BAG, Urteil vom 16.6.2021, AZR 281/20

Der Garantiebetrag nach § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-V a. F. ist zusätzlich zum jeweiligen Entgelt der Entgeltgruppe, aus der der Beschäftigte höhergruppiert worden ist, somit der Ausgangs- und nicht der Aufstiegsentgeltgruppe, zu zahlen.

Sachverhalt

Der Kläger ist seit 2001 bei der Beklagten beschäftigt und seit dem 1.3.2013 als technische Fachkraft tätig. Der TVöD-V (VKA) findet Anwendung. Bei Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung (VKA) am 1.1.2017 war er in die EG 9, Stufe 3 eingruppiert und wurde gem. § 29c Abs. 3 TVÜ-VKA stufengleich in die EG 9a, Stufe 3 übergeleitet. Da der Kläger fristgerecht Antrag nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA stellte, gruppierte die Beklagte ihn rückwirkend zum 1.1.2017 in die EG 9b höher. Die Stufenzuordnung in der EG 9b erfolgte nach § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD-V a. F. betragsbezogen und ergab hier ebenfalls die Stufe 3, da diese betragsbezogen der Stufe 3 der EG  9a entsprach. Daneben erhielt der Kläger für die Zeit vom 1.1.2017 bis zum 31.12.2019 den in § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-V a. F. festgelegten Garantiebetrag von zuletzt 94,39 EUR. Dieser Garantiebetrag wurde in den Entgeltabrechnungen des Klägers aus abrechnungstechnischen Gründen als "Auffüllbetrag" zum neuen Tabellenentgelt der Aufstiegsentgeltgruppe 9b, Stufe 3, ausgewiesen. Nachdem zum 1.3.2018 der betragsmäßige Gleichlauf zwischen der jeweiligen Stufe 3 der EG 9a und 9b endete und in Folge die Stufe 3 der EG 9b stärker angehoben wurde als diejenige der EG 9a, zahlte die Beklagte den "Auffüllbetrag" nur noch in Höhe der verbleibenden Differenz zwischen dem neuen Tabellenentgelt der EG 9a, Stufe 3 und dem der EG 9b, Stufe 3.

Der Kläger vertrat jedoch die Auffassung, dass ihm der Garantiebetrag nach § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-V aF in Höhe von zuletzt 94,39 EUR ungekürzt neben dem jeweiligen Entgelt der Aufstiegsentgeltgruppe 9b Stufe 3 zustehe und erhob Klage.

Die Entscheidung

Die Klage hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung des Garantiebetrags zusätzlich zu dem Tabellenentgelt der Aufstiegsentgeltgruppe EG 9b habe; denn der Garantiebetrag nach § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-V a. F. sei zusätzlich zum jeweiligen Entgelt der Entgeltgruppe, aus der der Kläger höhergruppiert worden war, hier also dem der EG 9a, Stufe 3 als Ausgangsentgeltgruppe, zu zahlen. Das ergebe die Auslegung der Tarifnorm.

Nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-V a. F. erhalte der Beschäftigte "anstelle" des Unterschiedsbetrags zwischen dem bisherigen Tabellenentgelt und dem Tabellenentgelt der Aufstiegsentgeltgruppe einen Garantiebetrag, wenn die Entgeltdifferenz zwischen der Ausgangsentgeltgruppe und der Aufstiegsentgeltgruppe einen bestimmten Wert, nämlich diesen Garantiebetrag, unterschreite. Mit dieser Formulierung ("anstelle" des Unterschiedsbetrags) hätten, die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass der jeweilige Garantiebetrag diesen Differenzbetrag bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-V a. F. ersetze, sodass nicht der sich aus der neuen Stufe in der Aufstiegsentgeltgruppe ergebende Unterschiedsbetrag bezahlt werde, sondern der Garantiebetrag. Folge davon sei, dass der Beschäftigte während der betreffenden Stufenlaufzeit noch nicht das Entgelt der Aufstiegsentgeltgruppe erhalte, sondern weiter ein (dynamisiertes) Entgelt in Höhe seines bisherigen Tabellenentgelts zuzüglich des Garantiebetrags. § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-V a. F. sehe somit für die Dauer der Stufenlaufzeit, solange das Tabellenentgelt der Aufstiegsentgeltgruppe dasjenige der Ausgangsentgeltgruppe zuzüglich des Garantiebetrags nicht überschreitet, ein eigenes Entgeltregime vor, was dazu führe dass der höhergruppierte Beschäftigte ein Entgelt erhalte, das über dem seiner neuen Entgeltgruppe und -stufe liege. Dies könne dann zur Folge haben, dass sich z. B. bei allgemeinen Tariferhöhungen die Differenz zum Tabellenentgelt der Aufstiegsentgeltgruppe stetig verringert. § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-V a. F. gewährleiste jedoch keinen Mindestabstand zwischen dem bisherigen Tabellenentgelt und dem Entgelt der Aufstiegsentgeltgruppe für die Dauer der Stufenlaufzeit. Die Festlegung einer solchen Mindestabstandsklausel hätte einer eindeutigen Regelung durch die Tarifvertragsparteien bedurft, woran es jedoch fehle.

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