Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung. Schadensersatz. Arbeitsunfall. Vorsatz
Leitsatz (amtlich)
Die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles im Sinne der §§ 104 Abs. 1, 105 Abs. 1 SGB VII muss die durch den Arbeitsunfall verursachte Gesundheitsschädigung einschließen.
Normenkette
SGB VII § 104 Abs. 1, § 105 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Fulda (Entscheidung vom 14.12.2000; Aktenzeichen 2 Ca 371/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 14. Dezember 2000 – 2 Ca 371/00 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Beklagte zu 1) betreibt einen baugewerblichen Betrieb. Der Beklagte zu 2) ist ein Mitarbeiter des Beklagten zu 1). Der Kläger ist als Schlosser bei dem Beklagten zu 1) beschäftigt.
Im Sommer 1999 wurde der Beklagte zu 1) beauftragt, auf der Baustelle B./G. eine Stahlbauhalle zu errichten. Es sollten unter anderem Montagearbeiten an Stahlträgern unterhalb der Dachkonstruktion in einer Höhe von sechs Metern ausgeführt werden. Zu diesem Zweck mietete der Beklagte zu 1) einen Teleskopstapler mit Arbeitskorb von der Firma I. GmbH & Co. KG, die einen solchen am 3. August 1999 anlieferte. Der gelieferte Teleskopstapler war nicht geeignet, in Verbindung mit einem Arbeitskorb als Arbeitsplattform benutzt zu werden. Der Arbeitskorb konnte nicht absturzsicher an dem Teleskoparm befestigt werden. Technische Vorrichtungen, die das Abkippen der Gabel verhindern können, waren nicht vorhanden. Mitarbeiter der Firma I. GmbH & Co. erklärten dem Beklagten zu 2), der einen Fahrausweis für motorisch angetriebene Flurförderfahrzeuge im innerbetrieblichen Werksverkehr besitzt und Baustellenleiter dieser Baustelle war, wie der gelieferte Teleskopstapler zu bedienen sei. Der Beklagte zu 2) kontrollierte bei der Anlieferung nicht, ob Mängel an dem gelieferten Teleskopstapler vorhanden waren und ob der gelieferte Gabelstapler für die beabsichtigte Nutzung geeignet war. Der gelieferte Teleskopstapler wurde vom 3. August 1999 bis zum 16. August 1999 eingesetzt.
Am 16. August 1999 erledigte der Kläger Montagearbeiten unterhalb der Dachkonstruktion. Zu diesem Zweck stand er in dem hochgefahrenen Arbeitskorb des gelieferten Teleskopstaplers. Der Beklagte zu 2) steuerte den Gabelstapler. Die am Teleskopstapler vorhandenen Stützen hatte der Beklagte zu 2) nicht ausgefahren. Als der Beklagte zu 2) den Steuerungshebel bedienen wollte, griff er irrtümlich nach dem Kipphebel. Dies führte dazu, dass der Arbeitskorb kippte, sich vom Arm löste und der Kläger aus einer Höhe von drei Metern zu Boden stürzte. Durch den Sturz erlitt der Kläger eine Oberarmschaftfraktur rechts und eine Radialisschädigung. Der genaue Umfang des Körperschadens, insbesondere ob dadurch ein Dauerschaden verursacht worden ist, ist zwischen den Parteien streitig. Mit Schreiben vom 17. März 2000 erklärte der Haftpflichtversicherer der Firma I. GmbH & Co. KG sich gegenüber dem Kläger bereit, in eine Regulierung „berechtigter Schadensersatzansprüche mit einer Quote von 50 % einzutreten”.
Der Kläger ist der Auffassung gewesen, die Beklagten seien verpflichtet, die restlichen 50 % des Lohnausfalls zu zahlen, der durch seine Verletzung am 16. August 1999 entstanden ist und aufgrund seiner noch andauernden Erkrankung entstehen wird. Mit der Klage hat er die hälftige Differenz zwischen Lohnanspruch und Krankengeld (DM 330,21) für die Zeit von Sept. 1999 bis August 2000 und den Zukunftsschaden geltend gemacht. Er hat gemeint, der Beklagte zu 1) hafte für das schuldhafte Verhalten des Beklagten zu 2), da der Beklagte zu 2) gegenüber dem Beklagten zu 1) einen Freistellungsanspruch geltend machen könne; der Beklagte zu 2) hafte aufgrund seines vorsätzlichen Verhaltens unmittelbar. Hierzu hat der Kläger behauptet, der Beklagte zu 2) sei nicht im Besitz eines Führerscheins für Gabelstapler, die mit einem Arbeitskorb bedient werden; am Tag des Unfalles habe der Kläger den Beklagten zu 2) mehrfach aufgefordert, die seitlichen Stützen am Gabelstapler herauszufahren; der Beklagte zu 2) habe gemeint, dies sei nicht notwendig; unmittelbar vor dem Unfall habe der Beklagte zu 2) angesetzt rückwärts zu fahren und seinen Kopf gedreht, um rückwärts zu sehen; auf den Zuruf des Klägers, den Arbeitskorb herunter zu fahren, bevor der Beklagte zu 2) eine neue Montagestelle anfuhr, habe der Beklagte zu 2) nicht reagiert.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn DM 3.962,52 (i. W.: dreitausendneunhundertzweiundsechzig 52/100 Deutsche Mark) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner 50 % derjenigen seit dem September 2000 entstandenen materiellen Schäden zu zahlen haben, die dem Kläger aufgrund des Arbeitsunfalls vom 16. August 1999 künftig entstehen und nicht von dritter Seite gezahlt werde...