Achim Stapf, Christoph Tillmanns
§ 615 BGB bestimmt ausdrücklich, dass sich der Arbeitnehmer das anrechnen lassen muss, was er während des Annahmeverzugs durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.
Diese Vorschrift ist auf die Fälle anzuwenden, in denen der Arbeitgeber nach § 615 BGB durch eine einseitige Freistellung in Annahmeverzug gekommen ist.
Beginnt der Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit, ist das dort erzielte Entgelt bei der Zahlung des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber kann, wenn er hierzu einen konkreten Verdacht hat, Auskunft verlangen.
Da die Beschäftigten eine Steueridentifikationsnummer besitzen, fällt das Bestehen eines weiteren Beschäftigungsverhältnisses erst im Zusammenhang mit der Anmeldung des Arbeitnehmers zur Abrechnung der Lohnsteuer auf. Der 2. Arbeitgeber wird – wenn er nichts vom weiteren Beschäftigungsverhältnis weiß – nach den Angaben des Beschäftigten die Steuerklasse vorgeben. Erst wenn die Anmeldung mit der Steuer-ID läuft, kommt der Hinweis des Finanzamts, dass die Klasse nicht zur Verfügung steht. Der bisherige Arbeitgeber wird aber nicht automatisch unterrichtet.
Eine Minderung der Entgeltansprüche könnte auch dann eintreten, wenn der Arbeitnehmer eine ihm angebotene zumutbare Tätigkeit nicht annimmt. Hier wird es aber erhebliche Beweisprobleme für den Arbeitgeber geben.
Nicht ohne Weiteres anwendbar ist diese Vorschrift bei einer nachträglichen einvernehmlichen Freistellung, z. B. in einem Aufhebungsvertrag oder Vergleich, da es dann am Annahmeverzug fehlt.
Das LAG Köln hat entschieden, dass eine Anrechnung anderweitigen Erwerbs im Fall der Freistellung durch Prozessvergleich nicht erfolgen solle. Für einen gegenteiligen Vertragswillen trage der Arbeitgeber die Beweislast.
Diese Entscheidung ist vertretbar, wenn man durch die vereinbarte Freistellung die Anwendung des § 615 BGB für beendet ansieht und an dessen Stelle im Prozessvergleich die Grundlage für Arbeitslohn ohne Arbeitspflicht sieht.
Daher auch im Fall eines Aufhebungsvertrags oder Vergleichs über die Freistellung bis zu einem bestimmten Datum eine Regelung für den Fall der Arbeitsaufnahme treffen.
Üblicherweise wird dann eine Abfindung pro gesparten Monat oder eine konkrete Anrechnungsformel vereinbart.
Die gängigen Formulierungen hierzu lauten:
… wird unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Vergütung freigestellt bis 00.00.0000.
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses unverzüglich anzuzeigen. Das dort erzielte Entgelt wird zu 75 % (50 %) auf die Vergütung angerechnet.
oder
Im Falle der Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses vor Ablauf dieser Frist, endet das Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer erhält dann pro angefangenem Monat der früheren Beendigung eine Abfindung in Höhe von 50 % des Bruttolohns als Abfindung analog §§ 9, 10 KSchG.
Beide Formulierungen sind vor dem Hintergrund des Anreizes zu sehen. Je früher der Arbeitnehmer etwas Neues findet, desto besser. Da der Arbeitgeber in solchen Fällen nur sparen kann, kann er Teile dieses Vorteils als Bonus abgeben.