beamtenähnlichen oder kirchenrechtlichen Regelungen eine Versorgungsanwartschaft erhalten.
Bei Beschäftigten, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, enthalten die Bescheide über eine Rente wegen Erwerbsminderung häufig keine Angaben zum Restleistungsvermögen. In diesen Fällen tritt das Gutachten eines Amtsarztes des Gesundheitsamts oder eines nach § 3 Abs. 4 Satz 2 TVöD bestimmten Arztes an die Stelle des Rentenbescheids (§ 33 Abs. 4 TVöD). Der Gutachter wird auf Antrag des Arbeitgebers tätig. Das Gutachten nimmt zur Frage der vollen/teilweisen bzw. befristeten/dauerhaften Erwerbsminderung des Beschäftigten Stellung.
Das ärztliche Gutachten ist dem Beschäftigten bekanntzugeben. Die Rechtsfolgen der Erwerbsminderung (Ruhen bzw. Beendigung des Arbeitsverhältnisses) treten in diesem Fall mit Ablauf des Kalendermonats ein, in dem dem Beschäftigten das Gutachten bekannt gegeben wurde, frühestens jedoch 2 Wochen nach Unterrichtung des Beschäftigten durch den Arbeitgeber über die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, dass hinsichtlich der Zusatzversorgungsansprüche (betriebliche Altersversorgung) bei Beschäftigten, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, das Vorliegen einer teilweisen oder vollen Erwerbsminderung durch einen von der Zusatzversorgungseinrichtung zu bestimmenden Facharzt nachzuweisen ist (§ 14 Tarifvertrag Altersversorgung – ATV). Das Gutachten eines Amtsarztes reicht hierfür nicht mehr aus.
Schuldhafte Verzögerung der Rentenantragstellung
Sofern der Arbeitgeber vermutet, dass der Beschäftigte aus gesundheitlichen Gründen seinen Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis nicht mehr nachkommen kann, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, den Beschäftigten aufzufordern, einen Rentenantrag zu stellen. Der Beschäftigte hat bei der Stellung des Antrags auf Erwerbsminderungsrente eine Mitwirkungspflicht. Dieser Mitwirkungspflicht hat er auf Anforderung des Arbeitgebers zu folgen.
Verzögert der Beschäftigte schuldhaft die Stellung des Rentenantrags, kann der Arbeitgeber ein amtsärztliches Gutachten bzw. ein Gutachten eines nach § 3 Abs. 4 Satz 2 TVöD bestimmten Arztes beantragen. Bei Feststellung einer Erwerbsminderung tritt dieses Gutachten an die Stelle des Rentenbescheids und löst die Rechtsfolgen des § 33 Abs. 2 bis Abs. 4 TVöD aus.
Das Vorgehen nach § 33 Abs. 4 setzt voraus, dass der Arbeitgeber zunächst den Beschäftigten von seiner Einschätzung der Leistungsfähigkeit in Kenntnis setzt und zur Stellung eines Rentenantrags auffordert. Die eigene Antragstellung des Beschäftigten ist der vom Tarifvertrag vorgezeichnete und zunächst zu wählende Weg. Erst dann, wenn der Arbeitnehmer sich weigert, einen Antrag zu stellen und gleichzeitig selbst Anhaltspunkte als gegeben akzeptieren muss, die für eine erhebliche Einschränkung des Leistungsvermögens sprechen, ist von verschuldeter Verzögerung auszugehen. Dann hat der Arbeitgeber das Recht, eine ärztliche Untersuchung gem. § 33 Abs. 4 zu verlangen und der Beschäftigte muss dies zulassen und hieran mitwirken. Tut er dies nicht, kann dies – allerdings in der Regel erst nach einschlägiger Abmahnung – einen Kündigungsgrund darstellen.
Das LAG Rheinland-Pfalz hat sich
mit der Frage auseinandergesetzt, wann eine schuldhafte Verzögerung der Stellung des Rentenantrags vorliegt und welche Anforderungen an das amtsärztliche Gutachten zu stellen sind.
Der von Geburt an schwerbehinderte Kläger konnte zunächst leichte körperlichen Arbeiten ohne Zeitdruck und ohne Anforderung an die Feinmotorik ausüben, sein Gesundheitszustand verschlechterte sich jedoch zunehmend. Im Januar 2011 regt der beklagte Arbeitgeber erstmals an, dass der Beschäftigte einen Rentenantrag stellen solle. Dies lehnte der Kläger aus finanziellen Gründen ab. Seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit, das Abheften von Bescheiden, konnte er seit März 2012 nicht mehr verrichten und hatte seitdem keine Arbeitsleistung mehr erbracht, er war bis auf weiteres arbeitsunfähig. Eine für Herbst 2013 geplante Reha-Maßnahme trat der Beschäftigte nicht an. Mit Schreiben vom 15.1.2014 forderte der Arbeitgeber den Beschäftigten auf, sich amtsärztlich auf seine Erwerbsfähigkeit untersuchen zu lassen. Die Untersuchung fand am 1.4.2014 statt.
Allerdings widerrief der Beschäftigte vor der Untersuchung die dem Amtsarzt zuvor erteilte Schweigepflichtentbindung. Der Amtsarzt teilte dem Arbeitgeber mit, dass aus diesem Grund keine weiteren Angaben über die Untersuchung vom 1.4.2014 gemacht werden können. Des Weitere...