Wichtig

Leistet das Kind Bundesfreiwilligendienst oder ein freiwilliges soziales Jahr oder freiwilliges ökologisches Jahr ab, so haben die Eltern für diesen Zeitraum Anspruch auf Kindergeld. Bestimmte Freiwilligendienste wurden in den Katalog der begünstigten Dienste für die Kindergeldberechtigung aufgenommen (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG).

Wird der Freiwilligendienst nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung/eines Erststudiums abgeleistet, so wird das Kind bei der Kindergeldgewährung nur berücksichtigt, wenn das Kind nicht parallel "einer Erwerbstätigkeit" nachgeht (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). Auf die Ausführungen oben Ziffer 3.3.5.2.2 Kindergeldanspruch nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung/eines Erststudiums wird verwiesen.

Für Kinder, die freiwilligen Wehrdienst nach § 58b des Soldatengesetzes leisten oder den – seit 1.7.2011 ausgesetzten – gesetzlichen Grundwehrdienst, Zivildienst leisteten oder eine Tätigkeit als Entwicklungshelfer ausüben, besteht dagegen grundsätzlich kein Anspruch auf Kindergeld. Diese Regelung ist verfassungsgemäß.[1] Der Gesetzgeber darf typisierend davon ausgehen, dass die Eltern von Kindern, die den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst ableisten, wirtschaftlich nicht belastet sind und deshalb keinen Anspruch auf Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag haben. Wehrpflichtige Soldaten haben Anspruch auf Geld- oder Sachbezüge sowie auf Heilfürsorge, auf besondere Zuwendungen, Unterbringung und Verpflegung sowie Fahrscheine für Familienheimfahrten; Unterkunft und Dienstbekleidung werden unentgeltlich gewährt. Finanzielle Kosten durch das Vorhalten von Wohnraum für wehrdienstleistende Kinder, die an den Wochenenden, in den Ferien und nach Beendigung des Wehrdienstes in das Elternhaus zurückkehren wollen, gehören nach der Entscheidung des BFH nicht zum "existenznotwendigen Bedarf des Kindes"; zudem könne das wehrdienstleistende Kind diese Belastungen durch seinen Wehrsold und die sonstigen Zusatzleistungen, die zur freien Verfügung stehen, ausgleichen.

 
Hinweis

Freiwilliger Wehrdienst als Berufsausbildung

Anspruch auf Kindergeld für das Kind besteht jedoch, wenn der freiwillige Wehrdienst als Berufsausbildung zu werten ist. Nach Auffassung des BFH[2] kann der freiwillige Wehrdienst – abhängig von dessen Ausgestaltung und der Art der Durchführung – im Einzelfall eine Berufsausbildung gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG darstellen.

Der Wehrdienst stellt eine militärische Berufsausbildung dar, wenn der Soldat tatsächlich eine Ausbildung zum Offizier oder Unteroffizier erhält und nicht lediglich im Mannschaftsdienstgrad Dienst leistet. Ein freiwilliger zusätzlicher Wehrdienst kann in Einzelfällen unter bestimmten Umständen als Teil der Berufsausbildung zum Offizier bzw. Unteroffizier angesehen werden, wenn der freiwillige Wehrdienst der Heranführung an die Offiziers- oder Unteroffizierslaufbahn dient. Hierfür kommt es insbesondere darauf an, wie zielstrebig der Wehrdienstleistende die Übernahme in ein Soldatenverhältnis auf Zeit verfolgt und inwiefern bereits während der Dienstleistung im Mannschaftsdienstgrad der Ausbildungscharakter im Vordergrund der Tätigkeit steht. Im Rahmen des Wehrdienstes kann nicht nur eine militärische Berufsausbildung, sondern auch die Ausbildung zu einem zivilen Beruf erfolgen.[3]

 
Praxis-Tipp

Erlass des Bundeszentralamts für Steuern zum freiwilligen Wehrdienst

Das Bundeszentralamt für Steuern gibt in seinem Erlass vom 25.3.2015[4] ausführliche Hinweise zur Anerkennung des freiwilligen Wehrdienstes als Berufsausbildung, differenzierend zwischen der Laufbahn der Mannschaften und der Laufbahn der (Unter-)Offiziere sowie der Ausbildung zum Reserveoffizier.

Auch kann ein Kind ausnahmsweise berücksichtigt werden, wenn das Kind bspw. neben einem Zivildienst "ernsthaft und nachhaltig ein Studium betreibt". Dann befindet es sich trotz des Zivildienstes in Berufsausbildung.[5]

[3] Vgl. BFH, Urteil v. 15.7.2003, VIII R 19/02, BFHE 203, 417, BStBl II 2007 S. 247, betreffend die Ausbildung als Unteroffizier und Telekommunikationselektroniker.
[4] Bundeszentralamt für Steuern, Erlass v. 25.3.2015, St II 2-S 2282-PB/15/00001.

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