Der Weiterbeschäftigungsanspruch des § 102 Abs. 5 BetrVG bzw. § 79 Abs. 2 BPersVG setzt voraus, dass
- eine ordentliche Kündigung vorliegt
- der Betriebsrat bzw. die Personalvertretung frist- und ordnungsgemäß widersprochen hat
- der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhoben hat
- der Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung verlangt hat.
Jede einzelne dieser Voraussetzungen muss vorliegen.
Das Vorliegen einer ordentlichen Kündigung kann leicht festgestellt werden.
Gegen die ordentliche Kündigung muss die Personalvertretung fristgerecht und ordnungsgemäß Widerspruch erhoben haben.
Das bedeutet, dass die Personalvertretung innerhalb der 10-Tagesfrist (bzw. der Betriebsrat innerhalb der Wochenfrist) und aus den in § 79 BPersVG (bzw. den in § 102 Abs. 3 BetrVG) aufgezählten Gründen widersprochen haben muss.
Zum ordnungsgemäßen Widerspruch gehört auch, dass die Personalvertretung ordnungsgemäß einberufen und besetzt war, sowie der Beschluss ordentlich erging und abgesetzt wurde.
Die Beschränkung auf die Widerspruchsgründe des BPersVG (bzw. BetrVG) rechtfertigt aber nicht die Wiederholung des Gesetzestextes. Vielmehr müssen im Widerspruch konkrete Tatsachen zur Begründung vorgetragen werden.
Im Falle einer betriebsbedingten Kündigung könnte die fehlende oder nicht sachgerechte Sozialauswahl gerügt werden.
Sodann muss der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhoben haben. Es handelt sich hier ausdrücklich um eine Klage nach dem KSchG. Der Arbeitnehmer muss also die fehlende soziale Rechtfertigung (§ 1 KSchG) der Kündigung rügen und hierauf seinen Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung stützen. Dies kann eine Begründung neben anderen außerhalb des KSchG sein. Möglich ist auch, dass eine zunächst nur auf Gründe, die außerhalb des KSchG liegen, gestützte Klage nach § 6 KSchG auf die fehlende soziale Rechtfertigung erweitert wird.
Fraglich ist daher, ob die Klage fristgerecht, d.h. innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG, erhoben sein muss. Dafür spricht zunächst das oben zum Inhalt der Begründung gesagte.
Die Möglichkeit der Zulassung verspäteter Klagen nach § 5 KSchG allerdings zeigt, dass auch bei Nichteinhaltung der Klagfrist die Möglichkeit der Prüfung auch unter dem Gesichtspunkt des KSchG bestehen kann.
Daher werden hier in der Literatur verschiedene Meinungen vertreten. Die eine Meinung gewährt den Weiterbeschäftigungsanspruch bis zur endgültigen Ablehnung des Antrags nach § 5 KSchG . Die Gegenmeinung geht davon aus, dass der Weiterbeschäftigungsanspruch entstehen kann, wenn rechtskräftig feststeht, dass die verspätete Klage zugelassen wird.
Für die erste Ansicht spricht der Wortlaut des § 102 BetrVG. Auch die verspätete Klage ist "nach dem KSchG" erhoben. Die Frage, ob diese Klage im Ergebnis wegen der Fristversäumnis keine Aussicht auf Erfolg hat, ist nur auf Antrag des Arbeitgebers zu prüfen, wenn dieser von der Weiterbeschäftigungspflicht entbunden werden will (§ 102 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 1 BetrVG).
Die Gegenmeinung stützt sich darauf, dass die Frist des § 4 KSchG durch bloße Möglichkeit der Zulassung verspäteter Klagen nicht aufgehoben ist. Vielmehr steht die Verfristung als Faktum, bis die Zulassung erfolgt ist. Bis dahin ist dann eben keine Klage "nach dem KSchG" erhoben.
Da in der Praxis die Entscheidung nach § 5 KSchG im oder alsbald nach dem Gütetermin ergeht, der innerhalb 3-4 Wochen nach der Klagerhebung stattfindet, werden nur sehr wenige Fälle einer ordentlichen Kündigung schon das Weiterbeschäftigungsproblem aufwerfen. Denn in der Regel wird die Kündigungsfrist noch gar nicht abgelaufen sein, wenn die Güteverhandlung stattfindet.
In den wenigen denkbaren Fällen sollte jedoch dem Schutz des Arbeitnehmers auch bei Fristversäumnis der Vorrang eingeräumt werden, da die Arbeitgeberinteressen über den Antrag auf Entbindung gewahrt werden können.
Unter den dargestellten Voraussetzungen kann der Arbeitnehmer Weiterbeschäftigung verlangen. Es bleibt ihm aber unbenommen, ob er dies tut. Der Anspruch auf Vergütung kann unter den Voraussetzungen des Annahmeverzuges auch ohne Weiterbeschäftigung gewahrt sein.
Sonderfall: Änderungskündigung
Auch die ordentliche Änderungskündigung stellt eine Kündigung dar. Danach kann auch in einem solchen Fall der Weiterbeschäftigungsanspruch gegeben sein. Wegen der verschiedenen Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers kann aber dies nicht generell bejaht werden.
Hat der Arbeitnehmer die Kündigung vorbehaltlos angenommen, so fehlt es am weiteren Erfordernis der Kündigungsschutzklage. Denkbar sind allerdings hier Fälle, bei denen der Arbeitnehmer zwar die Änderung seines Arbeitsvertrages durch die Änderungskündigung akzeptieren will, aber damit zugleich eine Versetzung (§ 75 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG) oder Umgruppierung (Herabgruppierung) verbunden ist.
A, derzeit Verwaltungsangestellter nach BAT IV a, erhält eine ordentliche Kündigung verbunden mit dem Angebot eines anderen Arbeitsplatzes, dessen Tätigkeitsmerkmale nur noch die Voraussetzungen des BAT V...