§ 5 Abs. 1 TV-V regelt die Grundlagen der Eingruppierung und orientiert sich dabei nur an wenigen in § 22 BAT enthaltenen Grundsätzen, die bis auf redaktionelle Anpassungen insgesamt unverändert in § 12 TVöD übernommen worden sind.
5.2.1 Eingruppierung nach der mindestens zur Hälfte regelmäßig auszuübenden Tätigkeit (Absatz 1 Satz 1)
Entsprechend § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT (= § 12 Abs. 2 Satz 2 TVöD) und den für Arbeiter geltenden Regelungen in den Vorbemerkungen genannten Tarifverträgen ist auch für Arbeitnehmer nach dem TV-V nicht deren gesamte Tätigkeit für ihre Eingruppierung maßgebend, sondern diejenige, die mindestens zur Hälfte der Gesamtarbeitszeit regelmäßig auszuüben ist.
Der Begriff "regelmäßig" entspricht der "nicht nur vorübergehend" auszuübenden Tätigkeit im Sinne des § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT (= § 12 Abs. 2 Satz 1 TVöD). Damit soll in Abgrenzung zu § 5 Abs. 3 TV-V klargestellt werden, dass für die Eingruppierung nicht die dem Arbeitnehmer nur vorübergehend übertragene Tätigkeit maßgebend sein soll, sondern diejenige, die ihm auf Dauer übertragen ist. Die Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe führt nämlich zu einer entsprechenden Gestaltung des Inhalts des Arbeitsvertrages, der gegen den Willen des Arbeitnehmers nur durch eine Änderungskündigung korrigiert werden kann. Demgegenüber ist die Gewährung einer Zulage nicht von Dauer und jederzeit widerruflich, sodass sich der Arbeitgeber bei Wegfall der Voraussetzungen davon lösen kann, ohne den Arbeitsvertrag inhaltlich ändern zu müssen (also ohne Änderungskündigung).
Die Eingruppierung richtet sich – ebenso wie im Geltungsbereich des BAT – nicht nach der tatsächlich ausgeübten, sondern nach der auszuübenden Tätigkeit. Damit ist die Tätigkeit gemeint, die der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich schuldet. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass sich der Arbeitnehmer eigenmächtig höherwertige Tätigkeiten anmaßt und daraus einen Höhergruppierungsanspruch ableiten kann. Der Arbeitgeber entscheidet über den "Stellenzuschnitt", und der jeweilige Vorgesetzte ist für die Zuweisung entsprechender Tätigkeiten verantwortlich.
Auch wenn der Begriff "Arbeitsvorgang" nicht mehr relevant ist, wird man gleichwohl die Tätigkeit des Arbeitnehmers je nach Aufgabenstellung in mehrere Teiltätigkeiten zerlegen müssen, und zwar insbesondere dann, wenn diese verschiedenen Entgeltgruppen zuzuordnen sind. Dabei wird man – ähnlich wie bei den Arbeitsvorgängen – auf das jeweilige Arbeitsergebnis abstellen können. Auch der nicht mehr geregelte Begriff der "Zusammenhangsarbeiten" hat insofern weiterhin Bedeutung, als es nicht der Intention des Tarifvertrages entspricht, völlig untergeordnete Tätigkeiten, die zur Erfüllung der "Haupttätigkeit" erforderlich sind, eigenständig zu bewerten und damit eingruppierungsrelevant werden zu lassen. Sie sind vielmehr der Haupttätigkeit zuzuordnen.
5.2.2 Eingruppierung bei ausdrücklicher Bestimmung abweichender zeitlicher Maße (Absatz 1 Satz 2)
Die Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 2 TV-V entspricht § 22 Abs. 2 Unterabs. 4 BAT (= § 12 Abs. 2 Satz 5 TVöD).
Immer dann, wenn die Tätigkeitsmerkmale in der Anlage 1 Voraussetzungen formulieren, ohne hierzu ein zeitliches Maß anzugeben (z. B. "gründliche Fachkenntnisse" in Entgeltgruppe 4 Oberbegriff 4.1), müssen diese Voraussetzungen mindestens zur Hälfte der Gesamtarbeitszeit erfüllt werden, um den Anforderungen der entsprechenden Entgeltgruppe zu genügen.
Ein ausdrücklich von Absatz 1 Satz 1 abweichendes Maß findet sich lediglich im Oberbegriff 6.2 der Entgeltgruppe 6. Danach muss der Arbeitnehmer Tätigkeiten ausüben, die neben gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen mindestens zu einem Fünftel selbständige Leistungen erfordern. Der Arbeitnehmer ist also dann entsprechend eingruppiert, wenn er mindestens zur Hälfte Tätigkeiten auszuüben hat, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern, und außerdem mindestens zu 20 v. H. seiner Gesamtarbeitszeit selbstständige Leistungen erbringt, die ihrerseits gründliche und vielseitige Fachkenntnisse voraussetzen ("Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten ......").
Der Arbeitnehmer, dessen Tätigkeiten zu 50 v. H. gründliche Fachkenntnisse und zu weiteren 50 v. H. gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern, wobei von den zuletzt genannten 50 v. H. wiederum 20 v. H. selbstständige Leistungen erfordern, erfüllt die Voraussetzungen der Entgeltgruppe 6 Oberbegriff 6.2 also nicht, da die selbstständigen Leistungen – bezogen auf die Gesamtarbeitszeit – lediglich 10 v. H. ausmachen.
5.2.3 Eingruppierung bei Teiltätigkeiten, von denen keine das Maß von 50 v. H. erreicht (Absatz 1 Satz 3)
Es sind Fälle denkbar, in denen Tätigkeiten eines Arbeitnehmers nicht die Anforderungen einer Entgeltgruppe erfüllen, weil keine der unterschiedlichen Entgeltgruppen zuzuordnenden Teiltätigkeiten das Maß von 50 v. H. erreicht. Hierzu haben die Tarifvertragsparteien in einer Niederschriftserklärung zu § 5 Abs. 1 Satz 3 drei Beispiele beschrieben, um diese Tarifvorschrift zu erläutern.
Beispiel 1
Die auszuübenden Teiltätigkeiten sind wie folgt zuzuordnen:
Entgeltgruppe |
Umfang der Teiltätigkeit |
8 |
25 v. H. |
7 |
45 v. H. |
6 |
30 v. H. |
Die 25 v. H. der Teiltätigkeit in Entgeltgruppe 8 sind...