BAG, Urteil vom 25.1.2022, 9 AZR 146/21
Weder aus § 109 Abs. 1 GewO noch § 241 Abs. 2 BGB lässt sich die Verpflichtung des Arbeitgebers herleiten, ein Arbeitszeugnis mit einer Schlussformel zu versehen, in der er dem Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit dankt und ihm für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg wünscht. Mit solche einer verpflichtenden Dankes- und Wunschformel würde insbesondere die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gestützte negative Meinungsfreiheit des Arbeitgebers beeinträchtigt werden.
Sachverhalt
Der Kläger war 3 Jahre bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens verpflichtete sich die Arbeitgeberin, dem Kläger ein qualifiziertes wohlwollendes Arbeitszeugnis zu erteilen. Das Arbeitszeugnis enthielt jedoch keine sog. Dankes- und Wunschformel. Da der Kläger der Auffassung war, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, das Zeugnis mit einer entsprechenden Schlussformel zu versehen, beantragte er, die Arbeitgeberin zu verurteilen, ihm Zug-um-Zug gegen Rückgabe des erteilten Arbeitszeugnisses ein neues, um einen Schlusssatz ergänztes Arbeitszeugnis, zu erteilen.
Die Entscheidung
Vor dem BAG hatte die Klage keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses mit einer Dankes- und Wunschformel.
Das Gericht führte hierzu aus, dass sich ein Anspruch hierauf weder aus § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO noch aus § 241 Abs. 2 i. V. m. § 109 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 GewO ergebe. Bei der Beurteilung, ob der Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses aus § 109 GewO auch die Formulierung einer ggf. auf die Gesamtnote abgestimmten Schlussformel umfasse, seien auf Seiten des Arbeitgebers die Grundrechte der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG und seine durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Unternehmerfreiheit zu beachten, auf Seiten des Arbeitnehmers die Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Nach Auffassung des BAG sei jedoch das Interesse des Arbeitgebers, seine innere Einstellung zu dem Arbeitnehmer sowie seine Gedanken- und Gefühlswelt nicht offenbaren zu müssen, höher zu bewerten als das Interesse des Arbeitnehmers an einer Schlussformel.
Als Begründung wurde ausgeführt, dass ein Arbeitnehmer durch die Erteilung eines Arbeitszeugnisses ohne Schlussformel nur in geringem Maße in seiner grundrechtlich geschützten Position betroffen sei, da die Schlussformel nur in geringem Maße zur Erfüllung des Zeugniszwecks beitrage. Auch ergäben sich für den Leser hieraus keine über die eigentliche Leistungs- und Verhaltensbeurteilung hinausgehenden Informationen zur Beurteilung, inwieweit der Arbeitnehmer für eine zu besetzende Stelle geeignet sei. Dagegen wäre, sollte eine Dankes- und Wunschformel integraler Bestandteil eines qualifizierten Zeugnisses sein, der Arbeitgeber verpflichtet, innere Gedanken über und Gefühle für den Arbeitnehmer zu äußern, wodurch seine durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte negative Meinungsfreiheit beeinträchtigt werden würde. Des Weiteren könne dieser Anspruch auch nicht aus dem Rücksichtnahmegebot nach § 241 Abs. 2 BGB hergeleitet werden, da dieses insbesondere nicht herangezogen werden könne, um abschließende gesetzliche Regelungen wie § 109 GewO zu erweitern; denn dies würde die Grenzen der zulässigen Auslegung und richterlicher Rechtsfortbildung überschreiten.