Im Zuge des Inkrafttretens des Cannabiskonsumgesetzes (KCanG) am 1.4.2024 ist auch die Arbeitsstättenverordnung in § 5 Abs. 1 ArbStättV im Hinblick auf den Nichtraucherschutz geändert worden. Dieser lautet nunmehr:
Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Rauch und Dämpfe von Tabak- und Cannabisprodukten sowie elektronischen Zigaretten geschützt sind.
Hintergrund ist, dass das Cannabiskonsumgesetz in § 3 KCanG Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, nun den Besitz von bis zu 25 g Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt. Da damit zumindest die Möglichkeit besteht, dass Arbeitnehmer auch im Betrieb Cannabis rauchen, hat sich der Gesetzgeber veranlasst gesehen, den Schutz der Nichtraucher auch vor gerauchten Cannabisprodukten ausdrücklich in die Arbeitsstättenverordnung aufzunehmen. Durch die Legalisierung des Besitzes von geringen Mengen an Cannabis zum Eigenkonsum treten eine Reihe von Fragen auch in Bezug auf das Arbeitsverhältnis auf.
Der Arbeitgeber ist über sein Weisungsrecht nach § 106 GewO befugt, den Konsum von Cannabisprodukten, gleich auf welche Art und Weise, im Betrieb vollständig zu verbieten. Anders als für das Rauchen von Zigaretten muss er den Beschäftigten auch keinen Raum hierfür zur Verfügung stellen. Während das Rauchen von Zigaretten zwar gegebenenfalls gesundheitsschädlich ist, aber nicht unmittelbar die Erbringung der Arbeitsleistung beeinträchtigt, lässt sich das für den Konsum von Cannabis, gleich in welcher Weise, aufgrund der berauschenden Wirkung nicht annehmen.
Verbietet der Arbeitgeber den Konsum von Cannabis im Betrieb, stellt sich die Frage, ob das nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist. Soweit eine gesetzliche Regelung besteht, die den Cannabiskonsum von vornherein ausschließt, beispielsweise in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, hat der Betriebsrat von vornherein nach dem Einleitungssatz in § 87 Abs. 1 BetrVG kein Mitbestimmungsrecht. Ansonsten ist für ein Mitbestimmungsrecht nach Nr. 1 danach zu unterscheiden, ob das Verbot unmittelbar die Erbringung der Arbeitsleistung (Arbeitsverhalten) oder allgemein das Zusammenleben der Arbeitnehmer im Betrieb (Ordnungsverhalten) betrifft. Nur im letztgenannten Fall hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht.
Da der Konsum von Cannabisprodukten eine im Einzelnen noch nicht erforschte berauschende Wirkung hat, ist dieser grundsätzlich geeignet, die Erbringung der Arbeitsleistung zu beeinträchtigen. Sofern es die Arbeitsleistung erfordert, dass der Arbeitnehmer nicht berauscht ist, betrifft das Verbot des Cannabiskonsums unmittelbar die Arbeitsleistung. Es ist daher mitbestimmungsfrei. Nur dann, wenn die Arbeitsleistung auch im Fall des Konsums von Cannabisprodukten immer noch ordnungsgemäß erbracht werden kann, kommt überhaupt ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in Betracht. Angesichts der bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten ist aber zu empfehlen, beim Verbot des Cannabiskonsums im Betrieb grundsätzlich den Betriebsrat mit einzubeziehen und das Verbot durch eine Betriebsvereinbarung zu regeln.
Der Arbeitgeber darf und braucht Arbeitnehmer, die unter dem Einfluss von Cannabisprodukten stehen, nicht zu beschäftigen. Nach § 15 DGUV-V 1 – allgemeine Unterstützungspflichten und Verhalten – dürfen sich Versicherte durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können.
Nach § 7 DGUV-V 1 – Befähigung für Tätigkeiten – darf der Unternehmer Versicherte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen.
Ist der Arbeitnehmer aufgrund des Konsums von Cannabis nicht in der Lage, die Arbeitsleistung ohne Verstoß gegen diese Vorschriften zu erbringen, darf der Arbeitgeber ihn nicht beschäftigen. Er wird dann aber auch nach § 297 BGB von der Pflicht zur Vergütungszahlung frei. Die Anwendung der Vorschriften ist eine Frage des Einzelfalls. Insbesondere stellt sich die Frage, wann ein Arbeitnehmer erkennbar nicht in der Lage ist, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen. Die Handhabung bei erkennbar alkoholisierten Arbeitnehmern kann hier entsprechend angewendet werden. Es genügt bereits der begründete Verdacht, dass der Arbeitnehmer nicht in der Lage ist, die Arbeit ohne Gefährdung seiner eigenen Person oder von anderen auszuführen. Allerdings hat der Arbeitgeber die Verdachtsmomente im eigenen Interesse sorgfältig zu kontrollieren, denn die Beweislast für die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers nach § 297 BGB trägt der Arbeitgeber. Bei Vorliegen eines konkreten Verdachts sollte er den Arbeitnehmer auffordern, seinen Zustand durch den Werksarzt abklären zu lassen. Kommt der Arbeitnehmer dem nicht nach, kann der Arbeitgeber das nicht erzwingen, aber zunächst die Beschäftigung verweigern und die Vergütung...