Christoph Tillmanns, Dr. Manuel Schütt
Der Fall
Der Arbeitnehmer war bei der Arbeitgeberin vom 9.6.2010 bis zum 19.10.2015 in einem Arbeitsverhältnis (und danach in einem freien Dienstverhältnis) tätig. Urlaub hatte er in der Zeit als Arbeitnehmer nicht erhalten. Im August 2019 hat er Klage erhoben und Abgeltung von Urlaub für die Jahre 2010–2015 geltend gemacht. Ein Hinweis auf den möglichen Verfall war nicht erfolgt. Die Beklagte hat sich auf die Verjährung berufen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dem Kläger Urlaubsansprüche für die Jahre 2010–2014 zugestanden, nicht jedoch für 2015. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist ein reiner Geldanspruch und unterliegt der Verjährung. Die 3-jährige Verjährungsfrist beginnt regelmäßig mit dem Ende des Jahres, in dem der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Im Fall war dies das Jahresende 2015. Allerdings hat der europäische Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2018, nämlich in der Entscheidung vom 6.11.2018, neue Regeln für den Verfall von Urlaub aufgestellt. Vor dem Ende des Jahres 2018 sei es dem Kläger deshalb mangels Erfolgsaussicht gar nicht zumutbar gewesen, Klage zu erheben, da er vor dieser Entscheidung davon habe ausgehen dürfen, dass Urlaubsabgeltungsansprüche nach der bis dahin geltenden Rechtsprechung grundsätzlich mit dem Ende des Urlaubsjahres bzw. des Übertragungszeitraums am 31. März des Folgejahres als verfallen behandelt würden. Erst Ende 2018 konnte mit der unionsrechtskonformen Umsetzung der EuGH-Entscheidung durch nationale Gerichte gerechnet werden.
Für den Beginn der Verjährung des Urlaubsabgeltungsanspruchs kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen ist und er den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage versetzt hat, den Urlaubsanspruch wahrzunehmen, da zwischen dem Urlaub und dem Urlaubsabgeltungsanspruch keine Zweckidentität besteht.
Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche sind zu unterscheiden. Während Urlaubsansprüche, die mangels Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheit nicht verfallen und auch nicht verjähren, können Urlaubsabgeltungsansprüche sehr wohl der Verjährung unterliegen. Die Verjährungsfrist beginnt dann immer am Ende des Jahres, in dem der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist und beträgt 3 Jahre. Inzwischen ist die Rechtsprechungsänderung aus 2018 auch weitgehend bekannt und ohnehin sind seither mehr als 3 Jahre abgelaufen.
Dieselben Grundsätze gelten bei Urlaubsabgeltungsansprüchen auch im Hinblick auf bestehende, aber nicht eingehaltene Ausschlussfristen.
In Bezug auf den Urlaubsabgeltungsanspruch für das Kalenderjahr 2015 ist das BAG von einer Verjährung zum 31.12.2018 ausgegangen, da dieser Anspruch zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch nach der bisherigen Rechtsprechung noch nicht verfallen war. Eine Geltendmachung wäre also bereits im Jahr 2015 möglich gewesen.