Soweit eine andere Person zur Betreuung oder Pflege nicht sofort zur Verfügung steht, räumt die tarifliche Vorschrift des § 29 Abs. 1 Buchst. e TVöD den Beschäftigten in nachstehenden Fällen einer schweren Erkrankung folgende Ansprüche auf bezahlte Arbeitsbefreiung ein; nämlich pro Kalenderjahr
- einen Arbeitstag bei Angehörigen, die im selben Haushalt leben (Doppelbuchst. aa) und
bis zu vier Arbeitstage
- bei Kindern unter 12 Jahren, wenn im laufenden Kalenderjahr kein Anspruch auf Kinderkrankengeld nach § 45 SGB V besteht oder bestanden hat (Doppelbuchst. bb) oder
- bei einer Betreuungsperson, wenn Beschäftigte deshalb die Betreuung ihres Kindes unter 8 Jahren oder ihres wegen Behinderung dauernd pflegebedürftigen Kindes übernehmen müssen (Doppelbuchst. cc).
Die Begrenzung der Arbeitsbefreiung auf insgesamt fünf Arbeitstage im Kalenderjahr nach § 29 Abs. 1 Satz 3 TVöD findet für die Beschäftigten des Bundes infolge der im Rundschreiben vom 25. August 2008, D 5 – 220 210-2/29, getroffenen übertariflichen Regelung keine Anwendung.
In den Fällen nach Doppelbuchst. aa und bb müssen Beschäftigte, die die Entgeltfortzahlung wegen der Pflege von schwer erkrankten nahen Angehörigen in Anspruch nehmen wollen, eine ärztliche Bescheinigung darüber vorlegen, in der die Notwendigkeit ihrer Anwesenheit zur vorläufigen Pflege bescheinigt wird.
Anspruchskonkurrenzen zwischen der vorgenannten Tarifvorschrift und den gesetzlichen Regelungen sind in Fällen einer vollständigen Freistellung möglich, sofern die anspruchsberechtigten Personenkreise identisch sind. Dies betrifft die Regelungen zur kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 PflegeZG sowie zu vollständigen Freistellungen nach § 3 PflegeZG. Während die gesetzlichen Vorschriften nach der Begriffsbestimmung des § 7 Abs. 4 PflegeZG auf die "Pflegebedürftigkeit" i. S. der §§ 14 und 15 SGB XI abstellen (siehe Ziffer 3.2), knüpft die Tarifnorm des § 29 Abs. 1 Buchst. e TVöD am Begriff der "schweren Erkrankung" an. Das Tatbestandsmerkmal „schwere Erkrankung“ i. S. der Tarifvorschrift hat keine selbstständige rechtliche Bedeutung. Eine Erkrankung ist immer dann schwer, wenn die Pflege des erkrankten Angehörigen oder Kindes unerlässlich ist (vgl. Feststellungen des BAG zur vergleichbaren Vorgängerregelung für Arbeiterinnen und Arbeiter der Länder in § 33 Abs. 2 Buchst. f MTL II, Urteil vom 11. August 1982 - 5 AZR 1082/79). Für den tariflichen Anspruch auf die bezahlte Arbeitsbefreiung genügt daher der Nachweis durch ärztliche Bescheinigung, aus der die Notwendigkeit der Anwesenheit der oder des Beschäftigten zur vorläufigen Pflege hervorgeht (vgl. BAG vom 5. August 2014 – 9 AZR 878/12).
Der Begriff der "Pflegebedürftigkeit" geht nach der Legaldefinition des § Abs. 4 PflegeZG i V. m. § 14 Abs. 1 SGB XI darüber hinaus. Daher wird in Fällen einer „Pflegebedürftigkeit“ i. S. des SGB XI oftmals gleichzeitig eine "schwere Erkrankung"“ i. S. der Tarifnorm vorliegen. In Fällen einer derartigen Anspruchskonkurrenz haben die gesetzlichen Regelungen als höherrangiges Recht grundsätzlich Vorrang vor dem tariflichen Freistellungsanspruch. Deswegen tritt der tarifliche Freistellungsanspruch nicht einfach zu dem gesetzlichen Anspruch hinzu. Bei einer kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 PflegeZG bleibt es daher auch in Fällen der Konkurrenz bei einem Leistungsverweigerungsrecht für insgesamt bis zu 10 Arbeitstage (nicht 10 + 1 oder 10 + 4).
Ob für einzelne Tage ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 29 Abs. 1 Buchst. e TVöD besteht, richtet sich dabei hingegen nach den jeweiligen tariflichen Tatbestandsmerkmalen. So hat der Arbeitgeber bei einer Anspruchskonkurrenz in Fällen einer kurzzeitigen Arbeitsverhinderung im folgenden Umfang Entgeltfortzahlung nach § 29 Abs. 1 Buchst. e TVöD zu leisten, soweit dieser Anspruch im betreffenden Kalenderjahr noch nicht ausgeschöpft ist:
- In den Fällen des Doppelbuchst. aa (Angehörige im selben Haushalt) nur für einen Arbeitstag; für die weiteren 9 Tage besteht kein tariflicher Entgeltfortzahlungsanspruch.
- In den Fällen des Doppelbuchst. bb (Kinder unter 12) und cc (Betreuungsperson bei Kindern unter 8) nur für [bis zu] vier Arbeitstage pro Kalenderjahr; für die weiteren sechs Arbeitstage besteht kein tariflicher Entgeltfortzahlungsanspruch.
Auch in den vorgenannten Anspruchskonkurrenzen besteht zum Ausgleich für entgangenes Arbeitsentgelt auf Antrag bei der Pflegeversicherung des pflegebedürftigen nahen Angehörigen ein Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld (§ 2 Abs. 3 PflegeZG i. V. m. § 44a Abs. 3 SGB XI). Dabei ist die nachrangige Ausgestaltung des Pflegeunterstützungsgeldes zu beachten; dies gilt gleichermaßen in Bezug auf den Entgeltfortzahlungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber als auch bei Erkrankung oder Unfall eines pflegebedürftigen Kindes gegenüber dem Kinderkrankengeld nach § 45 SGB V oder Kinderverletztengeld nach § 45 Abs. 4 SGB VII.
Hervorzuheben ist zudem folgender struktureller Unterschied. Bei der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 P...