Achim Stapf, Christoph Tillmanns
Nach § 34 Abs. 2 Satz 2 TVöD verbleibt es für am 30.9.2005 bereits ordentlich unkündbare Angestellte bei den bisherigen Regelungen des BAT. Die Reichweite der Besitzstandsregelung für die Beschäftigten, die im Zeitpunkt der Überleitung in den TVöD bereits unkündbar waren, bezieht sich nur auf den Ausschluss der ordentlichen Kündigung als solcher, nicht aber auf die sonstigen in § 55 Abs. 2 BAT enthaltenen Einschränkungen des außerordentlichen Kündigungsrechts. Die in § 55 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT vorgesehene Beschränkung bei Vorliegen von betrieblichen Gründen oder einer Leistungsminderung auf eine Änderungskündigung bei Herabgruppierung um maximal eine Gehaltsgruppe ist von dem nunmehr maßgeblichen § 34 Abs. 2 TVöD nicht übernommen worden.
Für dieses Auslegungsergebnis spricht schon der Wortlaut des § 34 Abs. 2 Satz 2 TVöD. Er stellt nur auf die Tatsache der "tariflichen Unkündbarkeit" als solche ab. Eine Deutung, dass es insgesamt, also auch hinsichtlich der näheren Ausgestaltung der Unkündbarkeit, bei den bisherigen Regelungen verbleiben soll, lässt sich aus dem Wortlaut nicht entnehmen. Dieses Verständnis des Wortlauts wird durch den sich aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergebenden Willen der Tarifvertragsparteien bestätigt. So ist in Satz 4 der Protokollerklärung zum 3. Abschnitt des TVÜ-VKA (nach § 16) ausdrücklich geregelt, dass § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT in seinem "bisherigen Geltungsbereich" unberührt bleibt. Dieser Regelung hätte es nicht bedurft, wenn die genannte Vorschrift ohnehin unbegrenzt weitergelten würde. Auch die Übergangsvorschrift in § 14 Abs. 3 TVÜ-VKA spricht von einem "Erwerb" des Sonderkündigungsschutzes und nicht generell von der Weitergeltung des früheren Tarifrechts.
Das BAG geht davon aus, dass die Tarifvertragsparteien auch den Bedenken der Rechtsprechung gegen die Wirksamkeit des früheren Tarifrechts Rechnung tragen wollten. § 55 Abs. 2 BAT zielte darauf ab, eine außerordentliche Beendigungskündigung aus betriebsbedingten Gründen auszuschließen, obwohl das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 626 Abs. 1 BGB unabdingbar ist. Dem hat das BAG bereits dadurch Rechnung getragen, dass es in extremen Ausnahmefällen, nämlich bei auf Dauer sinnentleerten Arbeitsverhältnissen, unter erheblichen Anforderungen eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit notwendiger Auslauffrist nach § 626 Abs. 1 BGB zugelassen hat.
Ferner haben die Tarifvertragsparteien als eines der wesentlichen Ziele bei der Neugestaltung des Tarifrechts die Lösung vom Beamtenrecht angesehen. Durch § 55 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT wurde das Arbeitsverhältnis des sog. unkündbaren Angestellten einem Beamtenverhältnis angenähert. Eine einschränkende Auslegung von § 34 Abs. 2 Satz 2 TVöD steht daher im Einklang mit einem von den Tarifvertragsparteien vereinbarten wesentlichen Ziel.
Praxisbeispiel:
Der bisherige Arbeitsplatz als Hauswirtschaftsleiterin eines Jugendaufbauwerks (Entgeltgruppe 9 TVöD) war aufgrund einer Unternehmerentscheidung weggefallen. Der Beschäftigten wurde angeboten, nach Ablauf der sozialen Ablauffrist als Pflegehelferin in einem Alten- und Pflegeheim mit Entgeltgruppe 3 TVöD fortzusetzen. Demgegenüber war die Beschäftigte der Auffassung, ihr müsse die Stelle als Pflegehelferin zu unveränderter oder auch nicht so stark herabgesetzter und damit übertariflicher Vergütung angeboten werden.
Die Klage gegen die außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung blieb erfolglos.
Das BAG hat einen wichtigen Grund für die von dem Arbeitgeber erklärte außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung anerkannt. Wenn die Veränderung der Tätigkeit aufgrund der unternehmerischen Entscheidung unabweisbar und daher an sich geeignet sei, eine außerordentliche Änderungskündigung zu rechtfertigen, so gelte dies auch für die Änderung der Eingruppierung. Dem Arbeitgeber sei es in diesen Fällen regelmäßig nicht zumutbar, lediglich die Tätigkeit des Beschäftigten den neuen Gegebenheiten anzupassen und es (übertariflich) bei der bisherigen Bezahlung zu belassen.