Achim Stapf, Christoph Tillmanns
Da die Verdachtskündigung und die Tatkündigung 2 unterschiedliche Kündigungsgründe sind, ist im Rahmen der Anhörung der Arbeitnehmervertretung zu dem jeweiligen Kündigungsgrund auch danach zu differenzieren. Will der Arbeitgeber eine Verdachtskündigung aussprechen, so kann er dies nur, wenn er zuvor die Arbeitnehmervertretung gerade zum Kündigungsgrund des Verdachts einer schweren Vertragsverletzung angehört hat.
Stellt sich in der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht heraus, dass der Vorwurf der begangenen schweren Vertragsverletzung (Tatkündigung) nicht mit letzter Sicherheit nachweisbar ist, kann der Arbeitgeber nur dann den Kündigungsgrund des erheblichen Verdachts der schweren Vertragsverletzung nachschieben, wenn er dazu zuvor auch die Arbeitnehmervertretung angehört hat.
Der Arbeitnehmer wurde wegen der Unterschlagung von 100.000 EUR fristlos gekündigt. Er bestreitet den Vorwurf; vor dem Arbeitsgericht kommt es zu einer umfangreichen Beweisaufnahme. Am Ende der Beweisaufnahme teilt das Gericht nach Beratung mit, dass es nicht mit letzter Sicherheit davon überzeugt sei, dass der Arbeitnehmer tatsächlich die Unterschlagung begangen habe, da es von der Richtigkeit der Aussagen eines Zeugen nicht vollständig überzeugt sei.
Für den Arbeitgeber besteht jetzt immer noch die Möglichkeit, die Kündigung auf den erheblichen Verdacht der Unterschlagung zu stützen, denn das Gericht hat zu erkennen gegeben, dass nur die "letzte Sicherheit" bei seiner Überzeugungsbildung gefehlt hat. Ein erheblicher Verdacht einer Unterschlagung besteht hier auch weiterhin. Voraussetzung dafür ist, die Kündigung nunmehr jedoch auf den Verdacht der Unterschlagung zu stützen, dass zum einen der Arbeitnehmer vorher zu den Verdachtsmomenten angehört worden ist und zum anderen der Arbeitnehmervertretung mitgeteilt worden ist, dass die Kündigung auch auf den Verdacht der Unterschlagung gestützt wird. In diesem Zusammenhang ist der Arbeitnehmervertretung insbesondere auch das Ergebnis der Anhörung des Arbeitnehmers wahrheitsgemäß und unverfälscht mitzuteilen.
Aus diesem Grunde ist es immer ratsam, die Arbeitnehmervertretung sowohl zum Verdacht der schweren Vertragsverletzung als auch zur tatsächlich begangenen schweren Vertragsverletzung anzuhören.
Unproblematisch ist es jedoch, wenn das Gericht nicht nur den Verdacht der schweren Straftat annimmt, sondern sogar die Tat selbst als erwiesen ansieht. Wenn sogar die Tat nachgewiesen ist und vom Gericht angenommen wird, liegt erst recht eine entsprechende Verfehlung vor und der Verdacht hat sich als richtig herausgestellt. Sollte der Betriebsrat nur zum Verdacht, aber nicht zur Tat angehört worden sein, ist das unschädlich und macht die Kündigung nicht unwirksam.