Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Filmeditor. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung
Orientierungssatz
Die Tätigkeit als Filmeditor, der im Rahmen seines Auftragsverhältnisses keinerlei Weisungen unterliegt, über seine Arbeitszeit frei verfügen kann, vom Auftraggeber eine pauschale Vergütung erhält, dem bei seiner Tätigkeit ein erheblicher künstlerisch-eigenschöpferischer Gestaltungsspielraum zusteht und der über einen eigenen aus seinen Mitteln eingerichteten Schnittplatz an seinem Wohnsitz verfügt, ist als versicherungsfreie selbständige Tätigkeit anzusehen.
Tenor
Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2020 zu Ziffer 1 wie folgt neu gefasst wird:
Der Bescheid der Beklagten vom 9. Oktober 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Februar 2016 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die von dem Kläger in der Zeit ab dem 27. November 2014 für die Beigeladene zu 1) ausgeübte Tätigkeit als Filmeditor nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Beigeladenen zu 1); im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers in seiner Tätigkeit als Filmeditor für die beigeladene Filmproduktionsgesellschaft im Rahmen der Produktion des Fernsehfilms „FX.“.
Der Kläger beantragte am 9. April 2015 bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status unter Vorlage eines zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) abgeschlossenen Werkvertrags für den voraussichtlichen Leistungszeitraum vom 27. November 2014 bis 23. Januar 2015. Danach beauftragte die Beigeladene zu 1) den Kläger für den im Auftrag von GX. zu erstellenden Film „FX.“ (u.a. mit H. und I. H.; Erstausstrahlung am 11. Juni 2015, 20.15 Uhr, G.) mit der Erstellung und Produktion des künstlerischen Bildschnittes. Seine Tätigkeit umfasse sämtliche branchenüblichen von einem Filmeditor zu erbringenden Tätigkeiten, insbesondere alle Vor- und Nachbearbeitungsarbeiten, sowie Überwachungs-, Beratungs- und sonstige Tätigkeiten. Der Kläger sei in der Gestaltung seiner Tätigkeit selbständig tätig und vollkommen frei, wobei er auf die aus der Zusammenarbeit sich ergebenden betrieblichen Belange und Interessen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit Rücksicht nehmen werde. Der Kläger erbringe seine Leistung höchstpersönlich und sei nicht berechtigt, den Produzenten gegenüber Dritten in irgendeiner Form zu verpflichten. Er werde bei seiner Tätigkeit die inhaltlichen Vorgaben und Anregung des Produzenten berücksichtigen. Dem Kläger stehe es ferner frei, während des Vertragszeitraums auch für Dritte zu arbeiten. Er gewährleiste allerdings, dass es durch eine solche, anderweitige Tätigkeit nicht zu zeitlichen Verzögerungen oder qualitativen Einschränkungen bezüglich seiner vertragsgegenständlichen Leistung komme. Als Vergütung war unter der Voraussetzung der Abnahmefähigkeit des Werkes eine voraussichtliche Pauschalvergütung i. H. v. 12.600 € auf der Grundlage eines Tageshonorars von 300 € (zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer) vereinbart. Ferner enthielt der Vertrag umfangreiche Regelungen zur urheberrechtlichen Rechteeinräumung, zur vorzeitigen Vertragsbeendigung und weitere Vertragsbedingungen z.B. zur Übernahme von Reisekosten und Fahrtkosten; insoweit wird auf Bl. 12 ff der Verwaltungsakte Bezug genommen.
In dem beigefügten Antragsformular gab der Kläger an, er sei für diverse andere Auftraggeber aus dem Bereich der Filmproduktion selbständig tätig. Die Beigeladene zu 1) teilte mit, der Kläger habe keinerlei Vorgaben zur Arbeitszeit gehabt. Meist habe er zwischen 9 und 10 Uhr mit der Arbeit begonnen und sei zwischen 20 und 24 Uhr fertig gewesen. Die Tätigkeit sei an einem Schnittplatz in B-Stadt am Ort der Produktion ausgeführt worden. Der Kläger habe wählen können, ob er von seinem normalen Schnittplatz in A-Stadt aus habe arbeiten wollen oder auf eigene Kosten in B-Stadt näher an der Produktion arbeite, was wegen Abstimmungen einfacher sei. Der Kläger sei seit vielen Jahren als Filmeditor tätig und habe einen regelmäßigen Kundenstamm. In der Preisgestaltung sei der Auftragnehmer völlig frei. So habe er für diesen Vertrag die vorgeschlagene Gage abgelehnt und eine höhere Gage verlangt. Er sei auf eigene Kosten nach B-Stadt gefahren und habe dort auf eigene Kosten ein Zimmer gemietet, auch habe er Titel, Abspann und einzelne VFX Szenen mit eigenen Schnittrechnern und Schnittprogrammen erstellt.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Kläger mit, dass er während der Dreharbeiten als Filmeditor insbesondere folgende Aufgaben eigenständig und mit eigenschöpferischem Ges...