Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsrecht- und -Pflicht. personenbezogene Daten
Leitsatz (amtlich)
Ob ein Betriebsrat gem. § 89 Abs. 1 BetrVG berechtigt und verpflichtet ist, auch personenbezogene Daten von Arbeitnehmern ohne deren Einwilligung zu übermitteln, kann nur im Einzelfall nach Abwägung der beteiligten Interessen festgestellt werden.
Normenkette
BetrVG § 89 Abs. 1; BDSG § 5
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 23.03.2001; Aktenzeichen 12 BV 569/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerden der Beteiligten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23.03.2001 – Az.: 12 BV 559/00 – werden zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird für beide Beteiligten zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der Beteiligten zu 2. (im Folgenden: Arbeitgeberin), Mitglieder des Beteiligten zu 1. (im Folgenden: Betriebsrat) abzumahnen oder Rügen zu erteilen sowie um die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang der Betriebsrat berechtigt ist, personenbezogene Daten von Arbeitnehmern an das Amt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik zu übermitteln.
Der Betriebsrat vertritt die in der Hauptverwaltung der Arbeitgeberin in Frankfurt am Main beschäftigten Mitarbeiter und verfügt über 3 freigestellte Mitglieder, seinen Vorsitzenden … seinen Stellvertreter … sowie Frau …. Am 29.10.1992 schlossen die Beteiligten eine Betriebsvereinbarung „Einsatz der … Zeiterfassung (NZE)”, wegen deren Inhalt sowie einer Änderung auf Bl. 38–42 d.A. ergänzend Bezug genommen wird. Im Zusammenhang mit einer EDV-Umstellung sowie aufgrund anderer organisatorischer Maßnahmen kam es im Betrieb der Arbeitgeberin für einzelne Arbeitnehmer zu Arbeitszeiten, die 8 und auch 10 Stunden täglich überschritten. Aus diesem Grund wandte sich der Betriebsrat an das Amt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik in Frankfurt am Main, das seinerseits ab Juni 2000 mit der Arbeitgeberin Maßnahmen abstimmte, die zu einer stufenweisen Rückführung der Mehrarbeitszeiten führten. Danach schaltete der Betriebsrat das genannte Amt erneut ein und überließ ihm diesmal Ausdrucke aus der Zeiterfassungs-EDV, die Namen und Vornamen sowie die Personalnummer und die konkreten Arbeitszeiten bestimmter einzelner Arbeitnehmer für bestimmte Tage erkennen ließen. In den Besitz dieser personenbezogenen und an das Amt weitergeleiteten Daten war der Betriebsrat gem. Ziff. 3.7 NZE (Bl. 40 d.A.) gelangt. Wegen dieses Verhaltens erklärte am 16. oder 17.10.2000 der damalige Personalleiter der Arbeitgeberin, ein Herr … gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden … und dessen Stellvertreter … „Ich erteile Ihnen beiden hiermit in Ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer einen mündlichen Verweis, weil Sie Daten im Zusammenhang mit der Arbeitszeit von Arbeitnehmern an Dritte gegeben haben.” Diesen am 08.11.2000 auch schriftlich erteilten „Verweis” zog der Personalleiter am 04.12.2000 per E-Mail wieder zurück (Bl. 37 d.A.).
Der Betriebsrat hat gemeint, die Arbeitgeberin sei nicht berechtigt, seine Mitglieder wegen der Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben mit Verweisen zu belegen. Wenn sie die Tätigkeit einzelner Betriebsratsmitglieder beanstande, so könne sie ausschließlich nach § 23 Abs. 1 BetrVG vorgehen, nicht aber individualrechtliche Sanktionen ergreifen. Im Übrigen hat der Betriebsrat die Auffassung vertreten, dass er mit der Überlassung auch personenbezogener Daten an das Amt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik lediglich seine Rechte und Pflichten gem. § 89 Abs. 1 BetrVG ausgeübt bzw. erfüllt habe.
Der Betriebsrat hat beantragt,
- die Arbeitgeberin zu verpflichten, es zu unterlassen, Mitgliedern des Betriebsrats einen mündlichen oder sonstigen Verweis O.Ä. zu erteilen im Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben, insbesondere im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit des Betriebsrats mit dem Amt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik;
- festzustellen, dass der Betriebsrat berechtigt ist, dem staatlichen Amt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik Frankfurt am Main Auskunft über die tatsächlich gearbeiteten Arbeitszeiten von Arbeitnehmern des Betriebes Frankfurt zu geben.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen
und beantragt darüber hinaus,
festzustellen, dass der Betriebsrat nicht berechtigt ist, dem staatlichen Amt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik in Frankfurt am Main ohne schriftliche Einwilligung der betroffenen Arbeitnehmer personenbezogene Daten aus der elektronischen Zeiterfassung der Arbeitgeberin zu übermitteln, insbesondere dass der Betriebsrat nicht berechtigt ist. Ausdrucke der elektronischen Zeiterfassung der Arbeitgeberin an das vorgenannte Amt herauszugeben, die u. a. den Namen, den Vornamen, die Personalnummer sowie konkrete tatsächliche Arbeitszeiten der Arbeitnehmer bezogen auf einzelne Arbeitstage enthalten.
Die Arbeitgeberin hat den Antrag zu 1. des Betriebsrats mangels Bestimmtheit für unzulä...