Achim Stapf, Christoph Tillmanns
Dieser Kündigungsschutz ist abgestuft. Für amtierende Mandatsträger und Wahlbewerber regelt § 15 KSchG einen weitgehenden Ausschluss der Kündigung dieser Arbeitnehmer. Danach ist die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebs- oder Personalrats oder einer Jugend- und Auszubildendenvertretung grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme gilt nur für die außerordentliche Kündigung. Sie ist möglich, wenn Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen und der Betriebs- oder Personalrat nach § 103 BetrVG bzw. § 108 BPersVG der außerordentlichen Kündigung vorab ausdrücklich zugestimmt hat oder die Zustimmung durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist.
Für die Schwerbehindertenvertretung ordnet § 179 Abs. 3 SGB IX an, dass sie den gleichen Schutz haben wie die im Betrieb bzw. der Dienststelle gewählten Betriebs- oder Personalräte.
Beantragt der Arbeitgeber beim Betriebs- oder Personalrat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Mandatsträgers, so muss das Gremium dieser Kündigung zustimmen. Dazu hat es 3 Tage Zeit. Rührt es sich nicht oder gibt es unklare Erklärungen ab, die keine Zustimmung darstellen, so gilt die Zustimmung nicht durch Fristablauf als erteilt. § 102 Abs. 2 BetrVG gilt hier nicht. Stattdessen muss der Arbeitgeber die fehlende Zustimmung beim Arbeits- bzw. Verwaltungsgericht ersetzen lassen.
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber nach Beendigung der Amtszeit einen nachwirkenden Kündigungsschutz vorgesehen. So ist die ordentliche Kündigung eines Mitglieds eines Betriebs- oder Personalrats oder einer Jugend- und Auszubildendenvertretung innerhalb von 6 Monaten, jeweils vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig. Möglich ist – bei Vorliegen eines entsprechenden Grundes – die außerordentliche Kündigung. Diese ist jetzt – im Gegensatz zum Mandatsträger – ohne die ausdrückliche vorherige Zustimmung der Arbeitnehmervertretung möglich. Diese ist "nur" wie bei jeder anderen Kündigung auch zu beteiligen.
Darüber hinaus werden auch Wahlbewerber und die Mitglieder des Wahlvorstands wie amtierende Betriebs-/Personalratsmitglieder geschützt (§ 15 Abs. 3 KSchG) und auch ihnen kommt ein nachwirkender Kündigungsschutz für 6 Monate nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses zu (§ 15 Abs. 3 KSchG). Und zuletzt werden auch im Rahmen der Betriebsverfassung die Arbeitnehmer, die die Bestellung eines Wahlvorstands beantragen oder zu einer Wahlversammlung im vereinfachten Verfahren einladen, wie amtierende Betriebsratsmitglieder geschützt.
Übersicht: Besonderer Kündigungsschutz in der Betriebsverfassung
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außerordentliche Kündigung |
ordentliche Kündigung |
Wahlbewerber und Wahlvorstandsmitglied |
nur möglich, wenn |
ausgeschlossen (§ 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG) |
erfolgloser Wahlbewerber und Wahlvorstandsmitglied nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses |
nur möglich, wenn
- Grund für außerordentliche Kündigung vorliegt
hier Zustimmung des Betriebsrats nicht erforderlich (§ 15 Abs. 3 Satz 2 KSchG) |
6 Monate lang ausgeschlossen (§ 15 Abs. 3 Satz 2 KSchG) |
amtierender Betriebsrat |
nur möglich, wenn |
ausgeschlossen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG) |
Betriebsrat nach Ende seiner Amtszeit |
nur möglich, wenn
- Grund für außerordentliche Kündigung vorliegt
hier Zustimmung des Betriebsrats nicht erforderlich (§ 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG) |
1 Jahr lang ausgeschlossen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG) |
Der besondere Kündigungsschutz gilt nicht, wenn der Betrieb oder Betriebsteil stillgelegt wird (§ 15 Abs. 4 und 5 KSchG). Hier ist die Kündigung von Betriebsratsmitgliedern wie bei "gewöhnlichen" Arbeitnehmern möglich, also nach Beteiligung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG. Wird nur eine Betriebsabteilung stillgelegt, so ist ein von der Stilllegung betroffenes Betriebsratsmitglied in eine andere Abteilung zu versetzen, sofern er die dort benötigte Qualifikation hat. Notfalls ist dort ein Arbeitsplatz freizukündigen.