Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), § 26 Erholungsurlaub
Übertragung und Abgeltung von Urlaub bei Krankheit
Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom 20.1.2009, Rs. C-350/06 und C-520/06 und Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 24.3.2009, 9 AZR 983/07
D 5 - 220 210 - 2/26
A Vorbemerkung
Inhalt dieses Rundschreibens sind Durchführungshinweise zur aktuellen Rechtsprechung zum Verfall von Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit.
Die Entscheidung des EuGH vom 20.1.2009 zum Urlaubsrecht in Europa hatte die Korrektur der im Wesentlichen durch die Rechtsprechung des BAG geprägten Rechtslage bei Urlaub und Krankheit in Deutschland zur Folge. Danach verfallen bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch mit Ablauf des Bezugs- oder Übertragungs-zeitraums und der Anspruch auf dessen Abgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht.
Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubsanspruchs sind in § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG geregelt. Danach muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr oder in einem Übertragungszeitraum von drei Monaten gewährt und genommen werden. Kann er wegen Beendigung des Ar-beitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, ist er abzugelten. Auf diese Regelungen wird in § 26 TVöD mit den dort aufgeführten Maßgaben verwiesen. Darüber hinaus ist mit Rundschreiben vom 25. August 2008 (D5 – 220 210 – 2/26) außertariflich geregelt worden, dass für die Übertragung von Erholungsurlaub der Tarifbeschäftigten in das Folgejahr die für Beamtinnen und Beamten des Bundes gemäß § 7 Erholungsurlaubsverordnung jeweils geltende Regelung Anwendung findet. Nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des BAG erloschen der Urlaubsanspruch und der Urlaubsabgeltungsanspruch spätestens mit dem Ende des Übertragungszeitraums, auch wenn der Urlaub wegen fortdauernder Arbeitsunfähigkeit nicht gewährt werden konnte bzw. nicht hätte gewährt werden können.
B Entscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009
Der EuGH hat in seiner Entscheidung, die aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ergangen ist, im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BAG zunächst erkannt, dass der von Art 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) gewährleistete Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen auch entsteht, wenn der Arbeitnehmer im gesamten Bezugszeitraum oder in Teilen davon arbeitsunfähig ist. Des weiteren ist nach dieser Entscheidung eine nationale Regelung unzulässig, nach der der Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen bei Ablauf des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums erlischt, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder Übertragungszeitraums oder eines Teils davon krank geschrieben war und deshalb nicht die Möglichkeit hatte, seinen Urlaubsanspruch in dieser Zeit auszuüben. Das Gleiche gilt für den Anspruch auf Abgeltung, wenn bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Mindestjahresurlaub wegen Krankheit nicht genommen werden konnte.
C Entscheidung des BAG vom 24. März 2009
Mit dieser Entscheidung gibt der 9. Senat seine entgegenstehende bisherige Rechtsprechung auf und folgt der Auffassung des EuGH. Er legt nunmehr § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG richtlinienkonform aus. Im Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Bezugs- und/oder Übertragungszeitraums bestehen danach die zeitlichen Beschränkungen des Absatzes 3 Satz 1, 3 und 4 weder für den gesetzlichen Mindesturlaub noch für den entsprechenden Abgeltungsanspruch nach Absatz 4. Im Ergebnis erlöschen gesetzliche Mindesturlaubsansprüche und entsprechende Abgeltungsansprüche nicht, wenn die/der Beschäftigte bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums bzw. darüber hinaus erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist.
D Folgen der neuen Rechtsprechung für die Praxis
Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch ist auch nach Ablauf des Urlaubsjahres bzw. des Übertragungszeitraumes zu gewähren, wenn die oder der Beschäftigte wegen Arbeitsunfähigkeit diesen nicht nehmen konnte. Endet das Arbeitsverhältnis während der Arbeitsunfähigkeit, ist der nicht genommene Mindesturlaub abzugelten.
Die Urteile des EuGH und des BAG bezogen sich ausdrücklich nur auf den Mindesturlaubsanspruch. Für den darüber hinausgehenden tariflichen Urlaubsanspruch bleibt es daher beim bisherigen Verfahren.
5 1. Mindesturlaub nach dem BUrlG
5.1 Urlaubsanspruch
§ 3 BUrlG regelt die Höhe des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs. Danach beträgt der jährliche Urlaubsanspruch bei einer Fünf-Tage-Woche - ohne Berücksichtigung von Teilurlaubsansprüchen nach § 5 BUrlG - 20 Arbeitstage. Dieser Mindesturlaubsanspruch bleibt den Beschäftigten erhalten, auch wenn sie ihn wegen Arbeitsunfähigkeit im laufenden Kalenderjahr und in dem sich anschließenden Übertragungszeitraum nicht verwirklichen konnten.
Ein Beschäftigter ist von Juli 2008 bis zum 15.01.2010 arbeitsunfähig erkrankt. Nach seiner Rückkehr ist ihm der Urlaub aus dem Jahr 2008, den er wegen der Erkrankung in 2008 und 2009 nicht nehmen konnte, noch zu gewähren.
1.1.1 Inanspruchnahme
Nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit ist der Urlaub grundsätzlich in dem dann laufenden Kalenderjahr zu nehmen.
1.1.2 Rente auf Zeit im Anschluss an die Arbeitsunfähigkeit
Ruht im ...