Für den Normalfall sieht § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG vor, dass der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer vorzulegen hat, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Kalendertage dauert; das Gesetz ordnet die Vorlage dann für den darauffolgenden Arbeitstag an.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG ist der Arbeitgeber berechtigt, von dem Arbeitnehmer die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer schon von dem ersten Tag der Erkrankung an zu verlangen.
So kann der Arbeitgeber einen vorzeitigen Nachweis nicht nur in einem Einzelfall fordern, wenn z. B. ein Beschäftigter des Öfteren kurzzeitige "Auszeiten" nimmt. Vielmehr kann ganz generell und kollektiv für eine Abteilung oder aber für den ganzen Betrieb die Vorlagepflicht auf den ersten Tag der Erkrankung gelegt werden, z. B. durch Aushang am Schwarzen Brett, Hausmitteilung, einheitliche Regelung in allen Arbeitsverträgen. In diesen Fällen besteht jedoch ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bzw. des Personalrats nach der entsprechenden Regelung im Landespersonalvertretungsgesetz (z. B. "Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten"). Der Arbeitgeber kann die Regelung auch mit dem Betriebsrat durch Betriebsvereinbarung oder mit dem Personalrat durch Dienstvereinbarung treffen.
Das BAG hat entschieden, die Ausübung des Rechts nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG stehe im nicht an besondere Voraussetzungen gebundenen Ermessen des Arbeitgebers. Insbesondere sei es nicht erforderlich, dass gegen den Arbeitnehmer ein begründeter Verdacht besteht, er habe in der Vergangenheit eine Erkrankung nur vorgetäuscht. In diesem Sinne hat auch das LAG Rheinland-Pfalz entschieden. Das Verlangen des Arbeitgebers nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG darf danach nicht schikanös oder willkürlich sein und weder gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen Diskriminierungsverbote verstoßen. Deshalb macht der Arbeitgeber zulässigerweise von seinem Recht aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG Gebrauch, wenn sein wesentliches Motiv für das Verlangen nach Vorlage eines vorzeitigen Attests der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Ablehnung des beantragten Homeoffice-Tages und der Erkrankung des Arbeitnehmers ist.
Diese Rechtsprechung ist auch für den TV-V maßgebend, da dieser Tarifvertrag – wie bereits in den Vorbemerkungen unter 13.1 erwähnt – keine Regelungen zur Nachweispflicht im Krankheitsfall enthält.
Die Nachweispflicht besteht ebenso wie die Anzeigepflicht bei jeder krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 EFZG hat.
Wie die Anzeigepflicht gehört die Pflicht zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit zu den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten des Arbeitnehmers. Verletzt der Arbeitnehmer die Nachweispflicht und entsteht dem Arbeitgeber daraus ein Schaden, so hat der Arbeitnehmer diesen Schaden (bei Verschulden) zu ersetzen. Im Übrigen kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer abmahnen und bei wiederholten Verstößen kündigen.
Das Entgeltfortzahlungsgesetz sieht den Nachweis der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Normalfall an. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit auch auf andere Weise nachweisen kann. Stellt sich etwa heraus, dass die Arbeitsunfähigkeit offensichtlich falsch oder formal fehlerhaft war, so kann der Arbeitnehmer auch andere, im Arbeitsgerichtsprozess zugelassene Beweismittel bemühen. Insbesondere kann er seine Arbeitsunfähigkeit durch Zeugen zu belegen versuchen. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer den Arzt so spät aufsucht, dass eine Rückdatierung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit nicht mehr möglich ist.
Die vom Arbeitnehmer beizubringende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss gewisse inhaltliche Anforderungen erfüllen:
- Sie muss von einem approbierten Arzt ausgestellt sein.
- Es muss eine schriftliche Erklärung sein, die den behandelnden Arzt ausweist und die von ihm stammt.
- Die Bescheinigung muss erklären, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist; Krankheiten und ihre Ursachen müssen nicht genannt werden.
- Die Bescheinigung muss angeben, bis zum welchem Zeitpunkt oder wie lange die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich andauern wird.
- Ist der Arbeitnehmer in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert, muss die Bescheinigung eine Erklärung des behandelnden Arztes enthalten, dass der Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit mit Angaben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersandt wird (§ 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG).
Den Arzt treffen im Übrigen weitere Pflichten bei der Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. So darf der Arzt eine Arbeitsunfähigkeit nur aufgrund einer ärztlichen Untersuchung bescheinigen und die Arbeitsunfähigkeit nur in Ausnahmefällen und höchstens...