Der Personalrat/Betriebsrat hat sich in Bezug auf Arbeitskampfmaßnahmen neutral zu verhalten (vgl. die entsprechenden Vorschriften der Personalvertretungsgesetze der Länder und § 74 Abs. 2 BetrVG).

Diese Neutralitätspflicht verbietet dem Personalrat/Betriebsrat z. B.:

  • Einberufung einer Personal-/Betriebsversammlung zum Zwecke der Urabstimmung,
  • Verteilung von Flugblättern,
  • Aufforderung zur Arbeitsniederlegung.

In solchen Fällen kann der Arbeitgeber die Auflösung des Personalrats/Betriebsrats durch gerichtliche Entscheidung beantragen.

Bei personellen Einzelmaßnahmen wie Einstellungen, Umsetzungen, Versetzungen und Kündigungen aufgrund des Streiks hat der Personalrat/Betriebsrat nicht mitzubestimmen, wenn durch die Ausübung der Mitbestimmungsrechte die Arbeitskampffreiheit des Arbeitgebers ernsthaft beeinträchtigt wird. Dies gilt auch bei dienststellen- bzw. betriebsübergreifenden Maßnahmen. Will ein Arbeitgeber arbeitswillige Arbeitnehmer von einer Dienststelle/einem Betrieb in eine andere Dienststelle/einen anderen Betrieb versetzen, die/der gerade bestreikt wird, hat der Personalrat/Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht, und zwar unabhängig davon, ob die abgebende Dienststelle/der abgebende Betrieb in den Arbeitskampf einbezogen ist oder nicht, wenn sich der Arbeitgeber selbst im Arbeitskampf befindet.[1]

Bejaht worden ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG bei Versetzungen von Arbeitnehmern in den Betrieb eines anderen Konzernunternehmens während eines dort laufenden Arbeitskampfes durch Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 25. April 2018.[2] Eine mittelbare Betroffenheit durch einen Arbeitskampf bei einem anderen Konzernunternehmen und/oder Branchenunternehmen dahingehend, dass sich auch andere Arbeitgeber bei den nächsten bei ihnen anstehenden Tarifverhandlungen erhöhten Forderungen ausgesetzt sehen könnten, reiche nicht für eine Einschränkung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 99 BetrVG.

Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats wegen der vorübergehenden Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus arbeitskampfrechtlichen Gründen auch dann nicht suspendiert, wenn der Arbeitgeber Mehrarbeit gegenüber allen dienstplanmäßig eingeteilten Arbeitnehmern zur Aufarbeitung streikbedingter Arbeitsrückstände nach Beendigung der Arbeitsniederlegung anordnet.[3]

Ein Beteiligungsrecht hat der Personalrat/Betriebsrat nach den jeweiligen Vorschriften wie sonst auch z.B. auch für Kündigungen, die nicht auf dem Arbeitskampf beruhen, sondern zufällig in denselben Zeitraum fallen.

Keine Mitbestimmung besteht auch in sozialen Angelegenheiten, wenn sie in Beziehung zum Arbeitskampf stehen.

Beispiele:

  • Vorübergehende Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit für arbeitswillige Beschäftigte aus streikbedingten Gründen[4],
  • Andere Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage.

Andernfalls könnte der Personalrat/Betriebsrat eine dem Arbeitgeber sonst mögliche Abwehrmaßnahme verhindern oder zumindest bis zur Herbeiführung einer Entscheidung der Einigungsstelle erheblich hinauszögern[5].

Der Personalrat/Betriebsrat ist während eines Arbeitskampfs im Betrieb aber nicht etwa funktionsuntüchtig. Der Personalrat/Betriebsrat bleibt mit allen Rechten und Pflichten im Amt und hat dieses auch während eines Arbeitskampfs - neutral - wahrzunehmen. Der Fortbestand des Personalrats-/Betriebsratsamts und das Vorhandensein eines betrieblichen Regelungspartners liegen dabei auch im wohlverstandenen Interesse des Arbeitgebers, etwa bei der Aufrechterhaltung der betrieblichen Ordnung oder der Vereinbarung eines Notdienstes bei fehlender Regelung durch die Kampfparteien selbst[6].

Praxis-Beispiel

Modalitäten einer Arbeitszeitkürzung wegen mittelbarer Störung des Betriebs durch einen Streik[7]; keine Mitbestimmung aber, wenn Teile der vom Personalrat/Betriebsrat vertretenen Belegschaft selber streiken[8].

Unterrichtungsansprüche des Personalrats/Betriebsrats bestehen auch, soweit der Arbeitgeber Maßnahmen mit Bezug auf den Arbeitskampf trifft. Sie hindern den Arbeitgeber nicht, sich unabhängig vom Willen des Personalrats/Betriebsrats arbeitskampfbezogen zu betätigen. Bloße Mitteilungspflichten beschränken die Handlungsfreiheit nicht. Sie hindern den Arbeitgeber nicht am sofortigen autonomen Handeln; sie legen ihm nur die Pflicht auf, zuvor den Personalrat/Betriebsrat zu informieren. Damit kann ein gewisser Aufwand verbunden sein. Eine geringfügige tatsächliche Beschwernis ist jedoch nicht geeignet, die Handlungsfreiheit des Arbeitgebers im Ergebnis zu beeinträchtigen[9].

Dementsprechend ist der Personalrat/Betriebsrat z. B. über arbeitskampfbedingte Einstellungen oder Versetzungen zu informieren, um seinen Überwachungspflichten z. B. aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nachkommen zu können, oder auch um überprüfen zu können, ob es sich bei der geplanten Maßnahme tatsächlich um eine solche mit Bezug zum Arbeitskampf handelt[10].

Die einz...

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge