Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordentliche Kündigung, Annahmeverzug, Urlaubsabgeltung. Vorgla der Vollmacht, uverzügliche Zurückweisung. Vergütungs- und Urlaubsabgeltungsansprüche nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (amtlich)

Der Leiter einer Niederlassung eines Unternehmens des Transportgewerbes ist regelmäßig nach der Verkehrsanschauung den gewerblichen Arbeitnehmern kündigungsberechtigt anzusehen.

 

Normenkette

BGB §§ 620, 622 Abs. 5 Nr. 1, §§ 174, 164, 611 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 2; BUrlG § 7 Abs. 4, §§ 11, 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 lit.b

 

Verfahrensgang

ArbG Hanau (Entscheidung vom 05.08.1999; Aktenzeichen 3 Ca 574/98)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts in Hanau vom 05. August 1999 – 3 Ca 574/98 – teilweise abgeändert.

Die Klage wird auch im übrigen abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um den Zeitpunkt der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses, sich daraus für den Kläger ergebende Vergütungsansprüche und Ansprüche des Klägers auf Urlaubsabgeltung.

Der am 07. September 1961 geborene Kläger ist drei minderjährigen Kindern unterhaltsverpflichtet. Aufgrund des „befristeten Aushilfsarbeitsvertrags” vom 17. September 1998 war er seit dem 14. September 1998 zur Aushilfe als Kraftfahrer zu einer Vergütung von DM 2.800,00 brutto im Monat in der Niederlassung Linsengericht/Gelnhausen der Beklagten in Linsengericht beschäftigt (Bl. 6 und 7 d. A.). Dort sind etwa 70 Arbeitnehmer tätig. Der Arbeitsvertrag war für die Beklagte von deren Niederlassungsleiter R. abgeschlossen, der auch Ansprechpartner des Klägers in Hinblick auf dessen arbeitsvertragliche Beziehungen zu der Beklagten war. § 6 AV lautet:

„…

§ 6 Dauer des Vertrages/Kündigung

(1) Das Vertragsverhältnis wird für die Dauer von 3 (drei) Monaten abgeschlossen und endet nach Ablauf der Frist, ohne dass es hierfür einer Kündigung bedarf.

(2) Zusätzlich wird eine tägliche Kündigungsfrist vereinbart.

(3) Jede Kündigung bedarf der Schriftform.

…” (Bl. 6 d. A).

Der Niederlassungsleiter Rudolf kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 09. November 1998 ordentlich zum 11. November 1998, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin (Bl. 5 d. A.). Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger am 11. oder 12. November 1998 zu. Der Kläger suchte am Freitag, dem 13. November 1998, seinen nachmaligen Prozessbevollmächtigten auf. Sein späterer Prozessbevollmächtigter wies die Kündigung mit einem Schreiben vom 18. November 1998, der Beklagten zugegangen am 20. November 1998, dem eine Originalvollmacht beigefügt war, mangels … beigefügter Originalvollmacht der gesetzlichen Vertreter der Beklagten zurück (Bl. 13 d. A.). Die Beklagte kündigte daraufhin nochmals mit Schreiben vom 24. November 1998 zum 26. November 1998 (Bl. 12 d. A.) und mit Schreiben vom 26. November 1998 zum 25. November 1998 (Bl. 19 und 20 d. A.). Auch diese Kündigungen wies der Kläger durch seinen nachmaligen Prozessbevollmächtigten zurück (Bl. 34 d. A.). Mit der Klage hat der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit aller drei Kündigungen, einen Anspruch auf Zahlung von Vergütung für die Zeit vom 11. November bis 14. Dezember 1998 in Höhe von 3.139,38 DM brutto und zunächst auf Abgeltung von vier Urlaubstagen à 169,70 DM brutto, zusammen von 678,80 DM brutto, insgesamt von 3.818,18 DM brutto verfolgt, diesen aber nach Zahlung von 215,38 DM brutto Urlaubsabgeltung für zwei Urlaubstage durch die Beklagte auf 3.602,80 DM brutto ermäßigt.

Der Kläger hat die Kündigungen für sozial nicht gerechtfertigt und wegen nicht beigefügter Vollmacht der Kündigenden für unwirksam und die vereinbarte Kündigungsfrist für unzulässig gehalten. Er ist der Ansicht gewesen, ihm stehe aus Annahmeverzug Vergütung bis zum Auslaufen des Arbeitsverhältnisses und Abgeltung von vier Urlaubstagen zu. Er hat behauptet, ihm seien die Befugnisse des Niederlassungsleiters R. nicht bekannt gewesen. Die Führung der Niederlassung durch diesen und dessen Befugnis zur Einstellung und Entlassung von Mitarbeiterin im Innen- und Außenverhältnis hat er bestritten. Darüber sei ihm nichts bekannt gewesen. Er hat zuletzt beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung der Beklagten vom 09. November, 24. November noch 26. November 1998 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 14. Dezember 1998 fortbestanden hat;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.602,80 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat um die Abweisung der Klage gebeten. Sie hat die Kündigungsfrist für zulässig gehalten. Die Stellung eines Niederlassungsleiters sei der eines Personalabteilungsleiters gleichzusetzen. Sie hat behauptet, der Niederlassungsleiter R. führe den gesamten Betrieb eigenverantwortlich und sei damit von seiner Position her personenidentisch mit dem Personalleiter und damit zur selbständigen Einstellung und Entlassung berechtigt. Das, sei sämtliche...

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge